Berlin - Wiederaufbau der Bauakademie

  • Ist doch amüsant. Die Architektenschaft ist überwiegend so weit weg von der Wahrnehmung der allgemeinen Bevölkerung, dass die kopfschüttelnd bis achselzuckend vor solchen Artikeln sitzt. Und diese Leute überhaupt nicht ernst nehmen kann.

    Was allerdings ärgerlich ist und nicht unwidersprochen stehen bleiben darf, sind irreführende Aussagen und Lügen, wie im Artikel von Ulrich Paul in der Berliner Zeitung:

    Die eine Ecke der Bauakademie wurde bereits rekonstruiert. Sie dient als Anschauungsobjekt, zeigt, wie das wiederaufgebaute Gebäude aussehen könnte, wenn es nach dem historischen Vorbild neu entstehen sollte. Ob es so weit kommt, ist offen. Zwar ist klar, dass am alten Standort der Bauakademie neu gebaut werden soll. Doch noch ist unklar, ob die alte Bauakademie äußerlich rekonstruiert wird oder in einem modernen Gewand entstehen soll. Während darüber noch heftig gestritten wird, gibt es jetzt Stimmen, die sich dafür aussprechen, an die verschiedenen Bau-Epochen zu erinnern, die den Standort geprägt haben. Also auch an das DDR-Außenministerium, das dort fast 30 Jahre stand.

    Wie wir an der Satzung der Bundesstiftung Bauakademie sowie dem deutlichen Bundestagsbeschluss sehen, ist die "Unklarheit" eine Selbstinszenierung der Architektenschaft. Da haben Redakteure gefälligst besser zu recherchieren und das ganze Bild zu zeigen, statt parteiisch Informationen zu unterschlagen.

  • Die Bundesstiftung darf also gar nichts anderes tun, als die Bauakademie in der Fassung von Schinkel wiederzuerrichten. Alles andere wäre satzungswidrig und es würden sich genug Kritiker finden dagegen rechtlich vorzugehen.

    Damit ist die Sachlage eigentlich klar, die Satzung ist eindeutig. Gleichwohl frage ich mich warum der beauftrage "Think-Tank" um Guido Spahrs, die lokalen Grünen und die Architekten-Szene eine solch heftige Diskussion um eine moderne oder "grüne" Fassade angestoßen haben, wenn das doch alles eigentlich jeglicher Grundlage entbehrt. Gibt es da vielleicht doch noch irgendwo ein Schlupfloch, das ein Abweichen von Schinkel ermöglicht? huh:)

  • Weil die Architektenschaft und ihre Anhänger mit jeder erfolgreichen Reko ihre Felle davon schwimmen sieht. Gegen die Anziehungskraft wirklich guter, alle Zeiten überdauernder Architektur kommen sie bislang nicht im Geringsten an. Hinzu kommt die ideologische Agenda.

    Darum sind ihnen Beschlusslagen und demokratische Prozesse meist völlig egal, siehe auch Dresdens Neustädter Markt, Potsdams Staudenhof, Rechenzentrum, FH usw. Völlig ignorant gegenüber allem drücken sie über willfährige Journalisten ihre kruden, unauthentischen Botschaften in die Öffentlichkeit. Zum Glück schwindet deren Einfluss immer weiter, weil sich die Bürger dieses Schmierentheater nicht gefallen lassen.

  • Für die Gegnerschaft ist der schon lange beschlossene Aufbau der Bauakademie mit ihrer hist.Fassade noch unklar?

    Aber was soll da noch Unklar sein? :kopfschuetteln:

    Das erinnert an den Staudenhofblock in Potsdam.Da wurde nicht nur ein mehrheitlicher der SVV Beschluss zu seinem Abriss beschlossen,sondern mehrere. Aber die Potsdamer Staudenhoferhalter wollen diese Beschlüsse einfach nicht akzeptieren.Und machen stur und trotzig weiter, mit ihren Aktionen pro Staudenhof.

    Das ist alles nicht so einfach mit dieser Gegnerschaft von Rekos in Deutschland.

  • Man sollte immer in so einer Debatte unvergessen machen, dass die Leute, die Moderne und Innovation hier sehen wollen, diese bereits bekommen werden. So ist es, wenn ich es richtig verstanden habe bisher einzig die Fassade, die als gesetzt gilt, Innen sowie sogar die Dachpartie wird ihnen also wohl zugestanden werden. Es ist also eine unverhältnismäßige Maximalstrategie, die da gefahren wird, bei der das was man schon hat, als gesetzt sieht und den Rest auch noch haben will. Dabei ist es pragmatisch und ein funktionaler Kompromiss, nicht mit dem Stadtbild in Kontakt stehende Bereiche nach modernsten Nutzungsansprüchen zu gestalten und die Fassade zu rekonstruieren, deren ikonischer Symbolcharakter durch nichts auszugleichen ist und damit auch einem modernen Nutzungsanspruch nachkommt. Zusätzlich erreicht man eine rücksichtsvolle Einbettung in die Stadt, wie es ein Bau ohne Geschichte nicht täte. Auch gibt es einfach sehr viele Originalteile. Und letztlich wissen zumindest Wir hier, dass so eine Fassade garantiert, ganz nachhaltig, über Jahrhunderte stehen bleiben wird. Das geht aber nur, wenn man das Werk auch unbeeinträchtigt lässt.

    Edit: Offenbar laut den Foristen soll auch das Innere als Vollrekonstruktion vorgesehen sein. Da habe ich nicht ausreichend mich informiert. Danke für die Richtigstellung.

    Einmal editiert, zuletzt von Majorhantines (13. Dezember 2022 um 01:28)

  • Weil die Architektenschaft und ihre Anhänger mit jeder erfolgreichen Reko ihre Felle davon schwimmen sieht.

    Eine saubere Rekonstruktion der Fassade benötigt auch einen Architekten, der viel Geld dabei verdienen kann.

  • Wobei ja eigentlich das Innere wichtiger war als das Aeussere:

    In diesen Gebaeude wurde das sogenannte "Offene Konzept" erstmalig direkt eingesetzt.

    Das hiess, das im inneren alles aufgeteilt werden konnte wie gewollt und veraenderbar.

    Die Bauakademie ist eins der wenigen, wenn nicht sogar die einzige Erfindung

    im Internationalen Bauwesen aus Berlin ueberhaupt. Diese Erfindung war so Erfolgreich,

    das Weltweit millionen Bauten mit diesen Prinzip gebaut wurden!

    Von Mexiko bis Korea! Die Gruenderzeitlichen Fabriken, Verwaltungen und Lager

    waren und sind in Neubauten heute noch nach diesen Prinzip.

    Die ganzen sogenannten "Lofts" in SoHo in New York zum Beispiel haben in der Bauakademie

    ihren Ursprung! Unsere Bauakademie vom Schinkel ist die Mutter aller Lofts, aka

    Offenes Konzept mit hoher Deckenhoehe. Diese Akademie war Innen wichtiger als Aussen.

    Soweit ich das verstehe soll das Innere wieder im O Konzept gebaut werden.

    Warum also nicht die paar Saeulen an der selben Stelle setzen wie vorher?

    Wenn das Gremieum doch aus Studierten bestehen soll,

    was stimmt hier also nicht?

  • Ja, die Konstruktionsweise, das Modulare, das Offene und die Flexibilität sind die bauhistorische Besonderheit der Bauakademie.
    Darum lässt sich das Gebäude nur ganzheitlich denken und konzipieren. Wenn nur die Fassade als Hülle wiedererrichtet würde, wäre das zu wenig, um der Bedeutung von Schinkels Hauptwerk gerecht zu werden. Darum hat man ja so früh auch schon den Saal errichtet, um genau das zu verdeutlichen.

  • Die immer schwachsinnigeren Forderungen, wie das DDR Außenministerium mit einzubringen, haben womöglich einen positiven Effekt. Es sollte Herrn Spars langsam klarwerden, dass, durch die Aufweichung aller vorherigen Beschlüsse und einem vollkommen offenen Wettbewerb, hier ein Desaster droht. Ein Frankenbauakademonster, das wirklich keiner haben will.

    Ich finde es eh befremdlich, dass jemand wie Herr Spars nicht eher in die Geschichtsbücher eingehen möchte, als der kluge Mann, der Schinkels Architekturikone wieder zurückgebracht hat, welche dann voraussichtlich viele Jahrhunderte wieder besteht und strahlt, als der Dumme, der ein im besten Fall gerade annehmbaren modernistischen, aber in 20 Jahren eh wieder veralteten, Kasten auf den Schinkelplatz und in den Rücken von Schinkel gesetzt hat.

  • Und steht der neue Saal auf den alten Fundamenten, bzw. entspricht die Lage jener im alten Grundriß und wäre dieser Saal auch in einer in ihrer Binnenstruktur rekonstruierten Bauakademie integrierbar!?

  • Nein. Daher frage ich mich, wie man den Raum integrieren oder ggf. versetzen/abbauen und wieder am Originalplatz einbauen könnte. Oder ob man den Saal an der Stelle belässt, damit mehr Veranstaltungsflächen zur Verfügung stehen.

    Zitat

    Am 25. Ok­to­ber 2004 be­gan­nen die Ar­bei­ten am ca. 200 Qua­drat­me­ter gro­ßen Mus­ter­raum der Bau­aka­de­mie. Der Raum ent­spricht ei­nem Saal aus dem 1. Ober­ge­schoss des Ge­bäu­des. Wän­de und De­cken wur­den aus Zie­geln ge­mau­ert, drei Säu­len aus Sand­stein und Kunst­stein tra­gen ein auf­wän­di­ges Kap­pen­ge­wöl­be. Die ge­plan­te voll­stän­di­ge Re­kon­struk­ti­on mit Ta­fel­par­kett­bo­den, Ei­chen­holz­fens­tern und ver­putz­ten so­wie be­mal­ten De­cken und Wän­den wur­de nie aus­ge­führt. Der In­nen­raum wird schon als Roh­bau seit En­de Sep­tem­ber 2005 für Ver­an­stal­tun­gen und Aus­stel­lun­gen ge­nutzt. Mit dem Mus­ter­raum soll ge­zeigt wer­den, wie Karl Fried­rich Schin­kel ge­baut hat und wie sei­ne Ar­beit re­kon­stru­iert wer­den kann.

    https://www.noefer.de/de/projekte/bauakademie/


    Vermutlich waren dem Verein die Erdgeschossräume zu klein und unrepräsentativ. Wobei man ja einige Zwischenwände erstmal hätte weglassen können.

    Siehe Schinkels Grundrisse:
    SAE_BauakademieGR.jpg

    commons.wikimedia.org/wiki/File:SAE_BauakademieGR.jpg?uselang=de

  • Oh Mann, was für ein toller Bau - auch und nicht zuletzt mit diesen Konstruktionen auch innen.

    Eigentlich habe ich die Hoffnung fast schon aufgegeben, dass das mit der BA noch klappt.

    So ein heftiger Gegenwind für soch einen hochbedeutenden, politisch völlig unbelesteten und eigentlich für jeden modernen Architekten doch ikonischen Raum.....

    Einmal mehr sieht man, wo wir heute hingegkommen sind [ich hör mich schon an wie ein alter Mann], dass dies alles offenbar nicht mehr wahrgenommen bzw. wertgeschätzt wird (von unseren "Eltiten").

  • Das Amüsante ist ja, dass heutige Architekten so auf vermeintliche "Zukunftsthemen" und "Neues schaffen" versteift sind, dass sie sich schon nicht einmal mehr mit den Wurzeln des Modernismus befassen, dem sie im Geiste nacheifern wollen. Maximal bis zum Bauhaus zurück reicht dieser historische Blick noch - und selbst da nur für das Oberflächlichste und Plakativste. Die Bauhäusler selbst hatten ja überwiegend noch eine klassische Ausbildung.

    Doch wer von den heute aktiven Architekten hat sich mal eingehend mit Louis Sullivan, Arts & Crafts, Reformarchitektur, Secession/Jugendstil/Modernisme, Revolutionsarchitektur, Henry van de Velde, Katsura, Schinkel und Co. befasst? Diese Abgetrenntheit der Architekturwahrnehmung sorgt dann für die Kuriosität, dass selbst eindeutige Pionierbauten nicht mehr als solche registriert und anerkannt werden. Kaum ein Berufszweig ist so absichtlich geschichtsvergessen. Das ist wie eine Elternwunde in der Familientherapie, die geheilt werden darf.

  • Eigentlich muss man da - auch innen - kaum etwas ändern. Die Aussenwand muß GEG-konform werden (vermutlich etwas stärker), der zweite Fluchtweg braucht eine zweite, breitere Treppe und die zu kleinen Zimmer können angesichts der Konstruktion Stützensäle werden. Belichtung im Mezzaningeschoss muss man prüfen und das Impluviumdach kann mit Solar- oder PV-Ziegeln gedeckt sein. Eigentlich keine große Sache.

    Die Aussenwand kann man entweder (wie die Garnisonkirche) mit Kleinformaten mauern oder eine Stahlbetonwand mit Blähton stellen und eine Vormauerschale mit Klinkern herstellen. Zweiteres ist vermutlich bei gleicher Energieeffizienz dünner. In Potsdam haben wir sowas schon bei einer Reihe von Bauten mit Erfolg gemacht, eigentlich keine große Sache.

    Für das Heizen bietet sich eine Erdwärmebohrung an, Schichtenspeicher in den Keller. Da braucht man keine Wettbewerbe sondern Willen zur Werktreue.

  • Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.