Zum Thema Kuppelinschrift ist ja schon vieles gesagt worden, u.a. in dem Berliner Extrablatt-Artikel Metaphysik des Dienens.
Die Königsidee Friedrich Wilhelms IV. war biblisch-mittelalterlich - der König versteht sich als den Gesalbten des Herrn (so viel zum Thema Antijudaismus), der seine Herrschaft als göttliches Lehen ausübt und anders als Ludwig XIV. das Gesetz nicht eigenmächtig personifiziert, sondern das göttliche Gesetz bzw. das Naturrecht umsetzt.
Dazu weiterführende Gedanken.
Diese Vorstellung von Gottesgnadentum bedeutet, das FW einerseits das göttliche Recht - und damit auch seine Königsherrschaft - gegen Atheisten verteidigen muss. Aus Sicht der Aufklärung ist das natürlich intolerant (so intolerant wie im Gegenzug jene Teile der Aufklärung, die das Christentum bekämpfen).
Und dann gibt es noch einen innerchristlichen Diskurs. Im Wiener Kongress waren die katholischen Rheinlande an Preußen gefallen. Bekanntlich suchte FW die Rheinlande an Preußen zu binden, u.a. durch die Förderung des Kölner Dombaus, aber auch durch Anbindung an die Infrastruktur (erste Hohenzollernbrücke).
Die Berufung auf den EINEN Gott bzw. auf Christus, vor dem ALLE die Knie beugen sollen, deute ich daher auch als einen Akt der Vergemeinschaftung. Sie umfasste nicht nur die Katholiken, sondern auch verschiedene Strömungen des Protestantismus. Die Kirchenunion zwischen Lutheranern und Kalvinisten von 1817 lag noch nicht so lange zurück, es gab noch jede Menge sozialisierter Lutheraner sowie Kalvinisten niederländischer (Kleve) und Genfer Prägung (Neuchâtel).
Und nicht zuletzt dachte Friedrich Wilhelm gesamtdeutsch, wenngleich er die Kaiserkrone der Paulskirche ablehnte.
Ergo: Die Botschaft der Kuppel lautet: Deutsche und Preußen, König, Adel, Bürger, Bauern, Handwerker - alle sind christgläubig und verehren Christus als das alleinige Heil der Welt. Das verbindet sie. Und es stärkt die Autorität des Königs, der in der Verehrung Christi beispielhaft vorangeht, anstatt die Bevölkerung durch einen eigenmächtigen Absolutismus zu spalten.
Eigentlich sehr sympathisch.... Aber vermutlich wird das Herrn Bernau nicht interessieren. Sich vorurteilsfrei mit Geschichte auseinanderzusetzen, ist immer mühsam.