Posts by Rastrelli

    Also mir fällt bei DDR Kunst und Architektur durchaus hervorstechend die gezielte Formung einer anderen Gesellschaft auf. Was sie eben mit anderen Diktaturen verbindet. Allein schon die starke Uniformität in den vielen künstlerischen Werken zeigen eine zentralisierte Steuerung. Aber auch die Körperbilder sind sehr charakteristisch. Ich kann überhaupt nicht vergleichbares in Westdeutschland vorfinden, weshalb ich die Aussage weiter oben mit dem Vergleich zu westdeutschen Kulturleistungen irgendwo gar nicht nachvollziehen kann.

    Für mich ist entsprechend die Aussage, dass Kunst und Architektur auch in (modernen) Diktaturen Kunst und Architektur ist, nicht plausibel und nachvollziehbar, wenn der Gestaltungsanspruch derart intensiv überlagert wird von propagandistischen Erwägungen.

    Ich kann diesen Unfug nicht unwidersprochen stehen lassen. Das ist so dermaßen dumm, dass es einem die Schuhe auszieht. Über Kunst und Architektur der DDR weißt du rein gar nichts. Du willst also allen Ernstes behaupten, in 45 Jahren sei auf 108.000 qkm deutschen Landes kein einziges Kunstwerk entstanden? Denk doch mal nach! Dir muss doch auffallen, dass das nicht stimmen kann! Dass in diesen 45 Jahren Gebäude errichtet wurden, kann auch dir nicht entgangen sein. Und haben diese Gebäude keine Fassaden? Wieso soll das nicht zur Architekturgeschichte zählen?


    Im Gegensatz zu dir war die DDR geradezu liberal. Da war es nämlich selbstverständlich, dass Kunst und Architektur der kapitalistischen Staaten Kunst und Architektur sind. Was denn sonst! Und auch christliche Sakralkunst wurde von Marxisten als Kunst angesehen. Zugleich konnten sie dir sagen: Das mit Jesus ist alles Quatsch. Die weltanschauliche Gebundenheit eines Kunstwerks bewirkt eben nicht, dass dieses Werk wertlos wird, sobald der Betrachter die Weltanschauung nicht teilt.


    Dir unterläuft der Fehler einer übertrieben ideologisierten Betrachtung. Man trifft diesen Fehler in Bezug auf kommunistische Regime häufiger an. Du denkst wohl, es gibt nur eine Parteispitze, eine Stasi, und der Rest der Bevölkerung ist eine große dumme Schafherde. Es fällt Außenstehenden oft schwer, die komplexe Wirklichkeit sozialistischer Staaten zu erfassen. Auch ein Staat wie die DDR besteht nicht nur aus Ideologie, Propaganda, Politik und Repression. Wie sollte das auch gehen? Natürlich gab es in der DDR ganz viel normales Leben. Da wurden zum Beispiel Kinder geboren und Brötchen gebacken. Zum Leben gehört auch Kunst. Menschen haben ein Bedürfnis nach Kunst. Die Künstler suchen sich Freiräume. Die Künstlerwelt hat ein gewisses Eigenleben. Sie folgt, wie andere Bereiche menschlicher Tätigkeit, gewissen Eigengesetzlichkeiten. Das Zentralkomitee der SED produziert die Kunst nicht selbst. Es setzt nur Rahmenbedingungen.


    Unter diesen Rahmenbedingungen ist in der DDR eine erstaunlich vielfältige Kunst entstanden. (Vergleiche nur einmal die künstlerischen Handschriften von Bernhard Heisig, Wolfgang Mattheuer, Werner Tübke, Willi Sitte, Albert Ebert und Curt Querner!) Und diese Kunst ist deutsche Kunst. In dem Sinne, dass sie an deutsche Kunsttraditionen und an Besonderheiten der geschichtlichen Entwicklung in Deutschland anknüpft und zum Beispiel von der zeitgleichen tschechoslowakischen oder sowjetrussischen Kunst unterschieden werden kann. Ich habe mich mit diesen Fragen befasst. Ich weiß, wovon ich schreibe.


    Kunst muss man sehen.Und man muss sich auf sie einlassen. Ich habe eine Leidenschaft für bildende Kunst - quer durch die europäische Kunstgeschichte.

    UrPotsdamer: wie könnte so eine Umgestaltung aussehen? Du bist ja Architekt (Landschaftsarchitekt)? Fehlt die Straßenbahn die bis 1945 über den Markt gefahren ist. Der Platz wirkt ja ziemlich leer.

    UrPotsdamer ist weder Landschafts- noch sonstiger Architekt.


    Die Straßenbahn fehlt auf dem Alten Markt nicht, denn als der Platz geschaffen wurde, war dieses Verkehrsmittel noch gar nicht erfunden. Sie fährt heute außenrum. Die Haltestelle "Alter Markt" liegt zwischen Marstall und Schloss. Die Trassenführung Breite Straße - Friedrich-Ebert-Straße ist günstiger als die vor 1945 bestehende Strecke durch die Humboldtstraße und direkt über den Platz. Die zwischen Nikolaikirche, Museum Barberini, Altem Rathaus und Stadtschloss liegende Platzfläche ist keinesfalls zu groß oder leer. Sie hat ja heute wieder die historischen Maße und bietet den herrlichen angrenzenden Bauten Raum, ihre Wirkung zu entfalten. Der Alte Markt ist einer der schönsten Stadtplätze der europäischen Kunstgeschichte. Wie die Luftbilder zeigen, gibt es in der Umgebung auch viel Grün. Der Platz der Einheit und der Bassinplatz sind große begrünte Plätze, die aber einen ganz anderen Charakter haben als der relativ kleine und wirklich urbane Alte Markt.


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    Potsdam, Blick auf die Humboldtstraße und den Alten Markt, rechts die Alte Fahrt, ganz rechts angeschnitten die Freundschaftsinsel. Die Grünfläche links hinter der Nikolaikirche ist der Platz der Einheit. Weiter hinten und dann rechts der Nikolaikirche ist der baumbestandene Bassinplatz auszumachen (Foto: Raimond Spekking, Elke Wetzig, 27. August 2023, CC-BY-SA-4.0)


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    Stadtschloss, Nikolaikirche und Alter Markt. Im Vordergrund Breite Straße, Straßenbahnhaltestelle Alter Markt, Ringerkolonnade, Steubenplatz (Foto: Raimond Spekking, Elke Wetzig, 27. August 2023, CC-BY-SA-4.0)


    Offiziell steht die Nikolaikirche auf dem Alten Markt. Vor Ort nimmt man sie jedoch eher als ein den eigentlichen Platz begrenzendes Bauwerk wahr.

    Es sei angemerkt, dass es sich hierbei NICHT um einen DDR-Bau handelt

    Doch, de facto ist es einer. Die Sowjetische Besatzungszone (SBZ) wird generell zur Geschichte der DDR gerechnet. Die entscheidende Zäsur ist der 8. Mai 1945, nicht der 7. Oktober 1949. Das ergibt gerade auch mit Blick auf Kunst und Kultur Sinn. Das Generalshotel ist stilistisch ein sehr früher Vertreter des traditionellen Stils der frühen DDR. Es ist eindeutig deutsche Architektur, keine sowjetische. Ähnliche Bauten finden wir später vielerorts in der DDR. Und ja, es ist gute Architektur. Ich bin mit solchen Gebäuden aufgewachsen. Sie sind sehr angenehm.


    Es ist wirklich schade, dass dieses Gebäude nun abgerissen wird. Spätere, echte Fünfzigerjahrebauten der DDR wirken eleganter. Beim Generalshotel spüre ich noch die Unsicherheit des Neuanfangs. Die Interieurs wecken stilistisch noch gewisse Assoziationen zur Zeit vor 1945. Der Architekt Georg Hell, der Metallgestalter Fritz Kühn und andere am Bau Beteiligte waren ja auch schon vor dem Zweiten Weltkrieg tätig. Die Verortung des Generalshotels in der Zeit unmittelbar nach 1945 macht für mich den besonderen Wert dieses Gebäudes aus.


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    Flughafen Berlin-Schönefeld, Generalshotel (Foto: Ralf Roletschek, 25. Oktober 2015, GFDL 1.2)


    Eine interessante Bilderstrecke zum Generalshotel gibt es auf Baunetz. Vor allem die Innenaufnahmen lohnen sich.

    Bevor der Turm unter die Haube kommt, hier noch ein Luftbild desselben ohne Kopfbedeckung.


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    Turm der Garnisonkirche, Luftbild aus südöstlicher Richtung (Foto: Raimond Spekking, Elke Wetzig, 27. August 2023, CC-BY-SA-4.0)


    Breite Straße mit Kreuzung der Dortustraße. Hinter dem Turm die Vierflügelanlage des Rechenzentrums, dahinter das Große Militärwaisenhaus in Rosa, diesem gegenüber am linken Bildrand die Hiller-Brandtschen Häuser. Ein paar schöne Altbauten gibt es an der Breiten Straße eben doch noch. Rechts vom obersten Turmgeschoss der Luisenplatz, in der Ferne der eingerüstete Turm der Friedenskirche. Links vom obersten Turmgeschoss der Monopteros des Waisenhauses und noch weiter links die ostmoderne Wohnbebauung an der Neustädter Havelbucht. Direkt über dem Turm in der Ferne die Neuen Kammern und rechts von diesen die Mühle von Sanssouci. Weiter links die Orangerie und noch weiter links, ganz in der Ferne das Belvedere auf dem Klausberg, zu dem ja von der Orangerie aus eine Blickachse besteht. Im Hintergrund der rechten Bildhälfte thront Schloss Sanssouci auf seinem Weinberg. Weit hinter diesem ist der Turm der Bornstedter Kirche auszumachen. Rechts neben Schloss Sanssouci die Bildergalerie. Der hügelige Landschaftshintergrund ist charakteristisch für das Havelland.

    Ich finde es bemerkenswert, wie freundlich, ruhig, sachkundig und intelligent Prontosoccorso1 hier mitdiskutiert.


    Für mich findet hier eine Verharmlosung des DDR Verbrecherstaates statt, der in der Unterdrückung freier künstlerischer Entfaltung gerade im Bauwesen nur linientreue Elemente durchsetzte.

    Das Problem bei dir ist deine überideologisierte Betrachtungsweise. So einen albernen Satz muss man sich erstmal zu schreiben trauen. Er besagt ja im Grunde, dass die modernistische Architektur Westdeutschlands bzw. seit 1990 des vereinten Deutschlands massenweise tolle Bauten hervorgebracht hat. Ist das so?


    Und schon der Begriff "Verbrecherstaat". Was soll man mit diesem Holzhammerwort anfangen? Willst du das ganze Leben in der DDR kriminalisieren?


    Denn es wird keineswegs auf die ambivalente Natur dieser Bauwerke hingewiesen [. . .] Dass sich ja niemand kritisch mehr mit deren Werdegang oder der Bauzeit auseinandersetzen soll? Oder soll sich damit auseinandergesetzt werden und der Schluss jener sein, dass der Verbrecherstaat sehr wohl sehr gute Entscheidungen getroffen hat, weil sie ja erhaltenswert sind?

    Nichts Gutes soll es gegeben haben? Alles soll schlecht gewesen sein? Aber so ist die Wirklichkeit nicht. Aus meiner Sicht war z. B. die Semperoper wiederaufzubauen, eine gute Entscheidung. Du wirst das anders sehen. Denn der Wiederaufbau der Semperoper hat der DDR erhebliches Ansehen eingebracht. Die Wiedereröffnung im Jahre 1985 wurde sogar im Westfernsehen übertragen. Du solltest also den Abriss der Semperoper fordern. Sonst kommt die DDR zu gut weg.


    Öffentliche DDR Architektur und Kunst ist und bleibt staatlich verordnet, genehmigt und fand in Absprache statt. Sie ist also unfrei und dem Verbrecherstaat zweckdienlich. Und diese Einordnung vermisse ich deutlich.

    Es gibt vieles, was einem Staat "zweckdienlich" ist, nicht nur zeitgenössische Architektur und Kunst. Die ist aber auch in sozialistischen Staaten in erster Linie dies - Architektur und Kunst - und heute Teil der jeweiligen nationalen Kulturgeschichte. Die kritische Aufarbeitung der politischen Geschichte wird dadurch nicht in Frage gestellt.

    In der englischen Version des Konferenzprogramms steht "in German or English spoken language". Sie wollen also wirklich den Gegensatz zur Gebärdensprache betonen. Das ist völlig gaga.


    Laut Programm gibt es ja Beiträge in englischer Sprache,

    u.a. "Esra Akcan (aufgezeichnet): A Critical Reception of IBA-1984/87

    Es gibt nur diesen einen einzigen Beitrag auf Englisch, und die Person ist gar nicht anwesend. Alle aktiven Konferenzteilnehmer können also Deutsch. Bei der Frage, ob Dolmetscherleistungen erforderlich sind, richtet man sich aber in erster Linie nach diesen wichtigen Akteuren, die Vorträge halten oder an Podiumsdiskussionen teilnehmen. Simultandolmetscher anfordern, nur weil theoretisch jemand im Publikum sitzen könnte, der kein Deutsch kann - das macht man nicht. Und welcher Mensch, der kein Deutsch kann, verirrt sich schon in die Berliner Klosterstraße?


    Ich kenn den Begriff Lautsprache noch vom Fremdsprachenunterricht aus der Schule

    Verwechselst du das eventuell mit "Lautschrift"? Der Begriff "Lautsprache" bringt in der Fremdsprachendidaktik eigentlich keinen Nutzen. Aber ich kann natürlich nicht ausschließen, dass er dir begegnet ist. Im Fremdsprachenerwerb spielen schriftliche Lehrmaterialien eine große Rolle, weshalb Schrift und Aussprache mit am Anfang stehen. Ein besonderer Gegensatz zwischen geschriebener und gesprochener Sprache wird in Bezug auf viele Einzelsprachen, z.B. Polnisch oder Deutsch, nicht empfunden. Der Wiki-Artikel "Lautsprache" widerspricht meiner Einschätzung nicht. Der überwiegende Teil des Textes behandelt Fragen von Phonetik und Phonologie. Und üblicherweise sprechen wir dann von zum Beispiel "Phonetik und Phonologie des Polnischen" und haben gar keinen Bedarf für das Wort "Lautsprache".

    Aber allgemein habe ich das Gefühl, dass viele Debatten sehr schnell viel zu emotional werden.

    Das beobachte ich auch immer wieder.



    Es wurde hier ja auch über Claudia Melisch geredet. Ich vermute, dass sie nur die archäologische Führung machen und darüber hinaus nicht an der Konferenz teilnehmen wird. Es wird ganz einfach eine entsprechende Anfrage gegeben haben. Und da die Archäologen nunmal gehalten sind, die Ergebnisse ihrer Arbeit der Öffentlichkeit zu vermitteln, macht sie dann eben diese Führung.


    Was mir am Konferenzprogramm noch aufgefallen ist:


    "in deutscher bzw. englischer Lautsprache"

    Das Wort "Lautsprache" wird nur im Zusammenhang mit "Gebärdensprache" benötigt. Die gesprochene Sprache bezeichnen wir ganz einfach als "Sprache". Auch in der Sprachwissenschaft. Ausnahme ist der Bereich des Gebärdensprachdolmetschens. Nur in diesem ganz engen fachlichen Kontext wird das Wort "Lautsprache" häufiger verwendet.


    "auf Deutsch mit Simultanübersetzung ins Englische"

    Abgesehen davon, dass da "Simultanverdolmetschung" stehen muss, ist mir nicht klar, für welche Zielgruppe hier gedolmetscht werden soll. Simultandolmetschen ist sehr aufwändig. Man braucht eine Simultandolmetscheranlage und für diesen konkreten Einsatz mindestens vier Simultandolmetscher. Sowas macht man nur, wenn es einen relevanten Adressatenkreis gibt. Da es hier nur um Berlin geht, kann man die Kenntnis der deutschen Sprache voraussetzen. In Berlin sollte sich genügend deutschsprachiges Publikum für eine Konferenz mit begrenzter Teilnehmerzahl finden.


    Nachtrag: Wie ich gerade sehe, wurde das Konferenzprogramm heute aktualisiert. Das ist wirklich übel.

    Zum heutigen Nationalfeiertag zwei Aufnahmen der Oranta aus der Sophienkathedrale. Sie stammen von Vera Sawarizkaja. Vera hat eine Leidenschaft für Fresken und Mosaiken in orthodoxen Kirchen. Ihre Aufnahmen dieser Motive sind eine Klasse für sich.


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    Kiew, Sophienkathedrale, Mosaik der Hauptapsis: betende Maria ("Oranta"), darunter eine Darstellung der Eucharistie, im Vordergrund der barocke Ikonostas (Foto: zavar-vera, 7. Mai 2012, sobory.ru, CC-BY-NC)


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    Sophienkathedrale, Oranta (Foto: zavar-vera, 7. Mai 2012, sobory.ru, CC-BY-NC)

    Zurück zur Ukraine. Heute ist der 24. August, der Nationalfeiertag. Vorhin kam mir ein Motto für diesen Tag in den Sinn:


    Celebrating the Beauty of Ukraine


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    Tschernihiw, Blick vom Glockenturm des Trojizko-Illinskyj-Klosters zur Katharinenkirche (Foto: Iryna Bezyk, 6. Oktober 2018, CC-BY-SA-4.0)

    Heute vor 55 Jahren in der Nacht vom 20. zum 21. August rollten russische Panzer in Prag ein.

    Sowjetische Panzer, nicht russische!


    Die Operation "Donau" war eine gemeinsame Unternehmung von fünf Teilnehmerstaaten des Warschauer Vertrages. Neben der UdSSR (nicht Russland) waren die DDR, Polen, Ungarn und Bulgarien beteiligt. Das militärische Oberkommando hatte Armeegeneral Iwan Pawlowski - ein Ukrainer aus Podolien. Sowjetischer Verteidigungsminister war zu der Zeit Andrej Gretschko - ein Ukrainer aus der Gegend nördlich von Taganrog. Sowjetischer Botschafter in Prag war in den wichtigen Jahren 1965 bis 1973 Stepan Tscherwonenko - ein Ukrainer aus der Region Poltawa. Tscherwonenko war viele Jahre in wichtigen Positionen in der Ukrainischen SSR tätig, bevor er ins sowjetische Außenministerium wechselte. Auch Leonid Breschnew stammte aus der Ukraine. Wichtige Jahre seiner Karriere verbrachte er in seiner Heimatregion Dnepropetrowsk.


    In der russischen Sprache wurde und wird der kommunistische Gesamtstaat als "Sowjetunion" oder "UdSSR" bezeichnet, nicht als "Russland". Im Westen ist man da leider oft schlampig und sagt "Russland", wenn die Sowjetunion gemeint ist. Dabei gerät leicht aus dem Blick, dass die Ukraine einen wichtigen Anteil an der Sowjetunion hatte.

    Beschädigt wurde am 19. August auch das Hotel Desna. Die beiden folgenden Ansichten wurden aus Richtung des Theaters aufgenommen. Das unter dem Namen Hotel Desna bekannte Gebäude dient heute nicht mehr als Hotel. Es hat eine Mischnutzung. Auch ein Gericht ist hier untergebracht. Das Hotel Desna gehört wie das Schewtschenko-Theater zum Gebäudeensemble des "Schönen Platzes" (Krasna ploschtscha), das nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges geschaffen wurde. Das Hotel Desna ist sowjetische Wiederaufbauarchitektur. Es wurde 1952 fertiggestellt und steht unter Denkmalschutz.


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    Tschernihiw, Hotel Desna (Foto: Olga Loboda 0806, 28. September 2018, CC-BY-SA-4.0)


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    Tschernihiw, das Hotel Desna nach dem Raketenangriff (Foto: Hryhorij Mazur, armyinform.com.ua, 19. August 2023, CC-BY-4.0)

    Weitere Ansichten des beschädigten Schewtschenko-Theaters


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    Tschernihiw, das Schewtschenko-Theater nach dem russischen Raketenangriff

    (Foto: National Police of Ukraine, npu.gov.ua, 19. August 2023, CC-BY-4.0)


    Die Schauseite. Die stehende Figur in der Mitte des Giebelfeldes ist der Dichter Taras Schewtschenko. Das Theater trägt seit 1926 seinen Namen. Das heutige Gebäude wurde nach Kriegszerstörung des ursprünglichen Theaterhauses errichtet und 1959 eröffnet.


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    Das Schewtschenko-Theater nach dem Raketenangriff (Foto: Hryhorij Mazur (Григорiй Мазур), armyinform.com.ua, 19. August 2023, CC-BY-4.0)


    Die linke Seitenfassade. Man beachte die schöne Pilastergliederung! Die im Vordergrund herumliegenden Teile sind Reste des Blechdachs. Das Theater hat einen hölzernen Dachstuhl und ein graues Blechdach. Nur im hinteren Teil des Gebäudes, auf dem Bühnenhaus, blieb das Dach wohl intakt. In den vorderen Teilen des Gebäudes wurden - soweit man das sehen kann - alle Fenster zerstört. Die Schäden im Innern müssen erheblich sein. Die Außenfassaden sind jedoch weitgehend intakt.


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    Das Schewtschenko-Theater nach dem Raketenangriff (Foto: Hryhorij Mazur, armyinform.com.ua, 19. August 2023, CC-BY-4.0)

    Heute wurde in der Ukraine das Fest Spas (Verwandlung des Herrn) gefeiert, eine Art Erntedankfest. Gegen 11.30 Uhr Kiewer Zeit schlug im Stadtzentrum von Tschernihiw eine russische Rakete ein. Sieben Tote, mehr als 110 Verletzte. Wir können uns hier nur um die Gebäudeschäden kümmern. Besonders betroffen ist das Schewtschenko-Theater. Es ist ein Mehrspartenhaus für Musik und Schauspiel. Aktuell gibt es dort aber auch eine Ausstellung von Drohnenproduzenten. (Angaben nach BBC, russischer Dienst)


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    Tschernihiw, Schewtschenko-Theater (Foto: Liudmyla Pidlisna, 25. September 2019, CC-BY-SA-4.0)


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    Tschernihiw, das Schewtschenko-Theater nach dem russischen Raketenangriff

    (Foto: Григорiй Мазур, armyinform.com.ua, 19. August 2023, CC-BY-4.0)

    Zu dem oben gezeigten Haus habe ich noch eine historische Fotografie von 1974 gefunden. Sie stammt aus der lokalgeschichtlichen Sammlung der Franzstadt.


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    Ferencváros, Eckhaus Balázs Béla utca 14, Thaly Kálmán utca 21

    (Foto: Ferencvárosi Helytörténeti Gyűjtemény, 1974, Sammlung Fortepan, CC-BY-SA-3.0)


    Zu sehen ist die Fassade an der Thaly Kálmán utca. Von den Fenstern an der Ecke hier noch eine Detailaufnahme. Die gekuppelten Fenster zu beiden Seiten der Eckwand betonen die Ecke, sind aber auch für sich genommen eine Augenweide.


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    Fenster an der Thaly Kálmán utca 21 (Foto: Globetrotter19, Mai 2016, CC-BY-SA-3.0)


    Es ist immer wieder bemerkenswert, wie präzise die Architekten der Gründerzeit Ecksituationen beachtet haben. Die Straßen kreuzen sich hier nicht im rechten Winkel. Bei dem Haus oben, Balázs Béla utca 14, ist die Ecke leicht stumpfwinklig. Bei dem Haus unten, Balázs Béla utca 11, ist sie leicht spitzwinklig. Durch die ausgreifende Rundung des Erdgeschosses, den Balkon im ersten Obergeschoss sowie die Platzierung einer Figurennische im zweiten Obergeschoss wird die relative Schmalheit der Eckwand geschickt kaschiert.


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    Eckhaus Balázs Béla utca 11, Thaly Kálmán utca 19, Blick in die Balázs Béla utca (Foto: Globetrotter19, Mai 2016, CC-BY-SA-3.0)


    Ein schönes Detail ist die Statue des hl. Thomas. Er ist der Schutzpatron des einstigen Hausbesitzers.


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    Eckhaus Balázs Béla utca 11, Thaly Kálmán utca 19, Statue des hl. Thomas an der Ecke (Foto: Globetrotter19, Mai 2016, CC-BY-SA-3.0)

    Ja, die Balázs Béla utca liegt im IX. Bezirk - Ferencváros (Franzstadt). Die große Ausfallstraße nach Südosten ist hier die Üllői út. Zu ihren Parallelstraßen gehört neben der relativ bedeutenden Mester utca auch die recht kurze Balázs Béla utca. Die Thaly Kálmán utca verbindet als Querstraße Mester utca und Üllői út. Da, wo sie die Balázs Béla utca kreuzt, stehen noch zwei schöne Eckhäuser. Vielleicht ein kleiner Trost.


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    Budapest, IX. Bezirk (Ferencváros), Eckhaus Balázs Béla utca 11, Thaly Kálmán utca 19 (rechts) (Foto: Globetrotter19, Mai 2016, CC-BY-SA-3.0)


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    Ferencváros, Eckhaus Balázs Béla utca 14, Thaly Kálmán utca 21 (links) (Foto: Globetrotter19, Mai 2016, CC-BY-SA-3.0)


    Die beiden Häuser bilden in der Balázs Béla utca eine Torsituation in Richtung Südosten (stadtauswärts). In Budapest sind die ungeraden Hausnummern auf der rechten Straßenseite.

    Eine Kirche, deren Fundament gelegt ist


    Wir reisen nach Ostsibirien. Hinter dem Baikalsee liegt Burjatien. 40 km östlich des Zentrums der Hauptstadt Ulan-Ude finden wir die Siedlung Onochoj (Онохой) im Saigrajewski rayon. Onochoj entstand 1899 im Zusammenhang mit dem Bau der Transsibirischen Eisenbahn. Die 9.000 Einwohner leben hauptsächlich von der Holzverarbeitung. Es gibt erst eine unscheinbare provisorische Kirche in der uliza Mongolskaja 58. Nun wird nebenan eine richtige Kirche gebaut. Sergej Subar fotografierte am 6. Juni dieses Jahres die Baustelle.


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    Onochoj (Saigrajewski rayon, Burjatien), Baustelle der Kirche der Xenia von Petersburg (zerkow Ksenii Peterburgskoj), das Fundament von Westen (Foto: Сергей Зубарь, 6. Juni 2023, sobory.ru, CC-BY-NC)


    Das Fundament - eine Abfolge aus Bodenplatten - ist weitgehend fertig. Nur beim Altarraum im Osten sind erst die Begrenzungen gelegt. Die Fläche muss dann noch mit Beton ausgegossen werden. Die Kirche wird aus vier, unterschiedlich breiten Abschnitten bestehen. Im Westen der Glockenturm. An ihn schließt sich die Trapesnaja an, ein Nebenraum, der für verschiedenste Zwecke genutzt wird. Auf die Trapesnaja folgt der Hauptraum der Kirche. Dieser wird, dem Grundriss nach zu urteilen, wohl ein Tschetwerik, ein Viereckbau, werden. Ganz im Osten folgt dann der deutlich kleinere Altarraum, dessen eckige, nicht abgerundete Ostseite, darauf deutet, dass die Kirche aus Holz errichtet wird.


    Von einer Infotafel konnte Sergej Subar den Entwurf der Kirche abfotografieren.


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    Onochoj (Burjatien), Entwurf der Kirche der Xenia von Petersburg, Ansicht von Norden

    (Foto: Сергей Зубарь, 6. Juni 2023, sobory.ru, CC-BY-NC)


    Die Kirche der Xenia von Petersburg wird also ein Holzbau in regionaltypischen Formen. Gefällt mir gut.

    Denkmal des Mutterlandes

    "Mutterland" ist ein Übersetzungsfehler. Der Name des Denkmals lautet "Mutter Heimat" - russ. Родина-мать - ukr. Батькiвщина-мати.


    Woher kommt das Geld für diese offene Entrussifizierung?

    In diesem konkreten Fall wohl überwiegend vom Oligarchen Rinat Achmetow und seiner Firma Metinvest.


    Dass die Ukraine aber den Russenkitsch derzeit vielfach beseitigt oder - wie in diesem Fall - umbaut, finde ich vollkommen nachvollziehbar und in Ordnung.

    Versuchst du gerade einen Gegensatz zwischen "Ukraine" und "Russenkitsch" zu konstruieren? Das ist aber sehr gewagt.


    Das Mutter-Heimat-Denkmal ist Teil eines größeren Ensembles, das von ukrainischen Spezialisten geplant und gebaut wurde. Hauptautor der Mutter Heimat ist der bedeutende ukrainische Bildhauer Wassyl Borodaj. Das Denkmal wird in Kiew keinesfalls so negativ bewertet, wie ihr glaubt. In Werbevideos der letzten Jahre ist es jedenfalls des öfteren zu sehen. Die "Mutter Heimat" fällt nicht unter das Gesetz zur Dekomunisazija. Die meisten Gedenkstätten zur Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg bleiben erhalten. "Mutter Heimat" heißt künftig "Mutter Ukraiine". Das ist, denke ich, eine gute Lösung. Das Museum zur Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges existiert ja auch noch - mit anderem Namen und veränderter Konzeption.


    Genausowenig wie Lenin je in Kiew gewesen ist und dessen riesiges Leninmuseum (durfte / musste ich damals mit Jugendtourist besuchen) ja auch entfernt/umgewidmet wurde.

    Leninmuseen waren in der Sowjetunion Stätten der politischen Bildung (im sowjetischen Sinne). Man kann auch sagen: Propagandaorte. Es ist verständlich, dass sie geschlossen wurden. Selbst das Zentrale Leninmuseum in Moskau hat zugemacht. Das Gebäude des Kiewer Leninmuseums ist aber erhalten.

    Ja, die Denkmäler! Grigori Potjomkin, Fjodor Uschakow und Alexander Suworow haben die Russen tatsächlich mitgenommen. Das Denkmal für Wassili Margelow wohl auch. Es wurde erst im Jahr 2010 geschaffen und besteht nur aus einer künstlerisch unbedeutenden Büste auf einem Sockel. Wassili Margelow (1908-1990) hatte 1944 an den Kämpfen um Cherson teilgenommen. Seine eigentliche Bedeutung liegt aber in seinem Wirken nach dem Zweiten Weltkrieg. Margelow hat die Luftlandetruppen der Sowjetarmee aufgebaut. Ihm wurden deshalb in Russland und in der Ukraine eine Reihe meist kleinerer Denkmäler gewidmet. In der ukrainischen Wikipedia wird dazu kritisch angemerkt, dass Margelows Denkmäler im Lande trotz Dekomunisazija und Derussifikazija bislang noch nicht angetastet wurden.


    Leider haben die Russen bei ihrem Abzug aus Cherson auch grioße Teile der Sammlungen des Heimatmuseums und des Kunstmuseums mitgenommen. Es wird schwer werden, die Objekte wieder zurückzubekommen. Die Russen haben wohl auch weitere Kulturgüter und andere Objekte abtransportiert.


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    Cherson, wulyzja Suworowa, Denkmal für Alexander Suworow (Foto: Alf600, 16. Februar 2014, CC-BY-SA-4.0)


    Die Büste des russischen Feldherrn Alexander Suworow (1729-1800) wurde ursprünglich 1903 von Nikolaj Rukawischnikow geschaffen und im Dorf Suworowo im Gouvernement Pensa aufgestellt. Die Bolschewiki beseitigten das Denkmal im Jahre 1920. In Leningrad wurde 1950 eine Kopie von Rukawischnikows Büste geschaffen und vom Suworow-Museum an die Stadt Cherson übergeben. Suworow hatte einige Zeit in Cherson gelebt, in der nach ihm benannten Suworow-Straße (wulyzja Suworowa). Alexander Suworow wird heute in der Ukraine kritisch gesehen. In mehreren Städten wurden seine Denkmäler bereits demontiert. Mit dem Abtransport im Oktober 2022 sind die Russen vermutlich einer Demontage des Denkmals durch die Ukrainer zuvorgekommen.

    In diesem Thema geht es um die Stadt und das Verwaltungsgebiet (Oblast) Cherson. Es handelt sich um das Gebiet unmittelbar nördlich der Halbinsel Krim sowie rund um die Mündung des ukrainischen Hauptstromes Dnipro.


    Heute wurde in der Stadt Cherson die historisch und künstlerisch bedeutende Katharinenkathedrale durch russischen Beschuss beschädigt.


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    Cherson, Katharinenkathedrale, Luftaufnahme von Südosten (Foto: Oleksandr Malyon, 24. April 2021, CC-BY-SA-4.0)


    Die Katharinenkathedrale (mit rotem Dach und niedriger frühklassizistischer Kuppel) ist der älteste steinerne Kirchenbau Chersons. Sie wurde in den Jahren 1781 bis 1786 auf dem Gelände der Festung errichtet. Der im Westen stehende Glockenturm (mit grünem Dach) entstand Anfang des 19. Jahrhunderts.


    Soweit ich bis jetzt ermitteln konnte, ist durch den Beschuss begrenzter Sachschaden entstanden.

    Im Obergeschoss eine etwas seltsame Ansicht von Budweis (wird wohl aus dem 20. Jhdt stammen).

    Dieses wunderbare Kunstwerk ist ein Gobelin aus der Mitte des 20. Jahrhunderts. Über den Link unter dem folgenden Foto könnt ihr zu einer stark vergrößerten Ansicht gelangen.


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    Budweis (České Budějovice), náměstí Přemysla Otakara II., Rathaus, Gobelin "Budějovická kotlina" (Das Budweiser Becken) von 1951

    (Foto: Jitka Erbenová, 16. April 2011, CC-BY-SA-3.0)


    Der Entwurf für diesen Wandteppich stammt von dem Prager Maler und Grafiker Cyril Bouda (1901-1984). Die Ausführung erfolgte in der Werkstatt der Textilkünstlerin Marie Teinitzerová (1879-1960) in Neuhaus (Jindřichův Hradec). Der Gobelin trägt den Titel "Budějovická kotlina" (Das Budweiser Becken). Unten rechts, auf dem Baumstamm unter dem rechten Fuß der Frau die Signatur: "C. Bouda 1951".


    Wir blicken von Osten auf die Budweiser Altstadt. Links fließt die Maltsch (Malše) der Moldau zu. In der Ferne sehen wir links über dem Kopf des Mannes einen hohen Berg. Das ist die Kleť (1.083 m). Rechts über dem Kopf der Frau Schloss Frauenberg (Hluboká nad Vltavou). Oben in der Mitte das Budweiser Stadtwappen. Rechts davon eine Teichlandschaft, vielleicht die Vrbenské rybníky. Die beiden Figuren stehen für den Gewerbefleiß der Gegend. Der Mann trägt ein Bierfass mit der Aufschrift "Budvar". Die Frau hält eine Bleistiftschachtel in der rechten Hand. In der Mitte zwischen den beiden ein Bottich mit Fischen. Er weist auf die Bedeutung der Teichwirtschaft hin. Drumherum allerlei Getier. Eine Ringelnatter, verschiedene Vögel, ein Frosch - sie alle leben an den Teichen. Es gibt bei den Vrbenské rybníky auch eine Fasanerie. Daher der Fasan im Bild. Viele weitere Details lassen sich in diesem reich ausgestatteten und dennoch wohlgeordneten Bild entdecken.


    Marie Teinitzerová war mit dem tschechischen Philosophen Vladimír Hoppe verheiratet. Man findet sie deshalb auch unter dem Doppelnamen Hoppeová-Teinitzerová oder Hoppe-Teinitzerová. Am bekanntesten ist sie aber unter ihrem Mädchennamen. Sie gilt als die Begründerin der modernen tschechischen Tapisserie. Der Budweiser Gobelin feiert den natürlichen Reichtum und die landschaftliche Schönheit sowie Kultur und Wirtschaftstätigkeit der Menschen des Budweiser Beckens.