Posts by Rastrelli

    Mein Gott, wie ich das verabscheue, mit dem Wissen von heute und den überaus fragwürdigen Moralvorstellungen unserer Tage und diesen hundsverreckten vielfachen Maßstäben zu messen und über die Menschen von damals zu urteilen. Sie zu verurteilen.

    Meine Vorfahren waren Christen und humanistisch orientiert. Ein Onkel war Pastor und hat Juden versteckt, ihnen so das Leben gerettet. Meine Großeltern lebten auf dem Lande. Sie bekamen einen Ukrainer als Arbeitskraft zugeteilt. Der lebte ganz normal mit der Familie. Wegen der Nachbarn musste man jedoch aufpassen, weil die Gefahr der Denunziation bestand. Deshalb aß Anatoli nicht am Familientisch, sondern in der Küche. Er bekam aber das gleiche Essen wie die anderen. Es gab im Dorf auch einen "Dorfnazi". Der hat seine Ukrainer verprügelt. Wer handelte richtig? Wer handelte falsch? Menschlichkeit ist zeitlos. Wie man sich anständig verhält, das konnte man auch damals schon wissen.

    Wir haben uns immer an ethischen Prinzipien orientiert. In der DDR bedeutete das zum Beispiel, eine gewisse Distanz zum System zu wahren.

    Wenn mal vom Leid der Ostpreußen, Schlesier, Pommern die Rede ist, dann doch nur unter dem Verweis darauf, daß die Deutschen damals ja keine Opfer sein können. Noch jedes damalige Kind hat Schuld auf sich geladen und trägt die Verantwortung für 1933-45, einfach weil es deutsch war und zu dieser Zeit am Leben war.

    Nein. Nationen sind Großkollektive und haben eine historische Verantwortung. Der einzelne Mensch jedoch ist nicht schuldig, nur weil er damals schon gelebt hat. Und selbstverständlich waren Deutsche auch Opfer. Das wurde seit dem Kriegsende auch so kommuniziert. In der DDR wurde es etwas pauschal abgehandelt. Der "Faschismus" habe großes Leid über das deutsche Volk gebracht. In Westdeutschland konnte das Leid der Vertriebenen explizit benannt werden. Viele Politiker fanden dafür angemessene Worte. Nach 1989 konnte auch in den ehemals sozialistischen Staaten das Thema Flucht und Vertreibung aufgearbeitet werden. In den 90er Jahren wurde sehr viel dazu gemacht. Ich hatte selber mit Archivtexten zu tun, die Gewaltexzesse gegen Deutsche in Polen und der Tschechoslowakei schildern. Das ist schwere Kost. Es gibt Historiker, die sich auf Gewaltgeschichte spezialisieren. Ich könnte das nicht ständig machen. In den Quellentexten begegnet einem das historische Geschehen mit unmittelbarer Wucht.

    Es gab so viel Leid. Man darf sich von der Last der Vergangenheit nicht erschlagen lassen. Das Leben muss ja weitergehen. Und so ist es normal, dass Menschen auch verdrängen. Die Gedanken können nicht ständig um die düsteren Seiten der Vergangenheit kreisen.

    Die amoralische Monstrosität des Nationalsozialismus ist die eigentliche Erschütterung deutschen Seins.

    Wertschätzung für die Ukraine ist für mich mit Interesse für Kunst und Kultur dieses Landes verbunden.

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    Odessa, Denkmal Duc de Richelieu (Foto: Movcanevgen, 16. November 2019, CC-BY-SA-4.0)

    Odessa hat nicht nur ein schönes Stadtbild. Es ist auch bekannt für seine Musikkultur. Das folgende Video enthält eine wunderbare Liebeserklärung an diese Stadt

    Felix Shinder - Progulka po Odesse (Spaziergang durch Odessa) - veröffentlicht am 22. Dezember 2023 - youtube

    Zu sehen sind nächtliche Szenen aus dem Moldavanka-Viertel und vom Küstenboulevard. Der russische Text ist gut zu verstehen. Darin kommt auch das abgebildete Denkmal des Duc vor. Ich habe den Refrain mal nach Gehör aufgeschrieben.

    Ulybajas' Djuku
    po bul'varu chožu.
    So vtorogo ljuka
    na nego ne gljažu
    A on protjanet ruku
    i emu ja skažu:
    Ja goržus', čto zdes' rodilsja,
    zdes' i živu.

    Dem Duc zulächelnd laufe ich auf dem Boulevard. Ich sehe ihn nicht schief von der Seite her an.* Und er reicht mir die Hand, und ich sage zu ihm: Ich bin stolz, dass ich hier geboren bin, und hier lebe ich auch.

    * Im russischen Text steht hier eine spezielle Odessaer Redensart.

    Eine weitere schöne Textstelle:

    Unter der südlichen Sonne erblüht meine Stadt. Sie lacht, sie scherzt und singt Lieder. Und ich gehe spazieren und lausche der Sprache des Südens.

    Das Lied ist schon etwas älter. Es stammt von Igor Gankewitsch und wird hier von Felix Shinder in einer eigenen Bearbeitung gesungen.

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    Denkmal Duc de Richelieu (Foto: Yana Leonenko, 12. August 2021, CC-BY-SA-4.0)

    Das Denkmal des Duc ist das älteste der Stadt. Es wurde von Iwan Martos geschaffen und im Jahre 1828 aufgestellt. Armand Emmanuel du Plessis, Duc de Richelieu (1766-1822), verließ als Angehöriger des französischen Hochadels aufgrund der Revolution von 1789 seine Heimat und trat in russische Dienste. 1790 nahm er an der Erstürmung Ismails teil. Richelieu gilt als der eigentliche Gründer Odessas. Von 1803 bis 1814 war er Stadtoberhaupt, in den Jahren 1804-1815 Generalgouverneur von Neurussland und Bessarabien. Nach der Restauration der Bourbonenmonarchie kehrte er wieder nach Frankreich zurück und übernahm dort das Amt des Premierministers.

    Hier mal das Bristol in drei schönen Schwarzweißaufnahmen von Pawlo Schubart.

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    Odessa, Italijska 15, Hotel Bristol, Treppe (Foto: Павло Й. Шубарт, 23. November 2023, CC-BY-SA-4.0)

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    Hotel Bristol, Haupteingang (Foto: Павло Й. Шубарт, 3. September 2023, CC-BY-SA-4.0)

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    Hotel Bristol, Veranda (Foto: Павло Й. Шубарт, 26. April 2022, CC-BY-SA-4.0)

    Ich hatte das Hotel Bristol und die Philharmonie hier am 30. April 2024 vorgestellt. Damals schrieb ich zu den Straßen, an denen die beiden Gebäude liegen:

    Die Straße heißt heute Puschkinska. Alexander Puschkin wohnte hier im Jahre 1823. Ob ihn das vor der Derussifikazija retten wird? [...] Die Querstraße zwischen den beiden Gebäuden ist die wulyzja Bunina, benannt nach Iwan Bunin, einem russischen Schriftsteller. Auch er hat in Odessa gelebt - 1898 bis 1901 und 1918 bis 1920. Danach ging er in die Emigration. Die Bunina trägt seit 1995 seinen Namen (und darf ihn hoffentlich behalten).

    Beide Straßen heißen jetzt anders. Auf Anordnung des Chefs der Militärverwaltung der Oblast Odessa wurden am 24. Juli 2024 über hundert Straßen in Odessa umbenannt. Die "Puschkinstraße" heißt nun "Italienische Straße". Diesen Namen trug sie ursprünglich. Den Namen des berühmten Dichters erlielt sie im Jahre 1880, anlässlich der Eröffnung des Puschkin-Museums im Haus Nr. 13 . Da die Ukraine rigoros von Puschkin gesäubert wird, heißt das Puschkin-Museum nun auch nicht mehr so, sondern Museum "Ausländische Schriftsteller in Odessa". Im ukrainischen Wikipedia-Artikel zur Italienischen Straße wird dieses wichtige historische Gebäude nicht aufgeführt - anders als im russischen Wiki-Artikel zu der Straße.

    Die "Buninstraße" wurde in "Nina-Strokata-Straße" umbenannt. Die aus Odessa stammende Ukrainerin Nina Strokata (1926-1998) war Mikrobiologin und sowjetische Dissidentin. Einen ausführlichen Artikel zu ihr findet man in der ukrainischen und in der englischen Wikipedia. Der englische Text ist eine Übersetzung des ukrainischen. Doch es gibt einen Unterschied. Gleich in der Einleitung wird aufgezählt, welche Sprachen Frau Strokata beherrschte: Russisch, Ukrainisch, Englisch, Deutsch, Polnisch und Rumänisch. Im ukrainischen Wiki-Text fehlt die Angabe "Russisch". Das ist völlig absurd und eines Lexikons unwürdig.

    Das stattliche Haus ... ist das Hotel Bristol, erbaut 1898/99 von Oleksandr Bernardazzi. [...] Das Bristol wurde zwischen 2002 und 2010 aufwendig saniert und ist heute ein Fünf-Sterne-Hotel.


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    Odessa, wulyzja Italijska (früher Puschkinska) 15, Hotel Bristol (Foto: Константинъ, 10. August 2015, CC-BY-SA-4.0)

    Das ist die Neue Börse. Sie wurde in den Jahren 1894 bis 1899 ebenfalls von Bernardazzi errichtet. Der ursprüngliche Entwurf stammte jedoch von dem böhmischen Architekten Wikentij Prochaska, der lange Zeit in Odessa tätig war. [...] Das Börsengebäude wird seit 1937 von der Philharmonie genutzt.


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    An der Ecke der Straßen Niny Strokatoji (früher Bunina) und Italijska (früher Puschkinska), Neue Börse, jetzt Philharmonie
    (Foto: Дмитрий Ванькевич, 1. August 2010, CC-BY-SA-3.0)

    Eine im Frühjahr 2024 durchgeführte repräsentative Meinungsumfrage ergab, dass 35 Prozent der Odessiten zu Hause Ukrainisch sprechen und 92 Prozent Russisch. Mehrfachnennungen waren möglich. Die vorausgegangene Umfrage im Frühjahr 2023 hatte ergeben, dass 16 Prozent der Odessiten zu Hause Ukrainisch sprechen und 80 Prozent Russisch. Damals konnte nur eine Sprache angegeben werden.

    In den Medien wird zuweilen behauptet, jetzt im Krieg würden immer mehr Menschen zur ukrainischen Sprache wechseln. Einen nennenswerten Trend sehe icih hier aber nicht. Vielmehr ist in Odessa verbreitete aktive Zweisprachigkeit zu beobachten. Russisch ist nach wie vor die Stadtsprache Odessas. Die Menschen lassen sich ihre Sprache nicht nehmen. Die russische Sprache gehört keiner politischen Strömung und keiner Ideologie. Sie gehört den Menschen, die sie nutzen.

    Die St. Andreas Kathedrale in Saporischschja wurde vor drei Tagen laut Berichten (in deutschen Zeitungen soweit ich sehen konnte erst im Handelsblatt als Randnotiz) erheblich beschädigt. Ein Teil der Decke ist eingestürzt, Einrichtung beschädigt, auch die Fassade hat Schäden davongetragen.

    Ja, die Andreaskathedrale in Saporischschja wurde bei dem russischen Angriff am 18. Januar 2025 getroffen. Die beiden Fotos sind richtig zugeordnet. Man kann auf ihnen unschwer erkennen, dass es sich bei dem Gebäude um ein umgebautes Kino aus den 50er Jahren handelt. Das ist ein Typenbau, der in großer Zahl damals in der Sowjetunion errichtet wurde. Das Schewtschenko-Filmtheater wurde 1995 der orthodoxen Kirche überlassen und zunächst nur provisorisch für die kirchliche Nutzung adaptiert. In den Jahren 2000-2001 erfolgte dann ein größerer Umbau, in dessen Rahmen diie "Kino-Kirche" durch eine große Kuppel über dem Hauptraum ¨sowie zwei kleine Kuppeln über den beiden Nebenaltären aufgewertet wurde. Außerdem wurde ein großer freistehender Glockenturm errichtet.

    Das Innenraumfoto zeigt den Blick vom Ikonostas weg Richtung Eingangsbereich im Westen. Im Hintergrund sind die charakteristischen Emporen des einstigen Kinofoyers zu erkennen. Am oberen linken Bildrand sieht man den Ansatz der Hauptkuppel. Einige Fotos zu der Kirche liefere ich später noch.

    bis einschließlich des Asowschen Hochlands

    Der Begriff "Hochland" wirkt hier im Tiefland etwas übertrieben und ist als Übersetzung zu russisch woswyschennost suboptimal. Bessere Entsprechungen sind: Landrücken, Höhen, Platte. Im Deutschen kennen wir beispielsweise die "Mittelrussische Platte" und die "Waldaihöhen". Letztere sind bis 343 m hoch. Der höchste Punkt der "Asowhöhen" erreicht 324 m.

    Danke, Majorhantines, dass du dich an der Systematik, der von mir gestarteten Themen orientiert hast! Einen Strang "Saporischschja und Umgebung" wollte ich auch bald starten..

    Wie oft gibt es das eigentlich noch, dass eine Straße mitten durch ein Kirchenschiff hindurch geht?

    Die Straße führt nicht durch das Kirchenschiff, sondern unter der Heiligblutkapelle hindurch und konnte auch für Prozessionen genutzt werden. Mir ist nur ein vergleichbarer Fall in Deutschland bekannt. Bei der Stadtkirche St. Michael in Jena wurde das nach Osten abfallende Gelände genutzt, um unter dem Hauptaltar einen Prozessionsdurchgang zu schaffen. Die Kirche in Jena ist eine spätgotische Hallenkirche mit eingezogenem Chor.

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    Jena, Stadtkirche St. Michael, Langhaussüdseite mit dem Brautportal (Foto: kein Urheber genannt, Wiki Commons, 2012)

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    Jena, Stadtkirche St. Michael, Südseite, Prozessionsdurchgang unter dem Chor (Foto: J. Triepke, 20. April 2015, CC-BY-2.0)

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    Jena, Stadtkirche St. Michael, Südseite, Prozessionsdurchgang unter dem Chor (Foto: Andreas Praefcke, 15. Mai 2010, CC-BY-3.0)

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    Jena, Stadtkirche St. Michael, Nordseite, Prozessionsdurchgang unter dem Chor (Foto: Andreas Praefcke, 15. Mai 2010, CC-BY-3.0)

    Es gibt kein "Meseritz in Westpommern". Ganz abgesehen davon, dass "Westpommern" eine schlechte Übersetzung für Pomorze Zachodnie ist, hat der Ort Meseritz (Międzyrzecz) nichts mit Pommern zu tun, doch ebenso wenig mit der Markgrafschaft bzw. Provinz Brandenburg.

    Meseritz gehört zur historischen Landschaft Großpolen, ist also alter Bestandteil des Königreichs Polen. Seit Mitte des 14. Jahrhunderts war Meseritz Teil der Wojewodschaft Posen. Erst 1793 kam es im Zuge der zweiten Teilung Polens an das Königreich Preußen. Ab 1807 gehörte Meseritz zum wiederhergestellten polnischen Staat ("Herzogtum Warschau"). Auf dem Wiener Kongress 1815 wurde das Großherzogtum Posen dem Köngreich Preußen zugeschlagen. 1919 verblieb das Gebiet um Meseritz und das nördlich davon gelegene Schwerin (Skwierzyna) bei Deutschland und wurde der Grenzmark Posen-Westpreußen zugeordnet. Die Grenzmark fasste die Reste der einstigen Proivinz Posen sowie den westlichen, bei Deutschland verbliebenen Teil der früheren Provinz Westpreußen - mit Schneidemühl (Piła) und Deutsch-Krone (Wałcz) als wichtigsten Städten - zusammen. Der beim Reich verbliebene östliche Teil Westpreußens wurde als Regierungsbezirk Westpreußen mit Sitz in Marienwerder (Kwidzyn) organisiert und der Provinz Ostpreußen angegliedert.

    In den Jahren 1975-1998 gehörte Międzyrzecz zur Wojewodschaft Gorzów Wielkopolski (Landsberg an der Warthe). Bei Landsberg ist der polnische Namenszusatz Wielkopolski ("in Großpolen") irreführend, denn Landsberg gehörte historisch zur Markgrafschaft Brandenburg (und hier zur Neumark), nicht zu Großpolen bzw. Posen. Seit der Verwaltungsreform 1998 gehört Meseritz zur Wojewodschaft Lubuskie. Diesen Namen können wir gut mit "Lebus" übersetzen. Der alte Landschaftsname Lebus wird heute zur Bezeichnung der westlichsten, im Norden von Pommern, im Süden von Niederschlesien begrenzten Region Polens verwendet.

    Den Strangtitel bitte ändern zu: "Meseritz - Międzyrzecz".

    Hier ein Bild aus einer tschechischen Zeitung

    Keine Zeitung, sondern der Tschechische Rundfunk (Český rozhlas). Der Text unter dem Bild bietet aktuelle Berichterstattung. Die Lage im Osten der Ukraine sei extrem schwierig.

    Kupjansk ist auf Grund der Kämpfe am Oskil weiter in Gefahr. Das Foto ist ganz interessant und dürfte recht aktuell sein.

    Hier noch ein Bild aus besseren Tagen:

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    Kupjansk, wulyzja Perschoho Trawnja, Grünanlage an der "Straße des Ersten Mai" (Foto: Nadiya Li, 20. Oktober 2018, CC-BY-SA-4.0)

    Ich wünsche allen ein gesundes Neues Jahr!

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    Dubrowizy (Дубровицы), Snamenskaja-Kirche (Foto: Турбаев Роман, 7. März 2016, sobory.ru, CC-BY-NC)

    Dubrowizy liegt südlich von Moskau, nahe der Stadt Podolsk. Die Snamenskaja-Kirche wurde zwischen 1690 und 1704 erbaut. Stilistisch ordnen wir sie dem Golizyn-Barock zu, einer Spielart des Moskauer Barock. Zuweilen wird die Kirche in Dubrowizy auch dem Naryschkin-Stil untergeschoben. In jedem Falle haben wir hier eine bizarre Spätblüte der altrussischen Baukunst vor uns. Solche Extravaganz konnte sich nur der Hochadel erlauben. Bauherr war hier Fürst Boris Golizyn, dem das Anwesen hoch über dem Zusammenfluss von Desna und Pachra gehörte. Wir haben also eine "Schlosskirche" vor uns. Mit den wunderbaren Naryschkin-Kirchen des Moskauer Landes hat die Kirche in Dubrowizy gemein, dass sie ganz Turm werden will. Im Gegensatz zu jenen ist sie jedoch aus Kalkstein. Der "weiße Stein" wie man das kostbare Baumaterial im Russischen nennt, wurde in einem unterirdischen Steinbruch gewonnen.

    Das ist der 1927-1929 erbaute Petershof, ein großes Messehaus. Der Architekt war Alfred Liebig. Markant sind die wie Staffelgeschosse wirkenden Gaubenreihen an der Westseite (Burgstraße) und an der Südseite (Sporergäßchen) des Komplexes. Der Petershof überstand den Zweiten Weltkrieg und wurde zu DDR-Zeiten weiter als Messehaus genutzt. Außerdem befand sich hier das Filmtheater Capitol. Um 2005 wurde der Gebäudekomplex zu großen Teilen abgerissen und neu errichtet - mit veränderten Fassaden zur Burgstraße und zum Sporergäßchen. In der Kubatur orientierte man sich jedoch am bisherigen Zustand. Die hohe Dachzone ist nun in Staffelgeschosse mit Balkons gegliedert und wird zu Wohnzwecken genutzt. Die Burgstraße ist ja eine recht ruhige Straße.

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    Leipzig, Burgstraße nach Norden, im Hintergrund der Turm der Thomaskirche, rechts der Petershof, ganz rechts der Thüringer Hof und zwischen beiden das Sporergäßchen (Foto: Martin Geisler, April 2017, CC-BY-SA-4.0)

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    Blick von der Petersstraße durch das Sporergäßchen zur Burgstraße. Das verglaste Treppenhaus rechts gehört zum gelben Haus "Grönländer". Dahinter folgt der Petershof (Foto: Martin Geisler, April 2017, CC-BY-SA-4.0)

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    Petersstraße, Hauptfassade des Petershofs (Foto: Vera Belka, 16. August 2018, CC-BY-SA-4.0)

    An der Petersstraße ist das historische Fassadenbild erhalten, einschließlich der Dachzone mit den drei Gaubenreihen. Die sieben Skulpturen sind eine Rekonstruktion von 1995. Die Nationalsozialisten hatten die von Johannes Göldel geschaffenen Skulpturen 1938 entfernt, weil eine den jüdischen Bankier Hans Kroch darstellte.

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    Petersstraße, Petershof (Foto: Atelier Hermann Walter, 1929, public domain)

    Leute! Es ist Weihnachten und ihr ruft nach der Moderation! Ein kurzer, in ruhigem Ton verfasster Post von mir, der niemanden angreift, soll so schlimm sein, dass er gemeldet wird? Was ist nur aus diesem Forum geworden!

    Ich hatte schon am Mittwoch einen Beitrag mit alten Bildern konzipiert, das Material aber nicht gleich veröffentlicht. Denn, wie gesagt, es ist Weihnachten und da möchte man auch mal was anderes machen. Ich veröffentliche das Material jetzt noch und widme diesen Beitrag ursus carpaticus und den wenigen netten Menschen, die es im APH noch gibt.


    Frühe Ansichten der Russischen Kirche zu Dresden

    Bereits im 18. Jahrhundert gab es eine russische Mission in Dresden. 1860 umfasste die russische Gemeinde der Stadt etwa 300 Familien. Fjodor Dostojewski lebte von 1869 bis 1871 hier und schrieb an den "Dämonen". Seine Tochter Ljubow wurde in Dresden getauft - allerdings nicht in der Kirche, die wir heute vorfinden, sondern in jener Hauskirche, die zuvor von der russischen Gemeinde genutzt wurde. Es handelte sich um einen Kirchensaal in einem Privathaus. Dort war 1862 bereits Pjotr Stolypin getauft worden, der später einer der wichtigsten Politiker des Zarenreiches war. Der Bau einer eigenen freistehenden Kirche wurde seit 1867 angestrebt. In den Jahren 1872 bis 1874 konnte dann endlich gebaut werden. Der Entwurf stammte von Harald Julius von Bosse, einem Deutschen, der russischer Untertan war. Die Bauarbeiten leitete Karl Weissbach. Der Bau wurde im Wesentlichen vom Staatsrat Semjon Wikulin bezahlt, und so wurde die Kirche seinem Schutzheiligen - Simeon vom wunderbaren Berge - geweiht. Am 16. Juni 1875 betete Zar Alexander II. in der Kirche.

    Die russische Kirche befindet sich südlich vom Hauptbahnhof. Die Straße hieß ursprünglich Reichsstraße, zu DDR-Zeiten Juli-Gagarin-Straße und heute Fritz-Löffler-Straße (Nr. 19). Bei den Luftangriffen im Februar 1945 erlitt die Kirche leichte Schäden, hauptsächliche am Glockenturm. Die Instandsetzung erfolgte 1948-1952. Aufgrund der deutsch-sowjetischen Freundschaft wurden in der DDR die russischen Kirchen geschätzt. 1983 erschien in der Reihe "Das christliche Denkmal" ein Heft über die russischen Kirchen in der DDR (Potsdam, Weimar, Dresden, Leipzig). Die Simeon-Kirche gehört seit 1945 dem Moskauer Patriarchat und ist bis heute in kirchlicher Nutzung.

    Die folgende Illustration aus dem Journal Wsemirnaja Illjustrazija [Die Welt im Bild] stammt von 1874 und ist damit die früheste Ansicht der Simeon-Kirche..

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    Dresden, Russische Kirche, 1874, Abbildung aus dem russischen Journal Wsemirnaja Illjustrazija

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    Russische Kirche, 1888, Abbildung aus Wsemirnaja Illjustrazija

    Bei den Fotos und Postkarten übernehme ich die Datierungen, die der Petersburger Historiker Michail Meschtschaninow bei der Veröffentlichung auf sobory.ru angegeben hat. Meschtschaninow befasst sich intensiv mit historischen Ansichten orthodoxer Kirchen in verschiedenen Ländern und besitzt selbst eine bedeutende Sammlung solcher Fotos und Postkarten.

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    Fotografie, 3. August 1890, aus einer russischen Privatsammlung

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    "Die Russische Kirche in Dresden", 1890, Abbildung aus dem russischen Journal Niwa

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    Fotografie, 7. Juli 1885, aus einer russischen Privatsammlung

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    Fotografie, 1. Mai 1885, aus einer russischen Privatsammlung

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    Postkarte, 16. Juni 1910 (das zugrundeliegende Foto ist aber offensichtlich älter, vielleicht von 1885)

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    Postkarte, 10. August 1909

    Es ist völlig normal, dass wir im Forum über Architektur diskutieren. Hier ging es um die Bewertung der Gründerzeitarchitektur des Dresdner Zentrums vor 1945. Dazu wurde eine Begriffsklärung notwendig. Ursus hatte das sehr schön formuliert, der Bezug zur Architektur ist gegeben.

    Die deutsche Sprache ist dahingehend präzis, als dass sie Fremdwörtern eine konkrete, spezifische Bedeutung zuerkennt, die natürlich nicht dem Original entsprechen muss, Und so bedeutet Grandezza im Deutschen eben nicht dasselbe wie im Italienischen. Es kommt eher aus dem Spanischen und bedeutet "Würde" oder "Erhabenheit", was man den gezeigten Gründerzeitschinken nun wirklich schwer attestieren kann.

    Grandezza ist im Deutschen mit einem eingeschränkten Begriffsumfang lexikalisiert: feierliche, steife Würde, elegant-würdevolles Benehmen, Würde eines Granden (deshalb aus dem Spanischen), Erhabenheit, Vornehmheit. Man findet das Wort auch in einigen großen Übersetzungswörterbüchern Deutsch-Fremdsprache.

    Da ist ein authentisches Luftbild aus dem Sommer 2023 doch die bessere Wahl. Die Bebauung der Brauerstraße (rechts vom Museum Barberini) ist vorhanden (fehlt bei Konstantin, obwohl längst fertig). Das Quartier III am Alten Markt ist hier im Bau zu sehen (bei Konstantin ist eine Visualisierung einmontiert). Und des Problems Staudenhofgebäude haben wir uns elegant entledigt. Der Plattenbau steht zwar zum Zeitpunkt der Aufnahme noch, ist aber durch die Nikolaikirche verdeckt und daher unsichtbar.

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    Potsdam, Alter Markt (Foto: Raimond Spekking, Elke Wetzig, 27. August 2023, CC-BY-SA-4.0)

    Ich habe ursus carpaticus von Anfang an richtig verstanden und teile seine Einschätzung, dass auf den in Rede stehenden Dresden-Bildern keine "weltstädtische Grandezza" zu finden ist. Weder Grandezza noch Weltstadt. Man sieht einfach eine gründerzeitliche Großstadt.

    Der Leipziger Duden von 1976 erklärt Grandezza mit "feierliche, steife Würde" und gibt eine Herkunft aus dem Spanischen an (wie hier ja auch bereits festgestellt).

    An diesen Bildern sieht man mal wieder, dass Dresden nicht nur aus einem Altstadtkern, sondern ebenso aus weltstädtischer Grandezza bestand. Diesen Teil der gebauten Dresdner Seele müssen wir schweren Herzens für immer verloren geben.

    Der zweite Satz trifft auch nicht ganz zu. Es gibt ja noch gründerzeitliche Großbauten in Dresden. Den Hauptbahnhof (leider durch die Foster-Plane verunstaltet), das Äußere des Residenzschlosses (das Georgentor ist der Gründerzeitschinken par excellence), die Kunstakademie (mit der kultigen Zitronenpresse), das Polizeipräsidium, die großartige und wahrhaft weltstädtische Semperoper. Dann haben wir ja auch noch den Neustädter Bahnhof mit dem Schlesischen Platz davor, Staatskanzlei und Finanzministerium, Albertbrücke und Loschwitzer Brücke, dazu diverse Gründerzeitviertel.

    Man könnte auch darüber streiten, ob die Gründerzeitschinken etwas mit "Dresdner Seele" zu tun haben.

    Nachtrag:

    Buarque, das stimmt aber auch im Italienischen nicht, grandezza wird durchaus auch im figurativen Sinne verwendet: la grandezza del barocco, la grandezza della musica

    Das hatte ich auch in Langenscheidts Handwörterbuch Italienisch von 1997 so gefunden. Zum Beispiel la grandezza di Dio = die Erhabenheit Gottes. Aber das spanische grandeza passt noch besser.

    Wir haben zu den einzelnen deutschen Regionen sowie zu Österreich und der Schweiz jeweils eigene Galerie-Ordner. Und so gibt es auch den Ordner "Galerie Sachsen-Anhalt". Dort finden wir bereits einen Thread "Quedlinburg (Galerie)". Es wäre sinnvoll, die sehr schöne Bilderstrecke von Manuuu dort anzuhängen.

    Bei Frankreich gibt es den Thread "Saint-Malo (Galerie)" nun zweimal, weil Manuuu die eigenen Bilder nicht an die bereits vorhandene Galerie angefügt hat.

    Gegebenenfalls kann man zu einem Ort auch eine neue Galerie starten, wenn sich das vom Konzept und vom Umfang des Materials her lohnt. Der Thread müsste dann aber einen anderen Titel haben. Zweimal der gleiche Titel geht nicht.

    Nun müssen wir die Moderation - Snork oder Franka oder Centralbahnhof - bitten, die beiden Galerien zu Quedlinburg bzw. Saint-Malo jeweils zusammenzuführen.

    Keine Leute, alle weggebeamt.?

    Architekturfotografen wollen meist keine Menschen im Bild haben. Schließlich geht es um die Architektur. Menschen im Bild werden da oft als störend empfunden. Es hängt aber letztlich vom Konzept des Fotografen ab, wie viel Leben im Bild sein darf.

    Sehr schöne Impressionen.

    Das finde ich auch. Manuuu bringt eine eigene künstlerische Handschrift ein.

    die Gebäude auf dem 1966er Bild stehen alle noch (außer eben Deutrichs Hof und der Glockenturm der Paulinerkirche).

    Das ist korrekt. Auf dem Foto von 1966 sehen wir am linken Bildrand im Hintergrund die Alte Nikolaischule. Sie wurde Anfang der 90er Jahre saniert. Rechts davon und viel weiter hinten ist die Rückseite des Hauses Goethestraße 3-5 zu sehen, das damals als Franz-Mehring-Haus bezeichnet wurde. Die Ostseite des Nikolaikirchhofs wird durch das große graue Dach und die Brandwand hinter der Kirche bzw. links unterhalb des Kroch-Hochhauses markiert. Es handelt sich um das Geschwister-Scholl-Haus, Ritterstraße 8-10. Die Lücke zwischen dem Geschwister-Scholl-Haus und der Ritterstraße 14 (auf dem Bild nicht zu sehen, da zu weit links und vom Predigerhaus verdeckt), wurde erst Ende der 80er Jahre durch das Gästehaus der Universität geschlossen. Bis 1963 stand hier die Kriegsruine der ehemaligen Buchhändlerbörse.

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    Leipzig, Ritterstraße 12, Gästehaus der Universität, Ansicht vom Nikolaikirchhof, im Vordergrund die Nikolaisäule (Denkmal für die Friedliche Revolution 1989) (Foto. Martin Geisler, Februar 2013, CC-BY-SA-3.0)

    Im Vordergrund des Fotos von 1966 sind neben den beiden 1968 abgebrochenen Flügeln von Deutrichs Hof rechts das Riquethaus und ganz am Rand Specks Hof zu sehen sowie oberhalb von Riquet die Turmspitze der Paulinerkirche.

    Auf dem Grundstück an der Nikolaistraße, wo heute das Motel One steht, wurde einige Jahre nach der Aufnahme von 1966 ein Verwaltungsgebäude in Skelettbauweise errichtet.

    Nun, das ist aber eben außerhalb der Altstadt.

    Wenn du dir einen Stadtplan nimmst, was immer empfehlenswert ist, wirst du sehen, dass der Domberg am Rande der Altstadt liegt. Was jenseits dieses Randes liegt, liegt demnach außerhalb. Die in Frage stehende Zeile gehört und gehörte niemals zur Altstadt.

    Der Erfurter Stadtplan ist nicht ganz einfach zu lesen. Bei genauerem Hinsehen finden sich durchaus Hinweise, dass deine Annahme nicht stimmen kann. Ich habe die Gegend südlich und westlich des Domes zudem selbst erkundet. Den Verlauf der mittelalterlichen Stadtmauer habe ich nun meinem Reiseführer entnommen.

    Der erste Mauerring wurde ab 1168 errichtet. Er verlief ungefähr am Juri-Gagarin-Ring, dann an der Nordseite des Petersberges entlang, dann westlich des Petersberges nach Süden. Im Südwesten wird der einstige Mauerverlauf ungefähr durch den Hauptweg des Brühler Gartens und die Lutherstraße markiert. An deren Ende, am Karl-Marx-Platz, treffen wir wieder auf den Südabschnitt des Gagarin-Rings.

    Der Petersberg reicht weiter nach Westen als der Domberg. Die Stadtmauer des 12. Jahrhunderts schloss somit bereits die vom Dom nach Westen führende Mainzerhofstraße ein. Weit im Süden finden wir dann die Neuwerkskirche noch innerhalb der Stadtmauer. Bereits die erste Mauer verlief also doch recht weit vom Domberg entfernt. Diese Mauer genügte im 15. Jahrhundert jedoch nicht mehr, und so wurde eine neue gebaut. Ihr Verlauf ist im Süden und Osten am Flutgraben ablesbar, der aus dem einstigen Wallgraben hervorgegangen ist. Im Norden können wir uns an der Moritzwallstraße orientieren. Die Mauer des 12. Jahrhunderts verlief übrigens im Bereich Venedig - Glockengasse. Direkt nördlich und westlich des Petersberges wurde im 15. Jahrhundert der alte Mauerverlauf beibehalten. Im Südwesten war die neue Mauer weit nach außen verschoben - von der Lauentorstraße über die Straße des Friedens zum Flutgraben. Dieser Verlauf ist im heutigen Stadtplan anhand eines Straßenrings noch gut erkennbar - jedenfalls, wenn wir annehmen, dass zwischen Lauentorstraße und Philipp-Müller-Platz (heute Benaryplatz) der Mauerverlauf des 15. Jahrhunderts in etwa der heutigen Rudolfstraße entspricht. Er könnte auch ein Stück östlich davon gelegen haben.

    Die Angaben sind dem Tourist Stadtführer-Atlas Erfurt, Berlin/Leipzig 1979, entnommen.

    Bezüglich des Neubaus in der Domstraße ("Domquartier") teile ich die negative Bewertung von Herr Herrmann .

    Eine Kirchenbaustelle im November

    Michajlowka (Михайловка) ist ein Allerweltsname. Unzählige Orte sind in Russland nach dem Erzengel Michael benannt. Dieses Michajlowka liegt 15 Kilometer südöstlich der Großstadt Orjol. Die Kirche soll dem heiligen Serafim von Sarow geweiht werden, der im heutigen Russland ziemlich populär ist. Mehr ist über diese Baustelle nicht bekannt. Einen solch stattlichen Ziegelbau erwartet man eigentlich nicht in einem 600-Seelen-Dorf, über das die russische Wikipedia nichts Interessantes zu berichten weiß. Wäre nicht Sergej Merkulow hier vorbeigekommen, so wüssten wir gar nicht von diesem Projekt.

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    Michajlowka (Orlowski rayon, Gebiet Orjol), Baustelle der Kirche des Serafim von Sarow (zerkow Serafima Sarowskogo)
    (Foto: Сергей Меркулов, 9. November 2024, sobory.ru, CC-BY-NC)

    Im Jahre 1980 hatte Tschechien 10,3 Millionen Einwohner und 1998 waren es ebenfalls 10,3 Millionen. 25 Jahre später sind wir bei 10,9 Mill. Der Anstieg dürfte zu einem großen Teil auf ukrainische Flüchtlinge zurückzuführen sein. Die Bevölkerungsverteilung innerhalb des Landes ist im Laufe der letzten Jahrzehnte nahezu gleich geblieben. Von 1980 bis 2021 gab es kaum Veränderungen in der Bevölkerungszahl Südböhmens. 1998 hatte der Kreis (okres) Neuhaus (in dem Wittingau liegt) 94.000 Einwohner, 2021 waren es 90.000. Der Kreis Budweis hatte in diesem Zeitraum einen gewissen Zuwachs (von 178.000 auf 197.000). Die Einwohnerzahlen der übrigen fünf Kreise Südböhmens blieben im Zeitraum 1998-2021 nahezu unverändert.

    Insgesamt ist die tschechische Gesellschaft eher kleinbürgerlich, kleinstädtisch und provinziell geprägt. Prag mit lange Zeit 1,2, jetzt knapp 1,4 Millionen Einwohnern erscheint vielen Tschechen als gigantischer Moloch (außer den Pragern).

    Die Bevölkerungsstabilität ist im Vergleich zu vielen anderen ehemaligen Ostblockstaaten wirklich bemerkenswert. Und sie war auch gerade in den 90er Jahren ein Kennzeichen der tschechischen Transformation.

    Ein anderes Beispiel: 1980 hatte der Westböhmische Bezirk (kraj) 880.000 Einwohner. Heute leben auf der Fläche - aufgeteilt auf die Bezirke Pilsen und Karlsbad - rund 910.000 Menschen.

    Auch in der Bevölkerungszahl der größeren Städte gibt es kaum Bewegung. Brünn hat seit 1980 von 370.000 auf 400.000 Ew. zugelegt. Ostrava hatte als Industriestadt einen gewissen Rückgang. Andere Städte wie Pilsen, Reichenberg, Olmütz, Pardubitz, Frýdek-Místek oder Brüx treten nahezu auf der Stelle.

    Auf dem zweiten Bild von unify sind im Hintergrund zwei Portale des Schlüterhofs zu erkennen. Ein Besucher aus Argentinien - Juan aus Buenos Aires - hat sie vor vier Monaten bei schönstem Sommerwetter fotografiert.

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    Berliner Schloss, Schlüterhof, Portal 6 (Foto: BugWarp, 12. August 2024, CC-BY-SA-4.0)

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    Schlüterhof, Innenportal 1 (Foto: BugWarp, 12. August 2024, CC-BY-SA-4.0)

    Vielleicht habt ihr euch schon mal gefragt, wie man das nördliche und das südliche Portal des Schlüterhofs voneinander unterscheiden kann. Sie sind sich ja in den oberen Teilen sehr ähnlich. Nun, beim südlichen, zum Schlossplatz hin gelegenen Portal machen die beiden äußeren Figuren schöne Armbewegungen nach außen. Beim nördlichen, zum Lustgarten hin gelegenen Portal ist es umgekehrt. Hier machen die beiden inneren Figuren schöne Armbewegungen nach innen.

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    Schlüterhof, Nordseite, Innenportal 5 (Foto: Dosseman, 20. Juni 2022, CC-BY-SA-4.0)

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    Schlüterhof, Südseite, Innenportal 1 (Foto: BugWarp, 12. August 2024, CC-BY-SA-4.0)