Beiträge von East_Clintwood

    Richtig. Das heutige Paris hat immer noch einen einmaligen Charakter, nicht zuletzt aufgrund der Zusammenarbeit Haussmanns mit der école des beaux arts (aus der guten alten Zeit, als Städtebau noch hohen künstlerischen Ansprüchen genügen musste). Paris hat heute einen unvergleichlichen Stil, großartige Stadt. Die Bilder sollen nur erinnern, ohne zu bewerten. Ich finde es natürlich immer spannender, Stadträume zu kolorieren, die nicht mehr existieren (so auch der Krögel in Berlin oder das Gängeviertel in Hamburg, beides ehemalige Elendsquartiere, die heute nach umfangreicher Sanierung begehrte Wohnungen wären, aber zur Zeit der Abrisse Orte der Pestilenz, Kriminalität und von Bränden gewesen sind). In Paris spielte auch der Gedanke eine große Rolle, Aufstände in diesen neuen breiten Straßen leichter zerschlagen zu können. Wer übrigens das „Paris vor Haussmann“ aktiv begehen und erleben möchte, dem sei das Spiel assassins creed unity empfohlen. Ich habe schon hunderte Fotos von Marville gesehen und die Stadt wurde von den Designern sehr akkurat umgesetzt.

    Einige kolorierte Aufnahmen (Charles Marville, zweite Hälfte 19. Jahrhundert) von Paris vor der großen Umgestaltung durch Haussmann. So verwinkelt muss man sich die gesamte weitestgehend untergegangene Pariser Altstadt vorstellen.










    Die Goldene Waage entspricht m.W. der Raumaufteilung von vor dem Kriege. Auch im Berliner Schloss besteht die Möglichkeit, Räume zu rekonstruieren, so wie viele weitere Rekonstruktionen der ursprünglichen Raumaufteilung weitestgehend entsprechen (oder sie zumindest wiederherstellbar wäre). Das wäre beim Anhalter Bahnhof schwierig geworden, da der ganze Bereich nun einmal museal genutzt wird und halt entschieden wurde, dass das Gelände kein Ort für Spaßveranstaltungen oder Konzertaufführungen wird. Was ich begrüße, da das ursprüngliche Gebäude für viele Menschen einen Ausweg aus dem Terror bot und das Thema Exil (in Kunst und Literatur) noch zu wenig museale Beachtung fand. Da fände ich es gewöhnungsbedürftig und ehrlich gesagt auch fast lustig, wenn man -vor allem in diesem sensiblen Fall, der er durch das Wissen um seine Geschichte ist, die nicht nur auf das Exil bezogen tragisch ist- in einem reinen Zweckbau (wie es sie in Deutschland noch zu Hunderten gibt) die ganze Empfangshalle und das ganze Interieur wieder 1:1 rekonstruiert, als wäre nichts geschehen. Oder -noch schlimmer- die Fassaden gänzlich rekonstruiert und innen plötzlich Stockwerke einbaut. Und ob der Bahnhof nun zu den herausragendsten Gebäuden ganz Deutschlands gehört und ein Wiederaufbau -unter allen Rekonstruktionsprojekten, für die wir uns einsetzen- damit höchste Priorität hätte, sei mal dahingestellt.

    Wie man den Entwürfen für das Exilmuseum etwas Positives abgewinnen kann, ist mir unbegreiflich. Sie sind nur ein monumentaler Grabstein für den Anhalter Bahnhof, eines der schönsten Bauwerke Deutschlands. Vermutlich jedes Land der Erde wäre nicht so blöd, ein solches Bauwerk mit viel Aufwand abzureißen. Aber wenn man schon so blöd war, trotz der massiven Proteste der Bevölkerung, ein Berliner Wahrzeichen abzureissen, dann würde man den Fehler doch jetzt langsam einsehen und ein Bauwerk von diesem Rang rekonstruieren. Nein, nicht in Berlin, das wäre doch spießig. Lieber stellt man wieder einen maximal häßlichen Klotz als Mahnmal in die Stadtmitte. Damit sich unsere Kinder noch lange daran erinnern, wie schrecklich ihre Vorfahren waren.

    Sehe ich ganz anders. Hier geht es nicht um die Rekonstruktion eines Bahnhofs, der heute meines Wissens keinerlei Funktion mehr innehätte und vollkommen sinnlos wäre, sondern um ein Museum, das anderen Gesetzen unterworfen ist. Für diesen Zweck halte ich diesen Entwurf für ziemlich gelungen und sogar für ansprechend (so sehen Museen heute eben aus, es hätte in Berlin auch ganz anders kommen können, wenn man an die m.E. grässliche Scheune am Kulturforum denkt). Das Relikt des Bahnhofs bleibt ja erhalten und spiegelt die Geschichte des Ortes wider (heute ist es nur eine Ruine, die die wenigsten auf dem Schirm haben, alleine das wird sich ändern, wenn es der Eingang zum Museum wird), was ich auch angesichts der ausgestellten Thematik passend finde. Es geht um das Exil und seine politischen Ursachen (und -auf das Gebäude bezogen- die Folgen des Kriegs). Ich bin jedenfalls gespannt, wie das Museum dieses Thema umsetzt, auch in Hinblick auf die Exilliteratur.

    Sehe ich genauso. Diese Rückgewinnung ist ein Wunder, an dem es wenig bis gar nichts schlechtzureden gibt. Man muss hier -um die Diskussion von vorhin wieder aufzunehmen- auch klären, wie man eine Altstadt definiert. Es gibt m.E. zwei Kriterien. Erstens die Anzahl an Quadratmetern, die ich nicht für das ausschlaggebendste halte und bei der Dresden zugegeben gegenüber vielen anderen Altstädten zurückbleibt. Und zweitens die Ablesbarkeit der Geschichte einer Stadt. Und hier spielt Dresden für mich in Deutschland ganz weit vorne mit. Von der Dresdner Spätgotik über die Dresdner Renaissance bis hin zum weltberühmten Dresdner Barock und sogar Rokoko ist heute alles wieder vertreten und erlebbar. Das alleine erfüllt mich mit einer kaum in Worte zu fassenden Dankbarkeit, zumal es vor zwanzig Jahren noch ganz anders aussah und diese Ablesbarkeit -wenn überhaupt- nur rudimentär und fragmentarisch gegeben war (ich weiß noch wie enttäuscht ich -ganz im Gegensatz zu heute- damals war). Selbstverständlich ist es sehr subjektiv, welches der beiden Kriterien für einen entscheidender ist. Deswegen entstand ja auch diese Diskussion. Beide Standpunkte sind in meinen Augen natürlich berechtigt, aber sie gehen von verschiedenen Voraussetzungen aus.

    Vielleicht kann man sich darauf einigen, dass man in Salzburg Salzburg genießt und in Dresden Dresden. Ich war in beiden Städten und vergleiche nicht, wenn ich an einem Ort bin (bei dem mir die Ursachen für die unterschiedliche bauliche Geschlossenheit ja bekannt sind). Solche Vergleiche sind nicht fair und auch etwas kindisch, nach dem Motto „Superman ist stärker als Batman!“ Das führt zu nichts und wird keiner der beiden Städte mit ihrer unterschiedlichen Geschichte und ihrer -jeweils auf ihre Art- herausragenden Architektur gerecht.

    Wenn man sich den Zerstörungsgrad Dresdens vergegenwärtigt und wie ich das erste Mal 2005 die Stadt besuchte (nichts von Neumarkt, nur Frauenkirche und ansonsten Wüste) ist es ein schieres Wunder, was man heute wieder erleben darf. Es erfüllt mich mit einem gewissen Stolz, dass meine Generation heute zum ersten Mal seit achtzig (!) Jahren die Dresdner Innenstadt und den Grund, warum diese Stadt als Elbflorenz gilt, sehen kann. Es gibt Gassen, Teilplätze (Jüdenhof) und eine gute und würdevolle Verbindung zum Theaterplatz und zum Residenzschloss, dessen Räume heute ebenfalls erstmalig zu besichtigen sind. Wenn das Hotel Stadt Rom endlich steht, ist es einer der schönsten Plätze Europas. Insgesamt muss sich Dresden nicht verstecken. Ich komme immer mit Basel, weil ich von hier bin. Dresden kann mit „meiner“ Altstadt gut mithalten und ist m.E. wesentlich reicher an herausragenden Solitären. Und auch in meiner Stadt ist ein Großteil abseits der Kernaltstadt (die durch Abrisse ordentlich Federn lassen musste) modernistisch verbaut. Auch ohne Zerstörungen würde Dresden heute zu großen Teilen nicht mehr den Fotos von 1920 entsprechen. Die Prager Straße hätte zum Beispiel sicherlich mehr historische Substanz zu bieten, aber sie wäre dennoch eine ganz andere Straße als auf den alten Fotos. Auch wenn man die historischen Bilder von der bekannten Zürcher Bahnhofstraße (einst eine „Prachtstraße“) ansieht und mit heute vergleicht: da ist eine Unzahl an nur noch der Ökonomie verpflichteten modernistischen Brüchen. Wir „germanischen“ Mittel- und Nordeuropäer haben leider grundsätzlich den Hang zu empfindlichen Eingriffen in unser Stadtbild und die gewachsenen Strukturen. Auch bei intakten Altstädten. Etwas, was in Frankreich und Italien m.E. wesentlich weniger ausgeprägt ist.

    Gut. Da mir diese dauernden Streitereien und ideologischen Grabenkämpfe ohnehin irgendwann zu sehr den Nerv rauben (von diesem Markttreiben und den persönlichen Anfeindungen hab ich auf Facebook genug) und ich sowieso zu viel Zeit im Netz verbringe, wollte ich Snork fragen, wie ich mich ganz abmelden kann? Ich finde keinen Link zur Profillöschung. Danke!

    *Edit: hab’s gefunden. Allen Foristen abschließend ein frohes Fest und einen guten Rutsch!

    Dass sich die Gebäude nicht in der unmittelbaren Altstadt befinden werden, empfinde ich als einzigen Pluspunkt dieser Bauten. Anders als einige Foristen sehe ich nicht, dass sie sich gut in die Bebauung einfügen. Aber eben, sie stören aufgrund ihrer Lage nicht, sind aber dennoch ein Armutszeugnis für die zeitgenössische Architektur. Wäre ich Architekt, würde ich mich für diesen Entwurf schämen und tunlichst vermeiden, meinen Namen damit zu verbinden (ja, ich weiß, Schamgefühl ist in der heutigen Zeit eine Untugend, selbst in Fällen, wo es berechtigt wäre). Wie dem auch sei: Das komplett auszublenden und wegen minimalsten Bezügen zur Umgebung schönzureden als wäre es in irgendeiner Form „vorbildlich“, finde ich etwas zu viel des Guten.

    Stopp. Ohne sein bahnbrechendes neues Buch gelesen zu haben, verbietet sich jeglicher Angriff auf seine Thesen. Erst muss man des Meisters Geist en detail ergründen. Dort wird man dann Erhellendes erfahren, das intellektuell nicht mit seinen unreflektierten und -zugegeben- dümmlichen Tiraden im Fernsehen vergleichbar ist (also bitte differenzieren! Es gibt einen Oswalt der Mikrofone und einen Oswalt der Schrift), sondern derart in die Tiefe geht, dass kleine Geister wie wir in der schieren Fülle an feinziselierter intellektueller Raffinesse ertrinken würden. Immerhin ist er renommierter Architekturkritiker, Architekturtheoretiker oder, um es kurz zu machen, die letzte seriöse Instanz, die wir heutzutage noch befragen können.

    Ein, zwei Seiten mediokre 50er/60er-Jahre-Architektur. Wenn man denn nicht schlimmere Bauten am Platz oder anderweitig im Blick hat. Da fehlt die Gastronomie, dort fehlt der Einzelhandel. Wenige oder keine Wohnungen. Oft kein Leben jenseits des Tourismus.

    Du müsstest mal nach Basel kommen :) Wir haben die 50er/60er und (auch ganz schlimm) 70er Jahre Architektur ganz ohne Krieg geschafft. Und was den Tourismus betrifft: die hiesige Altstadt ist praktisch nur für Touristen. Es sind letztlich (wie in Deutschland) Oasen, die nicht repräsentativ für die gesamte Stadt oder den Alltag der Bürger sind. Ich selbst gehe nur selten mit einem Freund dort spazieren, weil das Stadtleben sich halt in modernistischer Umgebung abspielt. Und wenn ich auf den beiden Altstadtinseln fotografieren gehe, bin ich so gut wie alleine dort. Gastronomie und Einzelhandel: ersteres läuft zwar noch, aber letzteres geht durch den Onlinehandel komplett zugrunde, ein Geschäft nach dem anderen schließt. Das ist ein Phänomen, das in jeder Stadt zunehmen wird. Ich sag das, weil das städtische Deutschland oft von Deutschen schlechtgeredet wird und man sich dauernd mit anderen europäischen Städten vergleicht (wie neulich mit Siena, obwohl es für Deutschland eine vollkommen atypische Architektur ist und sich Vergleiche ohnehin verbieten). Ich sehe das etwas anders. Wer vorbereitet und gezielt reist (was ich ohnehin jedem empfehle) und nicht einfach drauflos spaziert, der wird in Deutschland nicht enttäuscht. Auch wenn es natürlich unzählige mögliche Verbesserungen und Rekonstruktionsprojekte gibt, sonst wäre ich ja nicht in diesem Forum.

    Marktplatz Hildesheim

    Alter Markt Potsdam

    Max Joseph Platz und Odeonsplatz München

    Am Tiergärtnertor Nürnberg

    Münsterplatz Freiburg

    Altstadtmarkt und Burgplatz Braunschweig

    Marktplatz Trier

    Markt Aachen (durchwachsener, ja, aber trotzdem schön)

    Fuggerplatz Augsburg


    Und das sind nur die, die mir spontan einfallen. So ganz ohne schöne Platzensembles ist Deutschland nun auch nicht…

    Wer denkt bei Besuchern von Versailles nicht in erster Linie an Royalisten. Für mich stehen die von nun an allesamt im Verdacht, die Demokratie abschaffen zu wollen. Und gibt es nicht in Frankreich das Bestreben, die Tuilerien zu rekonstruieren, um sie -vordergründig!- als zusätzliche Ausstellungsfläche für die Kunstsammlungen des Louvre zu nutzen? Oswalt ist da einer ganz heißen Sache auf der Spur, die mir so noch gar nicht bewusst war.

    Diese Diskussion ist natürlich wieder sehr deutsch. In keinem anderen Land werden Rechte so diffamiert (ohne Begründung in der Sache versteht sich, sondern lediglich impulsgetrieben) und gesellschaftlich isoliert. Rechts ist lediglich ein Reizwort, ein Code für das „absolute Böse“. Und in keinem anderen Land wird in Stasimanier erschnüffelt, wer wofür Geld spendet und ob ein Spender ein Bauvorhaben „moralisch“ diskreditieren kann. Es wird hier raunend und mit hochgezogenen Augenbrauen vorgetragen, dass ein „Rechter“ (so what?) für das Schloss spendete und man daher „wachsam“ sein müsse, damit sich das nicht wiederholt. Eine ganz ganz schlimme Sache also. Das ist so dermaßen absurd, dass man eigentlich darüber lachen müsste. Gerade gestern wurde wegen einer Abstimmung in Thüringen gegeifert, weil die AfD -also der „Feind!“- mitgestimmt hat. Das ist pathologisch und einer liberalen und pluralistischen Demokratie unwürdig und genau in diese Richtung geht es auch hier. Ob nun Linke oder Rechte oder beide für ein Vorhaben spenden, ist erstmal vollkommen nebensächlich, da hier kein „Virus“ übertragen wird, sondern ein gemeinsames Interesse herrscht, das ja politische Gegensätze in der Sache durchaus vereinen kann. Das eigentliche Problem sehe ich weniger in der Gesinnung der Spender, sondern in der (auch hier vorgetragenen) antiliberalen Gesinnung, die „Listen“ anfertigt und herumschnüffelt, um Spendengelder ideologisch zu säubern. DAS ist die Wiederholung der Geschichte und nicht, ob einer sich rechts oder links positioniert. Als Ausländer ist diese Diskussion nur noch schwer nachzuvollziehen.

    Das ist die einzige Kirche Münchens, mit der ich nicht warm werde. Nach dem Bild mit der ursprünglichen Deckengestaltung weiß ich auch warum. Sie wird zu sehr „zerstückelt“ durch die vielen Felder, was den Raumeindruck stört. Nichts gegen die „moderne“ Gestaltung, aber man hätte m.E. ein einziges großes, ‚raumfüllendes‘ Deckengemälde anbringen müssen, wie es ursprünglich auch gedacht war.

    Eine kräftigere Farbe würde den Bau noch mehr hervorheben und ihn erst recht fühlbar machen. Ob das dem Gesamtensemble gut tut, sei mal dahingestellt. Ich halte die jetzige farbliche Fassung für ziemlich gelungen. Sie stört die „Stars“ der Straße nicht und fällt selbst nicht wirklich negativ auf. Ich suche sonst mal bei Gelegenheit in den Büchern banale Beispiele der Dresdner Altstadt, damit man sieht, dass sich auch vor dem Krieg eben nicht Perle an Perle reihte, sondern es durchaus auch sehr schmucklose Beispiele an zentraler Stelle gab (man denke nur an die historische Münzgasse). Auch das gehört zu einer Altstadt.