Berliner Schloss - architektur- und kunstgeschichtliche Aspekte

  • Ich finde, dass mit Stella einer der besseren Entwürfe gewonnen hat: die sicher langweiligen Rasterfassaden könnte man klassisch überarbeiten, und bei geschickter Farb-Materialwahl ist dies doch eine passende, da zurückhaltende und klare Kontrastlösung. Danach käme gleich die um Welten bessere Vollreko. Stella bietet auch sehr viel Raum an, und der Apothekerflügel bleibt vorteilhafterweise erstmal unbebaut.

    Einzig in Konkurrenz dazu steht Kleihues, der tatsächlich die beste modernistische Spreefassade entworfen hat und auch sonst Kontraste bietet, die besser und klarer gefallen, als die m.E. 'irgendwie-designten' Kontraste bei Mäckler und Kollhoff. Bei Kleihues sehe ich echte Gestaltung. Seine modernistische Kuppel ist hier ungewollt, wäre an anderer Stelle aber sicher interessant.

    Tchoban hat die erste barocke Rasterfassade Berlins erschaffen :schockiert: also mit 'so einfach nur alles unstrukturiert um die Ecke kopieren' gehts ja wohl auch nicht, lächerlich... ja, Mut zu einer traditionellen Spreefassade ist schon gut, nur können muss man es halt auch.

    Kollhoff sowie Mäckler haben m.E. zwar ansprechend designen wollen, was an sich genommern ja vielleicht auch interessant wäre, aber im Ergebnis auch nicht wesentlich besser mit den zu rekonstruierenden Hoffassaden harmoniert und ebenfalls keine klare Gesamtlösung schafft. Mäckler scheint mir 50er Jahre inspiriert (sein Eosanderhof ist für meinen Geschmack eine anachronistische Katastrophe) und Kollhoff eher klassisch, somit hat er zwar ganz hübsche Formen, aber irgendwie kein klares Konzept. Das ist alles viel zu unruhig, gestalterisches Stammeln und gewolltes Versuchen, gerade auch die Spreefassaden. Nicht hässlich, aber eben Halbreko mit drangesetztem Tagungssaal o.ä., naja. Und diese grossen Fenster bei Kollhoff sowie die neo-klassizistische 'irgendwie' Fassade kontrastieren doch genauso stark und keineswegs besser mit den zu rekonstruierten Hofseiten, als die klar bekennende Moderne bei Kleihues und Stella. Bei Kleihues ist die hofseitige Formenwahl interessanter als bei Stella, aber vielleicht doch zu present im Auftreten, zu brutalistisch im Kontrast.

    Das alles kann man aber hier anhand der unzureichenden Bilddokumente auch nur schwer erkennen. Wurde der Wettebewerb anhand dieser farblosen Holz-Modelle entschieden? Gibt es da keine weitergehenden digitalen Visualisierungen? Da sieht man wieder, wie unseriös doch Architektur heutzutage betrieben wird.
    Jeder Hersteller von Kaffemaschinen, Alufelgen oder Fahrradhelmen investiert in längere Testphasen und modernere Visualisiserungen, sonst laufen die Kunden davon und die Firma schliesst. 2 Tage Entscheidungsfindung? Mit Holzmodellen?
    Diese prämierten Entwürfe sind tatsächlich die Besten? Und die restlichen 25 also noch schlechter?

  • Auch schön....

    Auf baunetz.de regt sich ein Kommentator darüber auf, dass jetzt mit diesem Schloss ein Symbol der "habsburgischen (!!!) Diktatur (!)" wieder aufgebaut würde.... :lachen:

    Außerdem macht dort ein Kommentator namens "Palastbesetzer" Stimmung gegen "Stadtbild Deutschland":

    Zitat

    liebe redaktion

    ich bitte sie, die unverschämte werbung in eigener sache von http://www.stadtbild-deutschland.de" onclick="window.open(this.href);return false;\r
    http://www.stadtbild-deutschland.de in diesen kommentaren zu löschen. schon die einleitenden sätze der homepage sind eine zumutung! abgesehen davon hat reklame in einem forum nichts zu suchen.

    Außerdem benutzt "Palastbesetzer" auch noch Philons "Lieblings-Argument": :zwinkern:

    Zitat

    deutschland, und zwar das gesamte "deutsche volk", hat nunmal die welt in einen verheerenden krieg gesstürzt, und kann jetzt die bombennnächte nicht wieder ungeschehen machen, sondern muss sich heute immer noch -und auch oder gerade baulich- verantwortlich zeigen.

  • Zitat

    deutschland, und zwar das gesamte "deutsche volk", hat nunmal die welt in einen verheerenden krieg gesstürzt, und kann jetzt die bombennnächte nicht wieder ungeschehen machen, sondern muss sich heute immer noch -und auch oder gerade baulich- verantwortlich zeigen.

    Bei solchen Verbalsekreten kann ich nur wieder auf folgende Seite aufmerksam machen:

    ----> http://www.restmodern.de" onclick="window.open(this.href);return false;">http://www.restmodern.de

    Einige der dortigen Baulichkeiten muten wie eine Filmkulisse für einen schlechten Endzeitfilm an. Das ist in der Tat Bestrafungsarchitektur.

    Nein, die werden gedünstet

  • Zitat

    deutschland, und zwar das gesamte "deutsche volk", hat nunmal die welt in einen verheerenden krieg gesstürzt, und kann jetzt die bombennnächte nicht wieder ungeschehen machen, sondern muss sich heute immer noch -und auch oder gerade baulich- verantwortlich zeigen. kriegswunden zu schliessen ist mehr als nur verständlich, aber die monumente der macht wieder zu rekonstruieren, die letztenendes einen großen teil der schuld an den verheerenden 2 WWs tragen, ist peinlich und dumm


    Peinlich und dumm (sowie einfallslos) ist nur das Geschwätz von Herrn Palastbesetzer - das ist ja nicht auszuhalten. Ich frag' mich manchmal, ob das ein richtiger Mensch getippt hat - oder eine automatische Phrasen-Software für betroffene Architekten... :augenrollen:

  • Habe mir mal erlaubt, Stellas Entwurf für den Schlüterhof etwas zu überarbeiten.

    Hier nochmal Stellas Original:

    Und hier meine Überarbeitung:

    Die Fassade wirkt so insgesamt etwas leichter und passt sich im oberen Teil besser an die Schlütersche Fassade an.

  • Zitat


    ---->http://www.restmodern.de</a>" onclick="window.open(this.href);return false;
    Einige der dortigen Baulichkeiten muten wie eine Filmkulisse für einen schlechten Endzeitfilm an. Das ist in der Tat Bestrafungsarchitektur.

    Wenn die das ernst meinen, ist es unfreiwillige Realsatire. Ansonsten wäre es eine gute Seite für Anhänger einer traditionalistischen Baureform. Versiffter, unförmiger, trivialer und abschreckender kann sich moderne Architektur gar nicht mehr präsentieren.

    Zitat

    Aber es ist und bleibt ein harscher Bruch.

    Ich denke, man sollte Stella jetzt erst einmal machen lassen. Möglichenfalls wird der Bruch gar nicht so harsch und unangenehm auffallen. Hier kommt es auf kleine Überarbeitungen, Feinarbeiten, auf die Material- und Farbwahl an usw. Das Ergebnis könnte durchaus viel gefälliger werden, als man es nach der kleinen Visualisierung annimmt.

    Einmal editiert, zuletzt von Heimdall (11. April 2011 um 04:14)

  • Warum man sich nicht für einen Entwurf entschieden hat, der die Ostseite besser ausnutzt verstehe ich nicht. In der Vergangenheit hieß es ja häufig, dass die Kubatur des Schlosses nicht genügend Platz bietet. So gab es Streit wieviel Platz die Bibliothek bekommen soll. Durch eine Bebauung bis an die Spree und durch einen Wiederaufbau (in welcher Form auch immer) der Schlossapotheke könnte noch viel Ausstellungsraum gewonnen werden.

    Stellas moderner Ostflügel ist ja ohne Funktion. Die Welt schreib dazu passend:

    Zitat

    Auch der Riegel, der das Schloss zur Spreeseite hin abschließt und öffnet, ist eher eine mediterrane Marotte - ein offenes, funktionsfreies "Belvedere", wie es Bauminister Wolfgang Tiefensee bei der Präsentation nannte, in dem die Menschen über Treppen flanieren sollen. Selbst bei optimistischer Kalkulierung des Klimawandels dürften diese vom Wind durchwehten Betongänge sechs Monate des Jahres vor allem den Tauben und Obdachlosen eine Bleibe bieten.


    Quelle: http://www.welt.de" onclick="window.open(this.href);return false;\r
    http://www.welt.de

    Auch hier stimme ich mit der Welt überein:

    Zitat

    Ach ja, der hohe Zweck: Das wiedererrichtete [lexicon='Berliner Schloss'][/lexicon] soll ab 2015 das "Humboldt-Forum" beherbergen. Dazu gehören: ein Teil der Bestände der Landesbibliothek, die damit auf drei Standorte aufgeteilt wird; eine Auswahl aus den wissenschaftlichen Archiven der Humboldt-Universität; und vor allem die außereuropäischen Sammlungen der Berliner Museen, die zurzeit im Ethnologischen Museum in Dahlem ausgestellt sind. Am Vorabend der Jury-Entscheidung zeigte sich das Museum bei einem Besuch bereits am späten Nachmittag menschenleer. Es ist zu hoffen, dass die Berliner und ihre Besucher mehr Interesse an aztekischen Götterfiguren, indianischen Tipis, dem Doppelrumpfboot aus Tonga, Volkskunst aus Japan, chinesischer Alltagskultur und afrikanischen Masken zeigen, wenn diese in unmittelbarer Nachbarschaft der Schätze der Pergamon- und Bode-Museen gezeigt werden.


    Quelle: http://www.welt.de" onclick="window.open(this.href);return false;\r
    http://www.welt.de

    Der "Brüller" ist das Ethnologische Museum meiner Meinung nach nicht. Die Bildergalerie Alte Meister (jetzt Kulturforum) und/oder das Kunstgewerbemuseum wäre ein viel größerer Anziehungspunkt.

  • Die Nutzung als Museum ist prinzipiell richtig. In anderen europäischen Hauptstädten dienen alte Stadtresidenzen heute ebenso diesem Zweck. Den Schwerpunkt gezielt auf die außereuropäischen Sammlungen zu legen, halte ich allerdings auch für fragwürdig. Am Ende könnte einem daraus sogar ein Strick gedreht werden: Man will sich ostentativ weltoffen zeigen, doch plötzlich kommen Kritiker zu Wort, die den Vorwurf erheben, man würde stolz und überheblich Beutestücke des Imperialismus präsentieren...

    Eine andere, bei unseren europäischen Nachbarn - einschließlich der Republiken - häufig anzutreffende Verwendung für ein solches Gebäude wäre in Deutschland undenkbar: Man lässt das Staatsoberhaupt dort residieren und nutzt den Ort für hohe Staatsempfänge. Im Umfeld postiert man Wachsoldaten in historischen Uniformen, alternativ mit Bajonett oder blitzendem Säbel ausgestattet, manche sitzen hoch zu Ross, einige sollten diese großen, bunten Büschel auf dem Helm tragen. Alle paar Stunden gäbe es dann für die Touristen eine Wachablöse mit militärischen Kommandos... :lachen:

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Würg, der von der Jury favorisierte Kuehn/Malvezzi-Entwurf ist tatsächlich grauslich. Ein Glück, daß es die Vorgaben des Bundestags gab.

    Die Nichteinhaltung der historischen Innenraumsequenzen ist allerdings wirklich ein herber Schlag. Was soll dieser ganze Unsinn? Warum wählen die sehenden Auges einen Entwurf aus, der so viele Mängel hat?! Ist das eine Art Rache an den Architekten, die an dem Wettbewerb teilgenommen haben oder Rache, weil überhaupt rekonstruiert wird?!

    Warum zum Teufel kann man nicht die besten Elemente aus den verschiedenen Entwürfen kombinieren (das wäre m.E. beim Stella-Entwurf übrigens wirklich nur die Kuppel)?!

  • Was hat es eigentlich mit dem von irgendjemandem hier erwähnten "Wiederaufbau des Marienviertels" oä auf sich? Soll ein neues 'Nikalaiviertel' entstehen?
    Was plant man eigentlich auf dem unmäßig großen und leeren Marx-Engels-Forum?

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Hier schon mal reingeschaut, beim Schloßverein!?

    http://www.berliner-schloss.de/start.php?navID=252" onclick="window.open(this.href);return false;\r
    http://www.berliner-schloss.de/start.php?navID=252

    Dort gibt es noch mehr Visualisierungsabbildungen der Wettbewerbssieger + Beschreibungen der Leitideen.

    (Für Stellas Entwurf wurde weiteres Abbildungsmaterial angefordert. Der Italiener hat wirklich die sparsamsten Ansichten abgeliefert, hmmm!??)

  • Nabend, wie ich sehe kommt nunmehr der Kater nach dem ersten Rausch !!! Es geht kein Weg an einer Totalreko vorbei. Beide Seiten sind unbefriedigt. Wir müssen weiterkämpfen !!

  • Eccheli/Campagnola (3. Preis) 30.000 €
    &
    Kühn Malvezzi (Sonderpreis) 60.000 €

    Da kann man einfach nur den Kopf schütteln - völlig sinnloses symbolisches Geldausgeben auf Steuerzahlerkosten für absolut misslungenen Bockmist. Da krieg ich 'nen Affen!
    Die ersten glänzen mit barbarischem Eosanderhof und einer Kuppel mit 1945er-Aussehen, die letzteren mit einem Entwurf, der sich optisch allem Anschein nach mit dem Staatsratgebäude (!) samt Portal in Beziehung setzen möchte. Na bravo!

    90.000 €, mit denen man gewiss annähernd ein mittelgroßes Deckengemälde hätte wiederherstellen können!
    Ich warte nur darauf, dass Tiefensee, Lüscher, Chipperfield & Konsorten demnächst mit Kostengemecker kommen. :aufdenkopf:

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Und wieder harsche Kritik vom (ansonsten unbekannten) Grünen-Bundestagsabgeordneten Wieland in einem heutigen Tagesspiegel-Artikel, der sich anscheinend unablässig dazu berufen fühlt negative Kommentare zum Schloss abzugeben und immer wieder von der Presse zitiert wird... http://www.tagesspiegel.de/berlin/Schloss…;art974,2673303" onclick="window.open(this.href);return false;\r
    http://www.tagesspiegel.de/berlin/Schlo ... 74,2673303

    ...

  • Hallo,

    nachdem ich mir nun die Entwürfe auf der "Förderverein [lexicon='Berliner Schloss'][/lexicon] e.V." angesehen habe, bin ich zum Entschluss gekommen, dass Kollhoff's Entwurf am besten gewesen wäre ( zumindest anhand von dem, was abgebildet ist). Kollhoff ist sich seiner Doktrin treu geblieben, auf die von der Modernen Architektur so favorisierten und explizit herausgearbeiteten Kontraste zwischen Alt und Neu, gänzlich zu verzichten. Harmonie zw. Rekonstruktion und Neuerfindung steht an oberster Stelle. Das, was ich leider beim Siegerentwurf vermisse.

    Adios, xFlipx

  • Guten Tag,
    ich finde, dass Stella sich hinsichtlich der zu rekonstruierenden Teile mit seinen modernen Ergänzungen zurückhält, diese wirken im Hinblick auf die Rekonstruktionen bescheiden. Übel ist bei seinem Entwurf natürlich die Bahnhofshalle im Nordhof, und dass die Südecke fehlt.
    Wie gesagt Totalreko, sonst nichts! Es ist auch beschämend in dieses Zwittergebilde Originalräume einzubauen.

  • Übrigen was ich noch immer ein Pro von das Entwurf finde von das Entwurf von Stella und was man auch gut sieht auf der Plan (rose Farben): ist die Rekonstruktion des Eosanderhofes.

    Mein Wahl für das Definitiventwurf wurde sein: die Höfe von Stella, die Spreefassade von Kleihues, Wiederherstellung der wichtigsten Innenräume (oder zu mindenstens das die Räume original Höhe un Einteilung folgen, so das unsere Kinder es wieder herstellen können). Denke mal wie schön das Kontrast sein könnte: ein Pazifikschiffe in ein rekonstruierte Apollosaal. Und natürlich die Alte Meistern wieder in der Bildergalerie. Aber dies alles ist vielleicht noch zu viel ein Traum.

  • SPIEGEL-Ausgabe

    Mein lieber Schwan, die drei Spiegel-Autoren, die ja die ganze Medienlandschaft zum Schloß auf Trab halten, ledern heute aber so richtig ab. Der Entwurf von Stella sei einfach nur peinlich, ist dabei noch vornehm ausgedrückt.

    Man kann ja gegen den Entwurf sein, aber so eklatant parteiisch zu schreiben, finde ich nicht mehr schön. :!: