Posts by Kapitell

    #370, Haus des Handwerks:

    Das ist kein Nachkriegsgebäude, sondern bereits in den 1930er Jahren errichtet. Das stand also schon in der alten Stadt, seine Front folgt der beim Bau der Bavingschule (Gymnasium am Waldhof) A. 1950er Jahre aufgehobenen Straße Am Damm. Die Fassade ist also für eine schmale Gasse "komponiert", und auf den Maßstab der verschwundenen kleinen Fachwerkhäuser abgestimmt. Und in der Tat handelt es sich um ein qualitätvolles Gebäude, noch in den 1980er Jahren hatte das für Bielefelder Verhältnisse ungewöhnlich elegante und große Gesellschaftsräume im EG mit edlen Hölzern, ganz klassisch, streng, entweder noch 1930er Jahre oder frühe 1950er. Als ich dann noch mal rein kam, nachdem es bereits zur Diskothek Stadtpalais umgebaut worden war, war allerdings der ganze Zauber verschwunden – ob endgültig, oder nur hinter Verkleidungen, weiss ich nicht.

    Warum ein Gebäude mit so großen Raumstrukturen, die bereits als Gesellschaftsräume errichtet wurden, keine Schule werden kann, ist wirklich nicht nachvollziehbar…..

    ^genau, diese Herleitung ist korrekt und sehr schön dargelegt.

    Überall in Nordeuropa, vom Vereinigten Königreich, den Niederlanden, den nördlichen Teilen Deutschlands (Niedersachsen, Westfalen, Niederrhein, Schlesig-Holstein, Mecklenburg) bis in das Baltikum und in den skandinavischen Ländern gibt es "barocke" Ziegelsteinfassaden oft mit örtlichen Natursteinen kombiniert. Mancherorts wurden die dann weiß gekält, wodurch nochmals ein anderer Charakter erzeugt wurde, um den es hier nicht geht (in Deutschland: Schlesig-Holstein).

    Die Kunstgeschichte achtet das Neue Palais Potsdam deshalb so wenig, weil es entwicklungsgeschichtlich ganz am Ende dieses über die Niederlande, England... sich entwickelnden Sonderstils steht, und dafür bleibt dann in entsprechenden Publikationen oft kein Platz mehr übrig. Daran ändert auch nicht, dass es im Sinne seiner Zeit durchaus sehr gelungen gefügt und sehr reich mit viel Aufwand ausgeführt ist.

    Noch beliebige entsprechende Beispiele aus Deutschland, die ebenso einzuordnen sind:

    Schloß zu Münster

    Category:Quality images of Fürstbischöfliches Schloss Münster – Wikimedia Commons

    Schloß Bothmer

    Bei all diesen Beispielen handelt es sich freilich um richtigen Ziegelstein - denn wie dargelegt war es in diesen Ländern selbstverständlich, für den sichtbaren Vormauerstein härter gebrannte und sorgfältiger geformte Ziegel zu verwenden als für die gewöhnlichen Hintermauerziegel. Ich denke die gemalten Ziegelsteine des Neuen Palais waren sicher so eine typisch preußische Sparversion oder ein bautechnisches/bauablauftechnisches Thema, das aus architekonischer Sicht zu vernachlässigen ist.

    ^^^^Die Putzfassade ist eben nicht vereinfacht, sie hat sogar noch den originalen kräftigen Putz. Die war schon immer "schlicht", denn es handelt sich schließlich um ein nobles Reformstilgebäude, das durch die kleinteilig gesprossten, heute verloren Holzfenster und die das mächtige Walmdach wikrte. Die beiden säulengetragenen kupfergedeckten Baldachine sind noch Original erhalten.

    Der Mittelteil wurde ca. 1960 durch Ausbau des Mansardgeschosses zu einem Vollgeschoss aufgestockt und dabei die Zeltdächer mit kupfergedeckten Uhrtürmchen über den Eckpavillons abgebrochen. Der Verlust des Daches war also noch nicht einmal eine Kriegszerstörung.

    Die Originalfenster waren wohl schon von vorn herein "weiß" und standen im Kontrast zur dunkleren monocromen Fassadenfarbe und zum dunklen Dach. Der Putz könnte sogar ein durchgefärbter Edelputz sein, der heute nur einfach von einer dicken Dreckkruste bedeckt ist.

    Die Schule wurde übrigens 1913 nach Entwürfen des städtichen Hochbauamtes unter Stadtbaurat Friedrich Kullrich erbaut, der einige Jahre früher noch in der Ära des Historismus das heutige Alte Rathaus im Stadtzentrum erbaute. Sie reiht sich damit nahtlos in die Reihe jener hochwertigen öffentlichen Gebäude ein, wie sie in den Jahren vor 1914 üblich waren.

    Rastrelli, bitte prüfen Sie Ihre Begrifflichkeiten. Leider muss ich Ihnen sagen, dass es im "Westen" niemals die Begrifflichkeit der "Westmoderne" gab oder gibt, diese auch im Film nicht vor kommt, genau so wie niemals ein "Wessi" auf die Idee käme, eine Bäckerei unter dem Namen "Wessi-Bäcker" zu eröffnen. Derartige Abgrenzungen entsprechen schlicht nicht der in Westdeutschland allgemein verankerten Denkweise. Schade, dass viele Ossis in völliger Unkenntnis nun zunehmend versuchen, Ost-Begriffe auf den Westen zu übertragen.

    Ebenso möchte ich Ihnen erläutern, dass es im Westen zumindestens außerhalb Westberlins nicht zum guten Ton gehörte, in großen Wohnanlagen zu leben. Daher bilden diese keine allgemeintypische westdeutsche Wohnsituation ab. Dort lebten per se nur die, die sich nichts anderes leisten konnten. Während im Osten wie mir gesagt wurde auch Professoren in Plattenbauten wohnten, war das im Westen niemals oder nur in seltenen Fällen in den wenigen besonders gehobenen großen Eigentumswohnanlagen der Fall.

    Weil so häufig falsch vernwedet: Auch den Begriff des Plattenbaues gab es im Westen nie, obwohl es die Bauart dennoch gab. Man nannte so was schlicht "Hochhaus", ggf. ergänzt um Begrifflichkeiten der Gestaltung, etwa "mit Waschbeton-Fassade".

    Weiterhin finde ich, dass die im Film gezeigten Bauten keinesfalls typisch für die alte Bundesrepublik sind. Post und Parkhaus wurden schon immer als nervige Funktionsbauten wahrgenommen (viele haben schon vergessen, wie Parkhäuser früher nach Benzin gestunken haben - da wollte man nur schnell wieder raus).

    Und wenn Sie eine allgemeine westdeutsche Wohnsituation der Zeit vor 1989 abbilden möchten, müssen Sie nach bungaloartigen Einfamilienhäusern auf großen Grundstücken im Speckgürtel einer Großstadt ausschau halten - nicht weil dies damals die Utopie schlechthin war, sondern weil es für viele wirklich Realität war. Bei der Durchfahrt auf Hauptverkehrsstraßen sehen Sie diese heute nicht mehr, und selbst wenn Sie entsprechende Wohnstraßen durchfahren, sehen Sie regelmäßig nur die bewusst abweisende Straßenseite - während Ihnen die schöne offene Terrasenseite stets hinter dichtem Grün verborgen bleibt. Die alte Bundesrepublik war schließlich durch den Rückzug ins Private geprägt. - Warum gelingt es den Denkmalschützern denn nicht, eine schön erhaltene größere Gruppe Einfamilienhäuser ("Architektenhäuser" oder halbwegs ambitionierte Bauträgerobjekte) der späten 60er bis E. 70er Jahre ausfindig zu machen und diese unter Denkmalschutz zu stellen? Das ist nämlich in Wahrheit das westliche Gegenmodell zu den Plattenbauten in der ehemaligen DDR und anderen früheren Ostblock-Ländern.

    Bei der Vierzahl der heutigen Möglichkeiten sind die Eigentümer und Handwerker mit der richtigen Auswahl schlicht überfordert. Bei Sanierungen im Bestand ohne Bauantrag muss ja noch nicht mal ein Architekt eingeschaltet werden, der in vielen Fälle die grellsten Entgleisungen noch verhindert, und die Baubehörden werden bei sowas ja sowieso nicht eingeschaltet.

    Nur bei Denkmalschutz ist auch ohne Bauantrag die Farbgebung etc. zu genehmigen, es hängt aber sehr stark von den einzelnen Mitarbeitern ab, ob hier die besten Lösungen gefunden werden. Das finden der richtigen Lösung ist eben ein schwieriger Prozess, Farben müssen als Musterfläche vor Ort ausreichend groß angelegt werden usw.

    Wer das schon öfter gemacht hat (bei Denkmalschutz wie gesagt muss man es), weiß wie langwierig das ist. Meist sind die ersten Farben zu grell und glänzend, was an den heutigen Produkten liegt.

    Kleine Holzteile wie alte Fenster kann man weiterhin mit Ölfarbe wie früher anstreichen, aber selbst das ist heute schon Liebhaberei (also schicht unpraktikabel), weil Ölfarbenanstriche 3-4x aufgetragen werden müssen und außerdem lange brauchen zum Trocknen. Welcher anspruchsvolle Berliner Mieter ("dann darf ich die Miete mindern") will schon 3 Wochen lang ohne äußere Fensterflügel wohnen? Moderne Farben sind da viel besser zu verarbeiten, sehen aber auf alten Holzteilen mit unebener Oberfläche häufig nicht gut aus.

    Aus eigener Erfahrung weiß ich eben auch, dass eine stimmige Fassadengestaltung und/oder für viel Geld freigelegter/rekonstruierter Stuck, auch innen an den Decken von typischen Großstadtmietern kaum finanziell gewürdigt wird. Die denken, das war schon immer so, wieso soll ich dafür denn mehr Geld zahlen? Dass aber die DDR auch viele heute wieder restaurierte Fassaden schimm verstümmelt hatte, auch Jahrzehnte nach der sogenannten Wende noch immer unentdeckte Schwammschäden im Dachbereich saniert werden müssen, wobei z.T. halbe Holzbalkendecken womöglich mit Stuck neu erstellt werden müsssen, ist gerade den 20-30-jährigen, die heute allgemein die neu einziehende Schicht der Großstadtnormaden bildet, schlicht unbekannt.

    Und die Gründerzeithäuser werden ja immer älter und allgemein pflegebedürftiger, inzwischen sind die jüngsten (<1914) 110 Jahre, die älteren (<1880) aber schon 140-145 Jahre alt. Am Ende des Zweiten Weltkrieges waren dieselben Häuser gerade mal 35 bis 65 Jahre alt. 50 Jahre nach der Erbauung war dann wohl bei vielen der Fassenstuck so geschädigt, dass man ihn entweder hätte instand setzten müssen, und da Deutschland eben im Vergleich zum Kaiserreich ein armes Land geworden war, schlug man den Stuck dann eben je nach finanzieller Möglichkeit ab. Die Entfernung der vielen Dachgauben und Aufbauten dürfte ebenso hauptsächlich ein bautechnisches Thema gewesen sein, die Blech-Kehlen und aufliegenden Rinnen waren nach 50 Jahren schlicht und einfach kaputt, Wasser drang ein, und bevor der Schwamm dann die ganze Dachkonstruktion zerstört hätte, wie es in den älteren Quartieren der DDR z.B. in Leipzig dann ab ca. 1975 massenhaft geschah, riss man in Berlin lieber die Dachgauben ab und rettete so das Haus rechtzeitig.

    Die in #10 gezeigte entstuckte Fassade "Ebenfalls Bergmannkiez - alles ist erlaubt..." mit dem Gelb-Beige und Grau und den alten grünen Fenstern empfinde ich übrigens angesicht der anderen Beispiele inzwischen als eher positiv - es ist zwar kein Stuck mehr da, aber die ruhige klassizistische Fensterverteilung, die durchgehende Traufe mit dem Dachbodengeschoss (Mezzaningeschoss) ist wohltuend unversehrt. Und die Putzfarbgebung ist so gelungen, dass sie durchaus durch Beratung des Denkmalschutzes zu Stande gekommen sein könnte.

    Doch, in der Zeit war das in der alten Bundesrepublik Gang und Gäbe. Ganz sicher ist der Rohbau des Altbaues erhalten geblieben. Dennoch wird man im ganzen Haus kein einziges altes Schmuckelement mehr finden - das wurde dann alles gründlich beseitigt, auch eingemauert findet sich in solchen Fällen fast nichts mehr.

    Die Darlegung von Siedel? ist aus meiner Sicht sehr plausibel,
    zum Vergleich mal zwei Fotos von Portal IV:
    Hier sieht man den Zustand bis etwa zum Regierungsantritt Kaiser Wilhelm II, in einem Lichtdruck von ca. 1885:
    wunderschöne offene Durchblicke, man beachte die tatsächlich freistehenden Portalsäulen (Gegenlicht im Zwischenraum zur Wandkante - ein sehr schönes klassisches Architekturmotiv), außerdem in der kleinen Fußgängertür ein schönes schlichtes Gitter aus der Mitte des 19. Jhs. (passend zur Kuppel).
    http://www.bilderbuch-berlin.net/Alben/28562/Fotos/mitte_portal_im_berliner_schloss_historisch_liebknecht_nr_v_eosander_schlüter_471870

    Dem gegenüber nun die "neuen" historistischen Gittertore - bei geschlossenem Tor ist quasi gar keine Transparenz mehr vorhanden, die Säulenzwischenräume sind nun von hinten blickdicht verschlossen, zusammen mit den "neuen" Fenstergittern -die nun wirklich das Gesamtbild eher beeinträchtigen als verschönern- wirkt das ganze auf mich wie die Umsetzung eines Sicherheitskonzepts von Anno 1888.
    Das kann man heute doch viel besser ohne die ganzen Metallgitter, die heutigen Fenster werden ganz andere Schutzklassen haben, so dass da kein Mensch mehr mit der Brechstange das Holz kaputthebeln kann wie damals.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Berliner_Schloss,_Portal_IV,_Rossebändiger.jpg

    Dennoch würde ich in der heutigen Zeit die Höfe des Nachts verschließen wollen - rein architektonisch finde ich die offenen Durchgänge ohne Tore aber außerordentlich schön!

    Die Regelung mag aus dem eigentlich völlig unzeitgemäßen §35 Baugesetzbuch "Bauen im Außenbereich" herrühren.

    Eine dieser Regelungen für landwirtschaftliche Betriebe (auch ehemalige) im Außenbereich besagt, dass die Zahl der bestehenden Wohnungen 2 oder 3 Stück pro Hofstelle nicht überschreiten darf. Neubauten werden nur unter der Bedingung genehmigt, dass das alte Wohnhaus entweder zeitnah abgebrochen wird oder zukünftig als Scheune, Stall o.ä. genutzt wird. Dies muss u.U. von den Eigentümern gegenüber dem Bauordnungsamt schriftlich bestätigt werden.
    Die Behörden sind rigoros bei der Durchsetzung, nur in seltenen Fällen kann im Nachhinein durch nachträgliche Unterschutzstellung als Baudenkmal bspw. ein 30 Jahre als Scheune genutztes früheres landwirtschaftliches Wohnhaus wiederum als solches genutzt werden.
    Diese Regelung ist seit Jahrzehnten als "Killer" für historische Wohngebäude auf dem Land bekannt.

    zum Beitrag 9032, dem Film von peter_langner:

    Außerordentlich bemerkenswert, die Innenräume im Film mit ein zu beziehen.
    Eine Besonderheit der Treppenhäuser im Berliner Stadtschloß aus der Schlüterzeit (außer der hier zu sehenen Gigantentreppe die Rittersaaltreppe im Portal V und die Elisabethsaaltreppe im Portal I) ist deren räumliche Enge, das "sich um einen Pfeiler wickeln" ganz im Sinne des römischen Barock des späten 17. Jahrhunderts. Die so entstandene außerordentlich interessante Raumstruktur kann durch fotografische Einzelbilder (von denen es zudem auch nur wenige gibt) kaum verständlich wiedergegeben werden. Von daher empfinde ich es geradezu als zwingend, den Film um den gesamten Treppenweg in den Schweizer Saal zu ergänzen, und zwar über den Treppenaufgang rechts, links war es ja eine Rampe für Pferde (im Film leider falsch auch als Treppe dargestellt).
    Im übrigen waren die Fensteröffnungen der Treppenhäuser in der Schlüterzeit nicht mit Fenstern versehen, so dass es einen fließenden Übergang zwischen Innen- und Außenraum gab, die Treppenhäuser quasi offene Loggien waren. So finden sich rafinierter Weise beispielsweise die Fenstersäulen des mittigen Rundbogenfensters im 2.OG nochmals im Inneren (am Rittersaaltreppenhaus Portal V auf dem Foto mit den durch den Krieg zerstörten Fensterscheiben gut zu sehen). Meiner Meinung nach würde es sich lohnen, auch diesen originalen Bauzustand in einem Film auferstehen zu lassen.

    Ich finde, das oben schon angeführte Beispiel aus Leipzig http://fs5.directupload.net/images/170219/8gcm5koc.jpg zeigt, was auch für dieses Haus angemessen wäre: die Gesimse und Rustika im EG sowie den heute vereinfachten Giebel einheitlich in einem hellbeige zu streichen. Ein normales weiß würde zu hell und im Vergleich zum warmen Klinker zu kalt wirken. Dies gilt auch für alle grau-Töne. Also bitte nicht. Und Experimente mit Blautönen kann ich mir erst recht nicht vorstellen.
    Den genau richtigen Beige-Farbton findet man, in dem man vor Ort eine ausreichend große Musterfläche von Maler anlegen lässt (mind. 1/2 qm), am Besten neben der Klinkerfläche, um festzustellen, ob beide harmonieren.
    Technisch bitte keine Dispersionsfarbe verwenden (diese Farben werden rissig und blättern ab), sondern eine Mineralfarbe (z.B. Fa. Keim). Diese verbindet sich mit dem Putz, sieht wertiger aus, altert ohne schäbig auszusehen und hält darum letztlich länger.
    Wenn allerdings, was ich vermute, die jetzigen Farben schon Dispersion sind, müssen diese zuvor entfernt (abgestrahlt) werden. Das ist ziemlich aufwendig und teuer.
    Die Fenster werden in der Gründerzeit von außen grün (ein dunkles Moosgrün) oder Dunkelbraun gestrichen gewesen sein.
    Inwieweit sich diese Farbe auf die heutigen Fenster (vermutlich Kunststoff?) übertragen lasst, kann ich nicht beurteilen.
    Die heutigen Fenster entsprechen ja ohnehin so gar nicht den früheren (fehlende Teilungen, fehlende Zierleisten, Profile eher zu dick).
    Die Balkone (Brüstungen, Stützen) würde ich idealer Weise als eigenes "leichtes" Bauteil betrachten - also farblich nicht wie die Gesimse streichen, sondern bspw. in Fensterfarbe Moosgrün oder Dunkelbraun. Dazu müssten die heutigen modernen Brüstungen aber bspw. mit Holz (vertikale Bretter, die Balkonplatte mit überdeckend, am unteren Rand überstehend und profiliert) bekleidet werden. Inwieweit das technisch möglich ist, vermag ich auf dem Foto nicht erkennen.
    Die massive Brüstung des EG-Balkons gehört zum Originalbestand und ist in der Farbe der Rustika zu streichen, so wie es jetzt auch schon der Fall ist.

    Zur Rückfassade: Ziegelsteine streicht man nicht. Am Nachbarhaus links sieht man den "schönen" naturbelassenen Zustand, der gleichzeitig auch weitgehend schadensfrei ist. Aus meiner Sicht sollte daher die Farbe abgestrahlt werden, und soweit notwendig neu verfugt und die Risse geschlossen werden (sichtbar bleiben die weiterhin).
    Ich muss allerdings sagen, dass ich das Rissbild schon ziemlich bedrohlich finde, da es sich durch alle Geschosse zieht.
    Die nicht gemauerten Fensterstürze (ist das ein originales Betonelement?) würde ich in dem hellen Beige der Gesimse der Straßenseite streichen.
    Für die Fenster gilt auch hier das oben gesagte - vielleicht kann vor der Fassadensanierung zumindest der nachträglich angebaute Rolladen an dem einen Fenster entfernt werden, damit hinter den Führungsschienen die Farbe auch entfernt werden kann.

    Interessant wären natürlich historische Fotos des Gebäudes. Diesen könnte man einiges zum "richtigen" historischen Zustand entnehmen.

    ^ Mir ging es ganz genau so. Im Westen mussten wir vor der Wende nicht, dass die DDR so großflächig schlimm verfallen war. Und erst recht haben wir nicht gedacht, dass das so viel unter Denkmalschutzvorgaben saniert werden würde. Niemals, niemals, haben wir geglaubt, dass die [lexicon='Frauenkirche Dresden'][/lexicon] wiedererstehen würde, niemals die Rampische Straße, niemals das Stadtschloß Berlin. Man kannte vor der Wende die schwarz-weiß-Fotos dieser Gebäude aus der Literatur, das war für uns alles zerstört, nicht reproduzierbar, weg für immer!
    Insofern teile ich die "oktaviansche Dankbarkeit" in gewisser Weise, und wünsche mir von den Ostdeutschen mehr von dieser Dankbarkeit.
    Ich kann noch immer nicht verstehen, dass Westdeutschland derartig rigoros ungestaltet wurde. Bis etwa 1960 war in den unzerstörten Gebieten das alte Westdeutschland überwiegend erhalten, etwa angegraut zwar, aber wohl erhalten, und zu meiner Zeit seit etwa 1980, war es weitgehend verschwunden bzw. verschwand immer weiter.

    Ich habe die Neubebauung der "Townhouses" aus der Entferung ein wenig verfolgt und war in den letzten Jahren hin und wieder dort und finde, dass dieser Ort einer der schönsten, völlig neu bebauten Bereiche von Berlin ist. Wo sonst ist eine solche eher interessante Abwechslung gelungen, die sogar "klassische Neubauten" zugelassen hat? Sicher sind solche schmalen Gebäude eher typisch für Amsterdam oder (in Deutschland) Köln oder Aachen. Außerdem tut es Berlin gut, dass es in der ansonsten durch die Nachkriegszeit und DDR eher proletarisierte Innenstadt wieder exklusives Wohnen gibt.
    Es müssen nicht überall Läden in den EGs sein, das war vor 1945 in den Straßen der Wohlhabenen auch nicht der Fall (bspw. Tiergartenviertel - komplett zerstört - viele Fotos beim Bildindex....)

    zum Beitrag Nr. 3544
    Selbstverständlich kommt das Holz aus Abbrüchen. Speziell in Westfalen und Niedersachen gibt es genug ländliche Fachwerkgebäude (Bauernhäuser) vorwiegend aus dem 19. Jh., die zum Abbruch stehen. Denkmalgeschützt sind die wenigsten. Reichlich Eichenholz gibt es besonders in den Balken über der Diele.
    Auf der Webseite von Kr amp und K r am p kann man sehen, wie dieses Fachwerkrecycling funktioniert. Man muss dabei immer bedenken, dass das Holz alternativ komplett im Bauschuttcontainer gelandet wäre. Solche inhabergeführten kleinen Firmen haben in den 70er und 80er Jahren geholfen, Fachwerkstädte wie Lemgo vor dem Verfall und mutwilliger Zerstörung zu retten.
    Auch die Fa. Bl ö ch er in Lemgo handelt mit altem Eichenholz http://www.bewaehrte-baustoffe.de/

    Für meine Augen sehen die Fassaden zunächst fachgerecht instand gesetzt aus. Das, was hier krisiert wird, ist lediglich die Farbe der Vierungen (=neu eingesetzte Naturstein-Stücke). Es ist immer schwierig, einen gleichwertigen Stein für Ausbesserungen im Sichtbereich zu bekommen. Naturstein ist ein Naturprodukt, d.h. am Besten bedient man sich aus dem gleichen Steinbruch wie die Altvorderen dies getan haben. Diese Steinbrüche sind schwer zu ermitteln, und stehen heute oft nicht mehr zu Verfügung (oft Naturschutz). Bei der Auswahl des richtigen Steines spielt nicht nur die Farbe eine Rolle, sondern auch viele andere pyhsikalische Kriterien des Materials. Aus der Ferne können wir dies nicht beurteilen.
    Bis vor 20 Jahren wurden solche Natursteinfassaden fast immer mit Steinersatzmassen ausgebessert, d.h. Mörtel mit individuell abgestimmten Zuschlägen. Mit diesen Methoden hat man überwiegend schlechte Langzeit-Erfahrungen - das ganze funktionierte in etwa so wie eine Plombe im Zahn. Insofern ist die jetzige Restaurierung erstmals seit der Erbauung eine wirklich Restaurierung und wird erfahrungsgemäß -hoffentlich- eine lange Haltbarkeit haben, wenn man technisch alles richtig gemacht hat.
    Die Farbgebung ist definitiv eines der kleineren Probleme. Man wird damit leben müssen, dass sich die Steinpartien erst mit der Zeit einanderer angleichen. Übrigens würde selbst neu eingebautes Originalmaterial mit einer neuen Schnittfläche zunächst anders aussehen als die angewitterte und nur gereinigte/restaurierte Originaloberfläche. Alternativ hätte man die ganze Fassade überstreichen können (es gibt geeignete Farbsysteme dafür, wie bei der Kommode), ob das aber besser gewesen wäre?

    #43 und die Antwort #51

    Das ist schon echter Stuck, allerdings stark restauriert. Solche Eingangssituationen gab es in Nord-/Mitteldeutschland bei kleinen Häusern recht häufig: in der Mitte der Hauseingang mit Treppenhauszugang, rechts und links Türen zu zwei sehr kleinen Länden. Heute ist das natürlich alles zu einer großen Ladenfläche umgebaut. Häufig haben bei solchen Nischen-Situationen die oberen Bereiche die 1930er bis 1980er Jahre unter Verkleidungen und Abhangdecken überlebt. Der untere Bereich von 2,80 m Höhe war meist zerstört und ist (so wohl auch in diesem Fall) rekonstruiert. Ebenfalls rekonstruiert erscheint der Schlußstein der Mitteltür.
    Übrigens zeigt gerade dieses Beispiel, warum der Historismus schon von den Zeitgenossen kritisiert wurde. Man sieht hier deutlich die additive rein dekorative Verwendung der Stuckteile, ohne Beachtung der klassischen Tektonik.
    Den Stropor-Stuck-Teilen fehlt fast immer die Tiefe der Details und diese sind niemals so wuchtig (weil das gerade im Außenbereich einfach nicht dauerhaft hält).

    Ich kann es auf den Fotos nicht erkennen, aber das ist bestimmt ein Blindenleistreifen. (Beim öffentlichen Bauen gelten sehr weitgehende Richtlinien für Behinderte, die in unserer sehr demokratischen Welt für sehr wichtig gehalten werden.)

    Ja, genau. Rein konservatorisch ist es für den Stein besser, diesen nicht anzustreichen. Auch unter dem Aspekt der Wartung. Gerade in 'Norddeutschland' (ob man Potsdam noch dazu rechnet, sei dahingestellt) gibt es eine ausgeprägte Tradition von materialsichtigen Oberflächen (Holzfachwerk, Ziegelstein, oder eben Sandstein). Dem gegenüber wird vereinfacht gesagt in 'Süddeutschland' der Naturstein eher überstrichen. Dies hat sicherlich auch mit dem Wetter zu tun.
    Im Barock und Klassizismus wurden auch in Norddeutschland mehr Fassaden komplett gestrichen als in anderen Epochen.

    Ah ja, jetzt wo du es sagst, sehe ich die Überblattung an der Strebe links oben auch... stutzig hat mich der geschossübergreifend durchgehende Ständer sowieso schon gemacht.
    Aber der ganze Vordergiebel ist doch definitiv nicht aus dem 15. Jahrhundert, sondern irgendwann mal neu abgezimmert und davor gesetzt worden?