Neubau Figurentheater/-museum am Kolk - aktueller Status
Mittlerweile ist bereits ein Teil des Rohbaus fertig und ausgerüstet. Ich habe ein paar Fotos gemacht, die ich hier zeigen möchte. Einige der Bilder stellen den Vorzustand vom 23.11.2017 und aktuellen Zustand vom 11.07.2024 direkt gegenüber.
Abb.1: Blick vom Petrikirchhof auf den nördlich der Kleinen Petersgrube liegenden Teil des "Ensembles", Kolk 14, 16 und 18 (v.r.n.l.). Oben Zustand 2017, unten 2024. Das ehemalige Wohnhaus Kolk 18 war angeblich nicht mehr sanierungsfähig, wurde abgerissen und durch das zu sehende Bühnengebäude für das Puppentheater ersetzt. Im Erstentwurf sollte letzteres zunächst so niedrig werden, dass man vom Kirchhof aus nur ein kleine Spitze und ansonsten in die Leere gesehen hätte. Zum Glück wurde das geändert, dennoch passte das Wohnhaus von den Proportionen und von der hellen Farbe her besser. Überhaupt: Das Dach des Neubaus ist mit einer Neigung von nur 30° unangenehm flach. Und ich muss auch hier - wie schon so oft - wieder sagen: Wenn die mir vorliegende "Gestaltungssatzung nach §92 der Landesbauordnung für die Lübecker Innenstadt" noch gültig ist - und mir ist nichts gegenteiliges bekannt - entspricht auch dieser Bau nicht dem geltenden Baurecht. In der Satzung heißt es nämlich - zumal wir hier im strengeren Bereich "A" sind:
Quote
§11 Dachausbildung
Das Dach muss als Satteldach mit einer Neigung von 45° - 65° ausgebildet werden. Abweichend hiervon muß die Dachneigung bei Giebeltypen mindestens 50°, bei Attikatypen mindestens 30° betragen.
Also, einen Attikatyp sehe ich hier nicht. Ich verstehe nicht, warum immer wieder Baugenehmigungen erteilt werden, die offensichtlich nicht dem geltenden Recht entsprechen. Und warum so etwas überhaupt erst entworfen wird - auch der Archtekt, zudem aus Lübeck, sollte doch wohl schon einmal von der Satzung gehört haben.
Bei dem schmalen Mittelbau Kolk 16 sind die Vermauerungen der Fensteröffnungen inzwischen wieder geöffnet und mit passenden Fenstern bestückt worden. Generell eine offenbar sehr saubere und penible Sanierung der Altbauten.
Abb.2: Noch einmal eine etwas andere Perspektive. Der Busch in der Mitte ist leider inzwischen sehr gewachsen und verdeckt den Mittelbau. Auch hier ist zu sehen, dass der Neubau mit einer steileren Dachneigung viel besser gepasst hätte.
Abb.3: Blick vom Petrikirchhof (oben 2017, unten 2024) auf das auch zum Komplex gehörende südlich der Kleinen Petersgrube (die Lücke in der Bildmitte) liegende Haus Kolk 20-22. Hier ist der Bau noch nicht so weit fortgeschritten. Das Haus wurde kompett entkernt - im Inneren entsteht nach dem Haus-im-Haus-Prinzip ein Neubau für das Puppenmuseum. Die Entkernung war wohl vertretbar, weil hier angeblich bereits keine historische Bausubstanz mehr vorhanden war. Überhaupt war auch der Treppengiebel schon in früherer Zeit verlorengangen und wurde erst Ende der 1970er/Anfang der 1980er frei rekonstruiert - außergewöhnlich für diese Zeit. Auch der rückwärtige Giebel fehlte bis jetzt - das hohe Dach war abgewalmt. Wie auf dem Bild zu sehen ist, wird dort offenbar nun wieder ein Giebel errichtet.
Abb.4: Blick von der Holstenstraße in den Kolk (links 2017, rechts 2024). Rechts zweigt die Pagönnienstraße ab. Auch hier ist zu sehen: Die Häuser Kolk 14 und 16 sehen nach der Sanierung aus wie neu. In anderen Strängen wird aktuell die Beseitigung der Patina beklagt bzw. diskutiert, aber ich finde es recht beeindruckend zu sehen, wie ein gotisches Haus direkt nach der Fertigstellung ausgesehen haben muss. Was ich aber dabei sehr seltsam finde: Beim ein paar Beiträge weiter oben geposteten Beitrag zur Giebelrekonstruktion in der Straße Fünfhausen erhebt der Denkmalschutz Einspruch gegen eine 1:1-Reko mit der Begründung, dass das nicht ginge, da man die Zeitschichten sichtbar machen müsse. Hier aber scheint dieses in meinen Augen schwachsinnge Argument (ich bitte den Ausdruck zu entschuldigen, aber wenn ich einen Kratzer im Auto habe, lasse ich den auch nicht mit einer anderen Farbe ausbessern, nur damit sichtbar bleibt, dass da was war) egal zu sein: Die Patina wurde beseitigt und vor allem - das besten am ganzen Projekt: Der im 19. Jahrhundert völlig verhunzte Eingang wurde zurückgebaut und das gotische Portal rekonstruiert! Eine Super-Sache.
Die Freude darüber wird aber auch gleich wieder dadurch geschmälert, dass zwar die Fensteröffnungen im EG ihre ursprüngliche Größe zurückerhalten haben, dann aber leider durch seltsam aussehende neue Fenster geschlossen wurden. Die Rahmen sind viel zu schmal, und es hätten gerne auch mehr Unterteilungen sein dürfen. Aber was soll´s - Fenster kann man leicht ersetzen, Hauptsache das Portal ist wieder da!
Abb.5: Das rekonstruierte gotische Portal noch einmal etwas dichter. Einen günstigeren Winkel konnte ich nicht erreichen, da die Baustelle noch abgesperrt war. Auch hier finden sich die modernen Fenster, und ich meine, dass auch die Tür im rekonstruierten Portal leider modern werden soll. Immerhin sind in den Obergeschossen die alten Fenster geblieben. Die neuen Fenster wollen dazu leider nicht so recht passen, wodurch das leicht möglich gewesene stimmige Gesamtbild des Hauses dann doch wieder gestört wird.
Abb.6: Zum Komplex gehört auch das Haus Pagönnienstraße 1 (links 2017, rechts 2024). Der Altbau - wohl aus dem 19. Jahrhundert - wurde abgerissen und durch einen modernen Anbau ersetzt, der ein Treppenhaus zur Erschließung enthält. Leider nicht besonders umwerfend und zudem auch ein Stockwerk höher als im Entwurf, wenn ich mich recht erinnere.
Abb.7: Blick aus der Pagönnienstraße. Der zuvor gezeigt Anbau auf dem Grundstück Nr.1 ragt aufgrund seiner Höhe unschön ins Bild. und versperrt die Sicht auf den Rückgiebel des Hauses Kolk 14.
Abb.8: Blick aus der Kleinen Petersgrube, links 2017, rechts 2024. Der Neubau wirkt leider sehr massiv und bunkerartig. Zudem ist der ganze Bereich eine einzige "Backsteinorgie" geworden. Sämtliche Gebäude des Komplexes, sowie die hohe Stützmauer des Kirchhofs und auch die Kirche selber sind nun aus demselben Material. Wie auf den Bildern zu sehen ist, hat das hell verputzte Vorgängerhaus einen deutlich besseren Kontrast zu Kirche und Kirchhofmauer dargestellt. Jetzt verschwimmt alles ineinander und wirkt insgesamt auch düsterer. Seltsam, dass im ersten Entwurf, der den Wettbewerb gewann, hier eine helle Putzfassade vorgesehen war. Warum wurde das bloß geändert?
Abb.9: Versöhnliches Bild zum Schluss: Wenn man etwas weiter zurücktritt, fällt der Neubau kaum noch ins Gewicht. Trotzdem schade, dass hier eine komplett historisch erhaltene Staße angetastet werden musste - zumal an dieser sensiblen Stelle.
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