Wie schon gesagt, beherbergte der Georgenbau traditionell die privaten Wohnräume des jeweiligen Herrscherpaares. Aber nicht durchgängig. König Johann (1854 -1873) hatte sich Räumlichkeiten im Südflügel des 2. OG herrichten lassen. Ich zitiere aus der Schlossbuch-Triologie, Band III, S. 364.
Sie waren über die Englische Treppe erschlossen. Durch ein Vorzimmer mit einer seitlich gelegenen Kapelle und zwei "historische", mit Gobelins ausgestattete Säle - der eine war als Speisesaal genutzt und mit Monatsdarstellungen versehen, der andere, die sogenannte "Reitschule", die als Empfangsraum diente - gelangte man in das Arbeitszimmer König Johanns.
Letzteres hieß übrigens auch das Dantezimmer, König Johann hatte sich ja bekanntlich als Danteübersetzer einen Namen gemacht (in der Fachwelt sehr anerkannt).
Dann gab es noch Räumlichkeiten im angrenzenden Bärengartenflügel, die vom König als Bibliothek genutzt wurden.
Seine Gemahlin, Königin Amalia, bewohnte Räume im 2.OG des Westflügels. Zu ihrer Zeit war das Paradeschlafzimmer durch so eine Art transportable Raumteiler in einen Toilettebereich (Ankleiden, frisieren, schminken) und das Schlafgemach geteilt. Das Audienzzimmer Augusts des Starken diente der Königin als Empfangsraum.
In der o.g. Literaturquelle ist eine zeitgenössische Lithografie abgebildet, die die Ausstattung und Möblierung des Dantezimmers zu Zeiten Johanns verdeutlicht. In der fotothek habe ich 2 Fotos des Dantezimmers gefunden, aber da ist die frühere Möblierung nicht mehr existent.
Dantezimmer
https://fotothek.slub-dresden.de/fotos/dd/lfds-pw/0004000/dd_lfds-pw_0004138.jpg
Ausstellung 1933, thematische Gestaltung als Bildergalerie
https://fotothek.slub-dresden.de/fotos/df/hauptkatalog/0050000/df_hauptkatalog_0050677.jpg
Was nun Rekonstruktionen betrifft, ist darauf zu verweisen, dass die beiden kunsthistorisch wertvollsten Räume des Georgenbaus wiedererstanden sind: der großartige Kleine Ballsaal vollständig, das Audienzzimmer der Königin Karola immerhin als Teilreko.
Und noch eine Anmerkung zu dem gestern verlinkten Video. Bei etwa 11.00 gibt es einen kurzen Auftritt von Erich Jeschke. Das ist der Mann, dem ganz wesentlich zu verdanken ist, dass die Sgraffiti im Großen Schlosshof realisiert worden sind. Er war in der Aufbauleitung der Semperoper und danach bis 1992 Chef der Aufbauleitung Residenzschloß. In einem Artikel vom 5. Oktober 2019 (Seite 216) ist beschrieben, wie diese Entscheidung "schlitzohrig" (ganz positiv gemeint) durchgesetzt wurde.