• Bei Sanierungsarbeiten an den Giebelhäusern am Fischmarkt wurden gravierende Schäden am Fachwerk aus den 30er Jahren festgestellt. Möglicherweise müssen die Gebäude rückgebaut und neu aufgebaut werden.

    Gerüst um Kölner Stadtmotiv: Sorge um bunte Häuser am Fischmarkt – „entsetzlicher Verlust“
    Zwei der fünf bunten Häuschen in der Kölner Altstadt sind aktuell hinter einem Gerüst versteckt. Doch was ist der Grund für die Baumaßnahme?
    www.express.de
  • Centralbahnhof Die denkmalgeschützten Fachwerkhäuser sollen mindestens aus dem 16. Jahrhundert sein. Aus den 30er Jahren stammt die Ziegelinnenschale, keine ganz unübliche Form der nachträglichen Dämmung von Fachwerkhäusern.

  • Im Martinsviertel wurde in den 30er Jahren großflächig abgerissen und neu aufgebaut, zu großen Teilen auf anderen Parzellen und mit veränderten Fassaden.

    Die Häuser am Fischmarkt sehen tatsächlich noch weitestgehend aus wie vorher, allerdings hat sich in der Fassadenaufteilung einiges geändert.

    So sahen die Häuser vor der Sanierung aus:

    rba_017245.jpeg

    Bildquelle: Rheinisches Bildarchiv, rba_017245, https://www.kulturelles-erbe-koeln.de/documents/obj/05205655

    Und so danach:

    rba_061878.jpeg

    Bildquelle: Rheinisches Bildarchiv, rba_061878, https://www.kulturelles-erbe-koeln.de/documents/obj/05205655

    Ich habe mal die Fassadenaufteilung der alten Gebäude auf die neuen gelegt:

    Fischmarkt-nach-der-Sanierung-ubereinandergelegt.jpeg

    Da haben sich selbst die Stockwerkhöhen geändert. Ich weiß nicht, inwiefern man die vorherige Substanz vielleicht wiederverwendet hat, aber um die Zwischendecken umzubauen, muss man doch die gesamte Fachwerkkonstruktion auseinandernehmen, oder nicht? Von daher habe ich doch Zweifel, dass man noch behaupten kann, die Häuser seien im 16. Jahrhundert erbaut worden.

  • Behördlicherseits ist man auch unsicher. Seltsam, dass man das nicht mal untersucht hat in den letzten 75 Jahren...

    Drohnenflug im Dienst der Denkmalpflege: Denkmalfachamt untersucht historische Häuser am Kölner Fischmarkt

    Die denkmalgeschützten Häuser am Kölner Fischmarkt 1–3 könnten ein seltenes Beispiel für Gebäude im Kölner Martinsviertel sein, die sowohl die Umgestaltung des Viertels durch die Nationalsozialisten als auch den Bombenhagel im Zweiten Weltkrieg in Teilen unbeschadet überstanden haben. Wieviel Originalsubstanz aus der Bauzeit sich bei den beiden innen verbundenen Fachwerkbauten erhalten hat und welche Teile des Fachwerkgefüges bereits im 20. Jahrhundert ersetzt wurden, untersucht nun anlässlich einer Sanierung das LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland (LVR-ADR).

    Bei einem Ortstermin am 2. Juni 2023 sammelte Dipl.-Ing. Hans Meyer mittels Kamera-Drohne Bildmaterial für ein 3-D-Modell der Gebäude. "Das Structure from Motion-Verfahren per Drohne kommt im LVR-ADR immer häufiger zum Einsatz. Dadurch erzielen wir sowohl ein Gesamtmodell als auch detailscharfe Ergebnisse der kleinsten Strukturen", erläutert der Vermessungsingenieur der Abteilung Dokumentation die Vorzüge dieser innovativen Messbildtechnik, bei der am PC aus Fotopixels Punktwolken errechnet und zu einem Oberflächenmodell zusammengesetzt werden.

    Parallel nahm am Freitag ein Team aus Bauforschung, Holzrestaurierung und Bau- und Kunstgeschichte die Konstruktion im Inneren in Augenschein. Für einige der im ungestörten Verbund verbauten Eichenbalken in den Außenwänden vermuten die LVR-Expert*innen, dass sie noch aus dem 16. Jahrhundert stammen oder gar mittelalterlich sind. Letzte Gewissheit über das Alter der Häuser versuchen die Wissenschaftler*innen in der kommenden Woche durch eine dendrochronologische Untersuchung zu erhalten. Ob aussagekräftige Holzproben gewonnen werden können, die zu einer Jahrringdatierung führen, ist aktuell noch offen.

    Das als "Weinhaus Stapelhäuschen" bekannte drei- bzw. viergeschossige Bauwerk mit den markanten allseitigen Spitzgiebeln wird zur Zeit saniert. Im Zuge der Arbeiten wurde der Putz an den Fassaden abgenommen, eine seltene Gelegenheit, die Fachwerkbalken auf ihr Alter hin zu untersuchen und auf Feuchte, Holzschädlinge und Pilzbefall zu überprüfen.

    Fischmarkt N°1-3 um 1945:

    hilger11.jpg

    Bildquelle: https://anicursor.com/colpicward.html

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Von daher habe ich doch Zweifel, dass man noch behaupten kann, die Häuser seien im 16. Jahrhundert erbaut worden.

    Ich denke gerade auch Deine Vergleichsbilder legen nahe, dass man den linken und den rechten Bau unterscheiden muss. Der linke Bau, der auf dem ersten Bild (um 1930 laut Bildarchiv) noch abgebildet ist, wurde wohl relativ sicher bis zum Erdgeschoss abgetragen und verändert neu errichtet. Dabei wurde der Bau an seinen rechten Nachbarn angenähert. Der rechte Bau erscheint dagegen ziemlich genau eine gleichbleibende Fassade zu behalten, mit Ausnahme der Vergrößerung von einzelnen Fenstern. Ein Übereinanderlegen von Fassaden dürfte daran scheitern, dass die Bilder stark verzerrt sind. Schau doch mal das Gebäude an, das neben den beiden betrachteten Gebäuden steht. Es ist mit einiger Gewissheit auf beiden Fotos noch genau dasselbe. Gleichzeitig sehen die Fenster jeweils doch teils gestaucht oder verzerrt aus, jedenfalls nicht mehr direkt vergleichbar. Nimmt man hier eine relative Methode, nämlich die Fenster des ,,rechten Gebäudes" mit eben jenem Nachbarn in Relation zu setzen, so sind die Fensteröffnungen sehr viel konsistenter über die Zeit der beiden Fotos meines Erachtens nach.

    Ich denke daher, dass der rechte Bau noch Original ist, und der linke Bau wohl höchstens noch in Resten erhalten ist.

  • Auf dem Bild vom Marburger Bildindex sieht man auch, wie der rechte Bau peu à peu größere Fenster erhalten hat. Hier hat er noch überall die gleichen kleineren Fenster. Man beachte auch die seltsame Dachrinne.

    Die beiden Fassaden tragen auch die Jahreszahl 1935 mindestens seit 1943 wohl aber eher dann ab 1935. Das könnte entweder untermauern, dass beide Gebäude aus diesem Jahr sind, oder aber zu dem Irrtum geführt haben, dass der rechte Bau auch 1935 nach Vorbild seines Vorgängers neu aufgebaut wurde.

    Nachtrag: Nein, der rechte Bau scheint bereits 1836 solche Fenster wie um 1930 gehabt zu haben, nur das im 4. Stock erscheint eventuell schmaler:

    Bildindex Marburg

  • Ich bin überrascht, dass der "Martinswinkel" rechts der beiden Häuser offenbar eine Total-reko ist?

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Ich bin überrascht, dass der "Martinswinkel" rechts der beiden Häuser offenbar eine Total-reko ist?

    Umso mehr überrascht darf man sein, weil an einem der Bauten rechts der beiden betrachteten Gebäude 1685 an der Fassade prangt.

  • Ich habe mal die Fassadenaufteilung der alten Gebäude auf die neuen gelegt:

    Da sind doch komplett unterschiedliche Aufnahmepositionen, die zu scheinbar unterschiedlichen Geschosshöhen führen müssen. Ich würde mit solchen Verfahren sehr vorsichtig sein.

    Kunsthistoriker | Webdesigner | Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing - Meine Kulturthemen

  • Ich denke gerade auch Deine Vergleichsbilder legen nahe, dass man den linken und den rechten Bau unterscheiden muss. Der linke Bau, der auf dem ersten Bild (um 1930 laut Bildarchiv) noch abgebildet ist, wurde wohl relativ sicher bis zum Erdgeschoss abgetragen und verändert neu errichtet. Dabei wurde der Bau an seinen rechten Nachbarn angenähert. Der rechte Bau erscheint dagegen ziemlich genau eine gleichbleibende Fassade zu behalten, mit Ausnahme der Vergrößerung von einzelnen Fenstern. Ein Übereinanderlegen von Fassaden dürfte daran scheitern, dass die Bilder stark verzerrt sind. Schau doch mal das Gebäude an, das neben den beiden betrachteten Gebäuden steht. Es ist mit einiger Gewissheit auf beiden Fotos noch genau dasselbe. Gleichzeitig sehen die Fenster jeweils doch teils gestaucht oder verzerrt aus, jedenfalls nicht mehr direkt vergleichbar. Nimmt man hier eine relative Methode, nämlich die Fenster des ,,rechten Gebäudes" mit eben jenem Nachbarn in Relation zu setzen, so sind die Fensteröffnungen sehr viel konsistenter über die Zeit der beiden Fotos meines Erachtens nach.

    Ich denke daher, dass der rechte Bau noch Original ist, und der linke Bau wohl höchstens noch in Resten erhalten ist.

    Beide Fotos wurden relativ frontal aufgenommen, daher dürften sich Effekte durch eine starke Verzerrung stark in Grenzen halten. Und selbst stark verzerrte Fotos lassen sich mit Bildbearbeitung vergleichen, solange sie nicht zu plastische Fassaden haben, was hier nicht der Fall ist. Ich empfehle dazu die Doktorarbeit "Techniken und Grenzen interakativer Architekturvisualisierung bei der digitalen Rekonstruktion verlorener Stadträume" von Pierre Manuel Pelz. Vielleicht kann aber auch Riegel etwas dazu sagen, der kennt sich mit dieser Technik ja auch aus.

    Ich kann aber gerne noch ein weitere Variante zeigen:

    Fischmarkt-nach-der-Sanierung-2.jpeg

    Geht man davon aus, dass die Fenster der unteren Stockwerke gleich geblieben sind, wurde zumindest der Giebel des rechten Gebäudes neu aufgebaut. Das linke wurde wohl so neu aufgebaut, dass es die selben Stockwerkshöhen wie das rechte Haus hat, sodass man beide Gebäude im Inneren verbinden kann.

    Ich bin überrascht, dass der "Martinswinkel" rechts der beiden Häuser offenbar eine Total-reko ist?

    Im Martinsviertel gibt es einige "Vollrekos". Das liegt daran, dass man nach dem Krieg einfach die Baupläne aus den dreißigern genommen und erneut aufgebaut hat. Aus diesem Blickwinkel war die "Altstadtsanierung" ein Segen, auch wenn ich sie eigentlich relativ kritisch sehe. Ich habe daher die Vermutung, dass die Gebäude entweder in den dreißigern nache xaktem Vorbild komplett neu aufgebaut wurden, oder dass man sie im Inneren so stark verändert hat, dass man damals trotzdem Aufrisse der Fassaden gemacht hat.

  • Fischmarkt-nach-der-Sanierung-ubereinandergelegt.jpeg

    Fischmarkt-nach-der-Sanierung-2.jpeg

    Dass da was nicht stimmen kann zeigt diese Ansicht:

    Wenn Dein Übereinanderlegen funktioniert hätte, dann müssten deine türkisfarbenen Linien bei der Lage der Fenster genau dort sein relativ zum Nachbarn dieser beiden Gebäude, wie von mir hier optisch transferiert. Das ist bei Deinem ersten Versuch schon mal überwiegend nicht so.

    Beim zweiten Versuch sitzen die Fenster besser, aber man sieht wie nach oben hin die Varianz immer größer wird zwischen türkisfarbenen Linien und Foto. Das deutet darauf hin, dass es sich um eine optische Verzerrrung handelt. Und tatsächlich sieht es so aus, als hättest Du im 3. Stock den oberen Fensterrahmenabschluss so gelegt, als hätte das Ziegelnachbargebäude keinen Versatz nach vorne. Da es aber nach vorne versetzt steht und nicht auf einer Höhe, müsste der Fensterabschluss (türkis) auf dem Foto optisch etwas tiefer sitzen. Das nur mal als konkreter Ansatz herausgegriffen, um zu erklären, wie diese Verzerrung nach oben hin entstanden sein könnte.

  • Die Geschichte der Häuser ist kein Geheimnis und sehr umfassend hier dokumentiert (die gesamte Altstadtsanierung übrigens):


    Wem das nicht genügt "Deutsche Kunst und Denkmalpflege" Jahrgang 1936....Also laut den Artikel sind beide Häuser zwar stark umgebaut/erneuert, aber original.

  • Die sind im Kern also sogar noch mittelalterlich und hatten den Krieg weitgehend überstanden. Dass sie jetzt großteils abgerissen werden müssen, weil plötzlich baufällig und insekten und pilzbefallen, gerade wo die Immobilienfirma vorhatte ein "modernes Business-Hotel aus ihnen zu machen...ist ja interessant.

  • Es gibt schlechte Nachrichten zu den historischen Häusern am Fischmarkt (ab Post 663 in diesem Strang). Es scheint mir niemanden ernsthaft zu interessieren, wie die "Neubauten" aussehen werden, da es nur grobe Vorgaben gibt:
    Quelle (Zugriff 06.05.2024): https://www.ksta.de/koeln/koelner-…u-retten-788869

    Bin noch im Schockzustand...

    Die Häuser stammen aus dem 16. bis 18. Jahrhundert, den bunten Anstrich erhielten sie jedoch erst in den 1980er Jahren. Für den Wiederaufbau gibt Kölns Stadtkonservator dem Eigentümer der Häuser, der Hamburger Centralis-Gruppe, nur knappe Vorgaben. Es werde keine Fachwerkstruktur mehr erwartet.

    Ein Fotomotiv verschwindet – warum zwei Kölner Giebelhäuschen nicht gerettet werden können
    Köln verliert ein beliebtes Fotomotiv: Zwei der bunten Giebelhäuser werden zwar wieder aufgebaut, aber nicht in ihrer ursprünglichen Form.
    www.t-online.de

    Das hört sich nach einem Fest für Architekten an!

  • Zitat der zuständige Stelle der Stadt Köln: Da werden wir nicht eingreifen und auch nichts rekonstruieren.

    In einem Satz perfekt erklärt warum Köln so aussieht wie es nunmal ausieht. Und der Restaurant Besitzer drunter freut sich drüber, weil das Gebäude dann schneller wieder gebaut wird....

    cht


    In eine eingreifen und auch nichts rekonstruieren

    Hat die Schönheit eine Chance-Dieter Wieland

  • Vor zwei Jahren habe ich noch von Foto von der schönen Häuserzeile gemacht. Unfassbar, dass man Köln auch gar keine Ansprüche hat. Das war doch ein sehr beliebtes Fotomotive und das gibt man einfach so auf?