Westseite Berliner Schloss - Schlossfreiheit - ehem. Nationaldenkmal

  • Die alten Häuser der Schlossfreiheit, die waren was. Leider hat das 19. Jahrhundert für so etwas null Verständnis gehabt ...

    Ich auch nicht. Das Eosanderportal wieder hinter Häusern verschwinden zu lassen wäre eine verdammt schlechte Idee. Zumal dann nur wieder Staab, Moneo oder Dudler zum Zug kämen und Berlin die x-te Rasterfassade bescheren würden. eye:)


    By Hermann Rückwardt - Collection of the Technical University of BerlinScanned from Janos Frecot & Helmut Geisert: Berlin in frühen Photographien 1857–1913. Schirmer/Mosel, Munich 1984. ISBN 3-88814-984-3., Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3209587

  • Ich auch nicht. Das Eosanderportal wieder hinter Häusern verschwinden zu lassen wäre eine verdammt schlechte Idee. Zumal dann nur wieder Staab, Moneo oder Dudler zum Zug kämen und Berlin die x-te Rasterfassade bescheren würden. eye:)

    Was weg ist, ist weg. Ich bin keinesfalls für Neubauten an der Stelle. Den wilhelminischen Kolonnaden-Bombast empfinde ich aber auch nicht als Bereicherung des Ortes.
    Was man nicht vergessen sollte: Eosander baute mit der Schlossfreiheit. Seine Fassade war geplant mit dem Gegenüber der kleinteiligen bürgerlichen Fassaden.
    Wenn der Vergleich gestattet sei: bis in die 1920er Jahre kam man in Rom durch ein Gassengewirr des Borgo San Pietro und stand dann unvermittelt und überraschend auf dem Petersplatz. Bis Mussolini kam und die Via Della Conciliazione durchbrach, um einen schönen Blick auf den Petersdom zu erhalten - ein Blick, der von den Architekten von Petersdom und -platz nie intendiert war. Aber das 20. Jahrhundert wusste es eben besser...

  • Die geschätzten jährlichen Folgekosten, zur Instandhaltung dieser Wippe, sind einfach enorm. Hoffentlich wird dieser Quatsch noch gestoppt.

    Das hat in der Politik noch nie jemanden gestört. Dass Ding muss jetzt durchgezogen werden, komme was wolle. Zwei Jahre nach Inbetriebnahme, wenn sich dann rausstellt, dass das ein Fass ohne Boden ist, der Denkmalsockel noch weiter in Mitleidenschaft gezogen wird , die Mechanik extrem wartungsintensiv ist und das Teil auch nicht "nutzerfreundlich" ist und Verletzungsgefahr besteht, weil die erste Omi auf ner Bananenschale in der Obstschüssel ausgerutscht ist, wird es still und leise stillgelegt und dann gammelt es erstmal abgesperrt jahrelang vor sich hin. Ist jetzt mal meine Prognose... Aber die Hoffnung stirbt zuletzt ;)

  • Vor ein paar Monaten hatte ich angekündigt, dass ich sämtliche Naturschutzvereine/Verbände in Deutschland und Berlin auf das Thema der Fledermäuse im Denkmalsockel aufmerksam machen werde. Mit dem Ziel die Konstruktion der Waage zu verzögern oder im besten Fall zu verhindern. Da im Sockel eine Fledermausspezies lebt die nach EU Recht streng geschütz ist. Von offizieller Vereinsseite her durfte ich nicht schreiben, daher habe ich es einfach eigenverantwortlich durchgezogen.

    Es haben alle Vereine geantwortet und mir mitgeteilt, dass Sie leider nicht zuständig sind. Mit Außname des NABU!
    Die haben mir tatsächlich eine umfangreiche Email geschrieben und mir ihre Sicht der Dinge erläutert.
    Darauf hin habe ich dann mit deren Fledermausexpertin telefoniert und mich länger mit ihr unterhalten.

    Sie wissen das, dass Büro M&P, Berlins renomiertesten Fledermausgutachter beuaftragt hat die Fledermäuse umzusiedeln.
    Dies ist allerdings schwierig, da erst ein geeignetes Ausweichquartier gefunden werden muss. Dieses muss sich auch in direkter Nähe des Sockels befinden!

    In der Praxis läuft es so: Den Fledermäusen wird der Zugang zum Sockel versperrt und diese müssen sich dann selbständig im neuen Quartier ansiedeln. Das Problem für M&P ist nun, ein neues geeignetes Quartier in direkter Nähe zu finden. Ebenso müssen die Schutzzeiten eingehalten werden. D.H. erstmal Verzögerung. :)

    Ebenso habe ich den NABU gebeten denen genausten auf die Finger zu schauen und das Projekt zu verfolgen. Natürlich alles zum wohle der Fledermäuse. :koenig:

  • Auch wenn ich die konkrete Aktion zur Verhinderung der niveaulosen Schaukel begrüße, wurmt mich doch der gewählte „Bündnispartner“.
    Es ist überaus bedauerlich und ärgerlich, dass in Deutschland offensichtlich weder ein denkmalgeschützter wilhelminischer Denkmalssockel noch der der Titel des Weltkulturerbes (Dresden Waldschlösschenbrücke) irgendetwas wert sind, wenn es darum geht, dass bestimmte Cliquen in der Politik ihren Willen durchsetzen wollen.
    Als letzte "Patrone" der Gegner dieser Cliquen bleibt dann nur noch der Verweis auf Kröten, Fledermäuse oder andere angeblich bedrohte Kleintiere. Wir Wippengegner ausgerechnet Seit an Seit mit dem „NABU“, einem Verein von – mit Verlaub – Ökofundamentalisten, die den „sofortigen Kohleausstieg“ fordern (ohne eine seriöse Antwort liefern zu können, wie dann die Energiesicherheit Deutschlands gewährleistet werden soll) und ein riesen Affentheater um einen kleinen Wald namens „Hambacher Forst“ veranstalten, während anderswo für neue Windräder exorbitant mehr Wälder abgesäbelt werden. Da dreht sich mir der Magen um.
    Aber wie gesagt, dennoch begrüße ich – mangels Alternative – die Einschaltung des „NABU“ im Falle der Wippe! Allerdings glaube ich nicht wirklich an den Erfolg. Die „Kleine Hufeisennase“ hat seinerzeit letztlich auch nicht den Bau der Dresdener Waldschlösschenbrücke und die Aberkennung der Welterbe-Titels verhindern können.

  • Die Aberkennung des Titels für Dresden war eine Fehlentscheidung der UNESCO. Die Waldschlösschenbrücke fügt sich gut ins Elbtal ein. Sie behindert die Sichtbeziehungen nicht. Man sollte sich da nicht auf die Medienberichterstattung verlassen, sondern sich die Sache selbst vor Ort ansehen. Auch hier waren die Maßstäbe wieder völlig verschoben: Ein eher banales Stück Elbwiese wurde höher bewertet als Zwinger, Hofkirche, Frauenkirche, Schloss Pillnitz und andere bedeutende Bauten, höher als die traditionellen dörflichen Strukturen in Pillnitz und den benachbarten Dörfern, die heute Dresdner Ortsteile sind. Zu den Dresdner Stadtbrücken ist einfach eine weitere hinzugekommen. Sonst hat sich an der Kulturlandschaft Dresdner Elbtal nichts geändert. Die Waldschlösschenbrücke befindet sich nicht in unberührter Natur, sondern mitten in der Stadt. Sie liegt genau in der Mitte zwischen zwei Stadtbrücken. Ringsherum ist Stadt. Die Waldschlösschenbrücke ist übrigens ein schöner Aussichtspunkt, um die Elbtallandschaft zu genießen.

    Zurück zu Berlin: Das Freiheits- und Einheitsdenkmal wird wohl nicht mehr aufzuhalten sein. Vielleicht fällt es am Ende ja besser aus als von vielen befürchtet. Ein wichtiger Unterschied zu Dresden: Die Brücke bringt einen praktischen Nutzen.


  • Offensichtlich will die Mehrheit der Berliner das Ding haben - warum auch immer :augenrollengruen:

  • Das Denkmalprojekt hat nichts mit der "Mehrheit der Berliner" zu tun. Wann begreifen endlich alle, dass Berlin nicht nur den Berlinern gehört. Es ist "our Nation's Capital" (wie die Amerikaner immer in Bezug auf Washington betonen). Vieles, was in Berlin gemacht wird, sind nationale Projekte. So auch das Berliner Schloss (Humboldt Forum) und das Freiheits- und Einheitsdenkmal. Deshalb ist auch der Bundestag zuständig. In einer parlamentarischen Demokratie ist es Aufgabe des nationalen Parlamentes, politische Mehrheitsverhältnisse der Nation abzubilden und in die politische Entscheidungsfindung einfließen zu lassen. Deshalb ist das Parlament im Staatsverständnis auch so wichtig. Es repräsentiert das Staatsvolk.

    Da es längst entsprechende Beschlüsse gibt, kann man das Denkmalprojekt nicht einfach einschlafen lassen. Die an einer Verwirklichung in jedem Falle interessierten Künstler würden notfalls auf eine Umsetzung klagen. Unmut gibt es in den Medien und in großen Teilen der Bevölkerung, aber das reicht eben nicht. Es ist noch gar nicht lange her, dass sich Monika Grütters, die Kulturstaatsministerin, für eine Umsetzung ausgesprochen hat. Die Beschlüsse liegen vor, das Projekt geht seinen Weg. Vielleicht fällt das Denkmal am Ende auch nicht so schlecht aus, wie von vielen befürchtet.

  • Ja, hier ist noch ein Beitrag von Nikolaus Bernau in der Berliner Zeitung, dem ich nur zustimmen kann. Schon zwei Jahre alt (wir hatten ihn damals sicher auch schon hier zur Kenntnis genommen), aber nach wie vor aktuell. Ärgerlich ist das Ganze, weil das Denkmal Luxus ist und von der Bevölkerung auch angenommen werden müsste. Die Gesellschaft braucht so ein Denkmal nicht, also könnte die Politik auch ohne Not darauf verzichten. Das Argument, dass das Ereignis soundsoviel Jahre her sei und wir mit einem Denkmal dafür schon spät dran seien, zieht ja nicht wirklich. Das Völkerschlachtdenkmal wurde erst 100 Jahre nach dem Ereignis fertiggestellt. Ein Denkmalsprojekt sollte erst umgesetzt werden, wenn die Gesellschaft reif dafür ist.

    Es wäre auch besser, jetzt, wo sich der Schlossbau so gut entwickelt, zu warten, bis er abgeschlossen ist und zu sehen, wie er wirkt. Dabei geht es nicht nur ums Aussehen, sondern dass Denken der Menschen verändert sich ja mit der Präsenz des Gebäudes und seiner Nutzung als Humboldt Forum. Es könnte dann sein, dass sich ganz andere Ideen entwickeln für die Nutzung der Schlossfreiheit. Zudem gibt es die Erfahrung, dass Architekten und Künstler bessere Ideen haben, wenn sie sich auf einen konkreten bekannten Ort einstellen müssen. Das reale Schloss von heute ist doch eine Wucht. Als das Einheitsdenkmal geplant wurde, kannte man nur alte Abbildungen und neue Computersimulationen vom Schloss, die aber auch nicht annähernd die körperliche, raumbeherrschende Präsenz und künstlerische Grandiosität des realen Bauwerks vermitteln konnten.

    Ich bin in der letzten Zeit zunehmend zu der Ansicht gelangt, dass es doch eine gute Idee sein könnte, das Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmal zu rekonstruieren. Das war ja auch ein Einheitsdenkmal, aber eines, das Spaß gemacht hat und nach einer Rekonstruktion sicher eine Touristenattraktion ersten Ranges wäre.

    Photochrom um 1900, aus der Sammlung der Library of Congress, Washington, gemeinfrei

    Ideologische Bedenken ziehen nicht wirklich. Es gibt mehrere Kaiser-Wilhelm-Denkmäler in Deutschland, Friedrich der Große darf unter den Linden reiten, und die Siegessäule zählt zu den Wahrzeichen Berlins. Übertrieben bombastisch, wie oft behauptet, ist es auch nicht. Man denke nur an das Millenniumsdenkmal in Budapest, das in etwa aus der gleichen Zeit stammt und die gleiche Funktion als Nationaldenkmal hat.

    Budapest, Millenniumsdenkmal auf dem Heldenplatz (Foto: Sarah Stierch, Juni 2013, CC-BY-4.0)

    Budapest, Millenniumsdenkmal, die sieben landnehmenden Magyarenfürsten (Foto: Troyberg, August 2015, CC-BY-SA-4.0)

    Die Rekonstruktion des Nationaldenkmals wäre eine historische Genugtuung, denn das Denkmal hatte den Krieg überstanden und wurde nur aus ideologischen Gründen beseitigt, ebenso wie das Schloss. Durch die Fassung mit den Kolonnaden ergäbe sich vor dem Eosanderportal sicherlich ein schöner Platz. Aber wahrscheinlich wird man das moderne Einheitsdenkmal bauen, und zwar vor allem mit dem Ziel, eine Wiederkehr Kaiser Wilhelms zu verhindern.

  • Ein anderer legitimer Vergleich zum alten Nationaldenkmal wäre das Vittoriano (Schreibmaschine) in Rom. Im Vergleich zu dessen Hypertrophie nahm sich das Berliner Pendant geradezu bescheiden aus.

    Hier einiges zur ursprünglichen städtebaulichen Bedeutung und zur Ikonographie des alten Denkmals (ab Seite 17). Der Vergleich zur Banalität des modernen Projekts ergibt sich von selbst.

    https://www.baukammerberlin.de/wp-content/upl…01-Internet.pdf

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

    Einmal editiert, zuletzt von Seinsheim (23. April 2019 um 15:51)

  • In der Pressemitteilung der CDU kommt ja deutlichst zum Ausdruck, daß ein Stop-Antrag der AfD mit den Stimmen aller anderen Parteien glattgebügelt werden sollte. Also worum ging es da eigentlich?
    Und das hier ist auch nur eine Absichtserklärung und ein nette Aufforderung an die Verantwortlichen. Nationales Engagement für ein stimmiges Denkmal dürfte anders aussehen:
    "Wir fordern alle beteiligten Akteure auf, sich dafür einzusetzen, dass der Bau des Freiheits- und Einheitsdenkmals in diesem Jahr beginnt."

  • In der Pressemitteilung der CDU kommt ja deutlichst zum Ausdruck, daß ein Stop-Antrag der AfD mit den Stimmen aller anderen Parteien glattgebügelt werden sollte. Also worum ging es da eigentlich?
    Und das hier ist auch nur eine Absichtserklärung und ein nette Aufforderung an die Verantwortlichen. Nationales Engagement für ein stimmiges Denkmal dürfte anders aussehen:
    "Wir fordern alle beteiligten Akteure auf, sich dafür einzusetzen, dass der Bau des Freiheits- und Einheitsdenkmals in diesem Jahr beginnt."

    Es ist richtig, man muss sich an Bundestagsbeschlüsse halten. Aber der Bundestagsbeschluss zum Nartionaldenkmal war in dreifacher Hinsicht eine Farce:

    • Es war das Lieblingsprojekt zweiter alter Herren, Lammert und Thierse, die ganz am Ende der letzten Sitzung in der auslaufenden Legislaturperiode diesen Beschluss noch schnell durchgepeitscht haben. Im darauffolgenden Parlament waren sie schon nicht mehr vertreten.
    • Anders als bei der Debatte um den Wiederaufbau des Schlosses war der Fraktionszwang nicht aufgehoben worden. Auch gab es vorher im Parlament keine vergleichbare Debatte wie beim Schloss.
    • Sehr wahrscheinlich war der Bundestag aufgrund von Unterbesetzung gar nicht beschlussfähig. Aber eine Oppositionspartei, die das hätte feststellen könnten, war damals im Hohen Hause noch nicht vertreten.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Die Einheitswippe fällt ja bekanntlich unter den Oberbegriff „Kunst“. Und Kunst muss scheinbar hochgradig undemokratisch sein. Die Kernaussage ist, dass Kunst nie der Mehrheit folgen darf. Künstler sind dem gewöhnlichen Volk stets voraus. Wichtigste Kunstwerke würden nur zu leicht durch demokratische Prozesse verhindert, da das dumme Volk sie nicht versteht.

    Mit dieser Arroganz der Kunst wird auch die Einheitswippe durchgezogen. Die Mehrheit der Berliner kann damit nichts anfangen? Dumme Großstädter! Ach, und die Mehrheit aller Deutschen auch nicht, egal ob West oder Ost? Ja, Kulturbanausen, wohin man schaut! Dieser Widerstand der Unverständigen lässt es noch wichtiger erscheinen, durch eine solche Wippe das Volk zu belehren! Kunst muss ja anecken, sonst ist sie überflüssig!

    Und genau diese Arroganz stört mich an der Wippe noch mehr als ihre mit dem geplanten Standort so heftig kollidierende Architektur.

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    Gutmensch = Gut gemeint, nicht zuende gedacht, schlecht gemacht