Betrachtet man den Berliner Neptunbrunnen, kann man Begas' ganze Meisterschaft sehen: in der Darstellung der Anatomie, der physiognomischen Charakterisierung, der Bewegung, der Pose, der Körperhaltung, der Behandlung der Oberflächen und der Zusammenführung der einzelnen Figuren mit der Brunnenarchitektur zu einer Gesamtkomposition.
Hinzu kommt eine Reihe verdeckter oder offener humoristischer Elemente, die das gesamt Sujet innerhalb der "niederen Stilebene", also dem Bereich des Alltäglichen, ansiedeln. Die Flusspersonifikationen sind keine vornehmen Nymphen, sondern junge Frauen vom Land, der Gott selbst ist ein zauseliger Seebär.
Als Vertreter des Berliner Neobarock schöpft Begas aus einer bis in den Hellenismus zurückreichenden Tradition, die er meisterlich neu anwendet.
Dagegen ist die Bremer Figur, so nett es ist, einen Brunnen in der Fußgängerzone zu haben, unendlich platt. Keine Nuancierungen, keine Pointen, keine wirklich gestalterische Kraft, kein Ansatz mit unterschiedlichen Texturen zu spielen, kein organisches Zusammenwirken der einzelnen Teile im Rahmen eines übergeordneten Ganzen. Stattdessen ein additives Aneinandersetzen von Einzelteilen, die nicht zusammenwirken.
Nun kann man ja durch Geometrisierung durchaus abstrahieren und reduzieren - Picasso vermochte das, Barlach auf seine Weise auch. Am besten freilich findet man die Kunst der Komprimierung in den Bozzetti des Barock.
Eine solche Abstraktion und Reduktion setzt aber voraus, dass man das Eigentliche, den Wesenskern, erfasst hat, so dass er erkennbar bleibt bzw. noch mehr verdeutlicht wird. Oder aber, dass man die Reduktion bzw. Abstraktion nutzt, um ganz neuen Ausdrucksformen, die im Sujet an sich gar nicht angelegt sein müssen, zu gewinnen: zum Beispiel durch die Auflösung eines Gewandes in ein plastisches Spiel von Licht und Schatten (das freilich mit dem Bildthema insofern zu tun haben kann, als es innere Erregung oder Leidenschaft oder ein "Ergriffensein" sein durch das Wehen des Göttlichen Geist ausdrückt).
In Bremen aber haben wir es m. E. bloßer Banalisierung zu tun.




