Der Dortmunder Westenhellweg war das erste, was mir in den Sinn kam, als uns aus Richtung Bahnhof über die Westernstraße in die Paderborner Innenstadt liefen. Aber der Vergleich zu Hildesheim ist noch treffender, in weiten Teilen Hildesheim sieht es genauso aus wie in diesem Teil Paderborns: Totalverlust im Krieg und danach Ruck-Zuck wieder aufgebaut. Überhaupt gibt es viele Parallelen zu Hildesheim. Auch Paderborn war bis zum Krieg weitgehend eine Fachwerkstadt mit sehr vielen bedeutenden Kirchen und wurde gegen Kriegsende (27.03.1945) weitestgehend zerstört. Irgendwie ist das Thema nicht so bekannt wie die ja auch hier im Forum diskutierten Halberstadt, Braunschweig, Kassel, Hildesheim oder Pforzheim. Vielleicht ist das Thema auch deshalb nicht so hoch gehängt, weil es am 27.03.1945 „„nur““ 380 Tote gab, dies allerdings bei einem vernichtenden Angriff nur deshalb, weil die Stadt weitgehend evakuiert war, da nach vorhergehenden Angriffen noch Schlimmeres erwartet wurde und die Amerikaner auf Ihrem Weg nach Westen ohnehin eine Stadt nach der anderen (zuvor Wesel, Soest oder einige Städtchen im Sauerland) auslöschten. Das hört sich ja alles nicht gut an, aber ich kann beruhigen, ganz so schlimm wie in Hildesheim ist die Lage nicht, in Paderborn haben wohl mehr schöne Ecken den Krieg überstanden.
1 (Quelle Bildindex). Schon anhand des Merian-Stichs (der von Westen „aufgenommen“ sein dürfte) erkenne ich, dass ich mich im wesentlichen im „linken“ Teil der Stadt aufgehalten habe.
2 (Quelle Bildindex). Wir haben ungefähr folgende Runde gedreht: Von links unten über die Westernstraße in die Innenstadt bis zum Rathaus in der unteren Bildmitte, dann Richtung Norden zum Dom, durch diesen hindurch, dann weiter Richtung Norden zum Adam-und-Eva-Haus (vielleicht 300 m nördlich des Doms), dann zur Abdinghofkirche und dann zurück. Dann waren wir mit unserer Kraft am Ende. Weite Teile der Innenstadt habe ich also nicht gesehen, vor allem den kompletten Osten der Altstadt um die Busdorf-Kirche. Aber „Kriegsschicksale deutscher Architektur“ lässt hier nichts Gutes ahnen: In einer nach dem Krieg angefertigten Schadensskizze sind die wenigen unzerstörten Flecken im Norden der Stadt markiert.
3 Im weiteren Verlauf kommen wir zum Marienplatz und hier zum Heisingschen Haus aus dem Jahr 1600 (links). Das rechte Haus ist auf Bild 4 (1926) noch nicht zu sehen, da es erst 1928 für einen Neubau der Sparkasse entstanden ist. Ich hätte gewettet, dass es deutlich älter ist. Offenbar gab es 1928 noch Architekten, die neben einem historischen Bau wirklich passend gebaut haben. O tempora, o mores. Heutige Architekten würden in einem möglichst großen Kontrast möglichst hässlich bauen und sich dafür von der Architekten-Fachwelt feiern lassen.
4 (Quelle Bildindex)
5 Jetzt sehen wir auf das Rathaus, a.d. 1613-20. „Der Bau zeigt die Prinzipien der Renaissance in Deutschland besonders prägnant: klare Disposition der Bauteile, Betonung der Fläche, linear-scharf eingeschnittene Fenster, die als Einzelelemente wirken und nicht wie später im Barock in eine große Gesamtbewegung einbezogen werden. In der Gestaltung der Erdgeschossarkaden werden sogar die italienischen Vorbilder aus Florenz deutlich sichtbar“ (Wikipedia). Von der Gesamtkomposition her erinnert mich das Gebäude an das Bremer Rathaus.
6 (Quelle Bildindex): Eine ähnliche Perspektive vor 75 Jahren unterscheidet sich nur in Details.
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8 Weiter sehen wir, dass zumindest der südliche bzw. der südöstliche Teil dieses schönen Platzes nach dem Krieg klasse wieder aufgebaut wurde. Das kaiserzeitliche Gebäude rechts neben dem Rathaus gefällt mir ziemlich gut. Das weiße Gebäude mit dem schwarzen Turm rechts nennt sich „Theodorianum“, ein Gymnasium, dessen Anfänge in das Jahr 799 zurückgehen.
9 (Quelle Bildindex)
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11 (Quelle Bildindex)
12 Im Anschluss kamen wir zum Dom in unmittelbarer Nähe. In diesem ausgesprochen interessanten Bereich gibt es einiges zu sehen, alles haben wir aber nicht wahrgenommen, wir waren noch nicht einmal im Kreuzgang neben dem Dom.
13 (Quelle Bildindex): Hier sehen wir über den Marktplatz mit Dom (links) und Gaukirche St. Ulrich, der rechte Bereich des Bildes ist deutlich besser über den Krieg gekommen als der linke.
14 (Quelle Bildindex): Nach dem Krieg wurde der Turm der Gaukirche verkürzt, er sieht heute immer noch so aus, war aber aktuell eingerüstet.
15 (Quelle Bildindex): Die südwestliche Umbauung des Doms ...
16 (Quelle Bildindex): ... war bis zum Krieg traumhaft schön ...
17 ... und hat heute leider deutlich weniger Flair. Links das Diözesanmuseum, das seine heutige Gestalt um 1990 erhalten hat.
18 Der Turm des Doms ist romanisch, der Rest gotisch. Das habe ich in letzter Zeit häufiger gesehen. Ich kann diese hohen Kirchtürme immer nur bewundern, die mit den einfachen Mitteln der Zeit vor 900 Jahren gebaut wurden. Der Turm des PB-Doms kam mir von hier deutlich höher vor als der des HB-Doms, der in PB ist allerdings mit 88 m um 4 m kleiner als der in HB.
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20 Jetzt befinden wir uns nördlich des Doms, links sehen wir die rekonstruierte Kaiserpfalz mit der gleichen originellen Dachkonstruktion wie beim Diözesanmuseum, das kleine Gebäude rechts ist die Bartholomäus-Kapelle, a.d. 1017, die älteste Hallenkirche nördlich der Alpen.
21 Die Bartholomäus-Kapelle von innen.
22 Jetzt sind wir noch etwas weiter nördlich gelaufen, die Straße heißt „Auf den Dielen“. Ich hatte schon geschrieben, dass hier im Norden der Stadt die Kriegsverluste wohl etwas geringer waren. Wenn so wie in dieser Straße weite Teile der Stadt ausgesehen haben, ist hier ein tolles Stadtbild verloren gegangen. Ein zweites Hildesheim wird es vielleicht nicht gewesen sein, aber nicht ganz weit davon entfernt. Bei Bildindex gibt es über 1000 Bilder, aber leider außer den von mir gezeigten Ecken nicht viel, vor allem sehr wenig Darstellungen normaler Straßenzüge.
23 Jetzt sehen wir das Adam-und-Eva-Haus, 50 m weiter nördlich. Vor dem Haus konnte ich bei einer Stadtführung mithören. Das Haus erzählt eine Riesen-Geschichte. Oben abgebildet sind die vier Evangelisten mit Ihren Attributen, links darunter die Namensgeber des Hauses, rechts befindet sich irgendwo Karo, der Höllenhund. Karo der Höllenhund? Man lernt nie aus. In der Gegend sind ein paar Fachwerkhäuser stehen geblieben, so einheitlich wie in Bild 25 zeigt sich das Umfeld hier allerdings nicht mehr.
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25 (Quelle Bildindex)
26 Jetzt stehe ich am Eingang der, unverkennbar romanischen, Abdinghofkirche und schaue zurück zum Dom.
27 Krypta
28 Abdinghofkirche heute
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30 (Quelle Bildindex): Kirche im Vorkriegszustand. Ich bin ja eigentlich ein Fan dieser schlichten romanischen Kirchen, aber diese Version hat auch etwas.
31 Abdinghofkirche von Westen
32 (Quelle Bildindex): Und abschließend sehen wir noch eine Luftaufnahme der Gegend um den Dom im Vorkriegszustand.