weiß eigentlich jemand, warum zwischen Hallmarkt und Salzgrafenplatz flächendeckend neu bebaut wurde? Geht das auf einen DDR-Abriß zurück?
Genau weiß ich es nicht. Die Gegend mit dem Namen "Spitze" ist ein uralter Siedlungskern. Das ist ein Teil des "Tales", wo die Salzsieder ansässig waren. Baulich war es wohl eine Mischung aus Gewerbegebiet und eher unscheinbaren alten Häusern. Halle modernisierte sich schon im 19. und im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts sehr stark. Damals wurden viele historische Gebäude abgerissen. Man muss nur mal darauf achten, wie stark die Altstadt mit Gründerzeitlern durchsetzt ist. Selbst das historisch wertvolle Talamt blieb Ende des 19. Jahrhunderts nicht in situ erhalten. Statt dessen wurde auf der Moritzburg ein freier Nachbau des Talamtes errichtet und zwei wertvolle Renaissance-Interieurs, die aus dem alten Talamt vor dessen Abriss gerettet worden waren, dort wieder eingebaut. An der Nordseite (Talamtstraße) und Südseite (Salzgrafenstraße) des Hallmarktes finden wir gründerzeitliche Bebauung. Jenseits des Hallorenrings dann Neubauten der letzten Jahrzehnte und ganz wenige Gründerzeitler (Kellnerstraße). Auf meinem Stadtplan von 1984 ist dieses Gebiet südlich der Neuen Residenz als bebaut gekennzeichnet. Nur westlich der Moritzkirche war eine größere Freifläche (Busbahnhof).
Als kleinen Trost für verlorene Bauten möchte ich hier noch eine vorbildliche Sanierung vorstellen. Eigentlich wollte ich das schon vor zwei Jahren, hatte es dann aber vergessen. Die Große Märkerstraße beginnt an der Südseite des Marktplatzes links (östlich) vom Stadthaus. Sie ist eine der schönsten Straßen der Stadt, wird aber von Touris leicht übersehen. Hier befindet sich eines der wertvollsten Bürgerhäuser der Stadt. Es war über viele Jahre ein Sorgenkind der Denkmalpflege, die übrigens genau gegenüber ihren Sitz hat. Seit 2007 war die Fassade der Großen Märkerstraße 5 mit einem blauen Netz gesichert. So stand das Haus über viele Jahre da und gammelte vor sich hin.
Halle (Saale), Große Märkerstraße in Richtung Marktplatz, rechts mit blauem Sicherungsnetz Haus Nr. 5 (vor der Sanierung)
(Foto: Sicherlich, Januar 2008, CC-BY-2.5)
Vermutlich Anfang 2022 wurde dann aber doch eine Sanierung abgeschlossen. Der Anblick der weißen Fassade mit feinstem barockem Stuck hat mich förmlich umgehauen. Das Haus ist phänomenal schön und erinnert mich ein wenig an Prag. Erbaut wurde es 1717 bis 1719. Möglicherweise stammt es im Kern aus dem 16. Jahrhundert. Im 19. Jahrhundert gab es einige Veränderungen.
Große Märkerstraße 5 (Foto: Dguendel, 30. Januar 2023, CC-BY-4.0)
Große Märkerstraße 5 vor der Sanierung (Foto: Sicherlich, März 2007, CC-BY-2.5)
Große Märkerstraße 5 (Foto: Catatine, 15. März 2022, CC0)
Große Märkerstraße 5 (Foto: Catatine, 15. März 2022, CC0)
Große Märkerstraße 5, Detail Fassade rechts, vor der Sanierung (Foto: Sicherlich, März 2007, CC-BY-SA-3.0)
Große Märkerstraße 5, Detail Fassade und Tor rechts (Foto: Catatine, 2. April 2022, CC0)
Große Märkerstraße 5, das Tor vor der Sanierung (Foto: Sicherlich, März 2007, CC-BY-SA-3.0)
Große Märkerstraße 5, Tor (Foto: Catatine, 15. März 2022, CC0)
Große Märkerstraße 5, Haustür vor der Sanierung (Foto: Sicherlich, März 2007, CC-BY-SA-3.0)
Große Märkerstraße 5, Haustür (Foto: Catatine, 28. März 2022, CC0)
Große Märkerstraße 5 (Foto: Catatine, 2. April 2022, CC0)
Die Tafel an der Fassade erinnert an die Gelehrten, die einst in dem Haus wohnten. Im Innern sind Teile der historischen Ausstattung erhalten. Im zweiten Obergeschoss gibt es einen Festsaal.