Dem würde ich letztlich widersprechen. An Musikakademien zumindest wird diese Ansicht entschieden nicht gelehrt. Kunst muss an objektiven Kriterien dingfest gemacht werden bzw einer objektiven Analyse zugänglich sein.
Das ist der große Unterschied zwischen Musik und Malerei. Musik hat ein klares Regelwerk, das bereits bei der Kunde der Notenschrift anfängt und fast schon wissenschaftliche Präzision erfordert. Malerei hingegen ist freierer Ausdruck, lässt sich sogar autodidaktisch erlernen. Ähnlich auch wie die Schriftstellerei. Deswegen ist es so schwierig, objektive Regeln zu formulieren. Hier muss man also die ästhetischen Vorlieben der Rezipienten ungleich höher gewichten als verbindliche Regeln. Man kann vielleicht sagen, dass der geschützte Raum des Museums und der Galerie Kunst von Nicht-Kunst unterscheidet. Oder eben, wie in diesem Fall, die Haltung des Museums, an dessen Fassade das Werk angebracht wurde. Das macht das Gebiet der bildenden Kunst so weit. Es gibt sozusagen keine Grenzen, sowohl der Medien als auch des Ausdrucks. Diesen Unterschied halte ich für äußerst wichtig.
Kommt drauf an, was man unter Bewertungsmaßstab versteht. Letztlich führt die rigorose Verneinung von objektiv dingfest zu machenden Qualitätskriterien ins Nichts.
Schwierig. Ich bringe ein Beispiel: Mark Rothko. Schlechter Maler nach klassisch-konservativer Auslegung. Dennoch finde ich seine Seelenlandschaften, so einfach sie sind, brillant und sie vermitteln mir fast schon meditative Ruhe. Die Farbkomposition entschädigt für die „Nichtsichtbarkeit“ eines eigentlichen Motivs. Hier widersprechen sich für mich „Können“ und Wirkung. Letztere ist eben nicht „Nichts“. Sie ist da. Und damit ist für mich ein Werk auch gerechtfertigt. Ich habe bei jedem Bild immer eine Weile, bis ich einen Zugang finde, ob traditionell oder modern. Manchmal verschließt es sich mir gänzlich (wie bei Naegeli, aber gleichzeitig kann ich viel mit Basquiat anfangen, der ursprünglich auch aus dieser Szene kam). Und manchmal kann ich tatsächlich eins mit einem Gemälde werden, sogar mit abstrakten. Für mich ist vieles sogar eine fast schon „metaphysische“ Erfahrung. Kunstbetrachtung bedarf auch einer gewissen Übung. Auch ein innerer Kampf gegen allzu vorschnelle Urteile kommt öfters vor, das gehört zur Auseinandersetzung. Aber dafür muss man sich eben öffnen. Ich spreche immer von Malerei, weil das eben mein bevorzugtes Medium ist. Mit Installationen, Aktionskunst etc. kann ich persönlich nichts anfangen, aber andere finden darin irgendetwas Interessantes und dann ist das für mich auch okay.