Posts by ursus carpaticus
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Da ich nichts eigentlich Gescheites, also vor allem keine neue Erkenntnisse zu dieser Stadt beitragen kann und die Galerien eh schon so unübersichtlich und überfrachtet sind, andererseits euch ein paar Reiseeindrücke nicht vorenthalten will, beginn ich gleich was Neues. Spätherbstliche Bildersammlungen gibt es eigentlich nicht, und daher möge hier die Novemberstimmung das zusammenhaltbildende Element sein.
Nix Neues unter der Sonne also, die hier gar nicht scheinen will.
Aber man MUSS ja nicht gleich das Rad neu erfinden.
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Das wird ja n veritables gotisches Stadtbild...
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Na ja, ob gerade die Ostblock-Regime so sehr auf das Wohl ihrer Bürger geschaut haben, wage ich zu bezweifeln...
Abgesehen: für welche Bewohner? Die Altstädte, gerade in Königgrätz, und sicher auch in Chrudim, waren des Abends so gut wie ausgestorben. Richtig wohnen tat dort keiner.
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Solche Phänomene gibt/gab es auch in Ulm und anderen kriegszerstörten Städten, wovon hier keine Rede sein kann.
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Und was hab ich dazu geschrieben:
der Historismus war hier nicht so destruktiv wie anderswo, er schien sich um eine städtebauliche Geschlossenheit bemüht zu haben. Eigentlich merkt man ihm das eklektizistische Element nicht an - die Renaissance wird beinahe echt! Das Platzbild ist durch den Umbau urbaner geworden, hat zweifellos seine Authentizität und Originalität eingebüßt, wirkt aber dennoch mehr historisch als historistisch.
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einen großen Teil der historischen Stadt
Das ist nicht untertrieben - westliche Altstadt mit der sehr bedeutenden Judengasse, ein äußerst pittoresker Hauptstraßenzug der Altstadt, Burgvorstadt, dazu den ganzen Donaubereich im Kern mitsamt den westlichen Ausläufern, insb. der Weidritz.
Diese Magistrale quer durch die Altstadt zu schlagen, war wohl die größte Schnapsidee aller Zeiten und irgendwie symptomatisch für das gestörte Verhältnis der slowak. Kommunisten zu dieser Stadt. Die Folgen sind auch für den überlebenden Teil der Stadt katastrophal.
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das wirklich Schlimme ist der Totalitarismus der heutigen Eliten, die letztlich jeglichem Abweichler das Recht auf Existenz absprechen würden, wenn sie so könnten, wie sie wollten, worauf es ja gnadenlos hinauszulaufen scheint. Dass damit eine Art Kollektivhaftung gegen Missliebige (die nicht unbedingt Abweichler sein müssen) postuliert wird, ist nur ein nächster kleiner Schritt. Die Reste der bürgerlichen Mitte versagen, indem sie sich auf diesen Folgeschritt kaprizieren, womit sie implizit den Ur-Totalitarismus legitimieren. Damit sind sie schon verloren, nämlich bei einer idiotischen Hätte-Wissen-Beachten- Aufpassen-etc- jedenfalls Müssen- Debatte angelangt.
Die wirklich gebotene Argumentationslinie hat Elon Musk vorgegeben, und man sollte sich an ihrer Vulgarität nicht stoßen, das ist angesichts der materiellen Richtigkeit seiner Einlassung albern und spießbürgerlich. Es steht mehr auf dem Spiel, das überdies verloren zu gehen droht.
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Nochmals Südwestecke. Die Lauben setzen sich in die Ausfallstraße fort, sind aber jüngeren Datums. Auf der gegenüberliegenden Seite das erwähnte letzte Fachwerkhaus:
Die Westseite ist ziemlich belanglos, jedoch sehr eindrucksvoll geschlossen. Vor allem in der südl. Hälfte tanzt nichts aus der Reihe:
Hier war man sich um so etwas wie Symmetrie bemüht:
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Auf der dem Rathaus gegenüberliegenden Seite (Süd) blieb immerhin ein Barock-(Rokoko-)Haus erhalten. Bei den beiden benachbarten Häusern handelt es sich um eine Art Heimatstil aus der späten deutschen Zeit*:
*Nach Durchsicht meiner AK-Sammlung: Diese Giebel bestanden schon um 1910, sogar mit dieser gleichartigen Fensteranordung. Nur die Zusammenfassung unter einem Querdach dürfte nach 45 erfolgt sein!
Südostecke:
Südwestecke:
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Ansichten von den übrigen Ringplatzseiten sind heute wie damals eher selten. Nicht so hier:
Nordostecke (rechts vom Rathauskomplex):
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Blick in die Kirchstraße mit alten Lauben:
Blick entgegengesetzt:
Ostzeile. Hier blieb ein schlichter ursprünglicher Bau erhalten. Offensichtlich sind bedeutendere Häuser dem Abrissfieber zum Opfer gefallen:
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Wir sind uns einig, dass außer dem Rathausturm und den Laubenbögen und einzelnen Barockfassaden nichts erhalten geblieben ist. Und dennoch ist hier in meinen Augen ein typisches böhm.-schlesisches Phänomen zu bemerken: der Historismus war hier nicht so destruktiv wie anderswo, er schien sich um eine städtebauliche Geschlossenheit bemüht zu haben. Eigentlich merkt man ihm das eklektizistische Element nicht an - die Renaissance wird beinahe echt! Das Platzbild ist durch den Umbau urbaner geworden, hat zweifellos seine Authentizität und Originalität eingebüßt, wirkt aber dennoch mehr historisch als historistisch.
Nach wie vor wichtiges Element: die Mariensäule.
Der Rathausturm mit den beiden Riesen ist natürlich DER Blickfang:
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Arnau an der Elbe - immer dasselbe! Könnte der Strangtitel lauten. In der Tat: eine Stadt wie diese könnte es x-fach geben. Eine typische Kolonistenstadt mit großen zentralem Ring. von dem aus Straßen nur in eine einzige Achse - hier ungefähr Nord-Süd weiterführen. Im Norden laufen sie zusammen, im Süden bleiben sie getrennt. Der Platz selber hat außer dem Rathausturm kaum architektonische Auffälligkeiten:
Arnau liegt im Riesengebirgsvorland und war, von Süden kommend, die erste deutsche Stadt. Auch heute noch spürt man eine gewisse Melancholie, die aus der am Ende so katastrophal verlaufenen Geschichte zu rühren scheint. Dabei ist die Stadt an sich sehr gut erhalten. Wie die anderen Riesengebirgsstädtchen auch, fällt sie nicht unter die erlesene Gruppe der Städtischen Denkmalreservate, sondern nur der Städtischen Denkmalzonen, was dem Beschauer indes nur als bloße leere Kategorisierung bzw letztlich Wertung erscheint, da der Erhaltungszustand und somit gewährte Schutz perfekt zu sein scheint.
Das Riesengebirge ist, anders als in der nächsten Stadt Hohenelbe (Vrchlabí) noch weit, daher ist hier noch kein ausgeprägter Tourismus spürbar. Die Stadt ist einfach weitab vom Schuss. In die Geschichte scheint sie kaum eingegangen zu sein, jedenfalls weiß nicht kaum etwas über sie. Im 20. Jahrhundert ist dieser Umstand wohl eher von Vorteil.
Ohne Zweifel gab es auch in Arnau Riesengebirgsarchitektur, aber in der Gründerzeit wurde alles bis auf ein mickriges (nicht abgebildetes) Beispiel beseitigt.
Für alle Sensibelchen: es folgt jetzt kein Lamento über diese böse Epoche und ihren destruktiv- banalen Baustil. Stattdessen sehen wir uns - unvoreingenommen wie immer - die konkreten Auswirkungen vor Ort an:
historisch:
historistisch:
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Verleumdungsklage hat keinen Sinn, schon deshalb, weil keine eigentliche Verleumdung vorliegt. Denkbar wäre, Konstantins Argument öffentlich aufzubereiten.
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Überhaupt, wenn man die Stadt noch in den 90ern gekannt hat...
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Ich habe in der DDR gelebt und die Perspektive des Inländers. Erfurt galt als besonders schöne alte Stadt.
Aus der Perspektive des Ausländers: im DDR-Touristikbüro in Wien gab es vorwiegend Informationsmaterial über Berlin, Dresden, Leipzig. Dazu noch Weimar und Potsdam. Und in Potsdam wurde nur der Alte Markt beworben, vom Neuen Markt war niemals die Rede.
Ja, es heißt wirklich Chrudim- werd ich richtig stellen. Wirkt ungewöhnlich, ein tschechischer Ortsname ohne Sonderzeichen. Da ist man von Kremsier Besseres gewohnt.
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Beides ist Themaverfehlung. Die Zerstörung Deutschlands lässt sich nicht mit Italien oder Prag vergleichen, vor allem mit Prag ist's förmlich absurd. Aber das ist eben kein Grund für die stärkere Verwahrlosung der unzerstörten DDR-Städte. Ehrlich gesagt erscheint mir jede auf das Gebiet der DDR geworfene Bombe nachträglich völlig sinnlos (unterstellt man den Sinn der Kulturzerstörung, was ja historisch eindeutig gesichert erscheint): generell sind die Nachkriegsstaaten in Ost wie West, noch mehr aber eben in Ost, mit dem TROTZ aller Kriegszerstörungen überkommenen Kulturerbe hoffnungslos überfordert gewesen. Ausnahme ist wohl das felix Italia. Im Süden mit seiner freundlicheren Witterung tat man sich eben über die Jahrhunderte leichter. Kälte, Verwitterung, Hausbrand, dadurch Neigung zu Stadtbränden haben den Städten im Norden immer sehr zugesetzt. Substanzverlust ist in allen nördlichen Staaten zu beobachten gewesen, am wenigsten noch in der DDR, weshalb Städte wie Meißen heute so viel besser dastehen als zB Marburg. Aber Meißen war eben schwieriger zu erhalten als Kolín. Mit verwinkelten Städten wie Krumau hatte auch die CSSR ihre liebe Not, und die Polen auch zB mit Krakau und wahrscheinlich auch Thorn (kenn ich nicht aus eigener Anschauung).
Nehmen wir Budweis, das eine vergleichsweise große Altstadt hat. Diese war in der CSSR entsprechend verkommen. Die Nebengassen erachtete man nur einer spezifischen genügsamen ethnischen Minderheit zumutbar. Aber der Ringplatz war recht gut in Schuss. Damit war die Stadt touristisch soweit erforderlich, vermarktbar. Ich denke, dass der DDR gewisse Städte ob ihres Zustandes einfach peinlich waren, weshalb man nichts von ihnen hörte, zB von Erfurt, das ja wirklich zu den allerschönsten Städten zählt. Dagegen war das teilzerstörte und wiederaufgebaute Leipzig in besserem und touristisch besser verwertbarem Zustand, wie übrigens auch Dresden, aus dem viel touristisches Kapital geschlagen wurde. Die Kriegszerstörungen zeitigen also sogar eine eher gegenteilige Wirkung, zB in Polen: Danzig, Posen und Warschau standen besser da als Krakau oder Lodz.
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Sind die Kleinstädte in Böhmen und Mähren eigentlich nicht lebendiger und besser saniert als in der ehemaligen SBZ/DDR?
Kann man so bejahen. Generell ist der Erhaltungsgrad sehr gut, zieht man gewisse Abstriche in Betracht (va Abrisse von Vororten bzw Altstadträndern in der CSSR. Was generell die CSSR betrifft, ist natürlich Preßburg auszunehmen als wohl größter großstädtischer Frevel in Mitteleuropa überhaupt.)
Generell: die Städte Böhmen/Mährens unterliegen entweder dem ostdeutschen Zentralmarktschema (zumeist) oder dem bayrischen Straßenmarktschema. In beiden Fällen kann man im Extremfall Ringplatz und Altstadt gleichsetzen (Neustadt/Mettau), ein Phänomen, das sich bis Österreich durchschlägt. Vgl das tschech. Wort für Ringplatz: Náměstí (sinngemäß auf der Stadt)
Für die DDR traf dies eigentlich nicht so zu, bzw nur in Randgebieten (Lausitz, Ostbrandenburg, vgl Luckau). Verwinkelte, flächige Städte wie Erfurt, Stendal etc sind eben ungleich schwieriger zu erhalten. Für deren Erhalt bestand einfach keine wirtschaftliche Struktur bzw mussten extreme Mittel aufgewendet werden mussten. Die späten Abrisse in ua Potsdam sind in diesem Licht zu sehen. Die CSSR war mit der Erhaltung Prags ziemlich ausgelastet, man kann sagen, dass dies dahingehend gelungen ist, als dass der Verfall verhindert wurde - ein gewisse, nicht zu unterschätzende Leistung, um einen Preis, dass gewisse wichtige Bauwerke (Theinkirche) bzw Häuserzeilen generationenlang eingerüstet und somit nicht erlebbar blieben. Eine verhältnismäßig verwinkelte Altstadt gab es in Eger. Hier wurde eine drastische Entkernung im Zusammenspiel mit einem reinen Fassadismus betrieben. Im Buch Zmizelé Sudety (Das verschwundene Sudetenland) wird Eger sozusagen als indirekter Vertreibungsverlust geführt, ein Urteil, das aus touristischer Sicht extrem hart anmutet. Insgesamt zeigt es einen gewissen pragmatischen Zugang der CSSR-Denkmalpflege, der es insgesamt weit besser als im Westen gelungen ist, auch weniger bedeutende Stadtkerne über die Zeit zu bringen (man vergleiche beispielsweise Klattau mit Cham). Mit solchen Städten ist auch die DDR recht gut zurande gekommen. Tendenzen wie zB in Greifswald, dh die Konzentration auf "wichtige" Altstadtgebiete gab es zB in Prachatitz, wo alles außer der Kern(gründungs)stadt rigoros abgerissen wurde, sodass der (wertvolle) Stadtkern wie ein altes Zitat in einer Plattenbausiedlung steht. Generell kann man nicht alles unter einem Kamm scheren. Es gibt sehr wohl Fälle von rigorosem Abriss besonders deutscher Kleinstädte (Freiwaldau, Hof), aber auch das genaue Gegenteil (zB Trautenau, Braunau).
Waren diese Städte wie Chrudim oder Kolin in Mittelböhmen zu irgend einem Zeitpunkt (Mittelalter/frühe Neuzeit) auch deutschsprachig oder hatten einen gewissen Anteil an Deutschen?
Es ist eher anzunehmen, dass nein (nach der Hussitenzeit). Gleiches gilt für Kuttenberg (abgesehen von Bergleuten). Außerhalb von Prag dürfte Mittelböhmen rein tschechisch gewesen sein. Für Chrudím gibts nicht mal einen deutschen Namen, für Kolín wohl auch nur in tschech. touristischen Publikationen.
vgl zB die Biographie Ressels:
Quote from WikiJosef Ressel, Sohn des aus dem Bezirk Friedland stammenden, in Chrudim ansässigen deutschböhmischen k.k. Mauteinnehmers Anton Hermann Ressel (* 1762) und dessen tschechischer Ehefrau Marie Anna Konvičková,
Das war einmal ein Geld (weit mehr als läppische 50€):
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