Beiträge von East_Clintwood

    Was die mäßigen Neubauten im Quartier III betrifft, fallen diese leider unter das Niveau der Neubauten im Quartier Barberini (abgesehen von den aufdringlichen Balkonen).

    Als Füllbauten finde ich die Bebauung ganz okay. Da darf man keine Wunder erwarten. Sie stechen nicht unangenehm hervor und vermitteln sowas wie gewachsene Urbanität, bei der man nicht zuerst an Kriegsschäden denkt. Solche durchwachsenen Bereiche in der Innenstadt kenne ich ja von meiner Stadt auch, die nicht bombardiert wurde. In meinen Augen insgesamt also recht gelungen.

    Die beiden Altmarkt-Zeilen mag ich ehrlich gesagt nicht, sie sprengen mit ihrer Höhe jegliche Maßstäbe (fast doppelt so hoch wie zuvor, der Platz wird gigantisch vergrößert, die lange Zeile in Richtung Zwinger ist zudem fast 400 Meter lang) und sind doch der eigentliche Grund, warum in diesem Stil weitergebaut wurde, schließlich kann man ja nicht plötzlich wieder 18 Meter hohe Bauten daneben errichten.

    Das bleibt auch für mich der größte Wermutstropfen, weswegen ich diesen Platz auch nicht zum Altstadtbereich hinzuzählen würde, wie es manchmal gerne geschieht. Proportional stimmt da gar nichts. Gleichzeitig bin ich starker Raucher und war sehr dankbar für das Hotel am Altmarkt mit seinem „historisierenden“ Balkon :) Also etwas Positives kann ich diesem Platz wenigstens abgewinnen.

    Das verstehe ich schon. Aber dann sollte man diese Entgegnung auch nicht zu sehr in den Himmel heben, wie es hier von mancher Seite getan wurde. Es ist ein Text, den ich bestenfalls als Kompromiss bezeichnen möchte. Schlimmstenfalls als Kotau. Aber ein fundamentaler Widerspruch, der souverän auf eigenen und nicht Oswalts Voraussetzungen aufbaut und die liberale Demokratie verteidigt, zu der nun einmal auch der äußere rechte Rand gehört und die Wohltat, dass man unabhängig von seiner Couleur angstfrei spenden darf, ist es nicht. Dass man all das in Deutschland extra noch betonen muss, erschüttert mich jedesmal aufs Neue.

    Gut, dann nehme ich es auf dich bezogen wieder zurück. Als du von öffentlichen Statements sprachst, dachte ich, dass eine wohlwollende Bewertung damit verbunden ist. Oswalts Motive sehe ich aber genau so wie oben beschrieben.

    Zusammengefasst: wer sich in seinem Leben irgendwo und irgendwann weit rechts geäußert hat, gehört an den öffentlichen Pranger, sobald er sich für ein Bauwerk einsetzt, das nichts mit ebendiesen Äußerungen zu tun hat. Das ist dann seine von den braven Oswalts der deutschen Republik verhängte Strafe für seine „staatsgefährdenden“ (verrückt, dass der alte Jargon wieder so passend ist) Äußerungen. Also sollte er sich gut überlegen, ob er sich a) wieder so äußern möchte oder b) wieder eine solche Spende überweisen möchte. Wobei a) und b) zusammen am besten c) ergeben: er soll sich so weit ins Private zurückziehen, dass beides nicht mehr möglich ist. Das halte ich, und ich bitte, mir den Ausdruck zu verzeihen, für totalitären Wahnsinn.

    Als Ausländer frage ich mich, weshalb man überhaupt die Gesinnung von Spendern thematisieren und wie ein scharfer Rottweiler in der Privatsphäre dieser Spender herumschnüffeln muss. Ich halte das für sehr befremdlich. In meinem Land würde das selbst von linker Seite kritisiert werden. Daher halte ich diese „Entgegnung“ (man könnte es auch als Kniefall bezeichnen) auch für zu handzahm und feige. Anstatt aus einer liberalen Position aus zu argumentieren, begibt sich die Stiftung auf das Spielbrett Oswalts und befolgt brav die Regeln, die er für sie aufstellte. Damit kann man in meinen Augen nur verlieren, zumindest wenn man ein Anhänger einer freiheitlichen Demokratie ist, wozu ich Oswalt ausdrücklich nicht zähle. Entweder ist die Stiftung zu feige, ernsthaft zu widersprechen, oder aber sie sieht es insgeheim ähnlich, was ich für höchst bedenklich hielte. Es ist unsäglich, dass hier ein linker Aktivist, dessen Feigenblatt seine akademische Vita ist, geheimdienstliche Methoden fordert und mit dieser offensichtlich ansteckenden Hysterie („rechte Spender“- so what?) auch noch durchkommt.

    Wichtiger Punkt. Wir alle sollten uns manchmal von der schönen Illusion lösen, dass in den letzten 80 Jahren keine Baupolitik stattgefunden hätte und die Städte auf dem Stand alter Postkarten um 1920 stehengeblieben wären. Das meine ich grundsätzlich und nicht nur auf Königsberg bezogen. Aus eigener täglicher Erfahrung und Anschauung in der Schweiz kann ich glaub sagen: das ist ein Irrtum.

    Gut. Einige sehr gute und nachvollziehbare Punkte, die ich so stehen lassen möchte. Dennoch halte ich die moderne Architektur für einen Demokratisierungs- oder Vermassungsprozess. Dagegen spricht auch nicht, dass zuftiefst kollektivistische Systeme (an dieser Stelle unterscheiden sich dem Gleichheitssatz verpflichtete Demokratien und Diktaturen in meinen Augen ästhetisch nur bedingt) es ähnlich handhaben und aus anderen Motiven, aber mit der ähnlichen Absicht bauen. Ich bleibe also bei meinem Standpunkt im Wissen, dass das gleiche Phänomen unterschiedlich interpretiert werden kann.

    Ich versuche mal für mich eine Antwort darauf zu geben. Pathos, Stolz, Repräsentation, künstlerische Meisterschaft und damit natürliche Hierarchien sollen heutzutage im Zeichen der Demokratie „überwunden“ werden. Das spiegelt sich in der modernen Architektur wider, die in meinen Augen durchaus eine erzieherische, man könnte sagen „exorzistische“ Wirkung haben soll. Schönheit und Harmonie stehen im Ruch, Überlegenheit (in welcher Form auch immer) zu signalisieren. Und sie erinnern an Könnerschaft und Begabung, die der sozialdemokratischen Doktrin der Gleichheit aller Menschen zuwiderlaufen. Das Hässliche und Unterdurchschnittliche, also das architektonische „Understatement“, soll dem entgegenwirken. Ebenso die „Auslese“ nach unten und die Öffnung der Kultur für jedermann, die diese Hässlichkeit natürlich hervorbringt und politisch gewollt ist. Gerade auf Deutschland bezogen, da hier auch in den sensibelsten Bereichen der Innenstadt diese Dogmen verfolgt wurden und weiterhin werden. Zumindest sehe ich es so, man darf mir natürlich gerne widersprechen.

    Dresden hat wieder bedeutende Teile seiner Altstadt. Ich übernachtete vor drei Jahren am Altmarkt und war täglich auf dem Neumarkt-Areal, voller Begeisterung- all diese wunderschönen Details abseits vom sowieso prächtigen Gesamteindruck der Gebäude sind nicht selbstverständlich. Hier wurde der Kern der Stadt und mit die bedeutendsten Zeugnisse der Dresdner Geschichte liebevoll rekonstruiert, Beton hin oder her. Auch vor dem Krieg hätte mich dieser Bereich am meisten interessiert. Ich war ja schon vor zwanzig Jahren in Dresden und habe den Vergleich. Dazwischen liegen nicht nur Welten, sondern Galaxien. Zu sehr schlechtreden sollte man diese Leistung bitte nicht. Als Basler muss ich wieder betonen, dass auch in meiner vom Krieg unbehelligten Stadt die Altstadt eine Insel bildet, umgeben von modernistischer Wüste. Eigentlich wurde hier an vielen Stellen nur der Straßengrundriss einigermaßen beibehalten, was in Dresden natürlich weitestgehend fehlt, aber eben: modernistisch ist es dennoch. Also: bitte das Geleistete schätzen! Und nun zurück zum Gründerviertel :)

    Anbei noch eine kulinarische und architektonische Empfehlung für Würzburg-Touristen, weil es grad in diesen Strang passt: Das Weinhaus zum Stachel mit seiner 600-jährigen gastronomischen Tradition und diesem traumhaften Innenhof. Ich entdeckte es (ebenfalls 2020) spontan. Das Restaurant liegt sehr zentral, Reservierung ratsam.



    Weil ihnen "Übung" fehlt? Nein, weil man ihnen erfolgreich eingetrichtert hat, dass man die vormoderne Vergangenheit nicht einfach so bruchlos kopieren darf. Die millionste Kopie eines Kastens hingegen ist kein Problem.

    Ich würde behaupten, dass es im Zuge der Demokratisierung der Kunst vielen Architekten an elementarsten Fähigkeiten fehlt (und damit auch an Lehrern, die sie weitergeben könnten), die zu großen Teilen eben nicht einfach „lernbar“ sind wie ein Schnitzel zu kochen oder das Alphabet zu beherrschen. Die renommiertesten Architekten der Schweiz sind Herzog und DeMeuron. Ich habe mir mal den Spaß gemacht und nach Handskizzen von ihnen gesucht. Fehlanzeige, keine einzige. Entweder gibt es kaum welche oder sie schämen sich für die Ergebnisse. Wie will man also von jemandem, der nicht in der Lage ist, einen architektonischen Entwurf zu zeichnen (von den bildhauerischen Schmuckelementen mal ganz zu schweigen) erwarten, dass er es mit den Architekten vergangener Zeiten auch nur im mickrigsten Ansatz aufnehmen kann (Leo von Klenze und Schinkel waren beispielsweise neben der Architektur auch brillante Maler)? Die vorherrschende geometrische Strenge des Gros an Architekten ist ein Ersatz für sonstige handwerkliche Defizite. Anders gesagt: eine Gerade zu ziehen oder einen Halbkreis zu zirkeln ist wesentlich einfacher als einen künstlerisch anspruchsvollen Entwurf zu skizzieren. Die Anforderungen wurden also auf den kleinsten gemeinsamen Nenner heruntergefahren, so dass letztlich jedes Kleinkind, das nicht blind ist, theoretisch Gebäude entwerfen könnte. Wenn ich mir die überall sichtbaren „Werkbeispiele“ und voller Stolz eingereichten „Wettbewerbsbeiträge“ ansehe, erinnern mich die heutigen Anforderungen an Architekten zunehmend an diesen Schimpansen, dessen „Gemälde“ nicht mehr von moderner Kunst zu unterscheiden sind. Zumindest sehe ich das so.

    Sprich: Brügge wird von Touristen derart überrannt, dass es sich bei der Stadt heute eher um eine Kulisse als um eine funktionierende Stadt handelt.

    Brügge ist natürlich sehr schön, aber leidet wohl am gleichen Problem wie so viele ähnlich berühmte Städte. Ich erinnere mich da an Florenz und diese dauernden Schirme der Reiseführerinnen, die den zig Großgruppen als Orientierung dienten. Es ist für Besucher nicht mehr angenehm, solche Orte zu besichtigen und Fotos ohne Menschenmassen sind da auch kaum mehr möglich. Da gehe ich tatsächlich lieber in deutsche Städte, auch weil sie mich historisch mehr interessieren. Erstens sind sie touristisch weniger erschlossen und zweitens kommt man architektonisch sehr oft immer noch gut auf seine Kosten. Deutschland ist grundsätzlich der unterschätzte Underdog, was ich -als ausländischer Tourist, der ich auch in Deutschland bin- eigentlich sogar begrüße. In Deutschland kann man Städte oftmals immer noch ganz in Ruhe besichtigen und auch weitestgehend unbehelligt von Touristenmassen die hidden Gems aufsuchen, was für mich persönlich touristisch ein großer Pluspunkt ist. Und eben, viele kennen deutsche Städte auch kaum, wie ich in meinem Freundeskreis immer wieder feststellen muss. Die sind dann immer ganz erstaunt darüber, was ich an Bildmaterial so alles mitbringe. Ich sag das nur, weil weiter oben Brügge mit Lübeck verglichen wurde (Deutsche vergleichen sich eh viel zu viel, gewöhnt euch das mal ab 😄), das seinerseits nun weiß Gott nicht arm an einem historischen Stadtbild ist.

    Das ist natürlich nicht machbar und das behauptete ich ja auch nicht, wobei die damalige Nummer 35 wahrscheinlich ja auch neben oder gegenüber dem Bellevue gelegen wäre und man ggf durchaus langfristig ein Museum einrichten könnte. Es geht um den architektonischen Gesamteindruck der Lebensumwelt seiner Zeit (ähnlich wie in Frankfurt das Dom-Römer-Areal neben seinem Wohnhaus einen Einblick in das Frankfurt Goethes bietet, obwohl die Raumaufteilung der einzelnen Gebäude bis auf die Goldene Waage, die meines Wissens sogar leicht versetzt wiederaufgebaut wurde, nicht mehr seiner Zeit entspricht). Ich wollte damit auch nur ausdrücken, dass es mehrere emotionale Bezüge zu einem Ort geben kann und es sehr schwierig ist, hier eine Verbindlichkeit oder ein „Ranking“ herzustellen, welchen Zustand man denn nun weswegen bevorzugt.

    Ich stehe Translozierungen grundsätzlich eher skeptisch gegenüber, aber in diesem Fall wäre ich dafür, auch wenn es natürlich vollkommen illusorisch ist. Es wäre ein Architekturmuseum, wo man herausragende Solitäre der Dresdner Stadtgeschichte ergänzend zum Neumarkt errichten könnte. Die bedeutendsten und beispielhaftesten Bürgerhäuser abseits des Neumarkts, die aufgrund der städtebaulichen Situation am Originalstandort nicht mehr gebaut werden können. Als Idee gefällt es mir, auch wenn es natürlich ahistorisch wäre.

    Was zum Teufel ist denn an der Nummer jetzt so kompliziert?

    Das frage ich mich allmählich auch. Wäre es ein 08/15 Investorenbau, würde er schon seit Jahren stehen. Aber es handelt sich um eine Rekonstruktion, bei der wie so oft ideologische „Bedenkenträger“ alles dafür tun, sie zu verhindern und eine Pseudodebatte führen, die umtriebige „Sachlichkeit“ suggerieren soll, wo es lediglich um eine schnöde Doktrin geht (natürlich hütet man sich davor, das der Öffentlichkeit zu sagen). Die Zeit, die nun bereits verflossen ist, steht in keiner Relation zur Ursache. Das geht schon in Richtung Realsatire, selbst die bedruckten Planen sind seither aufgrund der Witterung verschwunden. Irgendwann stürzt auch noch die Musterfassade nach dem zehnmillionsten Windstoß in sich zusammen und die diskutieren -mittlerweile Greise- immer noch darüber, wie der Bau am besten zu realisieren wäre.

    Laut Grundgesetz müssten doch an sich auch rechte (und rechtsaußen angesiedelte) Meinungen geschützt werden, da die weltanschauliche Freiheit garantiert ist- und das nicht mit der Einschränkung, dass Menschen selektiv für ihre Ansichten an den öffentlichen Pranger gestellt werden (das halte ich als Laie für einen verfassungswidrigen Eingriff, der die Rechtssicherheit und den Gleichheitssatz massivst in Frage stellt, aber ich kann mich natürlich auch irren und gewisse Menschen können in Deutschland tatsächlich für vogelfrei erklärt werden). Auch wenn man gerne suggeriert, dass „die“ Demokratie ausschließlich durch diese Seite „in Gefahr“ sei (was ich für hysterischen Unsinn halte). Damit verstößt Oswalt mit seiner Forderung doch eigentlich gegen die freiheitliche Verfassung Deutschlands und bedarf ggf. selbst einer „Beobachtung“?

    Um den Wiederaufbau ein bisschen anzuerkennen, hier ein Bild von vor dem Krieg an sehr prominenter Stelle aufgenommen, nämlich dem Hans Sachs-Platz (die Kolorierung ist nicht sehr gelungen, wofür ich mich entschuldige, aber darum geht es jetzt nicht):



    Auch das war Nürnberg. Dieser Platz unterscheidet sich optisch nur rudimentär von vielen wiederaufgebauten Partien. Ich poste in nächster Zeit gerne noch weitere Bilder, die ähnliche Ansichten zeigen, muss aber die Bildbände vorher noch suchen. Ich gehöre ganz sicher nicht zur Fraktion, die alles bedingungslos gutheißt. Aber eben auch nicht zu der, die alles restlos verdammt. Nürnberg war vor dem Krieg zweifelsohne ein sehr eindrückliches Gesamtkunstwerk, dem man nun endlos nachtrauern kann. Aber die Stadt ist eben auch heute eine schöne Stadt mit vielen sehenswerten Ecken und Winkeln. Ich habe die Haltung: ich nehme mit, was ich kriegen kann (was bleibt einem auch sonst übrig?). Das Alt-Nürnberg von vor dem Krieg kann ich nicht mehr kriegen. Aber sehr viele Spuren davon und das Lokalkolorit, das in unsere Zeit hinübergerettet wurde. Darüber freue ich mich und schätze es auch, wenn ich die Stadt besuche.