Leipzig - Bau- und Sanierungsprojekte

  • Es war wohl Ort eines berühmten Fotomotivs der Kriegszeit.

    http://www.palmengarten-leipzig.de/html/jahnallee61.html

    Allerdings offenbarte die reisserische einstige Bildbezeichnung "Der letzte Tote des Krieges" schon ein sehr amerikanozentrisches Weltbild. Dann nach dem 18.4.1945 gab es noch sehr viele Tote des Weltkriegs, die allerdings meist nicht mit einer Kamera verewigt wurden. Aber die gelten vielleicht nur als Kollateralschäden. Sei´s drum, wohl wegen dieses Fotos ist das Haus bekannt geworden. "Weltbekannt" dürfte aber wohl ein typischer Bildzeitungs-Superlativ sein.

    Die Sanierung ist jedenfalls zu begrüßen. Stattlicher Bau.

  • Das Gebäude war schon so gut wie verloren. Im Spätsommer 2011 kursierten Gerüchte die Stadt wolle das baufällige Gebäude Jahnallee 61 in Ersatzvornahme abreissen lassen. Neujahr 2012 stand das Gebäude dann zusätzlich noch lichterloh in Flammen und brannte völlig aus. Erst nach und nach kam dann durch spitzfindige Leute heraus, dass dies das Haus ist in dem Robert Capa sein bekanntes Bild geschossen hat. Ich halte den Hype oder gar die Forderung ein Museum darin einzurichten zwar für etwas übertrieben und scheinheilig aber immerhin hat es dazu geführt das Gebäude zu erhalten. Infolge der Nachforschungen waren dann auch ständig Kamerateams vor Ort und auch ausländische Zeitungen haben darüber geschrieben.
    Also ganz so aus der Luft gegriffen ist die Bild-Formulierung nicht. Wer Lust und Zeit hat kann die Entwicklung im DAF-Thread zu dem Thema nachlesen.

    Städtebaulich ist es in meinen Augen kaum zu entbehren. Wenn die Sanierung wirklich so wird wie auf der Visualisierung, kann man das gar nicht hoch genug bewerten.
    Selbst auf einem alten Bild sind einige Details schon nicht mehr vorhanden die nun rekonstruiert werden sollen.

  • Das klingt etwas verwerflich bei dir. Immerhin ist das doch jetzt eine private Investition und dass da überhaupt nachgeforscht wurde hat nun auch keinem geschadet.

  • Das marode Alte Rathaus wird saniert. Es soll schon dieses Jahr mit der Sanierung begonnen werden:

    Zitat

    Die Fassade ist fleckig und feucht, das Dach nicht dicht, das schöne Zifferblatt der Turmuhr verblasst. Touristen und Leipziger wundern sich schon länger, warum unser erstes Haus am Platz so verkommt. Die Kosten für die Beseitigung der Mängel schätzen Experten mittlerweile auf etwa 1,7 Millionen Euro.


    http://www.bild.de/regional/leipz…48918.bild.html

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Das wird eine echte Augenweide; [lexicon='Leipzig'][/lexicon] wird wirklich immer attraktiver. Weiter so!

    "Willst du eine Stadt vernichten, baue Kisten, Kisten, Kisten!"

  • Das ist ein Meilenstein in der deutschen Wiederaufbaupraxis, wenn man bedenkt, wie viele Jugendstilräume nach dem zweiten Weltkrieg preisgegeben wurden, teils in modernen Formen wiederaufgebaut, teils abgerissen (exemplarisch zu erleben am Mannheimer Rosengarten). Der Jugendstil galt damals in Deutschland als vernichtungswürdig. Nicht von ungefähr kommt dieser Impuls zu einer (reichlich späten) Kehrtwende aus [lexicon='Leipzig'][/lexicon]!

  • Aufgrund mangelnder Neuzugänge sind die bescheidenen vorhandenen Bestände nahezu erschlossen. Für Gebäude, die nicht mehr existieren, sind Vergleiche nur sehr speziellen Fällen sinnvoll. Weitere Bestände, die sich nicht als "[lexicon='Leipzig'][/lexicon]" herausstellten (wie Dresden) wurden inzwischen ausgesondert. Aus diesem Grunde erlaube ich mir, als kleine Kostprobe einige Beispiele zur Kenntnis zu geben. Die Vergleichsaufnahmen datieren (bis auf eine) aus den letzten fünf Tagen.
    Ecksteinstraße 39 (Connewitz) um 1910

    Erich-Köhn-Straße 59 (Lindenau) um 1910

    2006

    Lützowstraße 46 (Gohlis) um 1910

    Naumburger Straße 7 (Plagwitz) um 1910

    Raimundstraße 13 (Lindenau) 1911

    Zollikoferstraße (Volkmarsdorf) um 1910


    Aurelien-/Ecke GuthsMuthsstraße (Lindenau) um 1930

    Ungerstraße (Anger-Crottendorf) 1909

    Biedermannstraße (Connewitz) um 1940

    Kontakt über http://www.lipsikon.de

  • Herzlichen Dank fuer die Damals - Heute Gegenueberstellung dieser Serie von Gebaeuden, Dr. Mises! Einige davon sind ja recht ernuechternd waehrend andere hoechst erfreulich sind. Schade, dass das Eckhaus an der Biedermannstrasse (letztes Bild) sein Tuermchen "verlor."

  • Besten Dank Dr. Mises. Solche Vergleichsansichten mag ich sehr. Was in den letzten gut 20 Jahren in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] an Rekonstruktionen und speziell an Wiederbestuckungen von Fassaden-verstümmelten Gebäuden geleistet wurde, kann man als Freund traditioneller Architektur gar nicht genug loben. Vor 20-Jahren hätten vieler deiner Vergleichsansichten sicherlich sehr viel schlimmer ausgesehen, vermute ich, oder?

  • Vielen Dank für die tollen Vergleichsbilder. Bitte mehr davon :biggrin:

    Was [lexicon='Leipzig'][/lexicon] vormacht, sollte beispielhaft für andere Städte werden. Ich frage mich noch immer, warum dies in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] mittlerweile zur Selbstverständlichkeit geworden ist, den Stuck wiederanzubringen, und warum es in anderen Städten nicht in gleicher Weise funktioniert. Das Geldargument scheidet da ja aus, weil viele andere Städte deutlich mehr Kapital vorzuweisen haben.

    APH - am Puls der Zeit

  • Um hierauf zu antworten, muß korrekt vermerkt werden, daß es insbesondere bürgerschaftliches Engagement ist, daß im positiven Sinn gewürdigt werden muß. Der Weg zur Sanierung ist dabei manchmal recht lang, und es begann natürlich schon zu DDR-Zeiten, als die Genossen u.a. im Ministerium für Bauwesen der DDR Vergleiche vorgesetzt bekamen von eben jener Architektur zu den "Karnickelbuchten", die sie gerade in [lexicon='Leipzig'][/lexicon]-Grünau hinsetzten und dann auch noch im zentrumsnahen Bereich umsetzen wollten... Aber das ist ein anderes Thema. Anbei in diesem Sinne noch ein Beispiel.

    Elisenstraße 61 (alles Südvorstadt -auch die weiteren Bilder-, jetzt Bernhard-Göring-Straße)


    1996

    2005

    und letzten Sonntag:

    Nun will ich ja nicht, daß nur "alt" gebaut wird, aber überall dort, wo gehabte städtebauliche Qualität nicht aufgenommen wird, entsteht eben jener architektonische Abfall, der [lexicon='Leipzig'][/lexicon] mit vielen Projekten derzeit und auf längere Sicht beeinträchtigt.

    Brandvorwerkstraße 24

    2000

    und Brandvorwerkstraße 24 angeschrägt im Querformat 2013

    Statt Villen gibt es in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] mittlerweile jede Menge "Stadtvillen" bzw. die Phase der Schießschartenarchitektur. Nun hat sicherlich niemand etwas gegen klassische Moderne des 20. Jahrhunderts. Aber dazu braucht man eben auch die passende Umgebung. Konzentriert sieht das in Plagwitz aber ausschnittweise so aus wie in der Limburger Straße (leider nicht einmal das schlechteste Beispiel):

    Um auf die Südvorstadt zurückzukommen: Viele wissen leider gar nicht mehr, was es für städtebauliche Qualitäten bereits gab.

    Carola-Gymnasium 1912 (auch Elisenstraße)

    2013

    Ein Parkplatz für das Amtsgericht [lexicon='Leipzig'][/lexicon] ziert das Gelände. Wie in den meisten Fällen sieht man Autos statt Kinder, was mich doch zu einem Vorschlag veranlaßt.
    Ich könnte natürlich ein neues Thema zu [lexicon='Leipzig'][/lexicon] anreißen: Schulen und Schulstandorte - weil ja [lexicon='Leipzig'][/lexicon] als ehemalige größere Stadt mit 700.000 Einwohnern bereits ein ausgefeiltes System von Bildungseinrichtungen hatte. Zwar kann ich nicht alles allein beisteuern, aber ich denke schon, daß man das im Sommer im Grundstock dokumentieren kann. Ich frage nur vorher an, nicht daß ich einen Beitrag setze, der dann wieder unter einem anderen Thema subsumiert wird...

    Moderationshinweis (Pilaster): Mach gern einen Strang auf wenn Du moechtest. :smile:

  • Super, diese Damals - Heute Vergleiche.
    Um den Verlust des Ecktürmchens an der Biedermannstraße ist es wirklich besonders schade. Dieses relativ kleine Element macht doch unglaublich viel aus. Das hätte man bei der Sanierung ja locker rekonstruieren können.

    Und eine Rekonstruktion der Brandvorwerkstraße 24 wäre auch sehr wünschenswert gewesen. Das war ein tolles Haus.

    Auf den alten Bildern sieht man sehr gut, daß die Photographie damals etwas ganz Besonderes gewesen sein musste. Viele Leute sind an den Fenstern, um auch mit auf das Bild zu kommen. :foto:

  • Da man über die Straßen einiges vielleicht auch von außen besser verstehen kann, hier noch in Ergänzung vier Beispiele. Bei der Mühligstraße und dem alten Vergleichsfoto von 1996 ist - auch wenn es nicht so schlimm ist wie im Leipziger Osten - gut erkennbar, wie [lexicon='Leipzig'][/lexicon] nach 40 Jahren DDR aussah.
    Die anderen Vergleichsfotos sind alle vom 11.07.2013.

    Lindenau Mühligstraße um 1940

    im Jahre 1996

    und gestern

    Merseburger Straße 1905

    gestern

    Lützner Straße Ecke Henriettenstraße 1925

    gestern

    Plagwitz Zschochersche Straße 1899

    gestern

    Natürlich waren das nicht die einzigen Fotos, aber durch den Krieg entstandene Lücken und differentielle Fotos von mehr oder weniger geglückten oder gescheiterten Sanierungen sind nicht so lehrreich, so daß ich noch überlege, gelegentlich einige chancenreiche oder erschütternde Dokumente zu zeigen...

  • Vielen lieben Dank für deine hochinteressante Dokumentationen. Ich freue mich vor allem auf weitere "erschütternde Dokumente" und den Vergleich mit der aktuellen Situation.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Aufgrund Vegetation, schattenbildendem blauen Sommerhimmel bzw. Regen/Gewitter ist derzeit kaum günstiges Fotografierwetter. Aus diesem Grund nur zwei Beispiele ohne Kommentar.

    Südvorstadt
    Landgericht (jetzt Amtsgericht [lexicon='Leipzig'][/lexicon]) Bernhard-Göring-Straße

    1907

    1996

    2013

    Plagwitz
    Erich-Zeigner-Allee 34
    1909

    2013