Die interessante Diskussion über die Sichtachse hat mich dazu verleitet, ein wenig mich mit der Berliner und der Pariser Sichtachse zu beschäftigen.
Beide haben ihren Ursprung in den jeweiligen Königsschlössern, dem Louvre sowie dem Berliner Stadtschloss
In der französischen Hauptstadt hat bereits Caterina von Medici 1564 vom Tuileriengarten den ersten Spatenstich erteilt. Später hat Ludwig XIV den letzten Schliff gemacht und die noch unbebaute Achse anlegen lassen vom Landschaftsarchitekten André le Nôtre. Unter Napoleon kamen der große Triumphbogen sowie der Arc de triomphe du Caroussel hinzu. Als Abschluss der Achse in den 1980er Jahren entstand der Triumphbogen Grande Arche im neu geschaffenen Viertel la Défense als Neuinterpretation und mehr oder weniger gelungenes Spiegelbild seines bekannteren Bruders an der Place de l‘Etoile
Heute ist die Achse vom neu geschaffenen Ehrenhof des Louvre bis hinter dem Grande Arche praktisch 10km lang

1: Louvre, 2 Arc de triomphe du Caroussel, 3 Place de la Concorde mit Obelisk, 4 großer Triumphbogen und 5 Grande Arche de la Défense
Zieht man den Teil der Strecke hinter der Arche, die nicht mehr relevant sind von der fernwirkung ab sowie vor dem Arc de triomphe du Caroussel, sind es knapp 8 km

Vom historischen Triumphbogen hat man einen beeindruckenden Blick auf den „modernen“ welcher auf einer Anhöhe liegt:

Die unschöne Wirkung der S-Bahn Trasse über der Charlottenburger Chaussee
Man sieht aber am Pariser Bsp auch dass hinter dem historischen Triumphbogen, praktisch das ganze Viertel gehört nicht mehr zum eigentlichen Paris wie la Défense, ebenfalls eine „Bausünde“ in Form der Untertunnelung entstanden ist

nun zur Berliner Achse: ihre Ursprünge liegen ebenfalls im 16 Jahrhundert. Kurfürst Johann Georg ließ 1573 einen Reitweg anlegen um das Schloss mit dem Tiergarten zu verbinden , damals ein beliebtes Jagdrevier. In der Mitte des 17 Jahrhundert, wurde dieser Weg mit Linden bepflanzt. Später unter der Führung von Friedrich dem Großen wurde durch den Tiergarten eine große Schneise als Verlängerung geschlagen. zwischen 1674 und 1737 entstand bereits die heutige weitgehend erhaltene Bebauung. Das Brandenburger Tor entstand unter Friedrich Wilhelm II Ende des 18. jh. In den 1930ern wurde die Prachtstraße zum letzten Mal verbreitet und auf dem großen Stern wurde die Siegessäule transloziert.
Insgesamt fast 12km ist die Sichtachse heute lang, vom Olympiastadion bis zum Stadtschloss

1 Berliner Stadtschloss, 2 Reiterstandbild Friedrich der Große, 3 Brandenburger Tor, 4 Siegessäule, 5 Charlottenburger Tor, 6 Theodor Heuss Platz
Wenn man den Abschnitt bis zum Theodor Heuss Platz weglässt (westlich davon ist die Fernsicht zum Schloss nicht mehr gegeben), sind es immer noch rund 9km, also durchaus vergleichbar mit der axe historique in Paris.

Auch die Anhöhe von Charlottenburg Richtung Theodor Heuss Platz ist vergleichbar mit la Défense.


Doch leider befindet sich auf dem Platz nur ein kleiner gläserner Obelisk mit wenig Fernwirkung

Vorschlag: entweder Siegessäule dorthin verschieben. So käme sie besser zur Geltung und es wäre sogar ein toller Aussichtspunkt für Touristen um diese Sichtachse besser erlebbar zu machen.
Oder ein anderes, gerne neu interpretiertes Wahrzeichen (zb ein Spiegelbild des Brandenburger Tors) errichten. Es wäre ein Gewinn für Berlin und ein würdiger Abschluss für die deutsche „historische Achse“