Beiträge von Weingeist

    Vierzig Jahre mag es vielleicht her sein, daß man eternitverkleideten Heustadeln noch in Natura begegnen durfte. Good old times... Daß nun die Entzugserscheinungen tatsächlich schon solche Auswüchse zeitigen sollten, daß man sie nun als Rathaus wieder aufbaut, ist nun wirklich etwas neues. Ein Unterschied liegt darin, daß früher die Ochsen meist draußen waren.

    Wegen dem Denkmalstatus der beiden Altmarkt-Bauten, wegen der Prominenz der Kreuzkirche, wegen der Realität der Bebauung der Südseite und auch wegen dem Parkhaus wird man in fernerer Zukunft hier vermutlich nicht mehr besonders viel erhoffen dürfen. Ein Quantensprung wäre hier eine Art begrünter Laubengang, in Verbindung mit ein paar Pflanzbeeten und falls wegen der Bebauung möglich, der Pflanzung einiger Bäume.

    Erste Sicherungs- und Gerüstarbeiten am Neutorturm nach dem Brand, Schuttbeseitigung und Trocknungsmaßnahmen, von denen man sicher in der Zukunft noch näheres erfahren wird. Vielleicht wohnt ja jemand in der Nähe und könnte evtl. in Zukunft weitere Infos geben.

    Neutorturm in Arnstadt bekommt nach Brand Gerüst - wochenlange Sicherungsarbeiten | MDR.DE
    Nach dem Brand am historischen Neutorturm in Arnstadt wird der Turm in den nächsten Wochen gesichert. Die Höhe des Schadens ist noch immer unklar.
    www.mdr.de

    Hab´s auch heute Mittag gelesen, und bei dem Alter mit einer gewissen Ratlosigkeit. Am 30. Oktober wird man auf 19 Jahre der Weihe der Frauenkirche zurückblicken, auf den Zeitraum von 19 Jahren, der auch schon wieder ein Teil einer Epoche geworden ist. Man wird dieses und auch insbesondere nächstes Jahr zum 20. Jahrestag auf diese Zeit zurückblicken, die Samuel Kummer in der Frauenkirche mitgeprägt und mitgestaltet hat. Viele Menschen, die ihn in der Frauenkirche gehört haben oder ihm begegnen durften, werden sich lange an ihn erinnern.

    Bedingte Zustimmung. Die Hintergründe sind etwas komplexer.

    Ruine des Schlosses und Kirche wurden erhalten

    Unter welchen Umständen, unter welchen Bedingungen, unter welchem Preis? Gesichertes Steinmaterial der Frauenkirche ging als Materialspende nach Rostock.

    Freiflächen im Zentrum wurden nicht hastig neu bebaut

    Es wurde vom Postplatz bis zum Ring eine Aufmarschmagistrale errichtet, mit der möglichst viel der ehemaligen Neumarkt-Fläche optisch abgeschottet werden sollte. Das Wort Freifläche ist zumindest auf den Altmarkt bezogen wirklich ein dehnbarer Begriff.

    Neobarocke Blöcke der 50er am Altmarkt sind wesentlich besser als Standard-Wiederaufbau

    Die beiden Altmarkt-Bauten wurden strenggenommen erst gebaut, dann geplant; und es war klar, daß es keinen weiteren Wiederaufbau in ihrer Folge bzw. in ihrer Qualität mehr geben würde und die Folgebauten rund um Kreuzstraße, Weiße Gasse usw. wesentlich schlichter ausfallen würden. Der Altmarkt war bis zur Bebauung seiner Südseite kein geschlossener Platz.

    Postmoderne Blöcke der 80er Dresdner Hof (Hilton) und östlich davon sind ebenfalls besser als Standard-Wiederaufbau

    Diese Bauten sind unter großem Zeitdruck und durch Preisgabe / Verlust jeglicher archäologischen Erfassung entstanden. Ihr heutiges Erscheinungsbild, hier vor allem in der Töpferstraße ist heute das Ergebnis einer Überarbeitung und teilweisen optischen Neufassung, mit der die Nordseite der Töpferstraße heute einen passablen Eindruck macht, den es bauzeitlich so nicht gab. Die geringe Breite der Münzgasse ist als Neu- bzw. Wiederanlage einer ehemaligen Straße in dieser Form ein Solitär.

    Die wirklich unquantifizierbare Anzahl von Besuchern, die ich vor 2 Jahren während der 9-Euro-Ticket-Zeit mehrere Male auf dem Krönungsweg und auf dem Hühnermarkt beobachtet habe, ihre Reaktion straft solche vor-sich-hin-bramabarsierenden, unterqualifiziert-überbewerteten Medien-Influencer nun wirklich Lügen - zu realitätsbefreit wäre der Gedanke, wie hoch dort für Besucher aus vielen Nationen das Risiko wäre, ausgerechnet dort, im historischen Zentrum Frankfurts, von angedichtetem rechtslastigem Gedankengut influenciert zu werden. Natürlich bleibt die Fragestellung nicht aus, was denn genau die so zahlreichen Besucher bewegt, sich freiwillig in ein solch gefährliches Terrain mit Rechtslastigkeitshintergrund zu wagen, was sie umtreibt, ein rekonstruiertes, rechtslastiges Gebäude von Abraham van Hamel aus 1619 zu bestaunen (Abraham, typisch deutscher Name...).

    Ein großer Vorteil solcher Reportagen ist es, auch mal einen Blick über den Tellerrand gewinnen zu können und Anhaltspunkte dafür zu erhalten, was gewachsene Kultur und Baukultur in anderen Regionen und der Umgang damit sein kann. Angenehmer Nebeneffekt dieser Reportage beispielsweise ist, daß man quasi von der Seite auf Tuchfühlung mit Gebäuden, Dörfern und Regionen kommt, denen man normalerweise ansonsten nicht besonders häufig begegnet. Wann erheben wir "Mit Mut, Mörtel und ohne Millionen" zur Forumsdoktrin?

    Bei dem Versuch, die Beweggründe nachvollziehen zu können, die in jener Zeit zu zahlreichen optischen Veränderungen unterschiedlichster Natur geführt haben, begegnet immer wieder die Auffassung, es "müsse" nun "etwas anderes" her. "Müssen" muß gar nichts, solange nicht dem Herdentrieb der Zeit hinternachgedackelt wird; "etwas anders" unterliegt wie alles andere auch, den Moden der jeweiligen Zeit. Was die Dauerhaftigkeit der verwendeten Materialien betrifft, besteht die große Gefahr, daß diese sich physisch meist nicht als von langer Dauer erweist; das psychische Problem, daß auch sie dem Gesetz der Mode und der Zeit unterliegen, ist meist längerfristiger zu bewerten und in seiner Außenwirkung subtiler. Natürlich wird man im Lauf der Zeit unzählbaren Beispielen begegnen, in denen Sockel verfliest, Fassaden verkunststofft, Giebel eternitverkleidet wurden. Die physischen Langzeitfolgen für das Haus selbst sind schon hochproblematisch; um wieviel mehr wiegt das Problem, solche "modernisierten" Häuser; außen, innen häufig gefüllt mit Altweiber-Nippes, nicht kurzfristig vermarktet, noch weniger kurzfristig nutzbar zu gestellt bekommen? Bei dem Blick auf so manche "Ladenhüter" einschlägiger Immobilienportale offenbart sich im Lauf der Zeit jedenfalls so manches...

    Am dringendsten wäre eine Verbesserung in Bezug auf das Zusammenspiel von Pflasterung und fehlender Vegetation. Es handelt sich hier um einen städtischen Bereich, der in unpassendster Weise im wahrsten Sinn des Wortes zugepflastert ist und bei dem sich durch fehlenden Bewuchs durch die vollkommene Versiegelung zwangsläufig ein Backofeneffekt ergibt. Dieser Zustand an diesem Ort und in südlicher Verlängerung ist wahrlich unhaltbar und müßte schleunigst angegangen werden. Alleine dadurch würde sich das Areal insgesamt schon verbessern. Vielleicht ist es aktuell nicht ganz passend, über optische operative Schönheitseingriffe zu sprechen, solange das dringendste Problem dort nicht verbessert wurde. Es ist auch nicht gesagt, wenn eine Straße "An der Mauer" heißt, es deswegen auch so aussehen muß.

    Lapidarium Zionskirche

    Auch das wieder berechtigterweise ein potentielles eigenes Thema, was vom alten Dresden übrig blieb; im Strang Altmarkt natürlich etwas anachronistisch verortet.

    Eine Verbesserung der Problematik, vor allem auch an diesem Ort, könnte z.B. auch durch Infotafeln geschaffen werden. Hintergründe zum Areal, zu seiner Geschichte, zu bedeutenden Bauten und evtl. zu Spolien sind vorhanden und könnten auf solchen Tafeln aufgeführt werden. Sie könnten ein berechtigter Brückenschlag sein. Bei uns in Mainz wurde das schon vor langen Jahren zunächst eher zögerlich eingeführt und mit der Zeit immer weiter ausgebaut. Solche Tafeln gibt es vereinzelt am Neumarkt, wieso nicht auch an weiteren Orten der ehemaligen Altstadt.

    Ein eigener Regionalverband von S.D. wird (nach einem ersten Treffen in Linz am Rhein) in Kürze gegründet werden. Weitere Informationen zeitnah.

    Betonklötzen den Kampf ansagen: Im Kreis Neuwied soll ein Verband von Stadtbild Deutschland entstehen
    Moderner Baustil zeichnet sich durch Funktionalität und Zweckmäßigkeit aus. Die Erfahrungen der Nachkriegszeit haben jedoch gezeigt, dass die ...
    www.rhein-zeitung.de

    die historische Stadtmauer verfälschende Fantasiebauten

    Wieder einmal zeigt sich hier ein essentielles Problem, das durch das Jahrzehnt seiner Entstehung nicht einfacher wird. Es wurde offenbar originale, denkmalwürdige Substanz mutwillig abgerissen und in den Kontext des Wortes "Wiederaufbau" unter dem Verständnis der Zeit eingebunden. Sowohl der Abriß, im Kontext des "Wiederaufbaus", als auch die Errichtung eines reinen Fantasiegebildes, dazu an der Stelle einer Parzelle mit historischer Tiefenwirkung, können nicht anders als haarsträubend und absurd angesehen werden. Solche Fantastereien sind ebenso leicht als solche erkennbar, wie das "Dachlattenfachwerk" der Zeit, das sicher auch einen eigenen Strang füllen könnte. Es mag vielleicht sein, daß man es damals nicht besser wußte, aber ein solches Fantasiekonstrukt als "altes" Nürnberg ansehen zu wollen, wäre ein sehr großer Fehler.

    Diejenigen, die damals solche Parolen wie "Schxxx Denkmalschutz" und "Weg die Hütte" gesprayt haben, werden es sicher als einen Weg in den Fortschritt ansehen, daß an seiner Stelle nun ein freier Schotterplatz entstanden ist und sich an solchen Entwicklungen, solchen Fortschritten unserer Zeit auch wirklich sehr darüber freuen. Solche Entwicklungen, solche Auffassungen sind insoweit nichts neues; sie kamen in beiden Deutschlands häufiger vor und was sie bewirken ist, daß damit auch der innere Zustand eines Gemeinwesens öffentlich wahrnehmbar bloßgestellt und demaskiert wird, nicht zu seinem Vorteil, was auch sein gutes hat. Und wenn es vorkommt, daß in einer Region das offenbar einzig erhaltene Gebäude der Übergangszeit von Mittelalter zur Neuzeit mutwillig vernichtet wird, ohne sich auch nur einen Dreck um sein besonderes Schutzbedürfnis zu scheren, ist es überlegenswert, als Außenstehender eine Kommune so abzuschreiben, wie eine solche Kommune es mit diesem Haus getan hat. Offenbar haben es manche auch nicht besser verdient.