• Ich zitiere aus einem Fachartikel, enthalten im Sonderheft 1997 der Mitteilungen des LfD Sachsen:

    Wichtig ist dabei zu wissen, dass diese Dekoration (gemeint sind die Malereien aus der Mitte des 16. Jhd., Anm. von mir) zweimal restauriert wurde, 1623 und1674 bis 1678. Bei der zweiten Restaurierung erst wurde der vierte Renaissancetreppenturm in der Südostecke errichtet (als Kopie des südwestlichen Treppenturms, Anm. von mir) und ein weiterer Renaissancegiebel anstelle des damals abgebrochenen gotischen Torhauses, darunter aber eine barocke Portalqnlage zur gleichen Zeit (Starcke-Portal, Anm. von mir).

    In diesen Jahren wurde ja mit dem Bau des Palais im Grossen Garten in Dresden das Zeitalter des Barock bereits eingeläutet. Kurfürst Johann Georg II. hielt offensichtlich aus künstlerischen und wohl auch politgeschichtlichen Erwägungen die Gestalt des Schlosses um die Mitte des 16. Jahrhunderts für so bedeutsam (da war Sachsen ein mächtiger Player in Europa, Anm. von mir), dass er sie 120 Jahre später noch bis in das ornamentale Detail hin vollenden ließ. Und er tat dies in grossen Lettern am hofseitigen Giebel des Westflügels kund (in Latein: restauriert MDCLXXV - also 1675, Anm. von mir).

    Vielleicht sind die Malereien am Turm (der war ja gerade neu aufgestocktworden) Teil dieser "Vervollständigung" des Renaissancezustands unter Johann Georg II. Hier noch das Gemälde, das offensichtlich als Grundlage herangezogen wurde:

    Deutsche Fotothek

  • Ja genau, das war es, das ich meinte.

    Es zeigt genau auch die Turmdekorationen der aktuellen Rekoplanung. Es ist sozusagen dieser Zustand der letzten "Vollendung", den man hier als sicherste Basis anstrebt (genau wie Bodo Ebhard als er ab ca. 1906 die Hohkoenigsbourg im Elsass im letzten, größten und am besten bekannten Zustand der Zeit um 1500 restaurieren ließ).

    Es ist ein Jammer, dass die "Tierhatz" nur als SW-Foto vorliegt. Das originale Gemälde enthielt so unglaublich viele wichtige Informationen.....

  • Wir haben schon oft über die zwei nachfolgenden Gemälde von Louis Silvestre gesprochen, die sich bis 1945 in den Paraderäumen befanden und sich jetzt im Museum of Fine Arts, St. Petersburg (Florida) befinden:

    Dabei ging es hauptsächlich um die Frage, warum die SKD die Gemälde nicht zurückfordert.

    Um die Frage zu klären, habe ich eine Mail an die SKD geschrieben. Hier die Antwort:

    "Die SKD können mangels Zuständigkeit diese Gemälde (und andere, die ebenfalls aus dem Residenzschloss stammen) nicht zurückfordern, weil sie nicht restitutionsberechtigt sind. Denn diese fraglichen Bilder gehörten nie zum Bestand der Königlichen bzw. Staatlichen Gemäldegalerie, allerdings befanden sie sich zum 8. Mai 1945 im Eigentum des Freistaates Sachsen. Zuständig wäre das Finanzministerium, vertreten durch das Sächsische Immobilien- und Baumanagement. Auch dort ist man – nicht zuletzt durch die intensive Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Einrichtungen – über die Zusammenhänge im Detail informiert."

    Also habe ich auch noch eine Mail an das Sächsische Immobilien- und Baumanagement geschrieben. Hier die Antwort:

    "Die beiden Kunstwerke könnten tatsächlich der Schlossbergung im Jahr 1945 zuzurechnen sein. Damit beschäftigt sich derzeit ein Expertenteam. Ein Katalog verlorener Objekte wird in naher Zukunft fertiggestellt sein. Das Staatsministerium der Finanzen wird auf dieser Basis und nach Prüfung der jeweiligen Rechtsaussichten über die weiteren Schritte entscheiden."

  • Damit beschäftigt sich derzeit ein Expertenteam. Ein Katalog verlorener Objekte wird in naher Zukunft fertiggestellt sein.

    Jetzt frage ich mich natürlich wie lange das Expertenteam schon besteht und wie lange der Katalog in Arbeit ist...

  • Trotzdem interessant, das man das hier untersucht und evtl. doch wohl auch von deutscher bzw. sächsischer Seite aus an einer Rückgabe der beiden Gemälde interessiert ist. Dass sie aus dem Dresdner Schloss kommen, ist aber ja wohl unstrittig....

  • Aber da beißt man bei den Amis sicher auf Granit wegen Rückgabe. Da wird man eine Riesenmenge an Entschädigung fordern, die unmöglich aufzubringen sein wird. Es gibt ja einige wertvolle und kunsthistorisch sehr bedeutsame Werke in amerikanischen Museen, die durch heute sehr dubiose und/oder zweifelhafte Kunstkäufe in den 60/70-ger Jahren dorthin gelangt sind. Damals war ja Dresden in der DDR und damit unerreichbar fern und politisch nicht relevant. Heute denkt man anders darüber, aber ob diese wertvollen Dinge je wieder zurückkommen werden? Ich sehe da leider nichts in naher Zukunft. Und ich glaube auch nicht, das dieses Expertenteam da was anderes erreicht.

    In der Architektur muß sich ausdrücken, was eine Stadt zu sagen hat.
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten

  • Vielen Dank Max M. für Deine Aktivitäten.

    Ich verweise noch einmal auf einen Beitrag hier im Strang: S. 167, 8. Oktober 2022 (auf der Seite ziemlich weit unten). Er enthält ein längeres Zitat von Frau Dr. Tasch, die schon seit vielen Jahren über diese Frage wissenschaftlich forscht. Auf die beiden Silvestre-Gemälde wird dort ausführlich eingegangen.

    Für mich freilich ist diese "Strittigkeit" nicht nachvollziehbar: Die damalige Diebin (eine dubiose Meissnerin) ist bekannt. Es muss dem Museum in Florida bewusst gewesen sein, dass sie Diebesgut kaufen.

  • Aber da beißt man bei den Amis sicher auf Granit wegen Rückgabe. Da wird man eine Riesenmenge an Entschädigung fordern, die unmöglich aufzubringen sein wird. Es gibt ja einige wertvolle und kunsthistorisch sehr bedeutsame Werke in amerikanischen Museen, die durch heute sehr dubiose und/oder zweifelhafte Kunstkäufe in den 60/70-ger Jahren dorthin gelangt sind. Damals war ja Dresden in der DDR und damit unerreichbar fern und politisch nicht relevant.

    Da irrst du dich. In den 80er Jahren, während der Präsidentschaft Ronald Reagans, tauchten in den USA zwei Gemälde von Albrecht Dürer auf, die aus dem Weimarer Stadtschloss stammten. Ein US-Soldat hatte sie 1945 privat mit nach Hause genommen. Das war illegal. Die Regierung der DDR forderte die Rückgabe. Der Erbe des Soldaten weigerte sich und verwies auf deutsche Schuld und Holocaust. Es kam zum Gerichtsprozess. Auch Westdeutschland erhob Anspruch auf die Bilder. Das New Yorker Gericht sprach die beiden Dürer-Werke der DDR zu. Sie stammten unstrittig aus den Staatlichen Kunstsammlungen Weimar und gehörte somit nicht nach Westdeutschland. Die Gemälde kehrten tatsächlich nach Weimar zurück.

    Hier zeigt sich der Wert der Rechtsstaatlichkeit in den USA. [...] Moderationshinweis: Gekürzt. Hat eine themenfremde Diskussion ausgelöst.

    Die Ausstellung von Raubkunst trägt übrigens dazu bei, Saint Petersburg in Florida seinem russischen Namensvorbild anzunähern.

  • Jetzt frage ich mich natürlich wie lange das Expertenteam schon besteht und wie lange der Katalog in Arbeit ist...

    Das Thema der Kriegsverluste an Kunstwerken aus den staatlichen Schlössern, also aus dem Besitz des Freistaates Sachsen, kam erst 2020 wirklich in den Fokus mit dem Auftauchen der Tapisserie „Die Ohnmacht der Esther“ fast 80 Jahre nach ihrem verschwindenden.

    Marius Winzeler kündigte damals vor der Presse an, nun auch die Verluste des Freistaates zu publizieren. Das ist mit Sicherheit eine ziemliche Herausforderung für die einzelnen Schlösser wie das Residenzschloss und Schloss Pillnitz. Also kann eine sorgfältige und gesamte Auflistung aller vermissten Gemälde, Möbel etc. auch mehrere Jahre dauern.

    Neben den Bekannten Silvestre Gemälden aus dem ersten und zweiten Vorzimmer der Paraderäume (die aktuell in der USA oder in Polen sind), oder den vielen Tapisserien, fehlt z.B. auch ein wichtiges Gemälde von Johann Alexander Thiele aus dem Residenzschloss:

    Oder auch so wichtige Werke von Adam Manyoki, wie ein ganz frühes Porträt von August dem Starken, ein Porträt von Graf Bielinski bzw. mehrere Damenporträts aus der ehemaligen Schönheitsgalarie aus Schloss Pillnitz:

  • [...] Moderationshinweis: Gekürzt. Bezog sich auf entfernte Dikussion.

    Zu dem Restitutionsfall der Weimarer Dürer-Gemälde hier noch ein interessanter Aufsatz einer österrreichischen Anwaltskanzlei:

    lawfirm.at/publikationen/einmal-new-york-und-zurueck-die-ersitzung-gestohlener-kunstwerke

    Darin wird der Fall etwas anders erzählt, als ich es mal irgendwo gelesen habe. Vor allem zeigt sich hier, wie kompliziert solche Rechtsstreitigkeiten sind.

    Durer-HansTucher-Weimar-1499-Michael-Sander-03.11.2013-SA30.jpeg

    Albrecht Dürer, Bildnis Hans Tucher, 1499, Schlossmuseum Weimar (Foto: Michael Sander, 3. November 2013, CC-BY-SA-3.0)

    Durer-FelicitasTucher-Weimar-1499-Michael-Sander-03.11.2013-SA30.jpeg

    Albrecht Dürer, Bildnis Felicitas Tucher, 1499, Schlossmuseum Weimar (Foto: Michael Sander, 3. November 2013, CC-BY-SA-3.0)

    Beide Bilder sind 1982 aus New York nach Weimar zurückgekehrt.

  • "Unrechtsstaat" und "Verbrecherstaat" sind untaugliche Begriffe. Sie würden zum Beispiel suggerieren, dass die Planungen für den Wiederaufbau des Dresdner Schlosses sowie der Beginn des Wiederaufbaus einem "Unrechtskontext" entstammen. Die daran Beteiligten - zum Beispiel Denkmalpfleger und Bauleute - wären Angestellte eines "Verbrecherstaates". Da kommt einfach ein falscher Zungenschlag rein. Die korrekte Bezeichnung ist "kommunistische Diktatur". Ich frage mich, warum es Leute gibt, die diesen Begriff nicht verwenden wollen. Warum wollen sie verschleiern, dass es um Diktatur und Kommunismus geht? Das kenne ich aus Tschechien so nicht. Da spricht man ganz offen von "Kommunismus" oder "Totalitarismus" (auch das ein nützlicher Terminus), wenn es um die Zeit 1948-1989 geht. Das Wort "Unrechtsstaat" ist hingegen unbekannt.

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    Was können Gebäude für die Ismen denen sie entstammen , genauso wie die angeblich Bösen Nazibauten , oder die Garnisonkirche ist angeblich eine Nazikirche ..... alles quatsch. Das Gebäude ist irgendwie eine Geisteshaltung die sich Manifestiert hat in sichtbarer Baumasse ... aber an sich ist das Gebäude Schuld und harmlos .... es steht einfach nur da und wird als Argumentt ge oder missbraucht.


  • Also.

    Wer bisher einen schönen Tag hatte, der setzte sich und schnalle sich besser fest.

    Ein Blick in die fürstengalerie versetzt euch gleich in den Zauber den die Moderne und die Ausläufer der Avantgarde bieten können.

    Gepart mit einer einmalig passenden Ausstellungs Architektur können nun die Wunder moderner Kunst bestaunt und genossen werden.

    Man halte sich fest....

    Eine Symphonie aus betonpflastersteinen und supermarktregalen der 90er.

    Himmlisch.

    Die gute Nachricht: mir sind keine Eingriffe in die Bausubstanz aufgefallen.

    Mit genügend Protest geht das schnell wieder weg.

    Schöne Städte werden letztlich auch glückliche Städte sein.

  • Okay, Seebastian. Du hattest einfach mit allen Vermutungen im Vorfeld recht. Ich lag komplett daneben. Das ist wirklich sehr sehr peinlich. Leider wurde an den an sich schon scheußlichen geweißten Raum mit der störendere Technikdecke überhaupt nicht Hand angelegt. Es konnte also schon deshalb keine Kunstkammer mit Atmosphäre werden. Jetzt kommt noch diese gewollte und infantile Hinterbühnenästhetik hinzu, die vermutlich auf das Flüchtige und Prozessshafte oder Allltägliche verweisen soll. Es scheint auch den Arbeiten in keinster Weise dienlich zu sein. Diese unkuratierter Kakophonie von Elementen toppt tatsächlich den bisherigen Tiefpunkt des Schlosses, das Kulka Treppenhaus.

  • Der erste Stock in so einem Gebäude gestaltet als Kellerraum!? Darauf muß man auch erstmal kommen.

    Diese zwölf ovalen "Behältnisse" an der Wand - nimmt das auf Neuber-Dosen Bezug? Sonst auf den ersten Blick nur ein unruhig wirkendes Sammelsurium.

    Johann christian neuber
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