Potsdam - Baugeschehen in den barocken Stadterweiterungen

  • Und noch eine Ergänzung:

    • Als Palast wird im Deutschen ein besonders repräsentativ ausgestatteter, in der Regel landesfürstlicher Wohn- und Regierungssitz in einer Stadt verstanden, der Begriff ist daher weitgehend identisch mit Residenzschloss (etwa Buckinghampalast, Apostolischer Palast, Palast von Caserta). Dieser Begriff, der häufig auch in Verbindung mit orientalischen oder antiken Herrschersitzen benutzt wird, ist dem italienischen palazzo entlehnt und geht ursprünglich auf das lateinische palatium zurück, den Eigennamen der Residenz der römischen Kaiser auf dem Palatin.
    • Das Palais oder Stadtpalais war hingegen ein städtischer Wohnsitz einer Familie des Landadels oder Stiftsadels.

    Wieder kein Bürgerpalais...

  • In weiten Teilen Deutschlands und der Schweiz ist der Begriff Patrizierhaus üblich. Das können Gebäude in einer Stadt oder Landsitze für städtische Adelsfamilien sein. Den Begriff habe ich in Verbindung mit Potsdam aber noch nie gehört. Wenn man hier wahlweise herumklickt, kommen vor allem Beispiele aus dem Norden und Süden des deutschsprachigen Raums vor.

  • Aus gegebenem Anlass:

    Zitat von Lewis Carroll, Alice im Wunderland

    "When I use a word," Humpty Dumpty said, in rather a scornful tone, "it means just what I choose it to mean—neither more nor less."

    "The question is," said Alice, "whether you can make words mean so many different things."

    "The question is," said Humpty Dumpty, "which is to be master—that's all."

    „Wenn ich ein Wort verwende“, erwiderte Humpty Dumpty ziemlich geringschätzig, „dann bedeutet es genau, was ich es bedeuten lasse, und nichts anderes.“
    „Die Frage ist doch“, sagte Alice, „ob du den Worten einfach so viele verschiedene Bedeutungen geben kannst“.
    „Die Frage ist“, sagte Humpty Dumpty, „wer die Macht hat – und das ist alles. […]“

    Als Humpty-Dumpty-Argumente werden Behauptungen bezeichnet, (1.) die in einer Diskussion als gültig angeführt werden, ohne dass eine andere Begründung für sie angegeben wird als die Berufung auf faktische Macht, die es erlaubt, auf wirkliche Argumente zu verzichten, oder (2.) in denen Worte mit einer Bedeutung gebraucht werden, die von der allgemein akzeptierten Bedeutung in krasser Weise abweicht (vgl. Idiosynkrasie).

  • Dass unify mit "Mini-Palais" im ggst. Zusammenhang eben keine wirklichen Palais, sondern verhältnismäßig kleine Häuslein, mit prächtiger, von diversen Palais abgeschauter Fassaden gemeint hat, liegt doch auf der Hand und bedarf doch nicht solch pseudowissenschaftlichen Wustes.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Du missverstehst mich, entweder willentlich oder aus Unvermögen. Was unify gemeint hat, ist mir vollkommen klar. Ich kritisiere das falsch angewandte Vokabular. Es handelt sich eben nicht um Palais, weder Mini noch maxi. So etwas wie Bürgerpalais existiert nicht, weil der Begriff "Palais" bedeutet, dass das Haus von einem Adligen bewohnt wird. Ich kann auch "links" sagen und "rechts" meinen - wenn ich aber der einzige bin, der die Worte in diesem Sinn gebraucht, ist aber eine Unterhaltung nicht möglich.

    Wenn man ernst genommen werden möchte, ist es doch ein erster Schritt, eine saubere Nomenklatur zu verwenden und nicht Fachvokabular frei Schnauze neu zu definieren...

    Einmal editiert, zuletzt von UrPotsdamer (15. Juni 2021 um 13:19) aus folgendem Grund: Forenschädigende Passage entschärft

  • Der Begriff des "Bürgerpalais" für die Bauten Gontards und Ungers in Potsdam ist in Literatur und Presse weit verbreitet und hat nichts mit dem modernen Trend zu tun, neue Mietskasernen als Palais zu bewerben.

    "Unger entwickelte den Bautyp des "Bügerpalais", das bürgerliche Wohnhaus mit einer palastartigen Außenhülle."

    Nölte. Potsdam, wie es wurde, was es ist. 2018

    "Gontard blieb aber weiterhin für Potsdam tätig... Hier war er am Ausbau des Neuen Palais beteiligt ... errichtete 100 insgesamt Bürgerpalais." DuMont Kunst-Reiseführer Potsdamr

    "Unger fertigte immerhin die Entwürfe für 470 Bürgerpalais in Potsdam und Berlin an."

    Christian Wendland, Georg Christian Unger. Baumeister Friedrichs des Grossen in Potsdam und Berlin, Potsdam, J. Strauss Verlag, 2002

    In Berlin wurde der direkte Titel des Palais (ohne "Bürger" davor) auch ohne Adelgeschlecht vergeben etwa beim Ephraim-Palais.

    Ein sehr schönes Beispiel für ein solches Bürgerpalais (Mini-Palais) im weitgehenden Originalzustand über zwei Wohnhäuser gestreckt gibt es in der Charlottenstraße. Gebaut vom königlichen Baumeister unter Verwendung von Elementen, die für Stadtpalais üblich waren, wie Pilaster über beide Stockwerke (Detail: gedrehte Voluten, um mehr Plastizität zu schaffen), Kartuschen wo normalerweise Familienwappen wären, Portraitköpfe oder Militärornamentik und Vasen/Statuen auf dem Dach.

  • Im engeren kunsthistorischen Sinne ist das Palais tatsächlich mit dem Adel verbunden. Da hat UrPotsdamer schon recht. Allerdings wird der Begriff durchaus auch erweiternd uns somit betonend auf palaisartige Bauten des Bürgertums übertragen. Insofern hat auch unify recht. Ich denke, wenn man diese Entwicklung der Begrifflichkeit im Blick behält, ist allen gedient.

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • Interessante Diskussion zur Begriffsverwendnung.

    Wenn man sich die Mühe macht, und nach dem Wort "Stadtpalais" forscht, dann spuckt Wikipedia auch etwas aus.

    Nämlich: Eigentümer sind Patrizier UND Adel.
    Stadtpalais – Wikipedia

    (Und vom "Stadtpalais" zum "Bürgerpalais" ist es ja dann semantisch nicht mehr weit.)


    Ich würde mal keck behaupten, dass der deutsche Begriff "SCHLOSS" ausschließlich mit adeligen Eigentümern verbunden ist, während der Begriff Palais SOWOHL großbürgerliche ALS AUCH adelige Besitzer einschließt.

    Auch die Palazzi Venedigs gehörten ja oft nicht nobilitierten Familien.
    Und eines der berühmtesten Palais in Berlin war eindeutig bürgerlich.

    Ephraim-Palais – Wikipedia
    Schrub ja oben schon ein Vorredner.

    Warum soll also "Im engeren kunsthistorischen Sinne das Palais tatsächlich mit dem Adel verbunden" sein???

  • Die Skizze ist sicher nicht mehr der aktuelle Stand des Projektes, da das Schild auch nicht mehr steht ...... ... .

    Foto der "Bautafel" von heute - auf der Seite der Gutenbergstraße sichtbar, aber von der Hebbelstrasse aus komplett zugewuchert aber mit Mühe erkennbar

    https://www.berlinhaus.com/immobilie/neub…laenderviertel/

    Hab noch mal nachgeschaut - das Projekt ist auch noch aktiv auf der Homepage ??

    Einmal editiert, zuletzt von Andersdenkender (15. Juni 2021 um 18:39) aus folgendem Grund: Nachtrag zum Projekt

  • Ich habe noch mal nachgeschaut, was Giersberg schreibt in "Das Potsdamer Bürgerhaus um 1800" von 1965.

    Er nutzt Begriffe wie Bürgerhaus als Oberbegriff und ergänzt dann "Palastarchitektur" oder ähnlich.

    Ein verwandter Begriff ist der "Immediatbau" oder "immediate Baukasse", also unmittelbar durch den König finanziert und durch das königliche Baukontor geplant und ausgeführt. Die Immediatsbauten wurden dann an Bürger verschenkt, der einzige Bezug zum Bürger. In Deutschland ist eine solche Städteentwicklung einmalig in Potsdam? Dieser Begriff ist etwas seltener, aber immerhin existiert ein Wikipedia Artikel und laut Welt ist der Berliner Dom der letzte große Immediatbau Preußens.

    Da diese Potsdamer "Bürgerhäuser" immediat und palastartig sind, nutzt Giersberg dann "Privathaus" für das was man landläufig als Bürgerhaus bezeichnet, also von privaten Bürgern geplant und gebaut. Alles etwas unnötig verkompliziert.

  • Zum leeren Grundstück Gutenberg-, Ecke Hebbelstraße: der Eigentümer hat seit März 2020 eine neue Baugenehmigung, beginnt aber nicht mit dem Bau.

    Mir gehört das Haus daneben. Der Dachüberhang wurde bei der letzten Sanierung, die von der Unteren Denkmalschutzbehörde begleitet wurde, nicht beanstandet. Die Traufhöhe des Neubaus liegt so, daß sich die Regenrinnen nicht ins Gehege kommen.

  • Zum leeren Grundstück Gutenberg-, Ecke Hebbelstraße: der Eigentümer hat seit März 2020 eine neue Baugenehmigung, beginnt aber nicht mit dem Bau.

    Danke, Dorfschulze, für die Informationen von der Junker- Ecke Moltkestraße.

    Dann versucht der Eigentümer wohl das Grundstück mit der BauG gewinnbringend zu verkaufen. Ich hatte das Areal vor Jahren, als es auf dem Markt war, einmal geprüft. Da müsste man schon einen Gewerbemieter haben, der sehr viel Geld bezahlt - ich fürchte das gibt die Lage heute nicht her. Und es sind ja nur 200 qm GF pro Etage.

  • Außerdem ist eine Pfahlgründung erforderlich, da das Grundstück in dem Rinne zwischen Heiligem See und dem früheren „Faulen See“ auf dem Bassinplatz liegt. Das macht es noch schwieriger, rentabel zu bauen.

  • Warum sollte "man" aus diesem Grundstück irgendetwas machen?

    Der Wildwuchs bietet Platz für allerlei Vögel, Insekten und andere Kleinsttiere (ich denke da übrigens weder an Ratten noch an Mäuse) - bringt durch sein sattes Grün in der Vegetationszeit Abwechslung zum langweiligen Ziegelrot der umgebenden Bauten. Nö - lass ma gut sein.

    Aber - Wer ist eigentlich "man"?? Der Eigentümer wird kaum Interesse daran haben.

  • Muss sich ein Neubau im Holländischem Viertel anpassen, oder könnte da auch was ultra modernes rein?

    Hat die Schönheit eine Chance-Dieter Wieland

  • Wollte auch gerade sagen, ist ja schön wenn die letzte Lücke geschlossen wird, ist aber eine Katastrophe, falls dies nicht in einer rekonstruierten oder zumindest angepassten Form geschieht.