Lieber, verehrter Pagentorn,
Bremen ist nicht Berlin, Potsdam oder Dresden mit den bedeutenden Rekonstruktionen. Wer in der Hansestadt Rekonstruktionen nur andenkt, hat - wie auch in diesem Forum für Rekonstruktion – einen schweren Stand und braucht ein dickes Fell. Sie haben mit Verve und Hingabe dieses Vorhaben aufrecht- und am Leben erhalten, sind der Genius Loci von Ansgarii.
Es zischt nur so von Kritik und Zweifeln an Ihrer bestaunenswerten Haltung und auch Persönlichkeit. Damit stehen Sie aber nicht alleine da, sondern die für den Wiederaufbau maßgeblichen Altstadtfreunde Wolfgang Hübner und Claus Wolfschlag in Frankfurt mussten ebensolche Kritik, ja üble Schmähungen, über sich ergehen lassen.
´Goldene Engelszungen ´ setzen Ihnen hart zu: „Dann handeln Sie doch dementsprechend und verschwenden hier nicht Ihre eigene Zeit, indem Sie sich jedes mal aufs Neue erklären.“
Abgesehen davon, dass Ihnen die Meinungsfreiheit in unserer Demokratie zubilligt, sich zu erklären, wo, so oft und wie lange nur möglich, ist diese Kritik unter aller Kanone. Zum einen ist es Niemanden Recht, Sie zu einem Handeln zu überreden, zum anderen haben Sie hier immens viel Zeit, nicht „verschwendet“, sondern investiert, die für mich von maßgeblichem Wert war und ist. Als Architekt bin ich, Rekonstruktionsvorhaben betreffend, auf fundierte bauhistorische Kenntnisse und Fakten angewiesen, ich kann sie mir nicht aus den Fingern saugen.
Wie auch nicht bei anderen Rekonstruktions-Vorhaben, an denen ich arbeitete, wie das von Findorffer erwähnte Bremer Kornhaus. Oder derzeit plane, wie den aktuellen Wettbewerb Matthäikirchhof Leipzig. Sowohl Ihre fundierten Text- und Bildbeiträge als auch die von Dr. Mises im APH-Strang Die Matthäikirche – Bachstadt Leipzig sind mir eine unersetzliche, wichtige Stütze bei der Bearbeitung der Rekonstruktionsprojekte.
Dass es im Strang Bremen - St. Ansgarii wie auch Matthäikirche Leipzig Zweifel von Reko-Befürwortern an Rekonstruktionen von Kirchengebäuden gibt, ist ein trauriges Faktum. Sind der Zweifel, Kritik und Widerstände von Außen nicht schon genug, um sie auch noch im Innern zu säen? Damit schaden einzelne APH-Foristen der Sache, nicht nur der Rekonstruktion sondern von Stadtbild Deutschland e. V.
Es ist so sicher wie das Amen in der ´Kirche´, dass Rekonstruktionen in anderen Städten kein Fatz leichter und einfacher zu realisieren sind als in Bremen. Auf dem Leipziger Matthäikirchhof, dessen Grund und Boden der Stadt gehört, steht der ehemalige Betonklotz der Staatsicherheit der DDR. Uns Wettbewerbsteilnehmern ist der Erhalt oder Abriss freigestellt, zumal der Bau nicht unter Denkmalschutz steht und marode ist. Schwere Entscheidung, weiß man als Architekt doch, dass eine heutige Jury grundlegend gegen Rekonstruktion und Wiederaufbau eingestellt ist und der Erfolg eher in modernistischen Ansätzen und Vorschlägen zu finden ist. Und die Architektenschaft insgesamt, die sich, wen wundert´s, schon für die Fortschreibung der ehemaligen Stasi-Stätte als Gedenkort und Zeugnis der DDR-Architektur ausgesprochen hat. Es wird ein Hauen und Stechen um den Leipziger Matthäikirchhof geben, denn die Wettbewerbsauslober stellen sich eine Art „Agora“ und „Campus“ vor, für mich Reko-Befürworter und Vordenker des Wiederaufbaus von Frankfurt eine Horrorvision.
Lassen Sie sich nicht beirren, und machen so weiter mit Ihren ausgezeichneten, wertvollen und für die Sache der Rekonstruktion verloren gegangener Bauwerke und Anlagen unerlässlichen Beiträgen.
Wer immer nur Zweifel zu säen und Steine in den Weg zu legen bedacht ist, wird einmal eingehen, aber nicht in die Geschichte.
Axel Spellenberg