Potsdams historische Mitte - Allgemeines und Stadtpolitik

  • Off topic - erkläre mir das bitte nochmal mit der Gesamtstimmen-Zählweise. Habe ich das richtig verstanden: wenn ich in meinem Wahlkreis zB den drei letzten Listenkandidaten der CDU je eine Stimme gebe, zählt das für die Gesamtsitzverteilung - quasi auch für Listenplätze anderer Wahlkreise?

    Wir haben in Brandenburg bei den Kommunalwahlen ein personalisiertes Verhältniswahlrecht.

    In jedem der 6 Wahlkreise kandidiert eine Liste einer Partei oder Wählergruppe mit bis zu 18 Kandidaten. Insgesamt kann als jede Partei/Wählergruppe also insgesamt bis zu 108 Kandidaten aufstellen. Wählen kann jeder über 16 mit seinen drei (3) Kommunalwahlstimmen, und zwar nur Personer der Listen, keine Partei/Wählergruppe. Hierbei kann er kumulieren (drei Stimmen einer Person geben) oder panschieren (seine drei Stimmen unterschiedlichen Kandidaten geben, auch von unterschiedlichen Parteien/Wählergruppen.

    Dann werden nach reiner Verhältniswahl (hier: System Hare-Niemeyer) die Zahl der Mandate (von 56 Stadtverordneten) jeweils in den 6 Wahlkreisen ermittelt. Eine Prozenthürde gibt es nicht. Der OB hat stets eine zusätzliche Stimme (damit die Zahl ungerade ist), dieser ist aber direkt gewählt und steht deshalb formal nicht zur Neuwahl an.

    Das sah dann 2019 so aus:

    Diese Mandate, zum Beispiel 2019 sieben Sitze für die CDU, wenn sie 12,4 Prozent der Wählerstimmen erhalten hat, werden nun in den Wahlkreisen personalisiert, und zwar nach der Reihenfolge der erhaltenen Stimmen für die einzelnen Kandidaten. Den ersten CDU-Platz erhält also der CDU-Kandidat mit dem meisten Stimmen und den zehnten Platz der CDU-Kandidat mit den zehntmeisten Stimmen. Dadurch, dass dieses Personalisierungsverfahren auf Wahlkreisebene und nicht auf der gesamtstädtischen Ebene geschiet kommt es zu skurilen Fällen: 2019 hat Regina Ryssel (CDU) im Wahlkreis 1 (Innenstadt) 1.449 Stimmen geholt und wurde nicht gewählt, Anna Lüdke (CDU) im Wahlkreis 2 hatte nur 1.108 Stimmen geholt und wurde auf Platz 2 gewählt.

    Damit kann sich also personell die von den Parteien aufgestellte Reihenfolge der Kandidaten auf den Listen z. T. erheblich ändern. Die Gesamtzahl der Mandate bleibt jedoch immer durch die Gesamtzahl der Mandate bestimmt, die durch das Verhältniswahlsystem ermittelt wurden. Eine Mindestanzahl von Stimmen pro Mandat gibt es also nicht: durch eine gleichmäßigere oder ungleichmäßigere Verteilung der Stimmen auf die Kandidaten kann es sogar sein, dass einen Partei ein Kandidat mit 1250 Stimmen (nicht Wähler!) zum Zug kommt während in einer anderen Partei ein Kandidat mit 1300 Stimmen nicht in die SVV gewählt wird.

    Insofern bestimmt jede Stimme für einen Kandidaten/in einer Partei in jedem WAhlkreis das Stimmverhältnis der Parteien, die Einzelstimmen lediglich die Personalisierung der Fraktionen.

    Der Stimmzettel sieht dann z. B. im Wahlkreis 2 so aus:

  • Wesentliche Unterschiede bei den kandidierenden Parteien gibt es eigentlich nur drei:


    - erstens hat sich die Linkspartei gespalten bzw. ein wesentlicher Teil der Linkspartei, vor allem ehem. SED-Genossen, kandidieren jetzt mit der Liste 10 als "Bündnis für Vernunft und Gerechtigkeit". Darunter ist der ehem. Parteisekretär der Richterakademie und Ex-OB-Kandidat der Linken, Hans-Jürgen Scharfenberg, der 2019 mit 7.721 Stimmen mit Abstand die meisten Stimmen bekommen hat (Platz 2 war Saskia Hüneke, Grüne, mit 4.102 Stimmen.

    - zweitens hat sich das Bürgerbündnis der CDU angeschlossen und

    - drittens treten zwei ehem. CDU-Politiker mit einer eigenen Liste an (Götz Friedrich und Wieland Niekisch).

  • Wenns so weitergeht, wird Potsdam dresden noch Konkurrenz machen.....

    Die beiden Städte haben sich eigentlich immer eher gegenseitig ergänzt statt sich Konkurrenz zu machen. Jede leuchtet die Spielarten des Barock auf ihre Weise aus. Was Rekonstruktionen angeht kann sich von dem Potsdamer Leitbauten/Leitfassadenkonzept jede beliebige Stadt eine Scheibe abschneiden. Die Ergebnisse sind alle hervorragend.

  • Ich denke ,wenn die beiden anderen Quartiere am Alten Markt baulich im großen und ganzen abgeschlossen sind (ca.2028/30?) ,ist erst einmal Schluss, was die Entwicklung der Potsdamer Mitte betrifft.

  • Naja, die Vollendung der Garnisonskirche und der Abriss des Rechenzentrums steht uns hoffentlich noch bevor. Und wie man in Dresden sieht, zieht Schönheit, Schönheit an. Man kann nur hoffen, dass Potsdam sich damit noch nicht zufrieden gibt. Schöner geht nämlich immer.

  • Nicht zu vergessen, die komplette Wiederherstellung des Stadtkanal und der Wiederaufbau des Neptunbassin im Lustgarten. Auch wenn das Neptunbassin ein wenig abseits liegt von der Mitte, versteckt hinter dem Hotel Mercure.

  • wird Potsdam Dresden noch Konkurrenz machen.....

    als Rekostadt, wobei in Dresden schon eine andere Rekodichte herrscht. Das Konzept einer weitgehenden "freien, zeitgemäßen Bebauung" und nur einzelnen Rekos als Leitbauten wurde in NQ III am konsequentesten umgesetzt.

    Absolut gesehen, dh als Barockstadt, kann DD nicht mit, da die Rekovierteln in Potsdam nur Ergänzung zu einer erhaltenen Altstadt sind.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Potsdam könnte so leicht wieder zu einer der absolut schönsten Städte Deutschlands werden.
    1) Baublöcke um den Alten Markt vollenden mit guten Rekos und attraktiven(!) Neubauten.
    2) Garnisonkirchenturm vollenden und auch die Umgebung attraktiv gestalten (inklusive Abriss des Rechenzentrums).
    3) Das Mercure, DIE Bausünde par excellence dieser Stadt, abreißen und Teile des barocken Lustgartens wieder rekonstruieren.

    Mit den noch bestehenden weitgehend erhaltenen Stadvierteln, dem Park Sanssouci und der herrlichen Natur, die die Stadt umgibt, hätte man wieder eine einmalig schöne Stadt, sogar im europäischen Vergleich.

  • Als Tourist muss ich hier Einspruch erheben, auch wenn es wahrscheinlich polarisiert. Ich war im Mercure, wie wohl ein Großteil der Besucher. Es ist bezahlbar, hat sehr viele Zimmer, bietet auch für Raucher Gelegenheiten (was heutzutage nicht mehr selbstverständlich ist) und in einer Minute ist man im Zentrum und es liegt auch relativ nah am Bahnhof. Ja, es ist nicht schön und vor allem im Hof des Stadtschlosses störend (auf dem Alten Markt fiel es mir gar nicht auf). Aber man muss sich dann halt auch überlegen, was die touristische Alternative zu diesem Hotel wäre. Mehrere zentral verstreute Hotels? Oder gar kein größeres im Stadtzentrum?

  • Treverer damit beschreibst du eigentlich alles was aktuell noch gültige Beschlusssache ist.

    Nur an der Umsetzung hapert es. Und je länger so etwas nicht umgesetzt wird, desto mehr Kräfte versuchen diese Beschlüsse aufzuweichen oder rückgängig zu machen.

    Siehe Potsdam.

    Wenn es jemand kann, dann ist es keine Kunst. Und wenn es jemand nicht kann, dann ist es erst recht keine Kunst!

  • Naja, EC, das sind jetzt mal keine relevanten Kriterien für eine Stadtbilddiskussion. Außerdem auch darüber hinaus eine Katze, die sich in den Schwanz beißt. Abgesehen davon, dass ich den Eindruck hatte, genügend Fremdenzimmer zu finden.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • East_Clintwood Potsdam hat mittlerweile so viele Hotels, Pensionen und Airbnb Unterkünfte. Erst vor ein paar Jahren ist direkt auf der anderen Seite der Breiten Brücke, am Eingang zur Speicherstadt ein NUI Hotel eröffnet worden.

    Da ist für jeden Touristen was dabei. Auch für den kleinen Geldbeutel und Hotelfachkräfte sind in Potsdam immer gesucht.

    Wenn es jemand kann, dann ist es keine Kunst. Und wenn es jemand nicht kann, dann ist es erst recht keine Kunst!

  • Es mag zugegeben ein subjektiver Einwurf sein (deswegen schrieb ich auch, dass es wohl polarisieren wird), aber wenn man ein Stadtbild auch von touristischer Seite beleuchten möchte, ist der Abriss eines Hotels mit dieser Kapazität und Frequentierung dennoch relevant. Neben einer Stadtbilddiskussion halte ich die Infrastruktur für Besucher, die dieses Stadtbild besichtigen wollen, auch nicht für soo unwichtig. Aber gut, ich lasse die Einwände gelten, weil ich da eh korrumpiert bin :)


    preuss.UA Gut, ich gebe mich geschlagen.

  • Bei den Diskussionen möchte ich doch daran erinnern, dass die aktuelle Beschlußlage immer noch als Sanierungsziel den Abriß des Mercure enthält. Völlig übersehen bei jedweder Diskussion für oder wider der gültigen Beschlüsse darf etwas nicht übersehen werden - neben der Eigentumsfrage steht zusätzlich noch die Finanzierungsfrage.

    ALSO - falls jemand das Mercure (im Paket mit den anderen Häusern der Accor-Gruppe zum Zwecke des Abrisses und Herstellung einer historischen bzw historisierenden Freifläche erwerben kann, der möge sich gern darum bemühen. Ansonsten sind die Diskussionen mit Verlaub gesagt nervend.

  • Vor zehn Jahren hätte ich Dir noch ziemlich uneingeschränkt zugestimmt, East_Clintwood . Damals war die Übernachtungskapazität tatsächlich ein Riesenproblem. Seitdem haben aber im Stadtzentrum das Ibis und am Bahnhof das Niu neueröffnet und viel Druck genommen. Was jetzt noch fehlt, ist das oberste Segment - und das ist nicht trivial. Ein guter Freund arbeitet in der Veranstaltungsbranche und hat das Problem, das bei Musikern oft im Vertrag eine bestimmte Hotelkategorie festgeschrieben ist: vier oder fünf Sterne. Häuser dieser Kategorie gibt es in Berlin, z.B. am Potsdamer Platz, aber nicht in Potsdam. Ein in Potsdam auftretender Musiker kann daher nicht abends nach dem Konzert ins Bett fallen, sondern muss erst nach Berlin Mitte gefahren werden.

    Genau diese Kategorie wird aber vom Mercure nicht abgebildet, und das wird sich auch nicht ändern, weil dort aufgrund des Bebauungsplans keine größeren baulichen Änderungen vorgenommen werden dürfen. Die Zimmer und vor allem die Badezimmer bleiben also so klein, was den Aufstieg in eine höhere Kategorie verhindert. Und genau deswegen ist das Mercure inzwischen tatsächlich verzichtbar...

  • Dorint an der Alexandrowka, MAXX am Grünen Gitter, Hotel am Jägertor, Kongresshotel am Templiner See, Inselhotel Hermannswerder, Hotel am Brandenburger Tor sind alles 4-Sterne-Häuser.