Potsdam - Garnisonkirche

  • Gerade werden die ersten Sandsteinplatten rechts am Sockel angebracht:
    Siehe Webcam 8o

    Aber was steht denn da drauf? Kann auf historischen Fotos und auch auf den Neubauvisualisierungen da keinen Schriftzug finden. Ist der historisch oder eine moderne Zutat?
    Und ich dachte, es käme aus Kostengründen erstmal nur der Ziegelrohbau komplett ohne Sandstein?

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Was passiert eigentlich mit dem Mosaik des Rechenzentrums? Das ist mMn schon erhaltenswert irgendwie. Finde Kunst am Bau konnte die DDR.

  • [...] Aber was steht denn da drauf? Kann auf historischen Fotos und auch auf den Neubauvisualisierungen da keinen Schriftzug finden. Ist der historisch oder eine moderne Zutat? [...]

    Das ist eine "moderne" (ich würde eher zeitgenössisch sagen) Zutat. "Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens" in Deutsch, Englisch, Russisch, Polnisch und Französisch. Siehe dazu hier.


    [...] Und ich dachte, es käme aus Kostengründen erstmal nur der Ziegelrohbau komplett ohne Sandstein?

    Das wird meist nur in den Medien suggeriert. Es werden die Elemente weggelassen, welche man später problemlos hinzufügen kann, w.z.B. die Haube oder die Trophäen.


    Was passiert eigentlich mit dem Mosaik des Rechenzentrums? [...]

    Wenn ich mich recht erinnere steht das unter Denkmalschutz und wird auf jeden Fall ausgebaut. Wo es dann hinkommt ist wohl noch nicht geklärt.

    Es gibt eine Architektur, die zur Landschaft gehört, sowie eine andere, die sie zerstört.

  • ...
    do you think there is a chance for that the garden behind the church becomes as beautiful as in the photos of the past?
    ...
    Glauben sie, es ist eine chance, dass der garten hinter der kirche genauso schön wird wie auf den fotos der vergangenheit?

    No, unfortunately, there is probably no chance for the "Plantage" for the next 70 years. Because this was newly designed as a school sports field, playground and also a little public garden. And since the copyright protection now also applies to public gardens, if they were designed by a "art" competition, than we have now at least a 70-year barrier to change. (sorry for bad english)

    Nein leider gibt es wohl für die nächsten 70 Jahre keine Chance für die Plantage. Denn diese wurde gerade neu als Schulsportplatz, Spielplatz und auch ein wenig öffentlicher Garten gestaltet. Und da der Uhrheberrechtschutz nun auch auf öffentliche Gartenanlagen greift, wenn diese durch einen Wettbewerb "künstlerisch" gestaltet wurden, haben wir da nun eine mindestens 70-jährige Veränderungssperre.

    Grüße
    Luftpost

  • Das ist eine "moderne" (ich würde eher zeitgenössisch sagen) Zutat. "Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens" in Deutsch, Englisch, Russisch, Polnisch und Französisch. Siehe dazu hier.

    Auf den bereits gesetzten Sockelplatten des rechten Treppenanbaus ist konkret das Ende des Polnischen und der Anfang des Russischen Schriftzuges zu erkennen. M. E. in der Gestaltung weniger aufdringlich, als ich befürchtet hatte.

    Wer zwischen Steinen baut, sollte nicht (mit) Glashäuser(n) (ent)werfen...

  • Die Veränderungssperre gälte bis 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers - also u.U. deutlich länger. Aber wie Erbse schon sagt, wird die Freifläche wahrscheinlich deutlich früher neugestaltet. Schon weil die Spielgeräte nach einer Zeit nicht mehr schick sein werden...

  • Es geht hier um das künstlerische Urheberrecht, daß sicher nicht die Auswahl der Spielgeräte umfaßt sondern die Wegeführung und den Gesamteindruck der Freifläche.

  • Da hätte man aber auch eine Serifenschrift nehmen können. Viel zu tief ausgefräst, viel zu perfekt, schaut fast so aus, als hätte man sogar eine industrielle DIN-Normschrift genommen - auf einem barocken Turm. Vorsatz oder Dummheit? Ich tippe auf ersteres bin mir mittlerweile aber nicht mehr sicher. Die Grotesk kontrasiert im Detail unangenehm, fast schon vulgär zum (zukünftigen) Rest des Turms. Schöner und passender wären klassische Versalien gewesen, von mir aus eine Bodoni, fein ausgemeißelt, und wenns den Herrschaften zu wenig auffällt dann auch noch vergoldet.
    Andererseits könnte man nun gut ggü. der EKD argumentieren: Seht her, das wird auch der "Bruch" den ihr für das Kirchschiff wollt, der Rest wird komplett und getreu rekonstruiert. Dann könnte ich mit so einem Kontrast gut leben.

  • Ganz bei Dir Tommystyle!
    Mit dem Fräser per Computer "reingestanzt", na ja!?
    Also bei diesem Rekonstruktionsaufwand hätte das händisch traditionell, bildhauerisch mit einer Antiqua gehört.
    Die Deutschen können halt selten mal Gedenktafeln oder auch historische Hinweistafeln mit Stil und edler Noblesse neu anfertigen. Sollten Sie mal nach Frankreich oder Italien schauen!

    Ein andere Gesichtspunkt ist die Frage der Dauerhaftigkeit. So stark eingetieft im Sockelbereich: da bleibt Schnee drin hängen, Wasser dringt ein und vandalische Besucher werden geradezu eingeladen die abstehenden Leerräume eines B abzuschlagen. Einfach Nonsens, sone Schrift in Sandstein zu bringen!

  • Peinlich moralisierend und kulturlos – wie zu erwarten.

    Genau! Um nur nicht in Verdacht zu kommen restaurativ zu sein, wählt man eine herausstechende Schrift im Glauben sie sei ultramodern (dabei erinnert Sie eher an Bravoheftchen der 70iger) und grenzt sich damit gegen eine Verdächtigung erzkonservativ zu sein ab. Gleichzeitig meint man damit aller Rückwärtsgewandtheit enthoben zu sein und stellt sich damit selbst eine Absolution des reinen Gewissens aus, das doch schlechter nicht sein kann, wenn man sich seit Jahren derart in die Defensive (hier in Potsdam mit diesem Projekt) drängen läßt.
    Und der Bibelspruchs bringt's ja noch krasser: Der Herr soll also die Füsse richten. Einen Teufel wird er tun. Deutlicher kann man als Mensch seine Verantwortung ja nicht abtreten, gegen den Sockel treten als mit diesem Spruch.
    Ich glaube der Mensch ist seiner selbst und seiner Handlungen verantwortlich. An den Taten sollt ihr sie erkennen. Unser freier Wille leitet uns zu Taten an, die wir zu verantworten haben. Daß diese Taten gesegnet sind und im rechtmäßigen Sinne eingefügt ins Große und Ganze der Schöpfung geschehen, dazu mag uns Gottes Segen hilfreich zur Seite stehen. Darum können wir im Gebet bitten und gewisslich SEINEN Segen empfangen.
    Aber solche Bibelzitate wie dieser hier ist insgesamt nur abstoßend und zeigt die Schizophrenie der Kirchenleitung auf. Einerseits sich einen modernistischen Anschein geben wollen, andererseits auf einem Glaubensstand vorkant'scherPrägung stehengeblieben zu sein, tsss!???

  • Gerade gelesen:

    Unser Zeitalter wendet seinen ganzen Verstand auf Moral und Selbstbetrachtung; daher er in der Kunst und wo er sonst noch thätig seyn und mitwirken muß, fast gänzlich mangelt.

    Goethe, den 10. Mai 1806.

  • @SchortschiBär: Deine persönlichen Glaubensüberzeugungen seien dir unbenommen. Aber dass die Evangelische Kirche in Berlin, Brandenburg und der Schlesischen Oberlausitz das Recht hat, an einem ihrer Kirchengebäude einen Bibelvers ihrer Wahl anzubringen, willst du nicht ernsthaft in Abrede stellen, oder?

  • Wie kann man auf ein so schönes Motto:

    Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens

    mit soviel Hass reagieren? Wie kann ein Bibelzitat "abstoßend" sein? Oder wie ein anderer schrieb: "peinlich moralisierend und kulturlos"? Das ist grundsätzlich völlig unmöglich.

    "Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens", ist ein ganz schlichter Satz. Dazu passt eine schlichte Schrift. Wir haben es hier inhaltlich nicht mit einer barocken Gedenktafel zu tun, also verwendet man auch nicht die Schrift einer solchen. Nach den Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges hat dieser Wunsch noch eine ganz andere Eindringlichkeit erhalten. Es ist klar, dass man eine Schrift wählt, die nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden ist. Zudem müsst ihr bedenken, dass der Text in mehreren Sprachen erscheint. Die Bodoni ist eine klassische Lateinschrift und hat im Russischen keine Tradition. Die Fotos von Potsdam-Fan zeigen vor allem den russischen Text. Ich muss sagen, dafür passt die Schrift sehr gut.

    Wir sehen auf den Fotos das Ende des polnischen Textes, der im Ganzen lautet:

    SKIERUJ NOGI NASZE NA DROGĘ POKOJU

    und den größten Teil des anschließenden russischen Textes, der da lautet:

    НАПРАВЬ НОГИ НАШИ НА ПУТЬ МИРА

    Und nun noch ein bisschen Theologie: In der evangelischen Kirche sprechen wir vom Lobgesang des Zacharias. Er gehört zum Lukas-Evangelium. Es ist ein Auszug des Textes zum ersten Adventssonntag. Wir sind im 1. Kapitel. Elisabeth hat gerade Johannes den Täufer geboren, und dem Zacharias wurde die Zunge gelöst, und er stimmt den Lobgesang an. Danach folgt das 2. Kapitel mit der berühmten Weihnachtsgeschichte: "Es begab sich aber zu der Zeit ..."

    Die konkrete Textstelle ist Lukas 1, 79. Ich zitiere mal mit dem Kontext aus meiner alten Lutherbibel:

    "Und du, Kindlein, wirst ein Prophet des Höchsten heißen; du wirst vor dem Herrn hergehen, daß du seinen Weg bereitest
    und Erkenntnis des Heils gebest seinem Volk, das da ist in Vergebung ihrer Sünden,
    durch die herzliche Barmherzigkeit unsers Gottes, durch welche uns besucht hat der Aufgang aus der Höhe,
    auf daß er erscheine denen, die da sitzen in Finsternis und Schatten des Todes und richte unsere Füße auf den Weg des Friedens."

    Das "Kindlein" ist Johannes der Täufer. Es handelt sich um einen der zentralen Texte der Christenheit (das Benedictus der Katholiken). Eine bessere Stelle aus dem Evangelium hätte man für den Wiederaufbau der Garnisonkirche doch gar nicht finden können. Christen beziehen sich auf das Evangelium. Die politischen Spekulationen könnt ihr euch schenken. Wie es scheint, wünschen sich hier einige eine völlig sinnentleerte barocke Kulisse und keine Kirche.

    Einmal editiert, zuletzt von Rastrelli (15. März 2019 um 10:24) aus folgendem Grund: Detailkorrektur