Es wäre übrigens wunderbar, wenn Thema hier die Architektur des Kaiserreichs 1871-1918 wäre
Danke!!!!
Es wäre übrigens wunderbar, wenn Thema hier die Architektur des Kaiserreichs 1871-1918 wäre
Danke!!!!
Ich schätze Pagentorns zeitgeschichtliche Rückblicke außerordentlich und würde mich freuen mehr in dieser Richtung hier zu erfahren.
Ich schätze Pagentorns zeitgeschichtliche Rückblicke
Mir erscheinen sie doch meist von einem sehr naiven Geschichtsbild zu zeugen. Eine Aneinanderreihung von Einzelnen für sich durchaus positiven Errungenschaften des Kaiserreiches, aus dem Zusammenhang gerissenen Äußerungen von historischen Personen und fiktiven alternativen Geschichtsverläufen hat eher etwas mit einer Dauerwerbesendung als mit quellenbasierter historischer Forschung gemein.
Das hat für mich wenig Erkenntniswert, zumal in Bezug auf das eigentliche Thema dieses Forums.
Warst du schon auf der Seite der Jahrhunderthalle?
Danke für den Link, der sehr aufschlussreich und vertiefend ist.
Spannend finde ich die dortige Argumentation, die Jahrhunderthalle sei eine "Brücken zwischen Generationen, Systemen...".
Kaiserzeitliche Wappen in Israels Hauptstadt
Genauso atemberaubend schön wie die von Jakku Scum angesprochene Jahrhunderthalle in der Hauptstadt Schlesiens ist der große Kaminsaal im Auguste Victoria Hospital auf dem Jerusalemer Ölberg. Bemerkenswert ist der heraldische Schmuck des Raumes : So sind die die schweren Deckenbalken tragenden Konsolen mit dem Wappen der Bundesstaaten des Kaiserreichs geschmückt (zu sehen sind hier diejenigen des Königreichs Württemberg und des Großherzogtums Baden) und am Kamin erkennt man die schlicht gehaltenen Familienwappen von Kaiser und Kaiserin.
Nur wenige hundert Meter Luftlinie vom ehem. Standort des Tempels sowie der Grabeskirche des Herrn entfernt wird also die Erinnerung an das Deutsche Kaiserreich gepflegt und in sehr gutem Zustand gehalten.
Foto des Raumes von 'Tomer hu'
(Link: https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:…D7%99%D7%94.jpg)
Mir erscheinen sie doch meist von einem sehr naiven Geschichtsbild zu zeugen. Eine Aneinanderreihung von Einzelnen für sich durchaus positiven Errungenschaften des Kaiserreiches, aus dem Zusammenhang gerissenen Äußerungen von historischen Personen und fiktiven alternativen Geschichtsverläufen hat eher etwas mit einer Dauerwerbesendung als mit quellenbasierter historischer Forschung gemein.
Um ehrlich zu sein, darüber zerbreche ich mir auch den Kopf. War das Kaiserreich eine glückliche Gesellschaft? Ab wann ist eine Gesellschaft glücklich. Oder gab es je in der Geschichte eine glückliche Gesellschaft? Das wäre eine philosophische Frage an Philon
Lokale Paradiese gab es ja schon immer, sei es in irgendwelchen Gemeinschaften, Klöster... etc. Ich habe nur das Gefühl, dass im Kaiserreich besonders viele kleine Miniaturparadiese möglich waren, über die irgendwie eine schützende Hand gehalten wurde. Und ja, es ist eine Aneinanderreihung von Emotionen, wenn man an dieser herrlichen Architektur vorbeischlendert oder ein schönes Buch aus dieser Zeit aufschlägt.
Mich fasziniert vor allem diese unglaubliche Lebensfreude aus dieser Zeit.
Beispielsweise, wenn man "Besonnte Vergangenheit" von Carl Ludwig Schleich liest, ist man zwar erschlagen von Pathos und Kitsch, aber seine Kindheit muss in absoluter Glückseligkeit verlaufen sein. Und zwar nicht im materiellen Sinn, sondern in seiner liebevollen Umgebung und in seinen Naturerlebnissen.
Auch im Buch von Hans Graf von Lehndorrff "Menschen, Pferde, weites Land" schimmert das Kaiserreich ab und zu durch.
Drei Brüder Lehndorff
Landstallmeisterhaus, Trakehnen
Ich habe nur das Gefühl, dass im Kaiserreich besonders viele kleine Miniaturparadiese möglich waren, über die irgendwie eine schützende Hand gehalten wurde.
Irgendwo hab ich mal gelesen, das Fin de siècle sei das "perikleische Zeitalter" der Deutschen gewesen. Man erkennt es leider erst, wenn es bereits vorbei ist.
Mich fasziniert vor allem diese unglaubliche Lebensfreude aus dieser Zeit.
Die hatten ja auch - Vorsicht Spitze! - keinen Merkel als Kanzler.
War das Kaiserreich eine glückliche Gesellschaft?
Für mache sicher, für andere nicht. Wahrscheinlich wie in vielen Zeiten. Darin wird sich das Fin de siecle kaum von anderen Zeiten unterscheiden.
Es stellt ja - hier im Forum- Niemand in Abrede, dass während des Kaiserreichs viel, auch Bleibendes, geleistet wurde. Dies war jedoch auch in anderen Zeiten davor und danach so. Zu allen Zeiten gab es aber auch Schatten. Deswegen sind aus meiner Sicht pauschale Betrachtung einer Epoche als "golden" oder "finster" wenig hilfreich. Das Kaiserreich war wohl genauso wenig "periklesisch" wie das Mittelalter "finster" war.
Wie so oft, relativiert und negativiert die Linke besonders eifrig.
Ich denke, niemand hier ist so blauäugig, um die Schattenseiten nicht ebenso zu sehen.
Nur - haben eben manche Menschen ein starkes Bedürfnis nach einer ideologisierten pictura negrum.
Wahrscheinlich ist es die tiefe Enttäuschung, daß ihre Ideologie die Leistungen der Altvorderen nicht hervorbringen kann.
Die da sind:
- Prosperität
- Loyalität zum Staat
- Moral
- Fleiß
- Können
- Motivation
- Verantwortung
- Disziplin
- Gemeinwohl
- Fehlen von penetranter Propaganda
Dass mein Beitrag keiner Ideologie folgt kann nur der nicht erkennen, der selber alles durch die Brille der Ideologie sieht.
Das Kaiserreich war wohl genauso wenig "periklesisch" wie das Mittelalter "finster" war.
keiner Ideologie
Naja, du stellst doch damit das Kaiserreich auf eine Stufe mit zb der Zeit des Elends des 30 jährigen Krieges und der Revolutionsjahre/ Napoleonischen-Eroberungsfeldzüge, die nicht gerade sehr günstig ausfielen für Deutschland....
Dass diese Epoche wie kaum eine andere aber für einen damals noch nie dagewesenen Wohlstandsprung stand, dass sich die Einwohner der Städte idR mehr als verdoppelten, und dadurch viele zt prächtige (Wohn-)Gebäude und ganze enorme Stadtviertel und Erweiterungen entstanden sind, viele Erfindungen entwickelt wurden von denen wir bis heute profitieren (Stichwort Mobilität, Elektriziztät, etc...) das wird gerne ausgeblendet.
Ein kleiner Auszug aus dem Merkur von deutschen Erfindungen, die vor allem in der zweiten Kaiserzeit entstanden sind (u.a. auch weil der Staat sehr technikaffin war, speziell Wilhelm II )
https://www.merkur.de/welt/deutschla…r-90573289.html
ZitatAlles anzeigen1881: Werner von Siemens
+ © United Archives International/ImagoWerner von Siemens erarbeitete sich einen zweiten Eintrag in unserer Liste. Am 12. Mai 1881 wurde seine bahnbrechende Innovation im Berliner Vorort Groß-Lichterfelde in Betrieb genommen: Die erste elektrische Straßenbahn der Welt. Sie verband Lichterfelde mit der Hauptkadettenanstalt Preußens und wurde sofort zum großen Hit. Laut heutigen Angaben von Siemens beförderte die Bahn schon in den ersten drei Monaten 12.000 Fahrgäste.
1883: Otto von Bismarck
+ © Oliver Zimmermann/foto2press/ImagoOtto von Bismarck schuf mit seiner Sozialgesetzgebung die Grundlage für den heutigen Sozialstaat. 1883 führte er die Krankenversicherung und 1884 die Unfallversicherung ein. Die politischen Hintergründe waren damals brisant. Trotzdem verheimlichte Otto von Bismarck die Ziele seiner Gesetze nicht. Er wollte die Menschen stärker an den Staat binden und somit von den Parteien und Wirtschaftsverbänden lösen. „Mein Gedanke war, die arbeitenden Klassen zu gewinnen, oder soll ich sagen, zu bestechen, den Staat als soziale Einrichtung anzusehen, die ihretwegen besteht und für ihr Wohl sorgen möchte“, wird er in seinen gesammelten Werken zitiert.
1885: Gottlieb Daimler
+ © Schöning/ImagoGottlieb Daimler schloss eine Ausbildung als Büchsenmacher ab. Mit kleinen Explosionen kannte er sich also aus. Ab 1857 studierte er Maschinenbau. Das Know-How für sein Lebenswerk war beisammen. Gemeinsam mit Wilhelm Maybach entwickelte er den Ottomotor. Den baute er 1885 in seinen „Reitwagen“ ein und schuf so das erste Motorrad der Welt.
1887: Emil Berliner
+ © Uwe Anspach/dpaDie Erfindung des Hannoveraners setzte sich gegen das Konkurrenzprodukt von Thomas Alva Edison durch. Emil Berliner erfand 1887 den scheibenförmigen Tonträger und nannte ihn Schallplatte. Auch die ersten Vorläufer von Plattenspielern entwickelte er zum Grammophon weiter. Edison hatte zehn Jahre zuvor Zylinderförmige Tonträger entworfen. Sie mussten allerdings einzeln bespielt werden. Die Schallplatten von Berliner waren deutlich günstiger in der Produktion und deshalb populärer. Als Edison seine Methode 1902 verbessert hatte, war es schon zu spät, die Schallplatte noch einzufangen. Grammophone wurden anfangs übrigens mit Heißluftmotoren angetrieben. Erst ab 1926 kamen die ersten Elektro-Modelle auf den Markt.
1889: Gottlieb Daimler
+ © Arnulf Hettrich/ImagoGottlieb Daimler war fleißig und präsentierte bei der Weltausstellung 1889 in Paris seine zweite bahnbrechende Erfindung: Wieder in Zusammenarbeit mit Wilhelm Maybach hatte er nun das „Motor-Quadricycle“ entwickelt. Es fuhr etwa 18 km/h schnell und gilt als das erste Auto. Wie die Entwicklung weiterging, ist bekannt.
1892: Rudolf Diesel
+ © Uwe Anspach/dpaDer Name sagt es schon: Rudolf Diesel entwickelte den Dieselmotor. Der gebürtige Pariser (Vater Theodor hatte 1848 seine Geburtsstadt Augsburg verlassen) meldete 1892 sein erstes Patent für den Motor an. 1897 war er schließlich serienreif. In einem Dieselmotor wird Kraftstoff erst kurz vor der Zündung in komprimierte Ansaugluft gespritzt. Der Treibstoff entzündet sich im Zylinder durch die Hitze selbstständig.
1894: Otto Lilienthal
+ © United Archives/ImagoDer deutsche Luftfahrtpionier veröffentlichte 1889 ein wegweisendes Werk. Sein Buch „Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst“ gilt als wichtigste Grundlage für die Flugtechnik. Ab 1891 setzte Otto Lilienthal seine theoretische Vorarbeit in die Praxis um. Erste Flugversuche mit Prototypen führten 1894 schließlich zum Erfolg. Lilienthal gab den ersten Gleitflieger in Serie. Nur zwei Jahre später hob der Erfinder zu seinem letzten Flug ab. Im August 1896 geriet er mit seinem Segelflieger in 15 Metern Höhe in einen thermischen Aufwind und dadurch ins Trudeln. Otto Lilienthal stürzte ab und verstarb am folgenden Tag in einer Berliner Klinik.
1895: Wilhelm Conrad Röntgen
+ © Nicola Perscheid/Artokoloro/ImagoDer deutsche Forscher erhielt 1901 den ersten Nobelpreis für Physik. 1895 hatte er am Institut der Universität Würzburg die „X-Strahlen“ entdeckt. Die medizinische Anwendung war eine Revolution der Diagnostik. Im 20. Jahrhundert waren Röntgens Erkenntnisse die Grundlage zur weiteren Entdeckung und Erforschung der Radioaktivität.
1897: Arthur Eichengrün oder Felix Hoffmann
+ © Kzenon/ImagoKurz vor Ende des zweiten Weltkriegs sorgte ein Brief bei der I.G. Farben, so der damalige Name der Bayer AG, für Aufsehen. Arthur Eichengrün, Gefangener in einem Konzentrationslager, machte die Erfindung des Aspirins für sich geltend. Der offiziell als Erfinder benannte Felix Hoffmann sei der kaufmännische Leiter der Bayer-Entwicklungsabteilung zum Ende des vorigen Jahrhunderts gewesen, schreibt Eichengrün. Er selbst habe die Abteilung geleitet, als erstmals Acetylsalicylsäure hergestellt worden war. Wer hat das Schmerzmittel nun wirklich erfunden? Der Medizinhistoriker Walter Sneader kam 1999 nach Studien von Hoffmanns Aufzeichnung zum Schluss, es müsse Eichengrün gewesen sein. Die Bayer AG verweist trotzdem bis heute auf Hoffmann.
1902: Arnold Zähringer
+ © Ffm/dpaJahrelang hatte Robert Bosch für Autohersteller gearbeitet und geforscht. Die Pioniere um Gottlieb Daimler oder Carl Benz benötigten einen effektiven Zündapparat für die Kraftstoffmischungen in ihren Ottomotoren. 1887 dann der Durchbruch: Robert Bosch entwickelte einen Magnetzünder, der einen Funken erzeugt. Das Problem: Boschs Zünder war nur für niedrige Drehzahlen geeinigt und nicht für mobile Motoren konzipiert. Der Bosch-Mitarbeiter Arnold Zähringer löste das Problem 1896. Sein Magnetzünder ermöglichte eine Drehzahl von 1.000 pro Minute. Die Firma erhielt das Patent 1902. Bosch startete die Großproduktion in seinem Stuttgarter Werk.
1903: Reinhold Burger
+ © SWernerNey/ImagoReinhold Burger war ein deutscher Glastechniker und spätestens seit 1901 einer der bedeutendsten Erfinder des Landes. Für Wilhelm Conrad Röntgen entwickelte Burger die Röntgenröhre. Seit 1896 experimentierte Röntgen mit dessen Vakuumröhren. 1903 ließ Burger eine ganz andere Erfindung folgen, die heute noch alltäglicher ist: Die Thermoskanne. Er orientierte sich dabei an Arbeiten von Adolf Weinhold und Sir James Dewar. Burger entwickelte ein doppelwandiges Vakuum-Gefäß. Dewar verklagte den Deutschen auf ein Plagiat, verlor den Gerichtsstreit aber. Burger entwickelte seine Flasche weiter, die er als unverzichtbar für Touristen und Ausflügler bewarb.
1905: Albert Einstein
+ © UlG/ImagoAlbert Einstein ist mit Sicherheit der berühmteste Physiker der Welt. Seine Formel „e=mc²“ kennt wohl fast jeder. Aber was sagt sie eigentlich aus? Kurz: Die Äquivalenz von Masse und Energie. Die Ruheenergie E eines Objekts ist das Produkt seiner Masse mit dem konstanten Faktor c², der quadrierten Lichtgeschwindigkeit. Ein neues Naturgesetz war entdeckt, das das Verhältnis von Raum und Zeit revolutioniert. Einstein stellte die Wirklichkeitsauffassung der bestimmenden Wissenschaftler damit auf den Kopf. Anfängliche Kritik an Einsteins Theorie führen Historiker heute auf damalige Ressentiments gegen jüdische Wissenschaftler zurück. Dass Einsteins Formel grundlegend für die Entwicklung von Atombomben war, ist übrigens ein verbreiteter Irrglaube.
1907: Ottomar von Mayenburg
+ © Julia Haack/ImagoAuf dem Dachboden seiner Apotheke entwickelte Ottomar von Mayernburg ein Mittel, das heutzutage jeder täglich benutzt: die Zahnpasta. Sein Produkt „Chlorodont“ bestand aus Calciumcarbonat, Seife, Glycerin, Kaliumchlorat und Bimsstein. Garniert mit einem Pfefferminz-Aroma - auch heute noch der typische Geschmack. Verrückte Kreationen wie eine Zahncreme mit radioaktivem Wirkstoff der Berliner Auergesellschaft haben sich im Gegensatz dazu glücklicherweise nicht durchgesetzt.
1908: Melitta Bentz
+ © Melitta/dpaMelitta Bentz ist eine der ersten Frauen überhaupt, die eine Erfindung patentrechtlich schützen ließ. Sie war Mutter von drei Kindern, was für ihren Einfall entscheidend gewesen sein soll. Damals wurde Kaffee einfach mit heißem Wasser überschüttet, danach musste man warten, bis sich das Pulver abgesetzt hatte, oder es aussieben. Das dauerte meist so lange, bis der Kaffee nur noch lauwarm warm. Für Melitta Bentz kein Zustand. Sie experimentierte mit gelöcherten Messingbechern in ihrer Küche, bis sie in den Schulsachen ihres Sohnes auf den geeigneten Filter stieß: Löschpapier. Sie gab dem Filterbehälter eine passende Form, sodass das Papier eingelegt werden konnte und leitete einen kommerziellen Mega-Erfolg ein. Die Melitta Unternehmensgruppe Bentz ist heute einer der Marktführer.
War das aber nicht eher eine allgemeine, weltumspannende Entwicklung, die mit der Staatsform wenig zu tun hat? In derselben Zeit nahmen Industrie und Handwerk in den republikanischen USA ebenfalls massiv Aufschwung...
Naja, du stellst doch damit das Kaiserreich auf eine Stufe mit der Zeit des Elends des 30 jährigen Krieges und der Revolutionsjahre/-Napoleonischen Eroberungsfeldzüge, die nicht gerade sehr günstig ausfielen für Deutschland....
Also, zunächst einmal hat Andreas beispielhaft das Mittelalter herangezogen. Das hat herzlich wenig mit dem 30jährigen Krieg und der Zeit Napoleons zu tun. Wieso er damit Aussagen über die Zeit des 17. und frühen 19. getroffen haben soll, erschließt sich mir nicht. Es sei denn, man möchte das Mittelalter bis 1871 ziehen.
Zudem: Es ist sicher nicht zulässig, Aussagen darüber zu treffen, ob die Menschen glücklich waren, anhand des Ausgangs eines Krieges. Denn jeder Krieg, insofern er auf dem eigenen Boden geführt wurde, kannte vor allem einen Verlierer: die eigene Bevölkerung, egal ob der Krieg letztlich gewonnen wurde oder nicht. Glück hängt daher vor allem auch davon ab, inwiefern eine längere Periode des Friedens vorherrscht. Und da können wir uns in Mitteleuropa seit 1945 sehr glücklich schätzen, aber auch das letzte Kaiserreich existierte bis 1914 in Friedenszeiten (wenn man mal die Kolonialbestrebungen außer Acht lässt). Leider erkennen nicht alle Menschen die Bedeutung von Frieden und messen ihr Glück daran, ob sie das neuste iPhone besitzen oder ob sie über die Regierung schimpfen können. Andere wiederum daran, wie Deutschlands Reichsgeschichte in der Öffentlichkeit bewertet wird.
Naja, du stellst doch damit das Kaiserreich auf eine Stufe mit zb der Zeit des Elends des 30 jährigen Krieges und der Revolutionsjahre/ Napoleonischen-Eroberungsfeldzüge, die nicht gerade sehr günstig ausfielen
Wie bereits geschrieben bin ich nicht der Meinung, dass die Zeiten des Kaiserreiches finstere waren. Ich meine nur, dass diese Zeit als die Beste, die es je gab herauszustellen, so nicht zutreffend ist.
Das es schlimmere Zeiten gab, wie die von Dir genannten, ist doch selbstverständlich. Zu diesen gehört aber auch die Zeit am Ende und nach dem 1. Weltkrieg, die - das kann man doch nicht einfach in Abrede stellen- Folge der zumindest in den letzten Jahren des Kaiserreiches (und selbstverständlich auch in den anderen Staaten Europas) betriebenen Politik sind.
Es gab durchaus Zeiten ähnlicher wirtschaftlicher und (teilweise weitaus größerer) künstlerischer Prosperität. Beispielhaft: Das Hochmittelalter (in dem mit enormen Aufwand Kathedralen errichtet wurden), das 16 Jahrhundert (mit den handwerklichen Leistungen in Nürnberg und Augsburg); das späte 18. Jahrhundert (Aufklärung/Klassik in Literatur und Musik) , aber auch die (im Bausektor allerdings nicht so) erfolgreiche zeit der 50iger und 60iger Jahre des 20, Jahrhunderts. alles Zeiten die dem Kaiserreich aus meiner Sicht was den Erfolg, auch für breite Bevölkerungsgruppen, nicht nachstehen.
Auch ist wie Ur-Potsdamer zutreffen festgestellt hat, die Entwicklung im Gesamtzusammenhang mit der europäischen Entwicklung zu betrachteten. Dies soll die Leistungen deutscher Ingenieure und Politiker nicht schmälern. Diese waren zu dieser zeit weltweit bei den führenden. Eine rein nationale Entwicklung ist dies geleichwohl nicht, vielmehr in gegenseitiger Befruchtung mit Menschen in anderen Staaten zu sehen. Dies festzuhalten ist auch kein Selbsthass, sondern Selbstvergewisserung.
Abschließend muss auch die Frage erlaubt sein, ob die positive Entwicklung die die Gesellschaft im Kaiserreich genommen hat so gelang, weil oder trotz dem die politischen Struktutren so waren.
Mit dem Privileg der Mittelklasse anzugehören war das Leben im Kaiserreich, wie das Leben in vergleichbarer gesellschaftlicher Position in den anderen feudalen und postfeudalen Saaten Europas durchaus als angenehm zu empfinden. Als Schlafbursche im 6. Hof, Malocher in der Schwerindustrie und unter Tage, oder im Kaiserreich als Angehöriger der wohlhabenden jedoch missachteten polnischen Intelligenz, sah das Ganze wohl anders und zumindest deutlich differenzierter aus.
Aber auch da gab es Möglichkeiten mit Ausweg zur sozialen Stabilität und Aufstieg, wenn auch in begrenztem Umfang. Dazu war das Klassensystem schlichtweg zu starr.
Als Angehöriger der Öffentlichen Dienste, der Polizei, der Feuerwehr, der Eisenbahn und des Militärs gab es, je nach Größe der Familie, jedoch auch für die weniger Privilegierten, günstig Wohnraum, Verpflegung und Freizeit, Bildung mit eingeschlossen. Ein Prinzip, was sich später auch die Großindustrie zur Werbung qualifizierter Arbeitskraft sehr gerne zu nutzen machte.
oder im Kaiserreich als Angehöriger der wohlhabenden jedoch verachteten polnischen Intelligenz
Was genau ist damit gemeint, dass die "polnische Intelligenz" im Kaiserreich "verachtet" wurde? Darf ich neben einer Erläuterung auch um eine Quellenangabe bitten?
Bitte sehr:
Polnische Preußen im deutschen Kaiserreich
Anmerkung : "Verachtet" wurde in "Missachtet" abschwächend geändert.
Die Alternative: 'Großösterreich'
Zwanzig Jahre vor Entstehung des Deutschen Kaiserreichs blitzte in den Jahren von 1849 bis 1851 kurzzeitig eine Idee auf der europäischen Bühne auf, die als Schwarzenberg-Plan oder auch als ‚Großösterreich’ bekannt ist. Diese sah v.a. vor, daß beide deutsche Großmächte ihre sämtlichen bisher außerhalb des Deutschen Bundes gelegenen Gebiete in einen neu aufgestellten deutschen Staatenbund einbringen sollten.
Der Plan traf auf heftige Widerstände und wurde daher recht schnell ad acta gelegt. Und uns Heutigen erscheint er doch schon ziemlich exotisch. Aber wer weiß, vielleicht wäre dieses Gebilde tatsächlich doch nachhaltiger gewesen, als das kometenhaft strahlend emporsteigende, aber letztlich eben auch schnell wieder verglühende Bismarckreich ? Möglicherweise hätte es sogar den die Ordnung des alten Europas zersetzenden übersteigerten Nationalismus in Schach halten können ? Wir werden es nie erfahren...
Karte von ‚ Master Uegly’
Schleswig-Holstein is not amused.
Bitte sehr:
Polnische Preußen im deutschen Kaiserreich
Anmerkung : "Verachtet" wurde in "Missachtet" abschwächend geändert.
Hm, der Link führt zu einem Artikel auf der Seite des Rundfunks Berlin-Brandenburg (rbb). Daß dieser Regionalsender des öffentlich-rechtlichen Rundfunks eher kritisch gegenüber dem Deutschen Kaiserreich eingestellt ist, würde ich als gesetzt annehmen und überrascht auch nicht weiter.
Allerdings kann ich dort keine Stelle ausmachen, an welcher zu entnehmen wäre, dass im Kaiserreich die "polnische Intelligenz verachtet (missachtet) " wurde.
Also bitte die betreffende Passage des verlinkten Artikels posten.