Posts by tegula

    Flachwüchsige, streng im Sinne des Barock geschnittene Bäumchen oder die berühmten Buchsbaumhecken: Kein Problem.

    Wir sind uns doch darüber einig, dass wir Aufenthaltsqualität nur dann erreichen, wenn es auch Schattenflächen gibt? Buchsbaum scheidet da aus. Mal abgesehen davon, dass ich kaum einen Ort mehr kenne, der nicht ein Problem mit dem Buchsbaumzünsler hat. Ich weiß nicht, wie es euch geht: Ich kann mir kaum etwas Langweiligeres vorstellen als Buchsbaum. Kommt gleich nach Jägerzaun. So gestaltet man Grünflächen doch heute nicht mehr.

    Darüber hinaus: Wenn ich es richtig verstanden habe, dann ist doch noch gar nicht festgemeißelt, welche Bepflanzung dort zum Zuge kommt. Ein Klassiker in einem solchen Umfeld wären Platanen, die zudem den Vorteil haben, sehr schnell zu wachsen, robust gegen Umwelteinflüsse zu sein und mit ihren großen Blättern viel Schatten zu spenden.

    Aber bitte in einem Verhältnis, das die Sichtachsen nicht beeinträchtigt. Das ist hier nicht gegeben und es tut mir leid um die fantastischen Werke der Bildhauer, die nun auf diesem Platz wortwörtlich ein Schattendasein fristen müssen.

    Das kann man so nicht stehen lassen. Die einzige Sichtachse der Südfassade führt von der Breiten Str. direkt auf den Mittelrisalit der Fassade. Und genau diese bleibt erhalten, denn hier werden die Grüninseln ganz bewusst ausgespart. Wie hier bereits andere bemerkt haben, ist der Entwurf ganz nah an der Lösung des 19. Jahrhunderts angelehnt: ein mittiger Brunnen vor dem Risaliten, links und rechts davon jeweils eine Grüninsel. Bei entsprechend wertiger Ausführung glaube ich, dass wir hier einen Platz mit viel Aufenthaltsqualität bekommen werden.

    Treverer

    Ich verstehe deine Aggression mir gegenüber nicht. Ich habe mich niemals gegen den Neptunbrunnen ausgesprochen, noch wird dieser durch den Entwurf von bbz unmöglich gemacht. Schon gar nicht habe ich dich mit irgendeinem Satz angesprochen, noch ansprechen wollen (zumal ich deine Einstellung dazu gar nicht kannte). Vielleicht schaltest du mal einen Gang herunter.

    Noch im September sind diese Entwürfe hier bei einigen auf positive Resonanz gestoßen. Siehe:

    Erfreuliche Pressemitteilung des Berliner Senats, man nähert sich vorsichtig der wilhelminischen Gestaltung des Schlossplatzes an:

    Interessant ist, dass in der Visualisierung die Konturen / Umrisse des Neptunbrunnens (teil)erkennbar sind, obwohl der 'offizielle' letzte Stand der Planungen ist, statt des Neptunbrunnens einen "modernen" Brunnen zu schaffen. Hinter den Kulissen scheint aber um dessen Gestalt durchaus noch intensiv gerungen zu werden. Vor einigen Tagen habe ich von einem Mitglied des Fördervereins erfahren, dass man im Senat gegenüber einer spendenfinanzierten Kopie des Neptunbrunnens nicht abgeneigt sei...

    Die geplanten Bäume finde ich persönlich erstmal nicht schlimm. Dass hier keine Rekonstruktion des kaiserzeitlichen Schloßplatzes entsteht war immer klar. Die Sichten auf die Schlüterfassaden von Süden und Westen bleiben inszeniert offen, vom Platz selbst aus werden die Fronten des Marstalls und des Staatsrates verdeckt. Welche Bäume da gepflanzt werden bleibt ja noch völlig offen.

    Insofern empfinde ich den Vorschlag schon als Fortschritt, wenngleich ich kaum glaube, dass sich der Senat zu einer Umsetzung entschliessen wird. Aber vielleicht werden wir überrascht.

    Heute und gestern dann solche Stimmen:

    Dieser Urwald ist......... =O <X

    Ich sage nur: Grüne Hölle und wird dem Renommée des Schlossplatzes nicht gerecht. Ich verstehe nicht, dass der Schlossverein nicht einschreitet.....

    Ich finde es immer noch nicht gut. Es reicht nicht, nur die dreiachsigen Mittelrisalite freizustellen. Da hat jd. diese ganze Architektur nicht verstanden.

    Oder nicht verstehen wollen.

    Endlich sind die verhassten Barockfassaden verdeckt.

    Mal wieder bezeichnend, dass man die historischen Fassaden scheinbar möglichst zustellen will, damit möglichst wenig von ihnen zu sehen ist, aber die hässliche Ostfassade komplett frei bleibt.

    Aber auch positive:

    Schade das ihr so negativ auf die Gestaltung des südlichen Schlossplatzes reagiert.

    Die Begrünung und das Wasserspiel sind dennoch erstmal zufriedenstellend und eine Annäherung. Das kann eine gute Basis für eine spätere Anpassung sein. Nicht immer gleich den Teufel an die Wand malen. Offenbar hat man ja erkannt, das man an dieser Stelle dringend nach bessern muss. Es bleibt ein Schritt in die richtige Richtung.

    Alles in allem eine enorme Ambivalenz bei der Einschätzung der Pläne. Ich persönlich kann die extrem negativen Stimmen, die wieder von irgendwelchen bewussten Sabotageakten ausgehen, weder nachvollziehen noch wirklich ernst nehmen. Diese stark divergierenden Sichtweisen habe ich auch außerhalb des APH vernommen. Daher meine allgemein gehaltene Meinung zu der Diskussion:

    Danke, S.Hartmann ! Da beklagt man sich seit Jahren zurecht über die Steinwüsten um die Schlossfassaden und jetzt, wo eine ansprechende Gestaltung mit Grüninseln kommen soll, ist es einigen wieder nicht recht. Ich halte die Entwürfe für vielversprechend!

    Weder wollte ich damit sticheln, noch jemanden persönlich ansprechen, noch bezog sich diese Aussage ausschließlich auf hier getätigte Meinungen. Es ist eine Essenz aus einem halben Jahr Diskussion rund um die bbz-Entwürfe. Und die lasse ich mir nicht von dir verbieten, mein lieber Treverer . Können wir das Persönliche dann jetzt bitte sein lassen und zum eigentlichen Thema zurückkehren?

    Übrigens: Im Nachbarforum äußert sich der hier bei vielen hochgeschätze Heimdall ähnlich wie ich:

    Im Nachbarforum wird über die aktuellen Pläne zur Begrünung des Schlossplatzes und dessen Ergänzung durch zwei Springbrunnen gejammert. Die Schlossfassaden könnten zugegrünt werden, die neuen Brunnen eine Rückkehr des Neptunbrunnens verhindert. Zuvor wurde Jahre lang gejammert, dass der Platz zu wenig grün sei und dorthin nicht der Neptunbrunnen rück-transloziert worden ist.

    Ach, Tegula... Der vorwurfsvolle Ton, dass man es einigen Leuten nicht recht machen kann, ist hier eher unangebracht. Der würde vielleicht drüben im DAF Sinn machen, aber nicht hier im Stadtbild-Deutschland-Forum. (Oder hast du vielleicht die Foren verwechselt? Kann vorkommen.)

    Ganz ehrlich ist es mir herzlichst egal, in welchem Forum ich diese Meinung äußere. Ich mache doch meine Einschätzung für das Schlossumfeld nicht davon abhängig, wer genau wo damit einverstanden ist. Das habe ich noch nie getan. Das hier ist doch ein Diskussions- und Meinungsaustauschforum, oder etwa nicht? Und wenn ich es richtig überblicke, sind hier genauso viele Befürworter wie Kritiker der Ideen unterwegs. Und das macht doch Meinungspluralismus aus. Dass du dich nun durch meine allgemeine Anmerkung angesprochen fühlst, konnte ich auch nicht absehen, denn bisher hast du dich zu der Thematik noch gar nicht positioniert. Dann wissen wir das jetzt halt auch.

    Und da sage noch einer, die Zeit der Rekonstruktionen sei vorbei. Das oben erwähnte Weiertor in Zülpich ist vollendet (wenngleich nicht originalgetreu):

    External Content www.youtube.com
    Content embedded from external sources will not be displayed without your consent.
    Through the activation of external content, you agree that personal data may be transferred to third party platforms. We have provided more information on this in our privacy policy.

    Ich hatte mir wie doch üblich das eingebettete Video hier im Forum angeschaut. Erst, wenn man auf YouTube geht, erfährt man, dass da eine automatische Synchronisation stattfindet. Insofern ist das dem Account-Inhaber wohl nicht anzulasten. Ich nehme meine Kritik an diesem daher zurück.

    Das kommt dabei heraus, wenn KI unreflektiert für die Massenproduktion von Content eingesetzt wird. Mich ärgert ein solches Vorgehen gleich von zweierlei Seite, als Kunsthistoriker sowie als Anbieter digitaler Leistungen für den Kultursektor.

    Die im Deutschen gebräuchliche Formulierung "nördlich der Alpen" bezieht sich auf das Heilige Römische Reich, das teilweise südlich der Alpen lag und teilweise nördlich und in diesem nördlichen Teil mehr umfasste als nur "Deutschland". Südlich von Versailles stoßen wir irgendwann auf das Zentralmassiv und noch weiter südlich auf die Pyrenäen, aber eben nicht auf die Alpen. Und südlich von St. Petersburg liegt Konstantinopel. Die "Alpen" sind keine Angabe einer geografischen Breite, sondern ein konkretes Gebirge.

    "Europäische Schlossbaukunst" gibt es lange vor Versailles. Und der Barock, um den es beim Berliner Schloss geht, ist keine französische Erfindung, sondern eine italienische.

    Auch wenn du mich nicht direkt ansprichst, gehe ich davon aus, dass dies eine Erwiderung auf meine Zeilen ist. Daher möchte ich auch darauf antworten.

    1. Die Begrifflichkeit "nördlich der Alpen" kenne ich aus den Geisteswissenschaften - insbesondere aus der Kunstgeschichte und Archäologie - nicht anders als ich sie selbst in meinen Schriften nutze: als ein nicht präzise umrissenes Gegenstück zum Mittelmeerraum, was ganz Mitteleuropa und im weiteren Sinne auch Nordeuropa umfasst. Dass diese Umschreibung gerade in Frankreich nicht ganz trennscharf zu führen ist, hast du selbst zu bedenken gegeben. Aber wenn man vom Alpenzug eine horizontale Linie durch Europa zieht, dann kommt man dem Gemeinten sehr nah.
    2. Natürlich gab es vor Versailles Schlösser (etwas anderes habe ich auch nicht behauptet), aber kein Schloss hat die europäische Schlossbaukunst so sehr beeinflusst wie Versailles. Insbesondere nördlich der Alpen, um den Bogen zu Punkt 1 zu schlagen. Auch wenn ich grundsätzlich sehr zurückhaltend bin mit Ranglisten von Architektur: In diesem Fall kann man mit gutem Recht vom bedeutendsten - gemeint ist einflussreichsten - profanen Barockbau nördlich der Alpen, wohl auch ganz Europas sprechen (wenngleich die Italiener ihre eigene Barockarchitektur hatten, die ebenfalls nach Norden ausstrahlte). Das reicht sogar über die Architektur hinaus bis in die höfische Kultur, das Zeremoniell und die Sprache. Frankreich, speziell Versailles, war das Maß aller Dinge in der Aristokratie.

    Ich greife mal die Fragezeichen von Riegel auf, die mehr als berechtigt sind. Man könnte jetzt, ohne die Bedeutung des Berliner Schlosses schmälern zu wollen, ganze Abhandlungen darüber schreiben, aber allein das Stichwort Versailles, ohne das die ganze europäische Schlossbaukunst nicht denkbar wäre, sollte hier als Einwand genügen.

    Vielleicht ist auch das ein Grund, warum man den Historismus nicht rekonstruieren möchte, da der Historismus Massenware war.

    Das ist genau das, was ich zu erläutern versuche. Die lange Ablehnung des Historismus und die vergleichsweise Geringschätzung gegenüber anderen Epochen sind ja nicht im luftleeren Raum entstanden, sondern haben Gründe. Ob man diese Ansichten teilt, steht auf einem anderen Blatt. Es geht mir um Nachvollziehbarkeit, nicht um Überzeugung.

    Da stellt sich die Frage, kann Massenware Kunst sein? Meiner Meinung nach ja. Ob Handwerk oder Kunst in der Industrie, beides kann kreativ und anregend sein.

    Sicher kann Massenware Kunst sein, jedoch mit einem anderen Anspruch - weg von der individuellen Schöpfung, hin zu ästhetischen Standards.

    Ich hätte jetzt bei der Beurteilung der Wertigkeit angenommen, dass der Maßstab in beide Richtungen, also zurück und vorwärts in der Architekturgeschichte, kohärent sein sollte. Also sprich, dass eine Gestaltung als wertvoll oder weniger wertvoll betrachtet werden kann unabhängig von epochalen Umbrüchen.

    Mir geht es gar nicht primär um Wertigkeit. Wenn ich aber verdeutlichen möchte, wie epochal die Veränderungen dieser wenigen Jahrzehnte waren, muss ich aufzeigen, wie anders das Baugewerbe über Jahrhunderte, ja sogar Jahrtausende funktionierte. Daran anknüpfend versuchte ich - und das ist mir hier offensichtlich noch nicht ausreichend gelungen - aufzuzeigen, dass die Folgen dieser Veränderung weit über den engen Rahmen der Architektur gingen. Die Baukunst (die Betonung liegt hier auf der Kunst) musste sich neu definieren (daraus erwuchsen Reformbewegungen), ganze Berufszweige starben aus (und neue wurden geboren), der Städtebau nahm einen ungeahnten Aufschwung, wodurch sich ganz neue Stadtlandschaften bildeten und die Wohnbedingungen ganzer Bevölkerungsschichten veränderten. Kurzum: Die industrielle Fertigung von Baumaterialien ist nicht nur in diesem gesellschaftlichen Kontext zu sehen, sie befeuerte auch die gesellschaftliche Wandlung.

    Ich sehe da also eigentlich keine Verdrängung von Kunsthandwerk, selbst wenn gewisse Bausteine nun vorgefertigt waren.

    Diese Beschreibung der Veränderungen kratzt meiner Ansicht nach nur an der Oberfläche und reicht nicht aus, um den Umbruch zu umschreiben. Vorgefertigte Bausteine gab es auch schon im Mittelalter, wie ich weiter oben erläuterte. Entscheidend ist, dass bestimmte Bauelemente, ja sogar der Backstein als Baumaterial selbst, in weitgehend unbegrenzter Menge und vor allem - und das ist für den Fassadenstuck so entscheidend - in immer gleichbleibender Qualität, in immer identischer Ausführung, sehr günstig und ohne entsprechenden Fachkräfte verfügbar war. Ich will es mal profan ausdrücken: Dadurch konnte man nun bauen, bis der Arzt kommt: Industrielle, Geldbürgertum, Unternehmer. Bauherren waren jetzt nicht nur die Aristokratie oder wie früher die Kirche. Gebaut wurde ästhetisch anspruchsvoll, aber durch die schiere Menge und Verfügbarkeit von Geld und Baustoffen auch auswechselbar.

    Aber wenn man das rekonstruieren wollte, wäre der Kunsthandwerker wieder vonnöten, oder?

    Ich kann nicht beurteilen, inwiefern heutzutage Industriezweige noch auf die Produktion von seriellen Stuckdekorationen für Fassaden spezialisiert sind. Letztlich braucht es ja die Gussform und dann kannst du dasselbe Ornament in unbegrenzter Zahl herstellen. Mit der Handarbeit eines Stuckateurs hat das nur noch wenig zu tun und das wäre wohl auch kaum bezahlbar. Deshalb war es in der Gründerzeit möglich, so einen scheinbar gewaltigen Aufwand an unzähligen Fassaden zu betreiben: keine manuelle Herstellung, sondern serieller Guss. Nur dadurch ist der Bauboom unserer Städte in der bekannten Form überhaupt erklärbar.

    Ich sehe da nicht den Bruch. Der Unterschied zu früher bestand doch eigentlich nur einer differenzierteren Arbeitsteilung, dem Einsatz von starken Antriebsmaschinen mit Dampfkraft und einer großen Zahl nicht ausbgebildeter Arbeiter. Hinter den Komponenten standen natürlich handwerkliche Fähigkeiten, bzw. „Gestalter“.

    Der Umbruch ist schon deutlich größer. Er betrifft die gesamte Baubranche des späten 19. Jahrhunderts. Während sich die Herstellungsprozesse des Baumaterials über Jahrhunderte kaum verändert haben, ist jetzt mit der Industriellen Revolution ein radikaler Wandel zu verzeichnen. Das gilt sowohl für den Backstein, der nun erstmals seit Jahrtausenden (!), nicht in herkömmlicher Weise manuell hergestellt wurde, als auch für die Stuckelemente des Historismus. Der Berufsstand des Stuckateurs wandelte sich dabei ebenfalls elementar. Seit der Wende zum 20. Jahrhundert werden Fertigstückteile in Katalogen angeboten, die in Gießformen in Serie hergestellt wurden, ohne dass ein Kunsthandwerker überhaupt noch daran beteiligt sein musste. Ganz konkret: Visuell uns stilistisch mag sich an den Bauten auf den ersten Blick dadurch nicht viel verändert haben, aber im Selbstverständnis des Architekten, Künstlers und Kunsthandwerkes und entsprechend in der gesamten Baubranche hat sich fast alles gewandelt. Wenn man die Herstellungs- und Bauprozesse betrachtet und nicht nach stilistischen Merkmalen einteilt, hat zu diesem Zeitpunkt längst die Moderne in der Architekturgeschichte eingesetzt. Was hier passierte, ist ein Evolutionssprung.

    Das halte ich persönlich für das größte Missverständnis bezüglich Historismus, der sich so verbreitet. Wir haben heute praktisch eine komplett industrialisierte Bauindustrie, das heißt jedes Bauteil entstammt einem Massenprozess. Dies würde bei gleicher Deutungsweise heißen, es ist unmöglich mit den heutigen Mitteln künstlerisch besonders werthaltige Werke zu schaffen.

    Mir ging es um den Blick vom Historismus zurück in der Architekturgeschichte. Im Historismus finden wir das erste Mal die Situation vor, dass Bauschmuck nicht manuell und somit individuell am oder für den Bau (auf eine Ausnahme gehe ich gleich weiter unten ein), sondern in geradezu unbegrenzter Anzahl für den Massenmarkt industriell gefertigt wurde, aus dem sich jeder wie aus einem Baukasten bedienen konnte. Natürlich kann auch die Komposition der einzelnen Elemente als ein schöpferischer Akt angesehen werden, aber dennoch haben wir hier einen epochemachenden Bruch in der Baukunst, der das individuelle Kunsthandwerk in den Hintergrund drängt.

    Nun zu der Ausnahme: Wir finden solche Ansätze bereits in der Backsteingotik, in der normierte Formsteine mit entsprechenden Profilen in großer Zahl vorgefertigt wurden und die dann für allerlei Einsatzzwecke wie Pfeiler, Portale, Fenster bis hin zum Maßwerk eingesetzt werden konnten. Der Unterschied bestand hier allerdings darin, dass es keine industrielle, sondern eine serielle Produktion ist. Die Steine wurden weiterhin manuell hergestellt und die Vorlage wurde dann mehr oder weniger genau getroffen.

    Die Einschätzung des Historismus hat in den letzten 60 Jahren eine enorme Wandlung zum Positiven durchlaufen, gerade in Fachkreisen. Ich erinnere immer wieder gerne daran, wie Ende der 50er Jahre bei einer Restaurierung des Speyerer Doms die Fresken von Johann Baptist Schraudolph zerstört wurde - ein Frevel, der 15 Jahre später so unmöglich gewesen wäre. Auch in meiner eigenen kunsthistorischen Ausbildung in den 90ern habe ich diese steigende Wertschätzung gespürt. Der Historismus war selbstverständlicher Bestandteil des Lehrangebots, während die ältere kunstwissenschaftliche Literatur noch andere Vorstellungen vermittelte.

    Ich weiß nicht, wer der hier Anwesenden den Historismus angeblich als wertlos betrachtet, aber natürlich muss man zur Kenntnis nehmen, dass historistische Architektur in großen Teilen Maßenware war - hübsch anzuschauen, aber durch die industrielle Produktion bedingt. Insofern gibt es bereits auf dieser Ebene einen Qualitätsunterschied zwischen einem Renaissancebau und einer Blockrandbebauung des 19. Jahrhunderts, sei letztere noch so opulent errichtet. In einer Zeit, in der es selbst bei Leitbauten mühsam ist, sie zur Rekonstruktion zu bringen, ist es daher noch undenkbarer, einen Bau des Historismus ex nihil wieder auferstehen zu lassen. Mir würde ad hoc in Deutschland kein einziges umgesetztes Beispiel einfallen, aber vielleicht kann da jemand aushelfen.

    Dann solltest du hier aber auch nicht selber anfangen, Äpfel (Webseiten) mit Birnen (Häusern) zu vergleichen.

    Es ist dieselbe Rechtslage. Das Gesetz unterscheidet da in seinem Wortlaut nicht. Es geht im allgemeinem um Werke des künsterischen Schaffens. Darunter fällt auch die hier thematisierte Architektur. Und es waren deine Worte, die das Beispiel eines Klempners und einer Zeichnung in die Diskussion einbrachten. Ich habe dir dabei lediglich verdeutlicht, was als Werk gilt und was nicht. Siehe § 2 UrhG. Wie wär es, wenn du dich erst kundig machst, bevor du auf mich einschlägst?

    Mit solchen Äußerungen garantierst du, dass dich niemand mehr jemals beauftragen wird.

    Was für ein Unsinn. Meine Kunden bekommen selbstredend ein vertraglich zugesichertes Nutzungsrecht. Daraus ergibt sich auch zwangsläufig, dass ich gesetzlich festgelegte Urheberrechte besitze. Das dürfte bei Verträgen mit Architekten wohl ähnlich ablaufen. Vielleicht mag uns jemand aus dem Berufsstand Näheres berichten. Das kann uns sicher weiter helfen.

    Wenn hier schon über das Thema Urheberrecht an Architektur und anderen Werken sinniert wird, dann sollte dies mit den entsprechenden Sachkenntnissen geschehen und nicht einfach mal etwas rausgehauen werden.

    Und wie sieht das urheberrechtlich eigentlich mit Gebäuden aus. Kann ein Architekt sagen: hey, das ist ein Kunstwerk und ich habe die Rechte und Du, Eigentümer, darfst daran ohne meine Erlaubnis nichts verändern - sonst verklage ich Dich?

    Spannenderweise hat sich der BGH zur Vernichtung von Kunstwerken im Kontext des Urheberrechts an Gebäuden geäußert:

    BGH zur Zerstörung von Kunstwerken - im Zweifel für den Gebäudeinhaber
    Die BGH-Richter hat am 21. Februar 2019 entschieden, dass der Eigentümer ein Kunstwerk, welches mit einem Gebäude fest verbunden ist, in der Regel abbauen…
    www.wbs.legal

    Ergebnis: Es kommt auf den Einzelfall an, ob die Interessen des Urhebers oder des Eigentümers Vorrang haben. Voraussetzung ist natürlich, dass die Architektur überhaupt ein Werk darstellt, also die Schöpfungshöhe erreicht. Also ein eindeutiges "kann"!

    Das Pellerhaus erinnert mich irgendwie von der Gestaltung her an italienische Palazzi, allerdings genial abgewandelt mit Steildach, wohl wegen des regenreicheren Klima nördlich der Alpen. Es war (und hoffentlich wird) damit ein mitteleuropäisches Unikat in Sachen Renaissance-Architektur.

    Die Formensprache, inbesondere die Rustica kann man tasächlich an italienischen Palazzi beobachten. Hier in Nürnberg ist das Prinzip durch einen repräsentativen Giebel mit Satteldach bereichert. Was aber möchtest du an dem Bau als Unikat ansprechen? Weder einzelne Formen noch die Komposition sind singulär in Mitteleuropa. Sie sind lediglich in hoher Qualität ausgeführt.