• Nun ja, marc, jedem seine Meinung.
    Frisch sanierte Gebäude werden noch vor dem Auspacken flächig besprüht, die Reiterstatue Unter den Linden bekommt regelmäßig Farbbeutel, an den Generälen wurden wiederholt Stücke aus den Marmorstatuen geschlagen, eingeschlagene Scheiben von Bushaltehäuschen, zerkratzte Scheiben mit Tags übersäte Wände usw., die Liste ließe sich endlos verlängern (vor einigen Wochen stieg ich mal nachts in einen S-Bahnwagen ein, da traf mich der Schlag: Boden, Sitze, Wände und Decke besprüht und vollgeschrieben, ein Sitz aufgeschlitzt, Gummidichtung an einem Fenster abgerissen und ein Plakat abgefackelt; dazwischen Müll - ist das die unperfekte Welt, die du willst, dann fahr du mit solchen Bahnen, ich hab darauf keine Lust). Wenn das ab und zu mal vorkäme oder wenigstens noch einen indirekten Sinn hätte, aber das Ausmaß an Vandalismus in Berlin ist schon exorbitant. Wenn du Toleranz ggü. solchem Verhalten üben willst, ist das deine Entscheidung, ich tue es nicht.
    Mir ist jeder halbwegs kultivierte Modernist lieber als ein schlichtweg dummer Vandale. Wer Grafitti schön findet, der kann ja gerne auf seinen eigene Wänden welche malen (und nicht fremdes/öffentliches Eigentum zerstören). Davon abgesehen hat 99,9% von dem, was gesprüht wird (von tagging, scratching, bombing etc. will ich gar nicht reden), ohnehin keinen künstlerischen Wert. Bei mir um die Ecke an einer frisch sanierten U-Bahnhaltstelle hat jemand einfach eine 10m lange und ca. 15cm dicke Wellenlinie über die Wand gesprüht. Hirrnloser geht's echt nicht mehr.
    Und die "Dichte" ist eben schon ein wesentliches Kriterium. Dass ab und zu mal irgendwo geschmiert oder etwas kaputt gemacht wird, das kommt eben vor, lässt sich nicht verhindern und ist auch kein Problem. Wenn es allerdings zu viele Leute sind, die sich so verhalten, dann wird's problematisch. Und in Berlin gibt es viel zu viele.

    Eine der vorzüglichsten Eigenschaften von Gebäuden ist historische Tiefe.
    Die Quelle aller Geschichte ist Tradition. (Schiller)
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten.

  • Zitat von "marc!"

    Solange die Sprayer noch nicht ueberall automatisiert gefilmt, registriert und bestraft werden,...


    Ja, das wird wohl nicht anders zu machen sein, so lange rücksichtslose "Selbstverwirklicher" auch noch Fürsprecher finden... :schockiert:

    Der Wind gedreht
    Albtraum verweht
    Zum Schluss jetzt das Glück
    Das Schloss kommt zurück!

  • Einer der Vorteile von Dresden: es gibt ausgesprochen wenig Graffiti. Hier sind auch die öffentlichen Verkehrsmittel in gutem Zustand und die Haltestellen fast alle unbeschädigt.

    --
    Aenos

  • oh, die Sprayer scheinen euch ja echt auf die Nerven zu gehen...
    na vielleicht unterschaetze ich ja auch das Ausmass in Berlin.
    ich weiss nur, dass ich in Deutschland im Vergleich zu USA, Frankreich, Italien, Russland etc schon immer alles als vergleichsweise haesslich empfunden habe: die deutschen Uniformen, die Farbe der Taxis, Polizeiautos, Telefonhaeuser, Bahnhoefbeschilderung, Ladengeschaeftspassagen/fassaden, Schwimmbad-innenausbauten (komische orange Kacheln...) und Sportanlagen etc etc
    Ueberall die falsche Farbe, Schriftgroesse, Material...

    Zu dieser Haesslichkeit in hellen Farben, am liebsten immer weiss oder grau, hier und da garniert mit blau, gelb, rot oder orange fuer Fensterrahmen und Tueren, gesellt sich vielerorts die deutsche Ordnung, die dieses modernistische 'Grauen' auch noch so schoen pflegt und pedantisch sauber haelt, so dass sich der deprimierende Eindruck insgesamt noch immens verstaerkt.

    Wenn ich mich hingegen in New York, Marseille oder Moskau in den Randvierteln aufhalte, so ist es dort so verwildert, Tags und Muell und Gammel, auch anderes Design, so dass die Szenerie fast wieder etwas romantisches hat, auf jeden Fall fuehle ich mich subjectiv wohler, da halte ich eher abends mein Auto an und hol die Weinflasche raus...
    Daher mein vorheriger Beitrag... kann das jemand nachvollziehen? ist ne visuelle Thematik...

    Wenn ich hingegen in Nimes, Gent, Mont St. Michel, Graz oder Perugia mit anscheinend omnipresenten Schmierereien konfrontiert wuerde, dann waere meine Reaktion sicher eine ganz andere. Aber komischerweise werden schoene Gegenden auch nur selten so versaut. Da ist natuerlich auch ein sozio-kultureller Zusammenhang.

    Fazit: wenn ich im Ruhrgebiet unterwegs bin, und es faehrt eine fett gesprayte S-Bahn vorbei, so ist dies oft der einzige Farbpunkt in dem Meer von grauem, vollbeschildertem Muell dieser ehemals, im Vergleich, paradiesischen Orte. Ich bin dann wirklich immer froh darueber, denn so gibt es visiblement noch eine Regung menschlichen Lebens und menschlich Irrationalem in dieser Welt des Kapital, Macht, letzlich Staerke akkumulierenden Systems (konstatierend, nicht wertend)
    Falls jemand mal den Film ' Brasil' gesehen hat...
    So aehnlich.

    Und deshalb wollte ich die 'Hand abhacken' Auesserung auch etwas relativieren.
    Man sollte immer von allen Seiten betrachten, dass macht die Qualitaet dieses Forums' auch aus...

    Und Qualitaet setzt sich letzlich immer durch, oder ?! 8)

    PS
    Wie oft habe ich darueber nachgedacht, selber mal nachts ne Protestspray Aktion durchzufuehren, der praepotente 2.Hand ZiegelKunstBunker in Mitte, die idiotische Akademie der Kuenste am Pariser Platz, das Band des Bundes und die gepriesene Foster Kuppel (komplett debil aber ueberall geruehmt) waeren meine Primaerziele in Berlin...
    Naja, die britische Botschaft und die Gedaechtniskirche samt Umfeld sind auch noch so Klischeewitze, mit ins Paket...
    Das ICC kann stehenbleiben, aber die Philharmonie kriegt auch noch den " begabungsloser Klassenprimus Mitlaeufer" Tag.

    Also bitte, immer sachte, sachte,
    mit dem Hand abhacken...
    :gg:

  • Zitat von "Aenos"

    Einer der Vorteile von Dresden: es gibt ausgesprochen wenig Graffiti. Hier sind auch die öffentlichen Verkehrsmittel in gutem Zustand und die Haltestellen fast alle unbeschädigt.

    --
    Aenos

    *gg* ich glaube, das liegt an der mentalität der dresdner, die noch etwas aus der ddr zeit herübergeretet haben. da interessiert man sich noch fürs miteinander. ich bin in dresden mal zusammen mit einem teenager im bus gesessen, der anfing die scheibe mit seinem schlüssel anzukratzen. als erstes bekam er ne backpfeife von der oma hinter ihm und ein älter herr schleifte ihn dann vor zum busfahrer... :gg:

  • Zitat von "marc!"


    Daher mein vorheriger Beitrag... kann das jemand nachvollziehen? ist ne visuelle Thematik...


    Vielleicht sollte Sie ´was anderes rauchen, wenn sie wieder mal in Deutschland sind... :augenrollen:

    Der Wind gedreht
    Albtraum verweht
    Zum Schluss jetzt das Glück
    Das Schloss kommt zurück!

  • Zitat

    Wie oft habe ich darueber nachgedacht, selber mal nachts ne Protestspray Aktion durchzufuehren, der praepotente 2.Hand ZiegelKunstBunker in Mitte, die idiotische Akademie der Kuenste am Pariser Platz, das Band des Bundes und die gepriesene Foster Kuppel (komplett debil aber ueberall geruehmt) waeren meine Primaerziele in Berlin...
    Naja, die britische Botschaft und die Gedaechtniskirche samt Umfeld sind auch noch so Klischeewitze, mit ins Paket...
    Das ICC kann stehenbleiben, aber die Philharmonie kriegt auch noch den " begabungsloser Klassenprimus Mitlaeufer" Tag.

    *g in Lübeck wurd vor einigen Jahren ein billiger Investorenneubau hingebaut, dessen Wände innen wie aussen teils mit purem Sichtbeton verschönert sind, manchmal dachte ich da auch schon an eine solche Aktion...

    Die Gedächtniskirche empfind ich aber alles sehr schön so wie sie ist, auch der Anbau ist mir irgendwie symphatisch, stellt sich nicht in den Vordergrund. Aber das ist eine andere Geschichte.

  • Zitat

    ich weiss nur, dass ich in Deutschland im Vergleich zu USA, Frankreich, Italien, Russland etc schon immer alles als vergleichsweise haesslich empfunden habe: die deutschen Uniformen, die Farbe der Taxis, Polizeiautos, Telefonhaeuser, Bahnhoefbeschilderung, Ladengeschaeftspassagen/fassaden, Schwimmbad-innenausbauten (komische orange Kacheln...) und Sportanlagen etc etc

    Nicht zuletzt deshalb bin ich so ein großer Anhänger der Globalisierung: Jedem, der unter Deutschland leiden muss, soll die schöne, große weite Welt immer offen stehen. :zwinkern:

  • Zitat von "marc!"

    oh, die Sprayer scheinen euch ja echt auf die Nerven zu gehen...na vielleicht unterschaetze ich ja auch das Ausmass in Berlin.
    ich weiss nur, dass ich in Deutschland im Vergleich zu USA, Frankreich, Italien, Russland etc schon immer alles als vergleichsweise haesslich empfunden habe: die deutschen Uniformen, die Farbe der Taxis, Polizeiautos, Telefonhaeuser, Bahnhoefbeschilderung, Ladengeschaeftspassagen/fassaden, Schwimmbad-innenausbauten (komische orange Kacheln...) und Sportanlagen etc etc
    Ueberall die falsche Farbe, Schriftgroesse, Material...

    Hey Marc, leidet du auch unter Meckerkrankheit. Ich finde amerikanische Innestädte sind oft so von hässlich und autoangepasst. Die Innestädte sterben oft aus und allen ziehen sich zurück in ihre spiessige langweilige Wohnvororte.

    Ich finde es gibt tatsächlich genügend zu kritisieren in Deutschland. Aber es gibt auch Dinge zu Loben. Wer sich nicht balanciert auftritt wirkt für mich aber sehr Oberflächlich.

  • davila
    ja recht haste, alter ironiker, und in koeln oder hannover etc wuerde ich auch nie mehr freiwillig leben, und da ich in zurich 3mal mehr verdiene und im wochenendhaus in nizza schoene provenzialische architektur und franzoesich-italienische kultur geniesse, in den pastellfarben und fensterformaten die studi ja so gar nich mag...
    ich habe mit den fuessen abgestimmt, wie man so schoen sagt...

    @johan
    ja, ich meckere viel, weil ich in mitte-nord-west Deutschland urbanistisch den menschenmoeglichen nullpunkt erreicht sehe und noch immer weiter an dessen unterbietung, mit tollen parolen geschmueckt, gearbeitet wird.
    also wenn ich in NRW us-amerikanische verhaeltnisse hatte, waere ich froh... johan, sorry, aber sonen urbanistischen muell, wie ihn zBsp meine heimatstadt koeln darstellt, habe ich in usa noch nirgends gesehen.
    allerdings habe ich auch nicht alles gesehen, aber ich bezweifle es sehr...
    gerade die von dir angesprochenen wohnvororte habe ich vielerorts als sehr aesthetisch empfunden...

  • @Marc
    Warst du in Cleveland? Das ist Mühl Pur. Kann man einfach nur wegwerfen. Detroit ist auch mühl....Los Angeles ist neben Kiruna eine die hässlichste Städten der Welt...die Liste kann weitergehen....Es gibt schöne Ecken in Nordamerika. Quebeck ist schön. Montreal hat ein ziemlich schöne Altstadt....ich finde auch dass manchen Ecken von New York und Boston hat seine schönheiten.

    Sicher siehst du es von deine Sicht. Aber meine Erfahrung von folgende Städten: ich habe 3 monaten in Flensburg, 1 Jahr in Nürnberg, drei Monaten in Freiburg, sechs Monaten in Konstanz und jetzt zwei Jahren in Oldenburg...ich muss sagen ich finde deine Meinung zu einfach. IAllen waren sehr schöne Wohnorten...Ich kann nicht einsehen warum diese Wohnorte slechter sind als die in USA und Italien sein sollen.

    Ich muss auch zugeben dass ich auch ganz gern ferien in Deutschland macht. Wenn du steht auf Philosophenweg in Heidelberg und schaust die Schloss und Altstadt an..ist das Mühl? Oder ist die Blick von Veste über Passau-altstadt mühl? Oder die Blick auf Schweriner Schloss oder Schlossberg in Quedlinburg? Oder die Blick von Steinerne Brücke in Regensurg...

    Aber ich finde auch es gibt sehr viel hässliches hier auch. Hannover ist trostlos und langweilig wenn es kommt zu Architektur. Gleiche wurde ich über Kiel und Bielefeld sagen...Deutschland ist schön und hässlich...wie über alles auf die Welt...

    Tut mir leid Marc...kannst du mich nicht ein Gefallen tun und ein paar mehr nuancen in deine Beiträge reinbringen...

  • Zitat von "Johan"


    Hey Marc, leidet du auch unter Meckerkrankheit. Ich finde amerikanische Innestädte sind oft so von hässlich und autoangepasst. Die Innestädte sterben oft aus und allen ziehen sich zurück in ihre spiessige langweilige Wohnvororte.

    Ich finde es gibt tatsächlich genügend zu kritisieren in Deutschland. Aber es gibt auch Dinge zu Loben. Wer sich nicht balanciert auftritt wirkt für mich aber sehr Oberflächlich.

    Stimm dir vollkommen zu. Es gibt schon wirklich hässliche Ecken in Deutschland.. Aber als ich heute auf dem Rückweg vom Flughafen Münster/Osna gefahren bin (ich fuhr über Land) wurde mir erst richtig bewusst wie schön Deutschland doch ist. Das Münsterland bei Osnabrück ist hügelig (meine ca. 60km entfernte Heimat - Südoldenburger Land - ist plattes Land). Ich fuhr durch sehr schöne Dörfer und kam mir vor wie in einem komplett anderen Teil von Deutschland. Hätte niemals gedacht, dass so schöne Flecken so nah "um die Ecke" sind. Was ich sagen will.. nicht nur aufs negative achten, sondern auch mal bewusst werden lassen, wie schön Deutschland doch auch ist.

  • Schöne Dörfer im Münsterland? Also ich komme aus dem nordwestlichen Münsterland, aus der Ecke bei Rheine... und da werden so ziemlich alle Dörfer von der 60er- bis heute Architektur dominiert, in Neuenkirchen musste letztes Jahr noch ein klassizistisches Bankgebäude, das erste im Dorf, einem Lidl-Parkplatz weichen, einige Jahre vorher ein historisches Kino einem Aldi....

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Oh Gott...Die Fasanenstraße für eine Schnellstraße...Daran möchte ich gar nicht denken...Ich finde solche Unternehmen haben aber den Städten teilw. mehr geschadet, als die Nachkriegsarchitektur. Er redet in dem Artikel von Steglitz. Dass der hintere Teil der Schlossstr. (oder die Lietzenburger Str. in Charlottenburg) so gar nicht zu gebrauchen ist, liegt weniger am Kreisel, als daran, dass man diesen Teil zu einer Megakreuzung mit Autobahnauf-/abfahrt ausgebaut hat. Es ist einfacher, Häuser abzureißen und durch neue zu ersetzen, als Straßenführungen, die sich trotz der für den Ausbau gebrachten Opfer viell. doch bewehrt haben, wieder zurück zu bauen.