Beiträge von Citoyen

    Das Gebäude wurde Anfang 2020 an Breuninger verkauft (s. BKF). Damit dürften die Neubaupläne der LBBW vom Tisch sein. Bezüglich weiterer Zukunftspläne hielt man sich bedeckt. Seither wurde meines Wissens nichts neues bekannt.

    Raa/rab bzw. Na/nab sagt man auch im Oberrheinalemannischen statt herunter bzw. hinunter. Im Hochalemannischen südlich Freiburg (einschließlich der Schweiz) sagt man abe/abi. Ein typischer Satz: "Kumm raa, s'isch ebber doo." (Komm herunter, es ist jemand da.)

    Aber auch im Südfränkischen um Karlsruhe sagt man meines Wissens "ra". Es würde mich nicht wundern, wenn es im Ostfränkischen um Nürnberg auch so wäre.

    Bezüglich der beiden Kupferstiche hast Du natürlich recht, Fachwerkliebhaber . Sie geben nur einen groben Gesamteindruck wieder, zumal Merian wahrscheinlich von Sickinger abgezeichnet hat. Richtig ist auch, daß wir nicht genau wissen, wie die Bürgerhäuser der Vorstädte ausgesehen haben. Man kann annehmen, daß dort noch mehr Fachwerkhäuser erhalten waren, da dort häufig einfachere Bürger wie Rebleute und Gerber wohnten. Bezüglich der Kernstadt darf man aber im 17. Jh. weitgehend von steinernen Bauten ausgehen. Das bestätigen Bauforschungen und die einfache Tatsache, daß bis 1945 noch zahlreiche Steinbauten des 16. Jh. erhalten waren, aber nur die genannten drei Häuser mit Fachwerkobergeschossen.

    Der Grund dafür, daß sich „in Colmar das Fachwerk so viel besser erhalten hat“, ist also – wie zeitlos schon richtig bemerkt hat – daß es in der Freiburger Kernstadt bereits im Spätmittelalter wahrscheinlich kaum noch Fachwerk gab oder daß es spätestens im Barock ersetzt wurde, während in Colmar im Spätmittelalter schlicht weiterhin neue Fachwerkhäuser entstanden.

    Wie diese frühe „Versteinerung“ im Unterschied zum Elsaß zustande kommt, weiß ich auch nicht. Vielleicht liegt es am Zähringer Erbe im Gegensatz zum staufischen Elsaß? Vielleicht am fränkischen Einfluß im Elsaß? So gibt es ja auch sprachlich die Rheinstaffeln, die im Elsaß eine weiter nach Süden reichende fränkische Prägung anzeigen. Jedenfalls ist im südlich von Freiburg gelegenen Markgräfler Land ebenfalls der Steinbau typisch, wohingegen nach Norden der Fachwerkbau deutlich zunimmt.

    Kurz: Zumindest die Kern-Altstadt Freiburgs ist, wie Du richtig vermutest, seit dem Spätmittelalter dem Stadttyp mit traufständigen Steinbauten zuzuordnen, den Karl Gruber die „Schweizerstadt“ nannte mit Bern als Paradebeispiel.

    Das ist so nicht richtig, Fachwerkliebhaber. Die Häuser der heutigen Altstadt waren in Freiburg schon im Spätmittelalter in aller Regel Steinbauten. Bei den Vorstädten läßt sich das nicht sicher sagen, aber die Stiche von Sickinger (1589) und Merian (1640) legen auch dort den gleichen Haustyp wie in der Kern-Altstadt nahe. Letztere wurde von den Franzosen auch nicht zerstört. Dies betraf „nur“ die Vorstädte, die zusammengenommen flächenmäßig allerdings größer waren als die heutige Altstadt, wenn auch weniger dicht bebaut.

    Die „Versteinerung“ der Häuser setzte in Freiburg schon im 12 Jh. ein, wie sich bei Ausgrabungen immer wieder zeigt. Entsprechende Gebäudereste sind häufig noch in den Kellern erhalten. Das von Dir angesprochene Haus „zum großen und kleinen Freiburger“ stammte wahrscheinlich aus dem 15. Jh. An weiteren Fachwerkhäusern gab es das Haus „zum Klettenfels“ am Münsterplatz (Fachwerkgeschoß von 1592) und die erhaltene alte Münsterbauhütte (Fachwerkgeschoß 1609/10). Wir hatten diese Diskussion ja schon einmal. Du hattest damals die Freiburger Kunsthistorikerin Ingeborg Krummer-Schroth zitiert. Dazu zwei Anmerkungen:

    Zitat von Ingeborg Krummer-Schroth

    Vor der Zerstörung der Freiburger Altstadt durch die Bomben 1944 gab es noch mehrere Bürgerhäuser aus Fachwerk*, wir müssen uns das mittelalterliche Freiburg durchaus als Fachwerk-Stadt vorstellen**, es sah etwa wie Colmar aus.

    *Ja, nämlich genau drei (abgesehen von Hinterhäusern, Lauben etc.)

    **Ja, mindestens im 12. Jh. dominierten Holzbauten, sie waren aber bereits im Spätmittelalter und Barock fast vollständig durch Steinbauten ersetzt.

    Die Kern-Altstadt war also bis zur Gründerzeit erhalten und von Steinbauten des Spätmittelalters und Barock geprägt. Erst dann begann nach der verheerenden Zerstörung der Vorstädte durch die Franzosen im 17. Jh der nächste Niedergang durch historistische Überformung (nichts gegen die wunderbaren Gründerzeit-Vorstädte, die damals entstanden).

    Die Bereinigungen der 30er-Jahre finde ich häufig recht gelungen. Auf Bergischers Beispielbild sieht man das Kaufhaus Werner Blust. Hier der Vergleich Historismus–30er-Jahre. Sicherlich war die bereinigte Fassade etwas zu karg. Aber schon die Gründerzeitfassade war meiner Meinung nach kein Glanzstück. So sah es vorher aus: Ein barockes Palais, im 19. Jh. aufgestockt.

    Oder ein sehr gelungener Rückbau: Kaufhaus nach historistischem Umbau und heute nach Bereinigung der 20er-Jahre (unten) wieder wie vorher (oben). Solche positiven Bereinigungs-Beispiele finden sich einige. Die Zerstörung des originalen Jugendstilinterieurs des Theaters zugunsten eines kahlen modernen Inneren war eher eine unrühmliche Ausnahme.

    Der Rückbau des Schwabentors 1954 reiht sich ein in eine ganze Reihe von Purifizierungen unter dem städtischen Oberbaudirektor Joseph Schlippe und dessen Vorgänger Karl Gruber seit den 20er-Jahren, sowie unter Schlippes Nachfolger Hans Geiges seit 1951. Im Ganzen betrachte ich diese Rückbauten von historistischen Überformungen in Freiburg als gelungen.

    Anders als beim Martinstor war und ist die Umgebung des Schwabentors noch weitgehend in den vorgründerzeitlichen Dimensionen. Es gab hier keine ästhetische Notwendigkeit zur Aufstockung,

    vgl. 1892: http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=5-128122-1

    und während der Aufstockung um 1901: http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=5-130335-1

    Staffelgiebel sind hier übrigens vollkommen üblich, Maßwerk und Fialen auf den Staffeln aber nicht. Insgesamt finde ich den Rückbau geglückt. Ein wenig erhöht ggü. dem ursprünglichen Zustand ist es ja geblieben. Besonders der östliche Anbau von 1913 mit dem hohen Giebel verlangte ein etwas höheres Tor. Vielleicht hätte man allerdings das ursprünglich steilere Walmdach rekonstruieren können anstatt des flacheren barocken Pyramidendaches. Das ursprüngliche Dach ist beilspielsweise auf dem Sickinger-Stich von 1589 zu sehen - freilich in insgesamt überhöhter Darstellung.

    Zwischen barock und modernistisch gibt es ja noch ein paar Abstufungen. Ich dachte da an etwas zeitlos elegantes. Wenn Deine Phantasie, UrPotsdamer, dafür nicht ausreicht, kann ich Dir auch nicht helfen.

    EDIT: Da Du häufiger durch Sarkasmus als durch Ironie auffällst, bin ich auch hier von ersterem ausgegangen.

    Es ist wortwörtlich offensichtlich, denn man erkennt es gut auf den Bildern, dass man sich zumindest bemüht hat, die neuen U-Bahn-Eingänge so unauffällig und minimalistisch wie möglich zu gestalten, um die legendäre Sichtachse nicht zu verstellen. Und dies sogar recht smart. Die Seitenwände, welche die Sichtachse nicht stören, sind von edlem Stein und Baubronze verkleidet, und alle Wände, die den Blick stören, sind aus purem Glas.

    Es ist doch einer der häufigsten Irrtümer moderner Architektur, daß "pures Glas" (zumal im historischen Umfeld) am wenigsten auffalle. Nein, das ist alles andere als "smart". Besser wäre eine Ergänzung des vorhandenen Ensembles mit passenden Materialien, z. B. Schmiedeeisen. Wie sooft gilt auch hier: von den Alten lernen. Hier ein Beispiel aus Barcelona:

    https://c7.alamy.com/comp/DF9BGF/en…pain-DF9BGF.jpg

    Bezüglich der Beschilderung stimme ich HelgeK zu.

    Vorhin habe ich nebenbei eine Diskussionauf SWR2 zu Notre-Dame gehört. Barbara Schock-Werner, ehemalige Dombaumeisterin in Köln (unter deren Leitung dort allerdings auch das Gerhard-Richter-Fenster eingebaut wurde) plädierte darin für ein Bleidach. Wenn nicht gerade eine Katastrophe wie in Paris passiere, sei das Material das anpassungsfähigste und dauerhafteste, das man kenne. Sogar für einen hölzernen Dachstuhl sprach sie sich aus, da er das hier notwendige höhere Gewicht als Stahl habe.

    Außerdem lobte sie Viollet-le-Ducs Dachreiter als großes Werk des 19. Jahrhunderts und nannte den 60er-Jahre-Vierungsdachreiter des Kölner Doms als Negativbeispiel für ein zeitgenössisches Werk, das bis heute viel kritisiert werde.

    Rastrelli Wie kommst Du darauf, daß Ost- und Apothekenflügel kunsthistorisch unbedeutend gewesen seien?

    Ich halte von der Lobhudelei gegenüber den modernistischen Teilen des Humboldt Forums gar nichts. Von einigen Foristen wird das geradezu kampagnenartig betrieben. Was soll das bringen?

    Das würde die Mitte Berlins zu einem lebendigen Ort für das gesamte Volk machen. Das, was der Ort sein soll, nämlich für alle offen, für alle Identifikation mit ihrer Stadt, das würde dadurch direkt körperlich erfahrbar.

    Nein, nicht "für alle". Für jene, die noch über Sitte, Anstand und einen Sinn für würdevolle Ästhetik verfügen, wäre dieses Flußbad kein angenehmer Anblick. Es reicht, wenn Berlin sein formloses Selbstbild außerhalb seiner Mitte pflegt. Mit der bevölkerten Rasenfläche des Lustgartens gibt es auf der Museumsinsel schon genug unschöne Versammlungsorte "für alle".

    Rastrelli: Du verkennst, daß nachgotische Gestaltungen im gotischen Stil nicht nur auf das 19. Jh. beschränkt waren. Im Falle der Glasmalerei stimmt es zwar, dies liegt aber auch daran, daß man erst im späten 19. Jh. wieder die technischen Fertigkeiten der mittelalterlichen Meister erreicht hat. Zwei Beispiele für Neuschöpfungen des Freiburger Künstlers Fritz Geiges (1853–1935):

    Neuromanisches Christusfenster in der Pfarrkirche St. Arbogast in Haslach im Kinzigtal (1896)

    Himmelsbachfenster im Freiburger Münster (1924)

    Letzteres weist natürlich starke Jugendstilzüge auf, was Deine These von der Zeitgebundenheit scheinbar stützt. Der grundsätzliche Unterschied zwischen einem figürlichen und einem abstrakten Fenster besteht aber darin, daß jenes auf den ersten Blick auf eine höhere Idee verweist, dieses nicht. Deshalb halte ich den bewußt abwertenden Begriff: "modernistisch" für angebracht.

    Hier wirkten die Fenster mit Sicherheit erhebend, hier sind sie einfach nur langweilig.

    Daß Prof. Mäckler bei seiner eigenen Arbeit hinter den selbst formulierten Ansprüchen zurückbleibt, ist leider nicht zum erste Mal so. Das Grundproblem bei der Neugestaltung liegt aber bei den kirchlichen Bauämtern, die der Meinung sind, auch die kleinste Kapelle nach den vermeintlichen Vorgaben des II. Vatikanischen Konzils umbauen zu müssen. Aber das ist ein anderes Thema.

    Vor kurzem ging eine Meldung über eine EU-Richtlinie durch die Presse, welche die Charta von Venedig in verschärfter Weise aufnimmt. Konkret hieß es in dem Papier, daß bei EU-geförderten Baumaßnahmen Ergänzungen an Denkmalen im zeitgenössischen Stil vorzunehmen sind. In Westeuropa ist diese Praxis ja leider längst üblich, aber nun wird sie EU-weit, zumindest für geförderte Bauten, "empfohlen" (Artikel 16). Rekonstruktionen sollen ausdrücklich nur in Ausnahmefällen gefördert werden (Artikel 19). Auf nationale Projekte, wie wir sie gegenwärtig beispielsweise in Ungarn sehen, dürfte diese Richtlinie also keine Auswirkung haben, sofern keine EU-Förderung vorliegt. Hier ein Pressetext dazu, auf welchen Oststaatler schon hingewiesen hatte.

    Jenseits des Atlantiks sieht es für die abendländische Architekturtradition gerade besser aus: Jüngst erschien ein Entwurf für eine Verfügung des US-Präsidenten mit dem Titel: “Making Federal Buildings Beautiful Again”. Der Entwurf sieht für bundesstaatliche Bauten, insbesondere Regierungsgebäude und Bundesgerichte, „den klassischen Architekturstil (gemeint ist der [Neo-]Klassizismus) als den bevorzugten und Standardstil“ vor. Dieser lege Wert auf Schönheit, respektiere das regionale architektonische Erbe und nötige der Öffentlichkeit Bewunderung ab.

    Wo vom klassischen Stil abgewichen werde, müsse die Gestaltung mit großer Sorgfalt und Rücksichtnahme erfolgen, um eine schöne Gestaltung zu finden, welche die Würde, den Unternehmergeist, die Kraft und Stabilität der amerikanischen Selbstverwaltung vermittle. „Architektur im brutalistischen oder dekonstruktivistischen Stil und die davon abgeleiteten Stile verfehlen diese Anforderungen und sollen nicht verwendet werden.“ Bei Renovierung unpassender Bauten solle eine Erneuerung im klassischen Stil in Erwägung gezogen werden.

    Die etablierte Architektenschaft und die Presse laufen dagegen Sturm: Klick, Klick, Klick, Klick... Und in der FAZ: Klick.

    Witziger Kommentar auf Twitter:

    the panic is understandable... if i were in the business of designing ugly buildings, i wouldn't want normal people getting involved.

    Heimdall: Es hätte zweifellos auch deutlich schlimmer kommen können, keine Frage. Man bedenke aber auch das schlichte Innere: Alles schön kantig und kahl, abstrakte Glasmalereien, ein auf drei Seiten von Bänken umgebener "Volksaltar". Insgesamt eine ganz andere Ästhetik als die traditionell katholische. Besonders bedauerlich finde ich in solchen Fällen immer, daß die in den 50er-Jahren aus Platzgründen ersetzte Barockkirche für die geschrumpfte Gemeinde heute wahrscheinlich völlig ausreichen würde.

    In einem Interview mit Nikolaus Bernau, erschienen in der Berliner Zeitung vom 7.1.2020, wehrt sich Florian Pronold gegen die Vorwürfe. Außerdem stellt er sein Konzept vor, mit dem er die Auswahlkommission überzeugen konnte:

    Mir schwebt vor, daß wir ein lebendiges Gebäude haben, dafür Gastronomie, vielleicht auch ein verdrängter Club aus der Berliner Szene…

    Ich stelle mir vor, dass wir von Mörteln und Hämmern bis zur Virtuellen Baustelle 4.0 ein Angebot machen, das sich gezielt an Kinder und Jugendliche wendet…

    Eine internationale Akademie ist angedacht, in der etwa Städteplaner und Architekten aus Krisenregionen für den Wiederaufbau lernen können.

    Und die alles entscheidende Frage ist, wie man im Bestand zu höheren Einsparquoten kommt...

    Quelle: Berliner Zeitung

    Und, überzeugt?

    Das Andlausche hinten herum


    Link zum Original


    Hier ein Vergleichsbild derselben namenlosen Gasse:

    Blick vom Erzbischöflichen Konvikt zum Freiburger Münster von Osten, Foto: Alois Raslag, 1927, SLUB/Deutsche Fotothek, (Direktlink), Lizenz: Freier Zugang – Rechte vorbehalten.

    Unbedingt den Link zum Original in deutlich besserer Qualität anklicken. Welch herrliche Dachlandschaft! Und welch banale Gestaltung dagegen heute...

    NB: Das alte Andlawsche Haus stand nicht direkt an der Ecke zur Gasse. Sein Dach ist links oben im Foto zu erkennen. Der Neubau wurde um einige Meter versetzt gebaut, so daß er heute das Eckgebäude zu dem Gäßchen bildet.