Beiträge von Riegel

    frederic Was ist denn das für ein Plan? Ist das ein nachgezeichneter, digitaler Stadtplan von 1945?

    Ich würde aufgrund der Stadtpläne jetzt nicht mehr weiter spekulieren, wo genau die Parzellengrenzen liegen und was in einer Hand vereinigt war. Beobachtungen in den Stadtplänen dienen mir lediglich als Grundlage für die weitere Erforschung in den Archiven oder Grundbüchern. Das ist ein ständiges Hin und Her zwischen Plänen und schriftlichen Quellen. Betreffend 'etagenweisem Verkaufen': Natürlich bin ich mir nicht sicher, ob es das in Nürnberg gab, aber ausschliessen darf man nie etwas. Solche Vorgänge konnten manchmal sehr kompliziert gewesen sein. Wieder ein Beispiel aus St. Gallen: 1839 wurde das Multertor abgebrochen. Die Stadttore waren im Besitz der Ortsbürgergemeinde, dem Überbleibsel der alten Stadtrepublik vor 1798. Nach der Zeit der Helvetik und Napoleon wurde die politische Gemeinde gegründet (beide Körperschaften gibt es heute noch!). Für das Strassen- und Polizeiwesen war die politische Gemeinde zuständig, welche die Tore der Ortsbürgergemeinde zuerst abkaufen musste, um sie niederlegen zu können. Zwei Geschosse des Tores waren aber im Besitz eines Anstössers. Auch mit diesem musste verhandelt werden. Das waren alles Vorgänge, die man auf keinem Plan oder Bild ersehen kann.

    Andersdenkender Was hast Du auch mit diesen Gauben, um die es hier gar nicht geht? Die Gauben müssen ja nicht bis zur Fassadenebene gereicht haben. Ok, ich habe wohl die Begriffe ungenau verwendet. Eine Lukarne oder Zwerchhaus ist fassadenbündig; sie stehen also auf der Traufe. Eine Gaube kann irgendwo auf dem Dach sitzen, unabhängig von der Fassadenebene. Ich habe deshalb in meinem ersten Beitrag zu diesem Hinterhaus den Begriff 'Lukarne' durchgestrichen und durch 'Gaube' ersetzt. So ist es genug neutral geschrieben. In Nürnberg werden die Lukarnen 'Dacherker' genannt. Unter sie fallen fassadenbündige oder auskragende Aufzugslukarnen, aber auch die fassadenbündigen Wohndacherker mit einem Spitzhelm darüber, die eher ein turmmässiges Aussehen haben als das einer Lukarne.

    Das ist gut möglich, insbesondere wenn man das dritte Bild ansieht. Die bayerische Uraufnahme ab 1808 gibt hier nicht eindeutig Auskunft bezüglich der Parzellengrenzen, die jeweils dicker und sogar mit feinen Schatten gezeichnet sind. Manchmal unterscheiden sie sich aber nur schwach von andern Linien. Wenn man genau hinschaut, ist es wohl so, dass Nr. 731, das Hinterhaus und Nr. 732 tatsächlich in einer Hand vereinigt waren. Der Stadtplan von 1945 ist da weniger klar. Jedenfalls gehörte Haus / Liegenschaft Nr. 748 nicht dazu, sondern zu einem Nachbarhaus des Grolandhauses (Nr. 746). Deshalb die doppelte Aufführung der Nr. '748'.

    Keine Auskunft geben solche Stadtpläne in Fällen, wo die Geschosse verschiedenen Besitzern gehörten. Deshalb liess ich diese Möglichkeit in meinem ersten Beitrag zum Hinterhaus ebenfalls zu. Und wenn man die vier Fotos betrachtet, sieht man, dass im Treppentürmchen alle Fenster zugemauert sind. Das muss ja auch seinen Grund gehabt haben... Es muss auch bedacht werden, dass einzelne Geschosse mal verkauft und irgendwann wieder mal zurückgekauft worden sind. Weiter möchte ich aber nicht spekulieren, denn mit diesen gesammelten Angaben hätte ein Historiker genug Grundlagen, in Archivalien zu forschen und eine Hausgeschichte zu schreiben.

    (Weshalb ich mich zu dieser Frage der Brandwand und dem zugehörigen Hinterhaus so ausführlich äussere, hat seine Ursache in einem Hinterhaus in St. Gallen, dessen Geschichte ich kürzlich entschlüsseln konnte: Mein Geschichtsprofessor am Gymnasium, der damals gerade ein Standardwerk über die Stadtgeschichte schrieb, fragte mich vor gut vierzig Jahren, ob ich wisse, was das für ein spezielles Gebäude sei, das er auf einer Ansicht gefunden hatte. Diese entstand auf Grundlage der Merian-Ansicht, bei der alle Wohn- und Nebenbauten weggelassen waren, sodass nur die Stadtbefestigung, kirchlichen und öffentlichen Bauten eingetragen waren. Das fragliche Hinterhaus war aber mitsamt Treppenturm und einem Bogenfenster ebenfalls eingezeichnet, sodass man auf den Gedanken kommen musste, dass hier einst eine Kapelle stand, die aber nirgends nachgewiesen werden konnte. Nun habe ich kürzlich herausgefunden, dass es ein zweigeschossiges, massiv gemauertes Hintergebäude mit Kreuzgratgewölben war, das als Lagerhaus diente. Man muss bedenken, dass vor 1800 Versicherungen unüblich waren, sodass jeder Kaufmann für einen allfälligen Verlust seiner Ware selber aufkommen musste, wenn ein Schaden passierte. Deshalb können auch Hinterhäuser sehr massiv gemauert sein, quasi als 'Tresor' eines Kaufmanns. Das Lagerhaus verblieb fälschlicherweise auf dieser Ansicht und kann einen Forscher auf die falsche Fährte führen.

    Gemäss einer Verkaufsurkunde von 1817 gehörte es damals zwei Besitzern. In den 1840er Jahren wurde das Obergeschoss an einen Nachbar verkauft. Dazu musste der Treppenturm niedergelegt und andernorts eine neue Aussentreppe angelegt werden. Von 1866 bis 1880 war hier die erste Synagoge seit dem Mittelalter eingemietet. 1931 wurde es abgebrochen. Eine Fotografie von 1931 ist im Stadtarchiv mit 'Katharinenhof' bezeichnet, obwohl sich dieser in einem andern Altstadtquartier befand. Zudem ist die Fotografie seitenverkehrt im Onlinekatalog abgebildet... Meine Korrekturen dazu sind aufgenommen worden, der Titel aber lautet nach wie vor 'Katharinenhof' anstatt 'Spitalgasse 5a' und das Bild blieb seitenverkehrt. Irgendwann konnte ich vier Abbruchfotos erwerben, welche das Innenleben des Lagerhauses mit seinen Gewölben zeigten.

    Auch so 'unbedeutende' Hinterhäuser habe ihre Geschichte, welche ich in nächster Zeit aufschreiben werde. Frankas Frage zur Brandwand liess mich sofort an dieses Hinterhaus denken.)

    Richtig überzeugen tut das Imhoff-Haus nur in der gotischen Form (die NS-Purifizierung ist zwar nicht unstimmig, aber doch recht langweilig).

    Es wäre eine interessante Diskussion, wie ein neues Imhoff-Haus aussehen würde, stimmte man dessen Rekonstruktion zu. Allein weil ja zum jetzigen Zeitpunkt nicht mal an eine Rekonstruktion der Pellerhausfassade und jener des Schwarzen Pellerhauses gedacht werden kann, wäre es umso müssiger, über ein 'Wie' der Rekonstruktion des Imhoff-Hauses zu diskutieren. Trotzdem ist die Fragestellung interessant, um bei diesem Fall die Schwierigkeiten einer Rekonstruktion wenigstens theoretisch darzulegen und einander gegenüber zu stellen.

    Es gibt vier bekannte Zustände der Fassade:

    • ab 1465 die gotische Fassade mit drei Zwerchhäusern und 5 Statuen auf Säulen (zwei recht unterschiedliche Abbildungen)
    • ab etwa 1800 - 1827 die klassizistische Fassade (von diesem Zustand gibt es offenbar keine Abbildung)
    • 1827 - 1936 die neugotische Fassade von C. A. Heideloff (Fotos)
    • 1936 - 1944/45 die auf Nürnberger Mittelalter getrimmte Fassade (Pläne, Fotos).

    Eine Rekonstruktion der gotischen Fassade müsste sehr schöpferisch angegangen werden, da von diesem Zustand nur zwei rudimentäre Ansichten bekannt sind. Man müsste sich auch auf Analogien abstützen. Eine Rekonstruktion generell - und dazu noch eine vage Rekonstruktion - dürfte es sehr schwer haben.

    Eine Rekonstruktion der klassizistischen Fassade wäre baulich wohl am leichtesten zu bewerkstelligen. Sie ist bildlich wohl nicht überliefert. Da es aber in der Altstadt viele klassizistische Fassaden gab, könnte auch hier mit Analogien gearbeitet werden.

    Eine Rekonstruktion der neugotischen Fassade von C. A. Heideloff ist fotografisch gut dokumentiert und hatte gut hundert Jahre Bestand. Allein dieser Hang Heideloffs zur akademisch wie auch künstlerisch perfekten Neugotik empfinde ich schon beinahe als neurotisch für die Nürnberger Altstadt. Sie ist nicht das Werk einer Epoche, sondern nur das Werk eines Einzelnen.

    Eine Rekonstruktion des Letztzustandes mit der auf Mittelalter getrimmten Fassade... sie dürfte sich von der grossen Menge an Wiederaufbauarchitektur der 1950/60er Jahre nicht gross abheben.

    Franka Ja, das ist eine Brandmauer, und zwar die Rückseite des Hinterhauses von Tetzelgasse 22, einem am Paniersplatz liegenden Wohnhaus (links oberhalb des blauen Pfeils, mit einer einfachen Lukarne). Dieses Hinterhaus lag unter einem Pultdach, von dem wir hier nur den First sehen, und auf dem drei kleine Zwerchhäuser Gauben sassen. Das Hinterhaus grenzte an die nördliche Seite des Schwarzen Pellerhaus-Grundstücks und hinter einen Teil des Hinterhauses des Pellerhofs (von dem jetzt nur die Rückfassade als Kulisse rekonstruiert worden ist).

    Zwischen dem Wohn- und Hinterhaus besteht ein Werkstattgebäude mit Flachdach, anstelle dessen auf der bayerischen Uraufnahme ab 1808 noch eine Gartenanlage eingezeichnet ist, mit der Grundstücks-oder Hausnummer 731. Der grosse Baum rechts vom blauen Pfeil könnte noch zu diesem Garten gehört haben, oder er gehörte bereits knapp dem rechten Nachbarn.

    Mauern dieser Höhe brauchen eine bestimmte Stärke, damit sie überhaupt das Eigengewicht tragen und auch dem Winddruck widerstehen können. Um teures Steinmaterial einsparen zu können, wurden einzelne Partien mit geringerer Stärke errichtet. Das wären dann die Bogennischen. Das tragende Mauerwerk sind die Mauerpfeiler und Bogen. Die dünneren Partien in den Bogennischen könnten von der Statik her weglassen werden, sodass das Mauergerippe analog einem Skelettbau selbsttragend wäre (analog dem Wandaufbau gotischer Kathedralen). Wegen des eigentlichen Zwecks der Brandmauer mussten diese Öffnungen natürlich verschlossen sein. Solche Mauern findet man überall in Städten mit Massivbauten, nicht nur in Nürnberg. Eine solche Mauer wird einfach 'Mauer mit Bogennischen' genannt, oder - wenn die Bogennischen sehr nah aneinander gerückt sind, sodass dazwischen nur noch Säulen Platz haben - 'Mauer mit Blendarkaden'.

    Auch das Pellerhaus selbst weist zwei solche Nischen auf, und zwar unterhalb des Treppenturms zwischen dem Vorderhaus und dem westlichen (linken) Arkadengang. Hier hatte die Mauer auch das Gewicht des Treppenturmes zu tragen, weshalb sie an der Rückseite verstärkt und zur Materialersparnis auch mit zwei solchen Nischen versehen wurde. Diese Wand war nie zugebaut und im Hof des Schwarzen Pellerhauses sichtbar, so wie sie es heute noch ist: Google maps (Sicht 'durch' das schwarze Pellerhaus).

    Links von der Bogennischenwand erkennt man auf der Flugaufnahme noch ein Türmchen mit spitzem Helm. Dieses gehörte zur westlich anstossenden Liegenschaft (in der Uraufnahme Nr. 732, auf der Fotografie mit flacher geneigtem Satteldach als jenem des Peststadels davor), macht aber allein und ohne Verbindung zu einem Hinterhaus keinen Sinn. Es ist möglich, dass das Hinterhaus mit der Bogennischenwand in der Höhe auf zwei Eigentümer aufgeteilt war - das Erdgeschoss zu Nr. 731 und das Obergeschoss zu Nr. 732.

    Das ist jetzt natürlich alles sehr spekulativ, aber solche Thesen helfen dem Forscher, mal in eine Richtung in den Archivalien zu forschen zu beginnen.

    Über die vor zwei Jahren vorgenommene bauhistorische Untersuchung des Hauses Bergstrasse 9 gibt es bei Youtube einen Filmbeitrag:

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    Franka Wenn Du Häuser entwirfst, solltest Du immer dreidimensional denken, oder neben einem Fassadenentwurf ein Skizzenpapier bereit haben, auf das Du Details von deinen Ideen dreidimensional aufzeichnen kannst. Architektur ist nun mal dreidimensional. Versuch das mal mit dem Haus rechts in deinem letzten Entwurf.

    Nun habe ich mir weitere Gedanken zur Kräfteableitung von den Obergeschossen auf das Erdgeschoss gemacht. Abgesehen von der farbigen Absetzung ist Letzteres immer noch zu stark von den Obergeschossen abgesetzt. Es wirkt jetzt mural - mit einer horizontalen Nutung der Wandflächen und korbbogigen Fensterstürzen mit schräg gestellten Nuten und markanten Schlusssteinen.

    Diese Schlusssteine sitzen jetzt aber gerade unterhalb der filigranen Teilen der Brüstung des 1. Obergeschosses, und nicht unter den Postamenten. Sie wirken so, als ob sie eine mittige Konsole unter kleinen Balkonen darstellten, ähnlich wie bei den Achtecken-Häusern.

    Ein Blick auf die historische Fotografie im vorangehenden Beitrag zeigte aber, dass ursprünglich (also noch vor den historistischen Ladeneinbauten) wohl Pilaster bestanden, die genau unter den Postamenten angeordnet waren. In der Mitte überdauerte noch das korbbogige Portal mit plastischen Schmuck darüber. Links vom Portal hatte sich noch eine Draperie erhalten. Ursprünglich bestanden wohl zu beiden Seiten des Portals je drei Einzefenster mit solchen Draperien darüber. Vergleicht man mit weiteren Bauten Gontards, waren wohl auch die in den 1890er Jahren entfernten Fensterbrüstungen verziert.

    Das entscheidende Gestaltungselement am Erdgeschoss waren aber die Pilaster. Ich zeichnete somit einen weiteren Vorschlag, wie das Erdgesschoss mit minimalem Mehraufwand mit solchen Pilastern anstatt mit Schlusssteinen hätte versehen werden können:

    Potsdam-Friedrich-Ebert-Str.-118-20240213_170528xxx.jpeg

    Fotomontage 3 mit Pilastergliederung am Erdgeschoss (Bildgrundlage von Unify).

    Das Erdgeschoss und die Brüstung darüber stehen nun in einem Einklang. Obwohl die Fenster nicht gleich hoch und die drei rechten Fenster nicht genau in den Achsen der oberen Fenster liegen, überspielt die Pilasterreihung diese Ungenauigkeiten. Als Krönung habe ich noch das historische Eingangsportal hineinretuschiert, das aber nicht Bestandteil dieser Diskussion sein soll.

    Ein Vergleich mit dem aktuellen Zustand zeigt, wie man mit geringem Mehraufwand (ausser dem Portal) viel mehr hätte heraus holen können. Das Haus wirkte mit Pilastern viel edler, schon beinahe wie ein 'Palast'.

    Aktueller Zustand nach der Fassadenrenovation.

    unify Du hast hier schon mehrmals Fassadenpläne aus dem 18. Jahrhundert eingestellt. Gibt es auch einen von Friedrich-Ebert-Str. 118? Oder gibt es solche nur von vereinzelten Bauten?

    Grundsätzlich ist eine Renovation wie bei Friedrich-Ebert-Str. 118 sehr zu begrüssen, auch wenn sie nicht auf denkmalpflegerisch höchsten Niveau stattgefunden hat. Dennoch hat es mich interessiert, was man mit wenig Aufwand noch besser hätte machen können. Es geht vor allem um das Brüstungsband am 1. Obergeschoss, das mehreren Forumsmitgliedern aufgefallen ist. Die vertieften Felder wirken jetzt fremd und ohne Zusammenhang mit den Fenstern darüber:

    Tektonisch ist das Brüstungsband gegenüber den Fenstern jetzt gerade konträr: Unter den Fenstern sollte ein tragendes Element sitzen - jetzt ist es eine Leere mit der Fassadenfarbe als Hintergrund. Dafür sitzen die tragenden Elemente des Brüstungsbandes jetzt verloren unter den Wandfeldern. Das Band sehe ich jedoch als eine Art Balustrade über dem Erdgeschoss an, gegliedert mit Postamenten. Nochmals ein Blick auf den ursprünglichen Zustand (mit den späteren Ladenfenstereinbauten):

    Potsdam Museum - Forum für Kunst und Geschichte. "FS 1457: Potsdam, Hohewegstraße 9" last modified 2023-10-05. https://brandenburg.museum-digital.de/object/2700

    Unter den tragenden Elementen des Brüstungsbandes waren am Erdgeschoss Pilaster vorhanden. Diese fehlen heute gänzlich, aber sie standen mit dem Brüstungsband im Einklang und trugen dieses. Ich sehe diese Pilaster als noch zum Originalbestand gehörend an. So wie sich das Erdgeschoss nach der jüngsten Renovation mit den verkleinerten Fensteröffnungen präsentiert, verkörpert es eher den Historismus mit einem durchgehenden, nicht rhythmisierenden Erdgeschoss. Das Brüstungsband gehört zur architektonischen Gliederung und ist deshalb mal hell gefärbt:

    20240213_170528x.jpeg

    Fotomontage 1 mit hell gestrichenem Berüstungsband (Bildgrundlage von Unify).

    Anstelle der nicht rekonstruierten Gliederung innerhalb der Brüstungsfelder kann man sich zum besseren Verständnis mal Baluster anstelle der auf dem historischen Foto sichtbaren ursprünglichen Verzierungen vorstellen, und zwischen diesen sähe man ja durch, also zur dahinter liegenden Wand. Vermutlich sollten die Verzierungen dieselbe Rolle wie Baluster einnehmen, also auch als durchbrochene Brüstung. Deshalb folgt ein zweiter Vorschlag mit den Verzierungen und im dunkleren Fassadenton gestrichenen Rücklagen:

    20240213_170528xx.jpeg

    Fotomontage 2 mit Verzierungen im Brüstungsband (Bildgrundlage von Unify).

    Und schon sieht die Fassade viel feingliedriger aus, und unsere anfänglichen Bedenken bezüglich dieses eigenartigen Brüstungsbandes sind verflogen. Man müsste diese Verzierungen nicht einmal plastisch ergänzen, sondern zur Not würde auch eine gemalte Gliederung denselben Effekt erzielen. So ein Muster wie beim dritten Achteckenhaus hätte hier viel mehr Sinn gemacht!


    Auch die farbige Behandlung der Brüstungszone am rechten Nachbarhaus sehe ich als falsch an, denn auch dort ist diese im Fassadengrundton gestrichen. Die Eckquader darüber hängen deshalb in der Luft, anstatt dass sie über dem Erdgeschoss ansetzen. Also mindestens die vortretenden Fassadenteile unter den Eckquadern und Fenstern müssten grau gestrichen sein.

    Ich denke eher, dass das Rathaus ein Neubau von 1930/1950 ist:

    Studie: Ein Erhalt des Pähler Rathauses ergibt keinen Sinn
    Gegen einen Rathaus-Neubau stimmt vor zwei Jahren die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in Pähl. Jetzt greift der neue Bürgermeister das Thema wieder auf.
    www.augsburger-allgemeine.de

    Und hier der aktuelle Vorschlag, allerdings erst als Machbarkeitsstudie, also noch kein Projekt. Dennoch sieht die Architektur und der Zeichnungsstil wie aus den 1960er Jahren aus:

    Möglicherweise hast Du einmal diesen Youtube-Beitrag gesehen: Die Entdeckung der mittelalterlichen Stadtplanung. Die Theorie mit den gekrümmten Strassen, die auf verschiedene Kreisradien passen, überzeugte mich nicht. Mir sind auch keine anderen Anhänger dieser Theorie bekannt. Das ganze ist für mich zu gesucht und beruht wohl oft auf Zufällen. Natürlich gibt es eine ganze Reihe von mittelalterlichen Stadtgründungen und -erweiterungen durch Herrscherhäuser. Ziemlich bekannt dürften da die Zähringer mit der Gründung von Bern, Fribourg i. Ue., Freiburg i. Br. und diversen Stadterweiterungen sein. Bei diesen Städten konnten die geplanten, ursprünglichen Parzellenraster nachgewiesen werden. Dennoch sind sie aber in der Minderheit.

    Eine planmässige Stadterweiterung mit rechtwinkligem Strassennetz erhielt beispielsweise im 14. Jahrhundert auch Ravensburg.

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    Ravensburg vor 1647 nach Merian.

    Ein bisschen off-topic für einen Potsdamer Strang, aber beim Planen einer Reise nach Südfrankreich bin ich in Montauban auf eine architektonische Besonderheit gestossen, die mich sofort an Potsdam erinnert hat.

    Montauban ist eine der seltenen Planstädte des Mittelalters und wurde 1144 gegründet. Deshalb weist die Altstadt heute noch ein mehr oder weniger rechtwinkliges Strassenraster mit einem Marktplatz in der Mitte auf. Die Fassaden der an alle vier Seiten des Marktplatzes anstossenden Wohnhäuser erhielten im 17. und 18. Jahrhundert einheitliche Fassaden mit Arkadengängen (Quelle: franz. Wikipedia). Wenn man aber das Satellitenbild betrachtet, sieht man an den Dächern, dass die Bebauung dahinter sehr uneinheitlich ist und teilweise wohl Jahrhunderte auf dem Buckel hat. Allmählich hatten sich aber aufgrund der uneinheitlichen Grundeigentümerstruktur wieder feine Nuancen in den Platzfronten ergeben.

    Der Vorgang ist vergleichbar mit Potsdam, weshalb ich diese Entdeckung hier einstelle.

    Satellitenbild

    360°-Panorama

    Mindestens hätte man bei den beiden versetzten Achteckenhäusern eine horizontale Bänderung der Fassaden vorschreiben müssen, denn diese hätten einen zusätzlichen optischen Zusamenhalt aller vier Häuser gegeben. Auch wenn keine Rekonstruktion der Fassaden vorgesehen war, hatte man trotzdem am städtebaulichen Entwurf der acht Ecken festgehalten, aber ein entscheidendes Element weggelassen. Ein zusammengeschnürtes Paket hält besser zusammen als ein solches ohne Schnüre.

    Mein Vorschlag:
    Man sollte diesem ehemaligen Bewohner des Staudenhofs ein Denkmal setzen. Die Platten, die seine Wohnung bilden, werden samt Balkon und Innenausbau en bloc von einem Kran herabgehoben und an einem öffentlichen Ort oder in einem erschlossenen Eigenheimquartier für authentisches Wohnen wieder aufgestellt. Eine Plattenbauwohnung würde somit authentisch dokumentiert. Daneben noch die schmuddelige Briefkastenanlage und das Paneel mit den Druckknöpfen für die Wohnungsklingeln.

    Ich habe wieder mal meinen Computer aufgeräumt und bin auf folgendes Zitat gestossen, das ich mal gespeichert hatte. Seine Herkunft weiss ich allerdings nicht mehr, aber ich empfinde den Satz als treffende Definition für 'Disneyland':

    "Das, was gemeinhin als Disneyland verstanden wird, ist eine Karrikatur einer gelungenen Gestaltung. Oft überzeichnet, gerne sinnbefreit, und manchmal respektlos den hergenommenen Vorbildern gegenüber."

    Es kann für Personen als auch für Sachen angewendet werden.