Berlin - Reichstagsgebäude und Spreebogen

  • Bevor jemand vergeblich am Reichstag sucht: gemeint ist der Spreebogen beim Hansaviertel. Die Büste ist an der gegenüberliegenden Spreeseite, in der Straße der Erinnerung.

    Schade, dass kein Ort näher am Bundestag oder Kanzleramt gefunden wurde. Z.B. würde sich doch der "Spreebogenpark" anbieten. Dessen trostlose, öde Erscheinung könnte durch solche Büsten wenigstens etwas interessanter werden.

  • Gibt es eigentlich Überlegungen, die Figurengruppe der Germania und die Reiter(Herolde) sowie anderes Getier (Adler, die ich auf alten Fotos sehe) wieder aufzustellen? Sind ja meines Wissens erst nach dem Krieg entfernt worden, Buntmetall war teuer. Gerade die Germania fehlt über den Giebeldreieck und die Postamente hinten schreien auch nach Vollendung.

    Bei diesen Zeilen bekommt die "Bevölkerung" Schnappatmung.
    Da kannst Du auch nach den Oraniern der Adlersäule und dem Nationaldenkmal am "Humboldtforum" verlangen.
    Undenkbar!!!!!

  • Der Reichstag wurde beim Umbau in den 1990ern nahezu vollständig entkernt, es standen nur noch die Außenmauern. Historische Bausubstanz im Innern gibt es an einigen Stellen, an denen oben abgebildete Graffiti von sowjetischen Soldaten konserviert wurden. Ansonsten ist nahezu alles modern, entsprechend dem Plenarsaal, gestaltet.

  • Nochmals die Südhalle nach 1945:

    Kaiser Friedrich Barbarossa, von Max Baumbach, der hier stand:

    Der gigantische Leuchter im Plenarsaal:

    Einige Innenräume:

    Zwei der phantastischen Fenster (Nord- und Südseite):

  • Der Reichstag wurde beim Umbau in den 1990ern nahezu vollständig entkernt, es standen nur noch die Außenmauern. Historische Bausubstanz im Innern gibt es an einigen Stellen, an denen oben abgebildete Graffiti von sowjetischen Soldaten konserviert wurden. Ansonsten ist nahezu alles modern, entsprechend dem Plenarsaal, gestaltet.

    Den Verlust der opulenten Innenarchitektur haben wir aber im Wesentlichen den Entkernungen der 50er Jahre und dem verheerendem Umbau unter Paul Baumgarten in den 60er Jahren zu verdanken. Foster hat versucht zu retten, was noch zu retten war.

    Einmal editiert, zuletzt von Saxonia (4. Juli 2019 um 20:37)

  • Was für ein Verlust. Die Innengestaltung war von so hoher Qualität und von so einem Wert. Edle Hölzer von Künstlern zu atemberaubenden Wand und Deckengestaltungen verarbeitet. Fenster, die Gesamtkunstwerke sind... Wäre der Krieg und die kulturlose Zeit der 50er bis 70er Jahre nicht gewesen, wäre das Innere heute unter Denkmalschutz gestellt worden.
    Hätten die Architekten und Bauherren um 1900 gewusst was für ein Krieg bevor steht, hätten sie sich bestimmt nicht die Arbeit gemacht so wundervolle Gebäude zu bauen.

  • Bei diesen Zeilen bekommt die "Bevölkerung" Schnappatmung.Da kannst Du auch nach den Oraniern der Adlersäule und dem Nationaldenkmal am "Humboldtforum" verlangen.
    Undenkbar!!!!!

    Ja, diese Dinge würden gut zum Schloß, äh Humboldtforum passen, sie gehören dazu! wie die Germania auf dem Reichstag nebst genannten Figuren.

    Herrliche Innenraumfotos vom Reichstag, aber absolute Staubfänger! Sehr pompös, aber auch sehr gut handwerklich gemacht. Diese Reliefs! Diese Figuren. Aber auch mir stellt sich die Frage, warum die Wappenschilde leer sind....

    In der Architektur muß sich ausdrücken, was eine Stadt zu sagen hat.
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten

  • Der Reichstag wurde beim Umbau in den 1990ern nahezu vollständig entkernt, es standen nur noch die Außenmauern. Historische Bausubstanz im Innern gibt es an einigen Stellen, an denen oben abgebildete Graffiti von sowjetischen Soldaten konserviert wurden. Ansonsten ist nahezu alles modern, entsprechend dem Plenarsaal, gestaltet.


    Interesant ist auch zu Wissen, dass auch die Graffiti der swjetischen Soldaten Zensiert wurden!

    Sprueche wie: "Ich hab schon 20 von Euch gesclachtet und es sind noch immer so viele von Euch da"
    oder "Heute Abend werde ich mir die naechste Scl... nehmen! "
    wurden aus der Graffiti entnommen und entfernt. Andere Graffiti war Politisch korrekt und durfte bleiben, wie:
    "Ich sag jetzt mal hallo" oder "wir sind die Besseren" oder "Hallo, Boris war hier!"
    Damit ist die "Graffiti" auch nur ein Teil von Disney-land und hat keine Geschichte.


    An die Moderatoren und alle anderen: Es ist keine Diskusion beabsichtigt. Ich hoffe, diese Info geht in Ordnung,
    da sie auf die Architektur der Graffiti bezogen ist!

  • Danke für die Info, Bohnenstange. Ja, eine Diskussion sollte es darüber jetzt wirklich nicht geben, aber die Vorgehensweise an sich ist doch interessant. Disneyland ist das natürlich nicht, aber der Grund weshalb die Texte konserviert wurden, wird dadurch nicht erfüllt, nein, es wird sogar bewusst gefälscht. Und das wo man doch, gerade in Berlin, bei jeder Kleinigkeit "Zeitschichten sichtbar machen" und durch die Konservierung von, zum Beispiel, Einschusslöchern (Ruinenkult) "an den Krieg erinnern" will.

    Es gibt eine Architektur, die zur Landschaft gehört, sowie eine andere, die sie zerstört.

  • Dass es auch "unanständige" russische Schmierereien gab, wird in den Erinnerungen mindestens eines russischen Kriegsteilnehmers bestätigt. Der russische Wikipedia-Eintrag zum Reichstag bringt diese Info auch. Auf den historischen Fotos von den Wandnotizen, die hier weiter oben gezeigt wurden, kann man allerdings nichts Unanständiges lesen. Ob die Fotos damals auch schon im Sinne einer Political Correctness zensiert wurden? Interessant fand ich folgenden Zusammenhang:

    Silbermünze "55. Jahrestag des Großen Sieges", Nennwert 100 Rubel, Emittent: Bank von Russland (Bank Rossii), 2000, Avers (Foto: gemeinfrei)

    Die Inschrift über der Angabe "100 Rubel" finden wir auf dem ersten historischen Foto der Schmierereien von Spreetunnel, und zwar oberhalb der rechten Figur, auf der rechteckigen Fläche unter der Säule. Die in ihrer grafischen Form auf der Münze korrekt wiedergegebene Inschrift lautet: "Von Moskau nach Berlin / 1054 km / Major Jakowlew".

    Zu Sowjetzeiten gab es diese Form des Gedenkens sicherlich nicht, denn die Krakeleien haben etwas Unordentliches und Individualistisches. Zudem waren die Wandnotizen damals nicht zugänglich, und die Nutzung des Reichstagsgebäudes war ein Zankapfel im Streit um den Status von Westberlin. Wahrscheinlich verdanken wir den Wiederaufbau des Reichstags in Westberlin dem gesamtdeutschen Anspruch der westdeutschen Politik. Daraus lässt sich vielleicht auch der "entwilhelminisierende" Stil des Wiederaufbaus erklären. Man wollte einen politischen Symbolbau haben, in dem sich das Bekenntnis zur Einheit der Nation und zur Geschichte mit einem Zeichen für die neue demokratische Ordnung auf der Basis des Grundgesetzes verband. Aus politischen und funktionalen Gründen ist es auch verständlich, dass der Reichstag nach der deutschen Wiedervereinigung nicht in seiner historischen Erscheinung rekonstruiert wurde. Heute wirkt er in seinem Innern so steril, dass man für ein paar schäbige, bekritzelte Mauerreste dankbar ist.

    Hätte der Reichstag auf Ostberliner Gebiet gelegen, wäre er sicherlich auch erhalten geblieben - allein schon wegen des berühmten Fotos von Jewgeni Chaldej:

    "Das Siegesbanner auf dem Reichstag", Foto: Jewgeni Chaldej, 2. Mai 1945, Originalversion
    (Quelle: Mil.ru, Verteidigungsministerium der RF, CC-BY-4.0)

    Ich habe den offiziellen russischen Bildtitel angegeben. Als "Siegesbanner" wird im heutigen Russland die Sturmfahne einer Schützendivision wie eine Reliquie verehrt. Sie sieht etwas anders aus als die Fahne auf dem Bild, denn das historische Ereignis wurde für das Foto einen Tag später nachgestellt. In seiner Aussage ist das Foto den Kritzeleien an den Wänden durchaus verwandt. Der Reichstag wurde als Endpunkt eines langen Weges wahrgenommen. Die heute im Reichstag lesbaren "Wandnotizen" enthalten neben den Namen von Militärangehörigen vielfach auch den Ort, an dem ihr Weg nach Berlin begann (vgl. das Beispiel auf der Münze).

    Während über die Entstehung des berühmten Fotos, die beteiligten Fahnen und Soldaten heute viele Informationen verfügbar sind, konnte ich bislang nirgends eine Angabe finden, an welcher Stelle auf dem Dach des Reichstags die Aufnahme gemacht wurde. Deshalb habe ich den Skulpturenschmuck mit anderen Abbildungen verglichen. Dadurch ließ sich der genaue Ort der Aufnahme ermitteln:

    Reichstag, Ostseite (Foto: Arnoldius, Mai 2006, CC-BY-SA-2.5)

    Zwischen dem Mittelbau an der Ostseite und dem Eckturm Südost befinden sich vier Schmuckvasen. An der von der Mitte aus gesehen ersten Vase stehen die beiden Soldaten mit der Fahne. Hinter ihnen sind die drei folgenden Vasen gut zu erkennen, anschließend die beiden markanten Statuen an der Ostseite des südöstlichen Eckturms. Der Fotograf stand etwas erhöht auf dem Rand des Mittelbaus, Richtung Kuppel.

    Reichstag, Ostseite des Eckturms Südost (Foto: Heinzi, August 2011, CC-BY-SA-3.0)

    Die beiden Skulpturen heißen "Wehrkraft zu Lande" (rechts) und "Wehrkraft zur See" (links). Irgendwie passend zu einem Kriegsbild. Der Standpunkt wurde aber sicher gewählt, um dichte städtische Bebauung ins Bild zu bekommen. An der Westseite des Reichstagsgebäudes war zu viel Grün.

    Skulptur "Wehrkraft zu Lande" (Foto: Heinzi, August 2011, CC-BY-SA-3.0)

    Skulptur "Wehrkraft zu Lande" (Foto: Cherubino, Juli 2013, CC-BY-SA-3.0)

    Skulptur "Wehrkraft zur See" (Foto: Heinzi, August 2011, CC-BY-SA-3.0)

    Skulptur "Wehrkraft zur See" (Foto: Cherubino, Juli 2013, CC-BY-SA-3.0)

    Ein interessantes Zeitdokument ist das folgende Foto:

    Berlin (Ost), eine ungarische Gruppe an der Mauer, unmittelbar hinter der Mauer der Reichstag in Berlin (West), südlicher Abschnitt der Ostfassade (Foto: Fortepan / Nagy Gyula, 1962, CC-BY-SA-3.0)

    An der Dachlinie sehen wir genau den Fassadenabschnitt, den entlang Jewgeni Chaldej einst sein berühmtes Foto zum Kriegsende schoss.