Potsdam - Heilig-Geist-Kirche

  • Oh je. Das sieht ja alles sehr schlimm aus....

    Gäbe es denn theoretisch eine Chance, den oberen Turmteil zu rekonstruieren und auf dem Mauerwerkssockel das heutige hässliche Stahlgerippe zu ersetzen?

    Wenn ich heute durch dieses mittlerweile so dermaßen stark veränderte Deutschland gehe, so wird mir klar, dass "unsere" Themen des (an vielen Punkten ja vollkommen absichtlich herbeigeführten) Verlustes an gebauter historischer Identität haargenau die soziokulturelle Situation dieses Landes wiederspiegeln. Kaputt, fertig, zerstört, keine Wurzeln mehr, vielerorts keine Identität mehr.

    Tschuldigung für die emotionale Abschweifung (bin heute sehr wehmütig). Kann gerne gelöscht werden.

  • Wenn ich heute durch dieses mittlerweile so dermaßen stark veränderte Deutschland gehe, so wird mir klar, dass "unsere" Themen des (an vielen Punkten ja vollkommen absichtlich herbeigeführten) Verlustes an gebauter historischer Identität haargenau die soziokulturelle Situation dieses Landes wiederspiegeln. Kaputt, fertig, zerstört, keine Wurzeln mehr, vielerorts keine Identität mehr.

    Gut und schön, aber gerade Potsdam haltet doch stadtbildmäßig gerade kräftig dagegen. Überlegungen zur Wiedererstehung der Heiligengeistkirche, auch was nur den Turmaufsatz betrifft, waren doch immer science-fiction gewesen.

    Ich bin ehrlich gesagt überrascht, dass da herum noch so viel steht. Schon allein das Predigerhaus, das bei St. Nikolai so schmerzhaft fehlt...

    Ich neige auch zu einer pessimistischen, verzweifelten Weltsicht, kann mich an sich abzeichnenden Szenarien verschiedenster Art von ausuferndem Ukrainekrieg bis Zupflasterung meines Landes mit Windradln, von der "soziokulturellen Situation" ganz zu schweigen, nicht erfreuen, eigentlich erscheint mir alles mittlerweile völlig sinnlos, aber gerade Potsdam bietet optimistische Ansätze. Man muss ja auch die enormen ideologischen Widerstände bedenken, die hier überwunden werden mussten. In spätestens zehn Jahren wird man sich (dh werden nur wir uns, so es uns noch gibt) fragen, wie das nur damals möglich gewesen sein konnte. Nur in das Thema Hl. Geistkirche sollte man sich nicht hineinsteigern, da ist nichts zu gewinnen. Darüber hinaus finde ich den Nachfolgebau zwar unerfreulich, aber nicht ganz so erschreckend wie andere .. Wiederaufbauprovisorien.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • ^ Die Frage des Austausches des bis dato nutzlosen Aufsatzes in die historische Welsche Haube ist ja nicht Sache der Stadt. Das Bauwerk gehört einer Stiftung der ev. Kirche, ein Austausch ist von der Politik nicht zu verhindern, wenn der Eigentümer wollte.

    Letztendlich hängt es an den Schrottpreisen, die ein Austausch erbrächte, und einer sinnvollen Nutzung der rekonstruierten Haube.

  • Nochmals die Heilig-Geist-Straße.

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    Und vom gegenüberliegenden Ufer (Nuthepark).

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    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Bevor ich mich mit Potsdamer Stadtbild-Themen befasst habe, habe ich den Turm des Öfteren von weitem wahrgenommen - und ihn für einen Technikaufbau gehalten, eine Art Funk- oder Antennenanlage.

    Fast scheint es, als hätte Burelli da absichtlich einen besonders scheußlichen, nutzlosen Turmaufbau raufgesetzt - um es späteren Generationen leichter zu machen, ihn wieder gegen den Richtigen einzutauschen.

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Dass der moderne Turm es nicht mit seinem grandiosen historischen Vorgänger "aufnehmen" kann ist doch völlig klar. Die Frage ist nur, ob zum Zeitpunkt des Baus der Seniorenresidenz, gegenwärtig oder zukünftig jemals die Chance zum Wiederaufbau der Kirche bestanden hätte bzw. bestehen würde. Ich denke nicht. Das Gezeter und Gezerre um die Garnisonkirche und die Quartiere am Alten Markt spricht doch Bände, nahezu jede Rekonstruktion ist in Potsdam von erbitterten Grabenkämpfen geprägt. Hinzu kommt dass es heutzutage leider keine Rekonstruktionen zum Selbstzweck gibt, dafür fehlt unserer Gesellschaft das entsprechende Traditions- und Geschichtsbewusstsein. Man müsste daher einen konkreten, sinnvollen Verwendungszweck finden, und das ist völlig illusionär. Und als Kirchengebäude würde der Bau im atheistischen Osten ganz sicher auch nicht gebraucht.

    Insofern ist die Existenz des modernen, (schlecht) nachempfundenen Turms vielleicht gar nicht so eine Tragödie wie es hier rüber kommt. Besser als gar nichts.

  • Die Gegner einer Rekonstruktion hätten es bei dieser Kirche schwerer gehabt. Meinem spärlichen Wissen nach zu vermuten, dürfte die Kirche keinerlei NS-Belastung aufweisen, und zudem hätten wohl für den Bau auch keine "ikonischen" DDR-Bauten abgerissen werden müssen. Das Nutzungsargument hingegen ist nicht von der Hand zu weisen.

  • Der entscheidende Punkt war 1997 nicht die Frage Reko oder nicht Reko sondern vom Grundstückseigentümer mit einem gewissen Recht die Frage der Nutzung. Die ev. Kirche brauchte damals keine weitere Kirche und heute dreimal nicht - die Mitgliederzahlen der Kirchen sinken weiter rapide. Deshalb war die Wettbewerbsaufgabe ein Alterswohnstift zu entwerfen, das städtebauliche Qualitäten der einstigen KIrche intergriert. Das ist gelungen und da hätte auch ganz etwas anderes als Seniorenresidenz gebaut werden können.

    Ich weiss, dass sich hier viele an den Gegnern von Rekonstruktion abarbeiten, in der Regel sind diese aber nur eingeschränkt das Problem. Die entscheidende Frage bei Rekonstruktion ist immer eine plausible Nutzungsidee - das wird hier gern verdrängt. Da kommt kein Hasso Plattner oder Günter Jauch um die Ecke, stellt eine historische Kirche wieder hin und sagt dann: siegt mal schon - mit ist egal, was in dem Bau passiert.

    Also bitte neben aller Nostalgie ein wenig Kreativität, wie eine historische welsche Haube überzeugend genutzt werden könnte.

  • Für eine potenzielle Bebauung der Nordseite der Burgstraße wäre eine "Verkürzung" der Halle notwendig, ansonsten passt dort kein normales Wohnhaus plus Abstand hin.

    Laut Sanierungsplan ist von einer zusätzlichen Einfeldhalle mit Verbinder die Rede, was vielleicht auf eine Verkürzung der vorhandenen Zweifeldhalle auf eine Einfeldhalle hinweist. Dann wäre dort Platz geschaffen für Neubauten.

    Sanierung einer Zweifeldhalle (MT 90), welche zusätzlich um eine Einfeldhalle inkl. Nebenräumen entsprechend der DIN 18032 erweitert werden und mittels Verbinder gekoppelt werden soll.

  • was vielleicht auf eine Verkürzung der vorhandenen Zweifeldhalle auf eine Einfeldhalle hinweist.

    Ich halte mich immer dezent zurück wenn hier im Forum mal irgendeine Offtopic Debatte geführt wird, von Foristen die offenkundig keine Ahnung von der Materie haben. Aber jetzt muss ich doch auch mal auf das obige Zitat reagieren und sage:

    Das ist doch absoluter Blödsinn. Die zusätzliche Einfeldhalle wird gebaut, weil der Platz der aktuellen Halle nicht mehr ausreicht. Wie Realitätsfremd muss man sein um so etwas daraus zu lesen. Des Weiteren gehört das Areal noch nicht mal ansatzweise zum Sanierungsgebiet "Potsdamer Mitte". Konstantindegeer hatte es schon häufiger geschrieben aber ich sehe mich genötigt das noch einmal zu wiederholen. Wenn wir seriös über Potsdamer Stadtentwicklung sprechen wollen müssen wir uns normativ im Bereich des Realistischen und Vernünftigen bewegen und nicht darüber faseln ob eine städtische Grundschule die Hälfte ihrer Turnhalle abreißen sollte, damit 2, max. 3 Häuser in der Burgstraße gebaut werden könnten. Einer Straße die, so leid mir das tut zu unseren Lebzeiten wohl so nie mehr existieren wird.

    Wenn es jemand kann, dann ist es keine Kunst. Und wenn es jemand nicht kann, dann ist es erst recht keine Kunst!

  • Langfristig, also wenn die jetzigen Sportanlagen sanierungsbedürftig sind, wäre eine Verlegung des Sportplatzes durchaus möglich. Auf der Westseite der Schule gibt es eine große Zone, die dem Schulgelände zugeschlagen werden könnte. Diese Fragen werden sicher in Zusammenhang mit dem "Rahmenplan Stadtkanal" debattiert, der das gesamte Gelände bis zur Alten Fahrt beleuchten wird und gerade die SVV passiert hat.

    Allerdings müsste die Frage beantwortet werden, warum man das machen soll. Allein die Sichtbarmachung der Burgstraße ist kein hinreichender Grund erhebliche Steuergelder aufzuwenden. Die Uferpromenade ist allerdings schon in einem bedenklichen Zustand und die Grünanlage auch nicht gerade weltkulturerbeverdächtig, deshakb könnte mittelfristig eine Sanierung der Grünfläche sinnvoll sein. Theoretisch ist an der Burgstraße auch Wohnungsbau möglich, wenn auch nicht in großen Maßstäben.


  • Also bitte neben aller Nostalgie ein wenig Kreativität, wie eine historische welsche Haube überzeugend genutzt werden könnte

    Eine Idee wäre vielleicht die Haube mit mehr gläsernen Elementen zu rekonstruieren (so ähnlich wie in Anklam die Kirchturmspitze aber natürlich so nah am Original wie möglich) und ein Dachcafé/Restaurant zu bauen. Von der Höhe hätte man gewiss einen tollen Blick auf die Innenstadt (so ähnlich wie die Garnisonkirche die aber schon eine Aussichtsplattform bekommt )

  • Hallo Fachwerkliebhaber!

    Ich hab ja schon ewig nicht mehr von Dir gehoert! Wie gehts Dir denn?

    Der Turm des Seniorenheims hat ja schon ein Dachcafe/Restaurant!

    Direkt unter den Metalaufbau befindet es sich und ist offen fuer die Oeffentlichkeit.

    Mr.potsdam-fan war mit mir mal hinauf um von oben Bilder zu machen,

    aber das Restaurant hatte gerade seinen Ruhetag. Ich hab es aber durch die

    Glastuer gesehen. Wir sind dann noch die Kuppel ein Stueck weiter rauf.

    Nur ein kleines Stueck. Bis vor ein paar Jahren war

    die Kuppel sogar noch frei und komplett zu begehen.

    Wegen ein paar Jugendlichen die sich Nachts auf dem Gestell haben

    einsprerren lassen ist jetzt nach fuenf metern eine Gittertuer drin

    und abgesperrt. Man kann aber fuenf Meter weit hinaus.


    Wenn man in das Heim geht ist rechts eine Repzeption fuer die offentlich

    zugaenglichen Bueros im Turm.Links gehts zu den Fahrstuehlen.

    Im Turm haben sich Aerzte eingemietet.

    Ganz oben ist das Restaurant. Qualitaet soll sehr gut und der Preis soll

    sehr guenstig sein. Das Restaurant soll Sozialmaessig/Hobbymaessig

    betrieben werden und die Bewohner der Hauses sitzen hier haeufig zum

    Kartenspielen. So wurde mir das erzaehlt.

    Potsdam-fan hat mir auch erzaehlt, dass das Seniorenheim sich Finanziel

    an den Aufbau fast verschluckt hat. Wenn ich mich jetzt richtig erinnere,

    soll der Betreiber sogar schon Konkurs angemeldet haben.

    Das Dilema soll sich Jahrelang hingezogen haben. Das war

    vor vielen Jahren. Die Anlage traegt sich mitlerweile.

    Ich meine, das Gebaeude steht und wenn jemand etwas fuer Potsdam

    machen will, kann man ja Rekostruktionen unterstuetzen oder

    Druck auf die Architektur der Neubaugebiete auszuueben.

    Schickt e-Briefe an die Planer und Politiker.

    Werdet Mitglied von Lokalen Vereinen.

    Herr Konstantindegeer waere sicher nicht der einzige der sich freut!

    Der Wiederaufbau dieser ehemaligen Kirche ist in meinen Augen ein Erfolg

    und das hier angewandte Model kann vieleicht in Wismar oder Bremen

    kopiert werden. Das Haus muss ja nicht komplett aus Wohnungen

    oder Bueros bestehen.

  • Psst. Man gibt dem Sicherheitsdienst hinter dem Tresen 2 Euro, bekommt den Schlüssel für den Turm und kann allein hochfahren. Das wissen nur Eingeweihte, die Seniorenresidenz wollen kein Halligalli.

    Der Turmaufsat aus Stahl wiegt gut 50 Tonnen - das sind momentan leider nur ca. 15.000 Euro Schrottpreis.

  • Reko Kandidat nr 1: Heilig Geist Kirche Potsdam; 2: (Alte) Opernhaus Köln; 3: Justizpalast Magdeburg; 4: Karstadt Gebäude Berlin; 5: Bahnhofplatz Frankfurt am Main; 6: Friedrichstadt Passage Berlin; 7: Verkehrsministerium München.