Posts by Wissmut

    Quote from "ursus carpaticus"


    Übrigens preferiere ich momentan ein ganz anderes, radikaleres Modell für das Marienviertel:
    zurück zu märkisch-kleinstädtischen Wurzeln! Kleinstädtische, max einstöckige Bürgerhäuser in FW oder Klinker, die, in nach außen recht schüttere Zeilen gesetzt, die Marienkirche umgeben und zu der umliegenden hohen, durchaus modernistischen Bebauung (die jedoch gegenüber dem Jetztbestand arg verbessert werden müsste) in argem Kontrast stehen würden.
    (...)
    Auch hätte es den Vorteil, dass das bestehende sozialistische Konzept nicht aufgegeben werden müsste, was immer problematisch ist - eigentlich wäre es ja dessen Verbesserung, ja Perfektionierung.


    Du magst es vielleicht als Witz oder Groteske gemeint haben - aber ich finde die Idee gar nicht übel. Hat wirklich was...eine Art Märkisch-Jakriborg inmitten der Trostlosigkeit des Sozialistischen Monumentalismus und jener der Nachwendekommerzes. Es ist eine Paraphrase, sicher - aber eine gute Alternative für Städte, deren früherer Kern zum großen Teil auch nur Belanglosigkeit des 18. u 19. Jhds. beinhaltete, wie in diesem Fall.
    Aber mei, des ist Berlin; keiner der Berliner dürfte auch nur den Grundgedanken nachvollziehen können (abgesehen vllt. davon, den Sozialismus zu erhalten).

    In Magdeburg könnte ich mir dieses Konzept sehr gut vorstellen; dichtbebauter als dein Vorschlag und zwei- bis dreigeschossig; zuerst an den noch freien Flächen an der Elbe bis etwa Höhe Rathaus; später weiter in die Stadt rein in Höhe Breiter Weg. Für Berlin...fällt mir ehrlichgesagt nichts Realisierbar-konkretes ein. Es soll den Steuerzahler nur nichts kosten. :zwinkern:

    (Fiktional gesprochen: wäre da nicht dieser furchtbare Klopper im preuß. Rundbogenstil, könnte z.B. um das Kleinod eines rekonstruierten Alten Rathauses einiges Schöne komponiert werden, meinetwegen auch mit Wasser!)

    Hänschs Kollektiv baute den KP außerhalb der Geltungsbereichs des Bundesgebiets und war kein Architekturbüro im rechtlichen Sinne. Die Mütherbauten wurden ebenfalls entsorgt, obwohl sie in den meisten Fällen ansprechende Architektursolitäre darstellten u. sogar internationale Preise gewannen.

    Im Unterschied zu Hänschs Stabilbaukasten. Aber egal, sollen die Dresdner halt glücklich werden mit ihrem Palast. Immerhin ist der Platz in der Form einmalig in Deutschland. Und mit Hänschs Vorschlag vor ein paar Jahren, dem KP ein Fassadenupgrade a la Braunfels zukommen zu lassen, wird die Location noch besonderer. Korrespondiert gut mit der Altmarkt-Galerie u. dem SAP-Eyecatcher.

    Das Konzept der Wiederbelebung dieser ureigenen Bautradition war bereits da - in der alten Bundesrepublik während der sechziger und siebziger Jahre an ausgewählten altstädtischen Standorten.

    Und wenn ich mir die sogenannten "Townhouses" in Berlin, Hamburg und Dresden so anschaue, ziehe ich eher den Altermarkt in Köln vor. Jenen Stadthäusern, erbaut in düsterster Zeit der Baugeschichte, sieht man die Herkunft "von der Stange" an, aber auch den Willen zur Eingliederung in den historischen Standort. Wenigstens in Proportion und Materialwahl. Dies vermisse ich bei den in der Grundform weit standardisierteren(!) Townhouses, mit ihrem krampfhaften Willen zu einer Originalität, die keine mehr ist. Gut möglich aber, daß solche Fassaden irgendwann zum manierististischen Spätstil des Bauhauses gerechnet werden.

    Wer soll eigentlich einen solchen Schwachsinn bezahlen ? Und was soll es bringen, außer einem fragwürdigen "Blickfang" mit hirntotem Stahl-Glas-Gezappel ? Es gibt tatsächlich schöne Beispiele für modernisierte Turmhelme: St. Reinoldi in Dortmund, St. Lamberti u. St. Andreas in Hildesheim oder die Stadtkirche zu Stettin. Preislich ned ganz billig, aber mit guter Optik.

    In Anklam wäre Bescheidenheit in Form des ursprünglichen Turmhelm das Optimum.


    Übrigens hege ich Zweifel am "Tathergang". Diesselbe Story ist hinterher auch über Demmin u.a. "kriegszerstörte" Städte Ostdeutschlands verbreitet worden.

    Eine der baulich mißratensten Ecken in Hildesheim ist der zentrale Verkehrsbereich in der Schuhstraße u. angrenzender Hindenburgplatz. Einkaufs-, Freß- und Bushaltestelle. 50'er Jahre Flachdachbauten, schon leicht angegammelt, einfach nur übel im Altstadtkern. Und dennoch dem Dresdner Postplatz, mit oder ohne Riegel, in Funktionalität und Aufenthaltsqualität klar überlegen. Selbst die dortige "Architektur" der Fünfziger wirkt noch klassischer als die obigen Entwürfe, ganz zu schweigen vom Maßstab.

    Es ist schon komisch - eine Stadt, die sich bereits ausruhen könnte auf ihren Rekos und den vorhandenen hist. Gebäuden der Topklasse, ihrem in Teilen gelungenen Nachkriegsgesicht (übrigens ist der Bahnhof kein Monster, höchstens dieBahnverbindungen nach Braunschweig u. Göttingen :-/) und allgemein auf ihrer Lebensqualität - tut dies nicht, sondern will noch mehr. Und so gar keine unüberwindbaren Felsbrocken im Weg ?

    Dann gibt es Städte wie Erfurt, deren Stadtväter alles tun, um den "Irrtum" einer kriegsunversehrten Altstadt zugunsten eines besseren Duisburg oder Kassel zu korrigieren. Oder Magdeburg, was sich mit seiner baulichen Sowjetisierung wohl abgefunden hat.

    Die Altstadtgilde scheint allerdings ein etwas...mmh, introvertierter Haufen zu sein. Anders als in Dresden scheint's da wenig I-Net-Präsenz bzw. überregionale Vernetzung mit anderen Organisationen zu geben. Auch an ihrer Adresse in HI waren's ned anwesend. Allerdings, dafür machen sie ihre Arbeit wirklich gut.

    Wem gehört eigentlich das jetzige Objekt auf dem Standort ?

    Es geht auch um die Frage, ob das Pfeilerhaus bereits das Ende der Bemühungen für diesen Platz sein oder man weiter zupacken soll. Angemessen, bedenkt man, was dorten vorher gestanden hat. Dafür müßte die Rübe bei den Fünfzigerjahrebauten entgültig runter (die an sich so schlecht ned sind, außer an diesem Ort) - wie groß schätzt ihr die Chancen ein, dies innerhalb der nächsten ein, zwei Decaden hinzubringen ?

    Keinesfalls sollte (wie wohl augenzwinkernd in der HA abgebildet) eine Fachwerk-Beklebung am Bestandsgiebel vorgenommen werden - von derlei Grotesken gibt es in Hildesheim auch so einiges; in keinem Falle sieht es "richtig" aus. Dann doch lieber die "Waschbetonrenaissance" Richtung Süden. Nat. nicht perfekt und skurril, aber doch irgendwie mit Herz. Wie in Nürnberg sah der Wiederaufbau um 1950 herum zumindest optimistisch aus. Die endgültige Wende zum Schlechten hin dürfte die zweite Hälfte der Fünfziger markiert haben, trotz bzw. wegen der stetig verbesserten Wirtschaftslage.

    Wie würdest du die Platzsituation an dieser Stelle lösen ?


    Und, die Frage geht an alle Dresdner, wie verhält es sich eigentlich mit der Frequentierung des Wiener Platzes ? Ich habe den nie "fertig" gesehen, sondern immer nur als Baugrube. Das Pendant in Hannover (restaurierter Gründerzeitbahnhof, modernes Umfeld) ist unbeschreiblich häßlich - aber scheint gut zu funktionieren; recht sauber und aktiv. Kann der Wiener Glasplatz das auch ?

    So ganz ernst gemeint war der Vergleich natürlich nicht (in ernsthaftem Sinne wird er jedoch durchaus gezogen, siehe div. Foren zu dem Thema). Allerdings ist die Zahl 65000 wirklich beachtlich - hat es in den vergangenen 27 Jahren in der alten Bundesrepublik solche Menschenansammlungen in einer Stadt gegeben ?

    Wie in der Zeitung geschrieben, läuft es wohl auf eine Kappung von S21 hinaus - der Bauschaden an den Flügeln wird auch mit K21 bleiben, das dem Steuerzahler immerhin 9 von 10 Milliarden Baukosten ersparen dürfte. Der Neuaufbau der Flügel wird einen "Trostpreis" für die Architektengilde abgeben; von irgendwoher möchte sie natürlich ihr Fleisch bekommen, selbst wenn's nur Reste sind.

    Ich habe -nach einem langem Stadtrundgang- für das Pfeilerhaus gestimmt. Obwohl die meisten der Projekte echte Granaten wären. Im Stadtbild würde das Pfeilerhaus definitiv die größte Wirkung entfalten; es ist die prägnanteste Stelle. Erst im historischen Vergleich sieht man, wie eng selbstverständlich die beiden Häuser zusammengehört haben..

    Allgemein wäre mit Rekonstruktionen im südlichen Teil der Altstadt mehr gewonnen - genau an den Schnittstellen zwischen den Fünfzigern u. den Traditionsinseln ganz im Süden bzw. um Dom u. Stadtkirchen herum. Wobei ich mir ned sicher bin, wie z.B. mit der Schuhstraße umzugehen wäre. Als Verkehrsader dürfte sie -auch an ihren Enden- unentbehrlich sein. Übrigens die einzige Stelle der Inneren Altstadt, wo richtige Bausauen unterwegs waren. Gut, mit Horten natürlich...:-/

    Quote from "ursus carpaticus"

    Abgesehen davon, dass W. eben unzerstört blieb, ein historisch Privileg, das auch durch noch so viel Verfall nicht 'wettzumachen' ist.

    Doch, das geht - man muß nur den Willen dazu haben, wie die Bürgermeister nach der Wende. Man ist auf diesem Wege ein schönes Stück vorangekommen; die Bestandsfülle einer Durchschnittstadt Niedersachsens liegt bereits im Blickfeld. In der Zonenzeit waren bereits umfangreiche Stadterneuerungsmaßnahmen in Planung - gut, anders als die Baumärkte und NETTO's hatten die vorgesehenen IBR-85 vorgeblendete "Dächer". Noch 10 Jahre, und Weißenfels, Merseburg, Zeitz u.a. wären nach dem bewährten Vorbild Bernau/Brandenburg umgestaltet worden.

    Quote from "ursus carpaticus"

    Und selbst der Magdeburger Wiederaufbau kann (abgesehen vom barbarischen Abriss der vielen Kirchen) keineswegs katastrophaler ausgefallen sein als jener zu Würzburg oder Nürnberg

    Ähm...fahr mal nach Magdeburg und sieh es dir selbst an. Das war kein Wiederaufbau, das war eine Hinrichtung.
    Magdeburg ist heute die "sowjetischste" aller deutschen Großstädte, abgesehen vielleicht von Kaliningrad. Nicht zu machen. Aber sehr wichtiges Anschauungsmaterial.

    Wobei ich meinserseits die verwegene These habe, daß dies dem geschichtsignorierenden Charakter des Kunstlandes Sachsen-Anhalt zuzuschreiben ist. Eine Teilung zwischen Thüringen, Sachsen, Niedersachsen und Brandenburg wäre das vernünftigste gewesen. Magdeburg hätte als Ostzipfel NS's nicht viel besser ausgesehen als heute - aber viele der Zonenriegel wären unter der Kolonialverwaltung gefällt wurden. Möglicherweise wäre die Wessi-Axt sogar in die Stalinbauten gefahren. Bauschäden oder so. Und die heimische "Elite", die heute wieder gegen die Ulrichskirche kräht, wäre "abgestasit" worden. "Gar greyllich Brandt und Straff'"... :D

    Quote from "ursus carpaticus"

    Wenn ich mir so anschau, was in fränkischen Städten, einstigen Kulturmetropolen, weit älter als dieses Dresden, so alles in die Mitte hingeklotzt wird, worüber sich dort kein Schwein mehr aufzuregen scheint, warum auch, hin ist hin, oder wie barbarisch die DDer Innenstadt abseits des NMs "gestaltet" wird, kann das Wälzen dieser Problemchen um den Schützenplatz nur als Akt der Realitätsverdrängung angesehen werden.

    Hart, aber ned falsch, du Bär. :D

    Wobei dem Viertel jedoch aufgrund der Ausgangslage eine so hohe Bedeutung zukommt, nämlich der Nichtexistenz Dresdens als richtige Innenstadt. Der Versuch, dort IRGENDETWAS wenigsten von der Funktion her hinzuzimmern. Um eventuelle schönheit geht's gerad nimmer, da liegt der Sarazene schon im Wald.

    Wobei du an Franken denkst und ich an Weißenfels, Nordhausen und Magdeburg, die auch in der allg. Wahrnehmung

    nur

    noch

    Osten

    sind. Und anders als Würzburg oder eben Hildesheim (Wobei HI häßlicher gestartet ist als die Frankenhauptstadt, aber sich inzwischen mehr ins Zeug legt) keine Lobby mehr haben, weder an Touristenführern noch solchen wie uns, die um die einstige Bedeutung und Schönheit dieser Orte wissen und denen das Herz blutet, wenn die ökonomische Notlage für weitere bauliche Folter ausgenutzt wird.

    >>Ich denke mal dass Du nur den Marktplatz gesehen hast und von dort zum Andreasplatz gegangen bist, um Dir den Zuckerhut anzuschauen… Dann hast Du natürlich noch nicht sehr vieles gesehen, Wissmut.<<

    Ein bißchen mehr war es schon, aber mein persönlicher Stadtplan ist noch nicht gezeichnet. Mir fehlte bislang die Zeit für einen ausgiebigen Rundgang, da soviele andere Dinge zu erledigen waren und noch sind. Für die eigentliche Stadtaufnahme braucht man Muße.


    >>Den Domplatz kann ich dir nur empfehlen beim nächsten Hi-Besuch, dass nur wenige Fußschritte vom Andreasplatz entfernt liegt. Danach anschliessend die südliche Altstadt mit der Basilika St. Godehard, wo heute noch über zwei Hundert Fachwerkhäuser stehen. Über Wallanlagen zurück am sehenswerten Museum zur Michaeliskirche, das in diesem Jahr seinen 1000. Geburtstag feiert. Um sich zu entspannen geht man einige Schritte rüber zum baroken Stadtgarten und kann sich umgeben von über 2000 Rosen ausruhen. Zum Schluss geht’s am Kaiserhaus vorbei zurück zum Andreasplatz und Marktplatz. Dann hättest Du einen wirklichen Rundgang hinter Dir.<<

    Kann man sich dran orientieren.

    >>In den letzten Wochen wurde viel diskutiert in der lokalen Presse: Vom Hildesia-Denkmal über Jakobi-Turmhelm bis zum Masterplan-Wiederaufbau am letzten WE. In der Zeitung wurde eine Liste mit Bauwerken erstellt, wo man auch abstimmen kann.<<

    In welcher Zeitung ?
    Normalerweise halte ich ned viel von Abos, was sich aber ändern kann, wenn eine wirklich zu empfehlen ist.

    Manches ist so schlecht nicht bzw. nimmt sogar die alten Fachwerkproportionen wieder auf. Kenne mich noch nicht gut aus in der Stadt; aber denke hierbei an eines am südlichen Ende der Roßgasse(?), was mich trotz seiner Herkunft in den Sechzigern angesprochen hat.
    Was eher bedrückend wirkt, ist der östliche Markt - auch ohne die vorherigen Eindrücke von Fleischer- u. Templerhaus schon etwas trist. Aber nun gut, alles hätte noch schlimmer sein können. Die DDR z.B. hätte von der Stadt überhaupt nichts übriggelassen, schätze ich mal.

    Nee, oder ? Gegen diese...Visionen einer soz...internationalen Großstadt erscheint der Gedanke des 1969'er Generalplans nachvollziebar.
    Hatte aber beim Durchwandern der Ecke ähnliche Gedanken - man schaut immer auf die Strecke zum großen Garten, die Johannstadt, wo's alles zu spät ist. Eine Art erweiterte Altstadt bzw. überhaupt mal eine halbwegs geschlossene Innenstadt würde realistisch wohl nur per Westerweiterung machbar sein. Aber zum Glück bleibt Dresden diese Horrorvision wohl durch rechtzeitiges beherztes Eingreifen besonnener Baukünstler und Leistungsträger erspart.