Das ist natürlich völliger Unsinn: mit "nostalgischen Gewohnheiten vieler Bewohner in Berlin-Mitte" hat das überhaupt nichts zu tun. Der Wahlkreis wurde bei den letzten Wahl von der CDU direkt gewonnen. Die behauptete Ostalgie ist ein beliebtes Erklärungsmuster westdeutscher Beobachter Berlins, die in der Regel Berliner Fragen bestenfalls recht holzschnitthaft rezipieren und an den tatsächlichen Verhältnissen wenig Interesse zeigen.
Die "sozialistische Zentrumsfläche" steht auch nicht aufgrund eines Senatsbeschlusses unter Denkmalschutz, sondern wegen seiner baulichen Eigenschaften. In § 2 des Berliner Denkmalschutzgesetzes heisst es:
Ein Baudenkmal ist eine bauliche Anlage oder ein Teil einer baulichen Anlage, deren oder dessen Erhaltung wegen der geschichtlichen, künstlerischen, wissenschaftlichen oder städtebaulichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt.
Da es sich hier um ein Ensemble handelt seit noch der § 3 Denkmalschutzgesetz Berlin zitiert:
Ein Denkmalbereich (Ensemble, Gesamtanlage) ist eine Mehrheit baulicher Anlagen einschließlich der mit ihnen verbundenen Straßen und Plätze
sowie Grünanlagen und Frei- und Wasserflächen, deren Erhaltung aus in Absatz 2 genannten Gründen im Interesse der Allgemeinheit liegt, und zwar auch dann, wenn nicht jeder einzelne Teil des Denkmalbereichs ein Denkmal ist. Auch Siedlungen können Denkmalbereiche sein.
Zu dieser Bedeutung des § 2 zählt natürlich auch die jüngere Geschichte der DDR, in der Denkmalpflege spricht man von ein bis zwei Generationen, die eine Denkmalunterschutzstellung mindestens erfordert. Zudem ist sollte man sich mit dem Denkmalschutzrecht auseinandersetzen: in Berlin ird ein Denkmal nicht durch Eintragung in eine Liste oder Rolle zum Denkmal sondern das Denkmal ist konstitutiv, d.h. ein Denkmal, wenn die Voraussetzungen vorliegen. Das stellt das Landesdenkmalamt mittels wissenschaftlichen Gutachten fest und nicht durch politischen Beschluß der Regierung.
Insofern steht hier der Wunsch vieler Berliner nach Rückführung des Neptunbrunnens vor die Südseite des Berliner Schlosses der Zerstörung der Denkmalensembles vor dem Roten Rathaus entgegen. Hier wird die Denkmalpflege natürlich immer pflichtgemäß das Denkmal erhalten wollen.
Es stellen sich deshalb zwei Fragen, die m. A. n. zu beantworten wären:
1. Ist es überhaupt möglich mit einer Rückversetzung des Neptunbrunnens und seinem Granitbecken mit völlig anderen Maßen auf dem Schloßplatz ein Ensemble zu erzeugen, das dem historischen Zustand einer Paraphrase der Piazza Navona auch nur annähernd gleich kommt. Ich halte das schon für möglich, allerdings müsste hier die gesamte Straße umgebaut, die Ecke neben dem Staatsratsgebäude umgestaltet und der Neue Marstall um seinen Tympanon und seine Attikafiguren ergänzt werden.
2. Ist es möglich die städtebauliche Bedeutung der ehem. Staatsachse der DDR nach dem Abriß des Palastes der Republik auch ohne Neptunbrunnen zu zeigen. Auch das halte ich für möglich, indem man den Neptunbrunnen durch ein zeitgenössiches Wasserspiel ersetzt, das unverkennbar die Ästetik des 21. Jahrhunderts versprüht. Vielleicht kann aber auch ein neuer Brunnen auf dem Schloßplatz die Lösung bringen.
In einer Variante A müsste Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt einmal beide Fragen fachlich aufbereiten, um hier eine Lösung in diesem Abwägungsprozeß herbeizuführen. Variante B ist einfach solange zu warten, bis der Neptunbrunnen so nachhaltig zerstört ist dass er aubgebaut werden muss. Das führt zwar zu starken Substanzverlusten ist aber in Berlin die wahrscheinlichste Variante. Die Bronzeteile haben schon durch den Gesproch als Klettergerüst deutliche Schäden genommen.