Potsdam - Garnisonkirche

  • Guten Abend,

    die Online Ausgabe der Märkischen Allgemeine Zeitung (MAZ) hat am 03.03.2015 nochmals über angestrebten Bürgerdialog zum Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche berichtet. Nun soll es nach Plänen und Wünschen von Bürgermeister Jann Jakobs eine Bürgerbefragung zu diesem Thema geben. Dabei sollen Gegner und Befürworter zu Wort kommen.

    http://www.maz-online.de/Nachrichten/Ku…-Garnisonkirche

    Viele Grüße :cool:

  • Ich versteh das alles langsam nicht mehr, erst beschließt man was und dann stellt man es wieder in Frage. :kopfwand: In dem Flyer Potsdamer Mitte steht das mit dem Bau 2015 angefangen werden soll. Die Garnisonkirche soll aus Spenden finanziert werden, und nicht aus Steuergeldern. Wenn unsere Politik die Steuergelder zum Fenster hinaus schmeißt, wird niemand gefragt ob wir dafür oder dagegen sind. :wuetenspringen:

  • Fragen kostet nichts ;-)...sagt zumindest ein Sprichwort. Soll man doch die Bürger halt befragen...die Entscheidung zum Wiederaufbau ist bereits gefallen, als kann so ein Bürgerdialog auch fruchtbar sein - Aufklärung hat schon vor 200 Jahren niemanden geschadet.

    Ansonsten ist den Politikern ohnedies nicht über den Weg zu trauen. Auch das Stadtschloss hätte es mit dieser Mannschaft NIE gegeben und man hätte uns einen brutalen Kubus auf den Alten Markt gek(l)otzt. Weniger Staat und mehr privat sollte in Potse die Devise sein!

  • Ich sehe einer Bürgerbefragung positiv entgegen. Die Bevölkerung wird da erstmal begreifen, wie schön Potsdam werden wird. Dann man los !

  • Ich sehe einer Bürgerbefragung positiv entgegen. Die Bevölkerung wird da erstmal begreifen, wie schön Potsdam werden wird. Dann man los !

    Na, da bin ich mal weit "negativer" gestimmt. Im Westen würde das womöglich wirklich positiv für eine Rekonstruktion ausgehen, wenn die Reko-Anhänger ausreichend Werbung betreiben, im Osten sieht die Stimmung anders aus. Es sei an die Ulrichkirche in Magdeburg erinnert. Man braucht sich nur die Wahlergebnisse in Potsdam anschauen, jene große Menge an SED-Altkadern und jungen "Antifa"-Linken, dazu eine von 40 Jahren DDR geprägte Bevölkerung. Selbst jene große Zahl, der der ideologische Streit egal wäre, steht vermutlich Veränderungen ihrer Lebenswelt negativ gegenüber (Abwicklung der verklärten DDR-Vergangenheit für die einen, Gentrifizierung für die anderen). Argumente wie "Kindergärten statt Protzerei" werden bei schlichteren Geistern verfangen. Wenn das Ergebnis einer Abstimmung negativ ausfällt, haben die Rekonstruktionsgegner alle Trümpfe in die Hand bekommen. Man muss eben feststellen, dass sie weit cleverer agieren, als die doch recht brave Gegenseite. Zumal ist generell beim Umgang mit der politischen Linken zu beachten, dass diese wie typische Klassenschläger agieren. D.h. sie wittern Schwäche, und wenn man ihnen den kleinen Finger anbietet, werden sie erst recht zur Hochform auflaufen, bis die ganze Hand abgehackt ist.
    Da mir die Garnisonkirchen-Rekonstruktion nicht so viel bedeutet, sehe ich es eher als reiner Beobachter. Mir ist ja gar keine Kirche lieber, als ein neues evangelisches Sühne- und Bußzentrum, in der deutsche Geschichte im Sinne des Zeitgeistes "aufgearbeitet" wird, am Ende sogar noch als "kritische Rekonstruktion" in modernen Formen.

  • Eine kritische Rekonstruktion wäre ein Disaster ohne gleichen für das Potsdamer Stadtbild.

  • Eine Bürgerbefragung ist lt. OB Jakobs eine Option für ein Abschluß des Bürgerdialoges. Keineswegs ist eine Bürgerbefragung jetz schon ausgemacht Sache.

    De facto wird es zum Bürgerdialog nicht kommen. Die Errichtungsstiftung wird die Baugenehmigung für den Turm nicht zurückgeben. Die Kritiker haben sich festgelegt ohne diesen Schritt den Dialog nicht zu beginnen. Zudem lehnen sie OB Jakobs für einen von der Stadt bezahlten Dialog als "parteiisch" ab.

    Insofern weiss ich nicht, welches Ziel ein Bürgerdialog haben soll. Hier möchte offenbar die Politik gut dastehen und es sich mit niemandem verderben - hat aber über die Sache offenbar nicht nachgedacht.

    Ein "zeitgenössisches" Kirchenschiff haben Kuratoriumsmitglieder der Errichtungsstiftung mehrfach angeboten (ohne mit der Stiftung Rücksprache zu halten). Dies hat den Kritikern um die linksalternative Wählergruppe "die aNDERE", die bei den letzten Kommunalwahlen rund 7 % der Wählerstimmen bekommen hat, regelmäßig nicht ausgereicht. Man will das ganze Projekt inklusive des Turmes verhindern. Der Turm ist aber genehmigt und wird - so den die finanziellen Mittel zusammenkommen - gebaut. Das Baugrundstück ist der Stiftung übertragen und grundbuchlich vollzogen. Der Bebauungsplan für das Umfeld wird gerade angepasst und verfügt über ein Mehrheit in der SVV. Die Baugenehmigung gilt noch etwa 3 Jahre. Der Stiftungschef darf auch auf die Baugenehmigung nicht verzichten, da dies satzungswidrig wäre. Somit müsste zuerst die Satzung der Garnisionkirchenstiftung geändert werden, wofür es keine Mehrheit innerhalb der Stiftung gibt.

    Eine kritische Rekonstruktion wird nicht von der Errichtungsstiftung verfolgt, erhielte keine Unterstützung aus Bundesmitteln und ebenso keine Spendenmittel. Die Stadt wird eine zeitgenössiche Garnisionkirche ebenfalls nicht bezahlen. Insofern ist dies eine Geisterdiskussion.

    Dass "zeitgenössische" Kirchen keine Spendergelder erwirken zeigt das inhaltlich lobenswerte Projekt des "House of One" in Berlin, anstelle der Petrikirche ein Gotteshaus der drei Buchreligionen gemeinsam zu errichten. Das Projekt war seit über einem Jahr in jeder Zeitung von Alaska bis Sansibar und weist einen Spendenstand von € 130.000 auf.

  • So stehts heute online in der MAZ. Unser aller "Freund", Dr. S., äußert sich begeistert in einem Interview.

    Zitat

    Dr. S., Die Linke
    Warum soll es nicht möglich sein, auf den Turm zu verzichten? Warum soll zum Beispiel nicht nur die Kapelle als historischer Rückgriff wieder aufgebaut werden? Die Frage ist auch, wie es mit dem Rechenzentrum weitergeht. Wir sind daran interessiert, dass es langfristig stehen bleibt. Es gibt genügend Stoff für eine schöpferische Debatte.

    Und so komme ich zu dem Schluss, dass unsere Kirche dann doch so aussehen könnte :kopfwand:

  • :lachen: guter Entwurf!

    Ich denke man sollte dieses ganze Gekeife von denen nicht zu ernst nehmen. Aus welchen aggressiven, extremen, engstirnigen Häuflein diese Gegnerschaft besteht sieht man schön an deren Facebook-Auftritt und diversen Beiträgen auf der Facebookseite der Befürworter. Ich komme nicht umhin festzustellen, dass bei der Bürgerinitiative gegen die Kirche viele an einer gestörten Wahrnehmung leiden. Aber gut, das ist ja nichts Neues. Ich habe keine Bedenken, dass diese Leute sich selbst ins Aus schießen, bzw ja schon haben. Sofort nach der Ankündigung zum Bürgerdialog sind sie vorgeprescht und wollen ihre Bedingungen diktieren. Ergebnisoffen ja, aber... :blah: Dass Scharfenberg da auch ein paar Wählerstimmen abgreifen will, geschenkt....
    Der Beitrag von Konstantindegeer bringt die Sachlage sehr gut auf den Punkt. Mehr gibts dazu eigentlich nicht zu sagen. Die wollen einfach gar nichts, noch nicht einmal ein modernes Kirchenschiff, das Stolpe et al. ihnen quasi "angeboten" hat. So wird das wirklich nichts mit dem "Dialog" floet:)
    Noch mindestens für die nächsten drei Jahre besteht Rechtssicherheit, also kein Grund zur Panik. Viel Zeit um endlich mit dem Bau anzufangen... :wink:

  • Na, da bin ich mal weit "negativer" gestimmt. Im Westen würde das womöglich wirklich positiv für eine Rekonstruktion ausgehen, wenn die Reko-Anhänger ausreichend Werbung betreiben, im Osten sieht die Stimmung anders aus. Es sei an die Ulrichkirche in Magdeburg erinnert. Man braucht sich nur die Wahlergebnisse in Potsdam anschauen, jene große Menge an SED-Altkadern und jungen "Antifa"-Linken, dazu eine von 40 Jahren DDR geprägte Bevölkerung. Selbst jene große Zahl, der der ideologische Streit egal wäre, steht vermutlich Veränderungen ihrer Lebenswelt negativ gegenüber .

    Ich halte zehnmal mehr von einer bürgerlichen Inspiration als von einer rein zahlenmäßig gewerteten Bürgerbefragung. Das ist der Unterschied zwischen Demokratie und vordergründig zahlenvernarrtem Demokratismus, der das Verhältnis von Inspiration bzw. Argumenation und Abstimmung glatt umkehrt. Alle Argumente sind zweckdienlich nur im Sinne der fokussierten Abstimmung.

    Was die bloße, rein rechnerische Abstimmung anbeträfe, so habe ich hier nach meiner Erinnerung schon einmal eine ähnliche Einschätzung abgegeben:

    Für die Garnisonkirche:
    Ca. die Hälfte der SPD-Wähler *, mithin etwas über 15 %
    ca. dreiviertel der CDU-Wähler, gut 15 %,
    ca. ein Drittel der grünen Wähler * * mithin gut 2 - 3 %,
    maximal ein Zehntel der Wähler der Partei Die Linke und der Fraktion Die Andere, mithin maximal 4 % aus diesem Spektrum.
    Weitere 3 % maximal von weiteren Gruppierungen

    Gegen die Garnisonkirche
    Neun Zehntel der Wähler der Partei Die Linke und der Fraktion Die Andere, mithin über 35 %
    gut die Hälfte der SPD-Wähler, mithin etwas über 15 %
    ca. ein Viertel der CDU-Wähler, 5 %
    ca. zwei Drittel der grünen Wähler, 5 - 6 %.
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    * die andere Hälfte sieht sie verkürzt als Hort des Militarismus, bspw. im Sinne von Christen brauchen keine Garnisonkirche, Friedrich Schorlemmer und Hans und Ruth Misselwitz)
    * * gut zwei Drittel sehen sie, vgl. SPD, verkürzt als Hort des Militarismus

  • Bin gerade mal wieder dabei das Buch über den Soldatenkönig zu lesen, ohne den Potsdam nicht das wäre was es heute ist. In Potsdam gibt es fast keine Zeugnisse mehr die auf ihn hinweisen (sein Denkmal wurde ja auch vernichtet), bzw. von ihm in Auftrag gegeben wurde. Wäre schön wenn jetzt zumindest die Garnisonkirche wieder entstehen würde.

  • Die PNN berichten heute, dass Fragmente der Garnisonkirche in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] aufgetaucht sind. Im dortigen Zeitgeschichtlichem Forum liegt das Giebelrelief mit den Initialen von FW I. Die Stiftung geht davon aus, dass es sich um das Original handelt.

    Der Direktor des Zeitgeschichtlichen Forum, der auch in der Stiftung GK aktiv ist, erwartet, dass noch weitere Teil der Kirche gefunden werden könnten, denn ein Großteil der Trümmer wurde im Brauhhausberg vergraben, wo ja bekanntlich jetzt die Baugrube für ein Freizeitbad ausgehoben wird.

    Alles in Allem doch recht gute Nachrichten in der aktuellen Debatte um den Wiederaufbau.

    Gruß aus Potsdam

  • Der Direktor des Zeitgeschichtlichen Forum, der auch in der Stiftung GK aktiv ist, erwartet, dass noch weitere Teil der Kirche gefunden werden könnten, denn ein Großteil der Trümmer wurde im Brauhhausberg vergraben, wo ja bekanntlich jetzt die Baugrube für ein Freizeitbad ausgehoben wird.

    Das sind wirklich recht gute Nachrichten. Da kann man im Falle eines vollständigen Wiederaufbaus, davon ausgehen, das eine leichte "Dresdner Frauenkirchen-Atmosphäre" aufkommt, durch den Einbau von erhaltenen Bauelementen.

    Es gibt eine Architektur, die zur Landschaft gehört, sowie eine andere, die sie zerstört.

  • Eine gute Nachricht. Das offenbar gefundene Fragment ist auf diesem Bild gut zu sehen.
    Ohnehin eine informative Seite:
    Garnisonkirche-Wissen: Eine Geschichte in der DDR

    Ein großformatiges, eindrückliches Bild vom 25. Juni 1968

    Visionär?

    Wir werden es wieder hören, so wie der Frühling nach dem Winter kommt.

    Wer sich ein Gebäude allein über (sich selber eingehämmerte) Symbolik erschließt - warum zur Hölle steht das Berliner Zeughaus denn noch? - dem ist ohnehin nicht zu helfen.
    Welch wunderbarer Anblick!

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Selbst auf dem DDR-Foto von 1968 ist zu sehen, wie grün die Breite Straße seinerzeit noch war und wie auch ein bescheidener Gestaltungsanspruch in Form der Leuchten zutage trat. Mit der Sprengung der Garnisonkirche wurde nicht nur ein wesentlicher Teil der Potsdamer Geschichte materiell vernichtet - geistig geht das ja nie und nimmer -, vernichtet wurden auch die zaghaften Gestaltungsversuche der frühen DDR und die Straße als Straße an sich, die ja mehr ist als bloße Fahrbahn + x.

  • Eine gute Nachricht. Das offenbar gefundene Fragment ist auf diesem Bild gut zu sehen.

    Genau, das ist das gefundene Fragment. In der Druckausgabe der PNN gibt es davon auch ein Bild. Hier ist noch der Link zum Online Artikel.

    Gruß aus Potsdam

  • Zitat

    Mit der Sprengung der Garnisonkirche wurde nicht nur ein wesentlicher Teil der Potsdamer Geschichte materiell vernichtet - geistig geht das ja nie und nimmer -, vernichtet wurden auch die zaghaften Gestaltungsversuche der frühen DDR und die Straße als Straße an sich, die ja mehr ist als bloße Fahrbahn

    Genau hier liegt das Problem! Ein herrlicher barocker Garnisonkirchenturm, der direkt an einer vielbefahrenen breiten Schnellstraße steht. Auch wenn die Breite Straße inzwischen ein wenig "geschmälert" und mit neuen Bäumen bestückt wurde fehlt dem Standort im Gegensatz zu früher doch jegliche Idylle, Charme und Behaglichkeit. Die Breite Straße ist im Kern immernoch ein Relikt der "Autogerechten Stadt" der 60-er Jahre. Sie ist auch einige der wenigen Ecken in Potsdam, wo ich mich an die Hässlichkeit des Ruhrpotts oder Kassels erinnert fühle. Das alles ist überaus bedauerlich, wird sich aber kaum ändern lassen (wohin auch sonst mit der Bundesstraße 1 ??). Die Dresdener Frauenkirche hätte auch nur eine halb so attraktive Wirkung wenn direkt zu ihren Füßen eine breite Autopiste vorbeiliefe.
    Das ganze Dilemma - Autopiste mit barockem Turm - zeigt sich auch sehr gut in diesem Bild :augenrollen:
    .

    Einmal editiert, zuletzt von Maecenas (5. März 2015 um 12:13)