Bei allen von Ihnen gezeigten Bauwerken hat es noch Reste in Situ gegeben. In unterschiedlich gutem Erhaltungszustand und unterschiedlicher Sach-Gesamtheit.
- Das Belvedere auf dem Klausberg war mehr oder weniger "nur ausgebrannt". Restaurierung komplett unproblematisch.
- Die Gotische Bibliothek wurde Stein für Stein abgebaut (was noch stand) oder vom Boden des Sees geborgen. Sie wurde an gleicher Stelle gerade (im Sinne von lotrecht) wieder aufgemauert und der schiefe Sockel blieb als Zeugnis der Geschichte erhalten.
Restaurierung komplett unproblematisch.
- Pomonatempel , siehe Foto, schon mehr Reko als Restaurierung, Aber eben mit Fotos und Aquarellen auch gut dokumentiert.
Restaurierung / Reko unproblematisch.
- Bei der Eremitage war und ist der wertvolle Naturstein-Intarsien-Fußboden unter dem Fahrstreifen der (Berliner) Mauer wieder zum Vorschein gekommen nach 1990. Er wurde zunächst notdürftig abgedeckt und später originalgetreu wieder überbaut. Selbst die Inneneinrichtung ist im Depot noch vorhanden.
Reko absolut gewünscht.
Beim Borkenhäuschen war deutlich weniger da. Aber es scheint auch hier alte Grundmauern gegeben zu haben; siehe Foto.
Warum hat man sich auch hier für eine Reko entschieden?
Weil hier, wie bei ALLEN von Ihnen gezeigten anderen Beispielen auch, die Gebäude als Parkstaffagen wiedererstanden. Sie sind Teil einer Parkgestaltung, die als Sachgesamtheit rekonstruiert wird.
Es wird im Neuen Garten zu Recht der letzte Zustand vor dem Mauerbau wieder hergestellt; oder eben jener vor dem Krieg (Klausberg).
Im Rehgarten gab es hingegen bedeutende gestalterische Veränderungen.
- Erst war Rokoko mit Kolonnade. Vermutlich Heckengarten wie weiter östlich.
- Dann vermutlich eine romantisch sentimentale Phase bei geringerer Pflege (kein Heckenschnitt) nach Abbruch der Kolonnade. Die Hecken verschwanden und Eyserbeck schuf "kleinkarierte" englische Gestaltung mit Eibenunterpflanzung usw.
- Lenné plante große weite Wiesen. Er ließ zwar - widerwillig - die Hauptallee stehen, weil F. W. IV es so festgelegt hatte. Sein Plan zur Beseitigung der Hauptachse fiel durch. Aber er lichtete den verwucherten kleinteiligen Bereich bei der verschwundenen Kolonnade auf, entwickelte relativ weite Wiesen im Wechsel mit Baumhainen und Wäldchen.
Später plante F.W.IV die Orangerie und erst Wilhelm II ließ die letzten Bereiche zwischen Orangerie und Hauptachse abschließend baulich umsetzen, im Sinne F.W.IV wieder als eher architektonische formale Gartengestaltung.
Im Rehgarten im Bereich der Rehgartenkolonnade gab es also mindestens 2 gestalterisch bedeutende weitere Zustände. Insgesamt vermute ich 4 willentliche Gestaltungsansätze, die über "einfach wachsen lassen" hinaus gingen.
Der letzte Zustand ist historisch gewachsen und wurde nicht durch Unbill (Mauerbau, Krieg) entstellt. Somit auf uns im ORIGINAL überkommen.
Hier stellt sich nun fachlich die Frage, warum man hier eingreifen sollte im Sinne einer Reko.
Welchen Mehrwert brächte die Reko der Rehgartenkolonnade für uns?
Sie würde KOMPLETT neu erstehen. Mit Glück auf den alten Grundmauern.
Zum Teil aus kopierten originalen Bauteilen, die an anderer Stelle gestalterisch überzeugend zweitverwendet wurden.
Doch wesentliche Bauteile müssen neu erfunden werden weil es nur unsichere Quellen gibt.
Kosten des Baus und des Unterhalts (Das Original ist keine 40 Jahre alt geworden) blenden wir großzügig bei dem Gedankenexperiment aus.
Was spricht gegen die Kolonnade?
Ihr Wiederaufbau bedeutete die Zerstörung intakter gewachsener Gartenstrukturen höchsten Denkmalwertes.
Aus welchem Grunde sollte man hier also Rekonstruieren?
Meine Beispiele:
1.
Vilnius und Berlin als 2 Beispiele - Wo ist die Grenze der Rekonstruierbarkeit?
2.
Farbe vom Cupido der Brieflesenden "Nur" abkratzen; Bild also restaurieren?
Oder Sixt. Madonna kopieren in einer intakten Sachgesamtheit (Piacenza).
Aus meiner Sicht 2 Varianten, die funktionieren.
Eine sixtinische Madonna aber auf ein anders werthaltiges Kunstwerk einfach als werksgetreue Kopie draufmalen im Sinne einer Zweitverwendung einer alten Leinwand?
Das würde wohl niemand machen.
Warum sollte das jemand in Sanssouci tun?
Was sagt der Historiker dazu?
Was ist gewünscht, was nicht?