Das gemeinsame Interview der ZEIT mit Oswalt und Wolfgang Thierse wurde hier offenbar noch nicht erwähnt.
https://www.zeit.de/2024/19/berlin…rung-geschichte
von Zieten hat mich gebeten, seinen Leserbrief an die ZEIT zum Artikel bzgl. des Gesprächs zwischen Oswalt und Wolfgang Thierse hier einzustellen. Nebst einer Reaktion des Alt-Bundestagspräsidenten auf diesen Leserbrief. Dieser Bitte komme ich hiermit gerne nach:
Sehr geehrte ZEIT-Redaktion,
natürlich darf man diesen Bau wie jeden anderen kontrovers betrachten. Und den Spendern, diese und jene Gesinnung gehabt zu haben, unterstellen, schließlich haben nicht alle ein- und dieselbe Gesinnung. Und auch nicht die des Kontrahenten Wolfgang Thierses, Philipp Oswalt. Der nicht nur am Berliner Schloss rechtsnationale Gedankengänge zu entlarven sich befleißigt, sondern auch den Spendern der Garnisonkirche Potsdam anlastet. Das ist in der Tat ein geschichtlich brisanter Ort, aber was hat das Jugendstilgebäude Altes Schauspielhaus Frankfurt mit der preußischen und nationalkonservativen Gechichte zu tun, dessen Wiederaufbau eine Initiative begehrt? Vehement trat Oswalt für den Denkmalschutz des bestehenden Glasfoyers von 1962 ein, das einen Wiederaufbau unmöglich macht. Der Wiederaufbau der Frankfurter Altstadt geriet gar ins Visier seines Gesinnungsgenossen, des Architekturprofessors Stephan Trüby. Warum sind diese beiden Architekten so voll mit blindem Eifer, wenn irgendwo etwas rekonstruiert wurde oder wird? Weil sie um den Verlust ihrer modernen Bauideologie fürchten, die, wenn überall rekonstruiert würde, zu deren baldigem Niedergang führen würde. Der Wiederaufbau zerstörter Bauten resultiert vornehmlich aus der Sehnsucht vieler Menschen nach einer schöneren Stadt, die sie mit der Architektur der Moderne nicht mehr verwirklicht sehen. Weil sich Architekten wie Oswalt, Trüby und viele andere gegen solche Sehnsüchte stellen, suchen Millionen deutscher Touristen eben alte Städte wie Venedig, Paris oder Amsterdam auf, um mit ihren, im eigenen Lande unerfüllten Sehnsüchten weder dem Klima noch den besuchten Städten einen Vorteil zu verschaffen. Bleibe im Lande, und erfreue dich seiner Schönheit, anstatt deinen Fuß nur immer auf anderer Terrain zu setzen, und dieses mit deinem Abdruck zu verderben - das funktioniert nur, wenn man zuhause wieder mehr Sehenswürdiges antrifft.
Mit freundlichen Grüßen
Axel Spellenberg
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Sehr geehrter Herr Spellenberg,
haben Sie Dank für Ihre so kluge Wortmeldung!
Herzlich
Wolfgang Thierse
Dr. h.c. Wolfgang Thierse
Bundestagspräsident a.D.