• Während sicherlich auch in Görlitz jeder private Hausbesitzer jeden Biberschwanz extra genehmigen lassen muß, gilt selbiges für öffentliche Bauherren nicht. Immer dann, wenn Bauherr und Denkmalschutzbehörde, die dem Bauamt oft unterstellt ist, identisch ist, kommt es zu solchen Auswüchsen. Immer das gleiche, falls "Untere Denkmalschutzbehörde" mutig Einspruch eingelegt haben sollte, ab zur Denkmalschutzbehörde nach Dresden, dann Dissenzverfahren, weiter zur Landesdirektion. Wenn gute Connection, dann genehmigt die alles.
    Diese Straßenszene wird wohl für die weltweite Filmwelt ausfallen. Und die Intention des ehemaligen jährlichen 1-Million-Euro-Spenders wird völlig missachtet. Eine Schande für Görlitz.

  • Ich halte ja regelmäßig und gerne bei überbordender Kritik an den Denkmalschutzbehörden dagegen - weil ich Freunde uns Bekannte habe, die entsprechend arbeiten und ich durch meinen Beruf Einblick in dieses Feld hatte -, aber was hier in Görlitz geschah, dafür fehlt mir jedes Verständnis. Wie kann man zwei denkmalgeschützte Bauten derart ohne Not kaputtsanieren? Eine Stellungnahme der Verantwortlichen würde ich gerne lesen!

    Oh, da wurde wohl mein Facebook Beitrag und auch meine Fotos genutzt und ich wurde noch nicht mal als Urheber genannt.

    Leider ist das in diesem Forum keine Ausnahme. Es gibt einige wenige Nutzer, die sich regelmäßig fremde Werke zu eigen machen. Ich bin gerade dabei, zu dieser Thematik einen Leitfaden zu verfassen. Vielleicht hilf es ja zumindest ein wenig.

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • Die offiziösen Erklärungen machen die Sache nur noch absurder. Das ist Denkmalschutz nach Gutsherrenart. Es sei nebenbei an die Posse um die wenige Meter entfernte Bahnhofsmauer erinnert. Immerhin hatte man hier noch genug schlechtes Gewissen die Mauer verschoben zu rekonstruieren.

  • Von einem öffentlichen Bauträger darf man erwarten, dass sie sich nicht nur damit auseinandersetzen ob sie es dürfen, sondern auch ob sie es sollten.

    An dieser Stelle auch mal ein Dankeschön an Ingo Kramer, der stets um kritische Berichterstattung rund um das Görlitzer Stadtbild bemüht ist.

  • Eindrucksvoll, wie hier das Versagen der Denkmalschutzbehörden hervortritt. Die verstehen sich nur noch als reine Originalsubstanzverwalter.

    Zitat

    „Die Substanzverluste liegen dabei so hoch, dass die Denkmaleigenschaft der Gebäude nicht mehr gegeben ist.“ Die Fassaden selbst hätten durch etwa dreißig Jahre zurückliegende Sanierungen ebenfalls irreparable Schäden sowie ebenso hohe Verluste an denkmalrelevanter Substanz aufgewiesen, behauptet Wilke: „Damit konnten auch sie keine Kulturdenkmale mehr sein.“

    Dafür braucht es aber keine Schutzbehörde. Schon gar nicht mit derart tiefgreifenden Rechten ins Eigentum. Weil was passiert denn? Originalsubstanz wächst nicht nach. Sprich sie wird immer weniger. Durch Alterung, Umnutzung, und dann bei jeder Sanierung - hier jene aus den 90er Jahren z.B. - geht Erhaltungswert für die Behörde verloren, bis er dann ganz erlischt. Ja, dann kann ich die Eigentümer doch gleich ganz machen lassen was sie wollen, geht schneller, verbrennt kein Geld und ist im Ergebnis gleich. Nur würde man sich eine unnötige Behörde sparen.

    Dagegen, warum hat man denn Denkmalschutz? Auch zum Erhalt von Orginalsubstanz. Da geht es um Authentizität (u.a. wichtig für Forschung) und Identifikation. Aber vor allem auch zum Erhalt von guter Gestaltung. Sonst machen ja auch bei Denkmalsanierungen die Vorgaben der Behörde gar keinen Sinn, die eine Wiederherstellung einer bestimmten Gestaltung einer bestimmten Zeit vorgeben, und umgekehrt möglichst vieles, was die Gestaltung unterminieren würde, verbieten. Dann kann man auch Solarzellen an die Wand schrauben und dazu die Wände neon streichen. Ich bin mir sehr sicher, dass wenn diese Behörde weiterhin so agiert, es keinerlei Rückhalt in der Bevölkerung und folglich in der Politik für deren Daseinsberechtigung mehr gibt. Vor allem, wenn man Eigentümer geradezu anspornt möglichst Originalsubstanz zu vernichten.

  • Die beiden Gebäude waren vor der "Sanierung" Kulturdenkmale der Stadt Görlitz. Die "Sanierung" stellt einen solch eklatanten Eingriff in die Substanz selbst dar, daß der Denkmalscharakter durch die "Sanierung" zerstört ist und kann nicht mit Sparzwängen oder was auch immer legitimiert werden, da die im Besitz befindende Institution für den Bestand verantwortlich ist und sich nicht selbst per Definition über geltendes Recht stellen kann. Daher kann es nur eine einzige legitime Forderung geben: die der Wiederherstellung des Denkmalzustands der beiden Fassaden. Die Anforderungen und Ansprüche an private Sanierer haben selbstverständlich auch für Institutionen solcher Art zu gelten. Und man ist sich hoffentlich bewußt, daß diese Sache das Potential hat, sehr hohe Wellen zu schlagen.

  • Absolut hanebüchen, wie die Entstuckung vom Landratsamt und von der Denkmalschutzbehörde gerechtfertigt wird.
    Wenn es regulär immer so ablaufen würde und gelaufen wäre, dann würde es heute kaum mehr ein Denkmal geben. Weiten Teile der sanierten Görlitzer Altstadt müsste/könnte der Denkmalschutz aberkannt werden. Städte, in denen der Krieg stark gewütet hat, und wo man wiederaufbauen musste, wären praktisch denkmalfrei.
    Wenn das ein Ausblick in die Auslegung von Denkmalschutz und Handhabe mit historischen Bauten in der Zukunft ist, na dann gute Nacht.

  • Die Fassade der 13 war noch völlig ungestört im Zustand ihrer Entstehungszeit und noch vollkommen in ihrer baukünstlerischen Intention erhalten, die Putzschäden der 14 betrafen überwiegend die Rustizierungen und wären wiederherstellbar gewesen. Beide Fassaden waren in ihrem Umfeld besonders hochwertige Zeugnisse ihrer Entstehungszeit und ortsbildprägend. Es wäre sehr schön, wenn man unsere "Bedenken" hier bei den Görlitzern nicht als Einmischung ansieht, sondern das Thematisieren als eine Form der Teilhabe von außen an der Stadt als solcher ansieht, wozu die beiden Gebäude Salomonstraße 13 und 14 ganz selbstverständlich zählen. Diese Entwicklung freilich sitzt sehr tief.

  • Der Verein könnte darüber nachdenken, hier evtl. eine Dienstaufsichtsbeschwerde bei der übergeordneten Dienstbehörde zu stellen und dies mit mehreren Argumenten begründen.

    Noch eine Möglichkeit wäre die Erstattung einer Strafanzeige, zudem könnte man den MDR mit ins Boot holen. Zu Beginn des neuen Jahres sind neue Themen immer gefragt.

    Schlußendlich könnte es uns auch anregen, als Gegenpol zum "Gebäude des Jahres" eine "Bauliche Schandtat des Jahres" zu küren, Fündig würden wir hier sicherlich die nächsten 25 Jahre.....

  • [...] Es wäre sehr schön, wenn man unsere "Bedenken" hier bei den Görlitzern nicht als Einmischung ansieht, [...]

    Also nachdem was ich bisher gelesen und in der Stadt so gehört habe, ist die Meinung der Görlitzer ziemlich eindeutig (gerade mit Blick auf die Vorgaben des Görlitzer Denkmalschutzes der letzten 30 Jahre): das ist inakzeptabel und die Fassaden müssen wieder bestuckt werden, etwas anderes kann und wird nicht akzeptiert.

    Hierbei ist aber auch das Signal für die noch in den nächsten ca. 20 Jahren laufende Sanierung der Innen- und der Südstadt fatal: "Warum soll ich den Stuck erhalten, wenn es der Staat auch nicht muss?".

    Es gibt eine Architektur, die zur Landschaft gehört, sowie eine andere, die sie zerstört.

  • Entstuckung ist ein reines Verbrechen und ernsthafte und schwere Beschädigung eines Gebäudes.

    Städten in D. werden dadurch ganz bewusst und gezielt abgewertet.

    Als ernsthafte und schwere Beschädigung eines Gebäudes (und damit dem Straftatbestandteil der Sachbeschädigung) stimme ich dir zu. Es allerdings mit einem Verbrechen gleichzusetzen, entbehrt jeglicher gesetzlicher Grundlage. Moralisch mag dies individuelle Ansichtssache sein, es allerdings öffentlich als Verbrechen zu bezeichnen, würde uns so M.m. ein gewisses Maß an Glaubwürdigkeit entziehen.

  • Die Logik der genehmigenden Denkmalpfleger mag sich mir nicht erschließen. Ist ihnen die katastrophale Signalwirkung nicht bewusst? Ein staatlicher Akteur betreibt aktive Denkmalvernichtung, für alle öffentlich und sichtbar! Als Eigentümer, der sich nicht groß um Denkmalschutz schert, würde ich mein Gebäude jetzt einfach weiter verfallen lassen oder bei jeder Auflage bis aufs Messer auf Unzumutbarkeit plädieren.

    Also entweder die Damen und Herren im Amt können nicht eins und eins zusammen zählen oder sie wurden politisch unter Druck gesetzt. Ich weiß nich recht, was mich mehr empört.