Posts by UrPotsdamer

    UrPotsdamer kannst du als Potsdamer unter der Einwohnerschaft in Anbetracht der Sichtbarwerdung des Turmes eine bestimmte Stimmung bezüglich des Projekts Garnisonkirche wahrnehmen? Lässt sich das beobachten? Womöglich sogar eine Veränderung der Wahrnehmung der Garnisonkirche als Ganzes?

    Ich will da keine Aussage treffen. Ein paar junge Leute aus meinem Bekanntenkreis, die im Rechenzentrum ihre Probenräume haben, stehen "der blöden Kirche" negativ gegenüber, ohne dass sie mir bisher ihre Gründe erläutert haben. Einige ältere (jenseits des Renteneintrittsalters) Bekannte hingegen äußerst positiv. Aber insgesamt ist die Basis zu schmal, um allgemeine Aussagen daraus abzuleiten. Schon gar nicht möchte ich mich über Veränderungen in der Stimmung auslassen.

    Ic h habe aber auch nicht den Eindruck, dass regelrechte Feindseligkeit weit verbreitet wäre. Deswegen sehe ich dem weiteren Baufortschritt gelassen entgegen ...

    Obwohl ich den Garnisonkirchturm quasi täglich sehe (ich wohne 300 m Luftlinie entfernt), war ich nach beginnender Ausrüstung erstaunt, wie schlank er eigentlich ist. Überraschend auch, von wo er überall zu sehen ist (nicht zuletzt von meinem Wohnzimmerfenster)! Man spaziert durch Potsdam, wendet den Kopf nach oben - und da ist er! Wenn der Turmhelm aufgesetzt ist, wird das noch häufiger der Fall sein. Ein Gewinn für das Stadtbild!!!

    Diesen traurigen Zustand bitte nicht beschönigen, jedenfalls nicht in diesem Forum, wo wir uns eigentlich für Schönheit und Verbesserung aussprechen und einsetzen sollten.

    Es wäre nett, wenn auch Kollege Treverer akzeptiert, dass Schönheit relativ ist und seinen persönlichen Geschmack nicht zur Richtschnur für alle anderen macht.

    Ja und nein. Rein rechtlich hat Deutschland, wenn es die Prämisse akzeptiert (nämlich dass das Eigentum an den Bronzen bei Nigeria, und dort beim Oba liegt), keine Handhabe. Diebesgut ist zurückzugeben, und zwar an den Eigentümer oder dessen Erben. Jede Art von Einschränkungen ist unzulässig. Der Oba kann mit seinem Eigentum machen was er will. Deutsche denkmalrechtliche Vorschriften greifen in Nigeria nicht.

    Es ist eine ganz andere Frage, was wünschenswert ist. Natürlich wünsche ich mir, dass diese Kunst von möglichst vielen Menschen bewundert werden kann. Aber genauso wenig wie der deutsche Staat deutsche Privatsammler zur Öffnung ihrer Sammlungen zwingen kann, kann er den Oba zwingen, die Bronzen öffentlich zugänglich zu machen.

    Es gibt einen Erben, insofern ist deine Frage rhetorisch und hier irrelevant.

    Und nein, es kommt nicht in erster Linie auf die Zugänglichkeit an, sondern auf die Wiederherstellung des Rechts. In einem Rechtsstaat gibt es Erbfolge, von der man nicht aus vermeintlich höheren Gründen abweichen kann.

    Fraglich ist doch schon die Prämisse, nämlich dass die Wegnahme der Bronzen aus Afrika koloniales Unrecht darstellte. Mit der Intervention beendete Großbritannien ein Unrechtsregime, das auf Sklavenhandel und aggressiver Außenpolitik gegründet war; da in einem absolutistischen Herrschaftssystem die Trennung zwischen Privat- und Staatsvermögen nur schwer zu ziehen ist, kann man die Konfiszierung der Bronzen auch als Kontribution ansehen - vae victis!

    Akzeptiert man aber diese Prämisse, dann ist die Rückgabe der Bronzen an den Oba nur folgerichtig. Keiner käme auf die Idee, verfolgungsbedingt enteignete Kunst nicht an die Erben, sondern den Staat Israel zurückzugeben. Hier liegt der eigentliche Skandal: dass die Propagandisten der Restitution dem Staat Nigeria vorschreiben wollten, was mit der restituierten Kunst zu geschehen habe. Es scheitert linke Kulturpolitik wieder einmal an ihren eigenen Widersprüchen...

    Ich halte auch nichts von einer Translozierung - neben den o.a. Gründen auch, weil damit eine Rekonstruktion am authentischen Ort unmöglich würde. Aus diesem Grund sehe ich auch die Verschiebung der Fassaden am Hoheweg (heute Friedrich-Ebert-Straße) skeptisch. Wer weiß denn, ob wir in 50 Jahren noch so breite Verkehrsachsen für Auto, Tram, Fahrrad und Fußgänger brauchen... Aber jetzt bleibt diese Straße so breit.

    Da würde ich als Gegenbeispiel das Leipziger Bildermuseum nennen:

    Der Quader, der zunächst als Solitär auf dem Platz stand, wird seit 2017 durch winkelförmige Bauten an allen vier Ecken eingerahmt, und steht jetzt quasi im Inneren eines Hofes mit vier Durchlässen, wobei er die genannten Bauten an Höhe überragt[...]

    ...von den umliegenden Straßen aus aber kaum in Erscheinung tritt, sofern man nicht gerade durch die Gassen daraufschaut.

    Beide Kirchen wurden im Stil der nordrussischen Holzbaukunst errichtet und waren Neuschöpfungen. Sie sind am 4. Juni 2022 verbrannt.

    Die beiden Kirchen waren schön, aber sie stellten doch ziemliche Fremdkörper dar in einer Region, die man beim besten Willen nicht als nordrussisch bezeichnen kann. Das Äquivalent dazu wären z.B. norwegische Stabkirchen im Riesengebirge - wenn damit der Anspruch verbunden wäre, dass Niederschlesien urnorwegische Erde ist.

    Allerdings finde ich bezeichnend, dass die Russen, die angeblich gekommen sind, die russophone Bevölkerung des Donbas zu beschützen und zu befreien, rücksichtslos alles zerstören, inclusive der genuin russischen Kultur.

    Darf ich darum bitten, dass die geschätzten Bremer Rekofreunde ihre Privatfehde woanders austragen? Ich möchte hier über Rekonstruktionsvorhaben in Bremen und anderswo lesen und nicht über private Befindlichkeiten.

    Lieben Dank.

    Zumal die Gemäldegalerie am Potsdamer Platz ein noch recht neues Zuhause hat, während die Dahlemer Museen schon länger marode waren. Ich hatte die Gemäldegalerie auch als passender empfunden, aber objektiv bestand dort kein Bedarf bzw. war die Not nicht so groß wie in Dahlem.

    Anstatt rumzutrollen, könntest Du ja Mal auf die Argumente eingehen. Forderst Du tatsächlich den Abriss der bestehenden Gebäude zugunsten der Rekonstruktion der Brühlschen Herrlichkeiten?

    Ach, erst das HF hat also dem "spinnerten Projekt" eines Wiederaufbaus die Sinnhaftigkeit verliehen. Interessant, das man es auch so sehen kann. Alles eine Frage der Interpretation.

    Bewusstes Missverstehen. Kein Mensch hätte ein Stadtschloss finanzieren können, ohne dem neuen Gebäude einen Inhalt zu geben. Der Bundespräsident ist in Bellevue sehr zufrieden, Residenz als Zweck scheidet also aus. Museum war die sinnvollste Nutzung - oder wäre Dir ein Hotel lieber gewesen?

    Die Frage ist, ob die "Fußbebauung" in dem Umfang notwendig ist. Ist z.B. das Restaurant nicht absolut überdimensioniert? Muss der Autoverleih unbedingt direkt im Hotel sein Büro haben? Usw. usf.

    Für das Hotel unbedingt notwendig sind m.M.n.: Technikräume (die könnte man sicherlich auch im Sockel des Turms unterbringen), Frühstücksräume mit zugehöriger Küche, Rezeption, Wäscherei. Ein Restaurant ist gar nicht unbedingt notwendig bzw. könnte auch räumlich getrennt eingerichtet werden (z.b. an der Eisenbahn). Und die Fressbuden sind soweit mir bekannt ohnehin nur temporär gedacht gewesen...

    Dass die verschiedenen Parzellenbesitzer ihre Hausanteile verschiedenartig aus- und umbauten, hat schon Kronprinz Friedrich genervt, der aber auch schon nicht viel ausrichten konnte Immerhin konnte er erreichen, dass die Stadt Potsdam den Einbau von Schaufenstern unterband, was zur Folge hatte, dass bis zum Krieg eine Reihe Einzelhandelsgeschäfte im Souterrain lagen und nur über die Kellertreppe erreichbar waren.

    Es gehört nun einmal zu Potsdam, dass die eigensinnigen Bürger sich vom König nicht vorschreiben ließen, wie die Hausfassade auszusehen hat. Ich finde diese Unregelmäßigkeiten daher nicht schlimm, im Gegenteil: sie erzählen eine Geschichte. "Unhistorische" Gaubenfenster (wobei: unhistorische ist nicht dasselbe wie "nicht bauzeitlich"!) kann man korrigieren, aber streng ein einheitliches Erscheinungsbild zu rekonstruieren, das am Ende genauso ahistorisch ist, halte ich nicht für erstrebenswert.