Berlin - Reichstagsgebäude und Spreebogen

  • diese Beschreibung hatte ich im Kopf.

    Wirklich? Ich erinnere mich an die Aussage: "Meine Information ist, dass das jetzige Kanzleramt eben keine Dienstwohnung besitzt". Nun wird im Link von "Civitas fortis" beschrieben, wie diese Dienstwohnung aussieht. Irgendwie ein Widerspruch zu "keine Dienstwohnung", wenn man den "Spiegel"-Text so gut im Kopf hatte.

    Hier sieht man die Wohnung im Plan eingezeichnet: https://docplayer.org/75887989-Titel-im-kanzleramt.html

    Zum Schnitt der Wohnung. Sicher nicht ideal. Rechnet man aber Repräsentanzräume heraus, wird natürlich auch manche Wohnung in alten Villen und Schlössern recht klein. Und ob keiner eine solche Wohnung mieten würde, glaube ich nicht. Nicht nur in Zeiten von Wohnungsknappheit, Tiny-Houses und Micro-Apartments gibt es heutzutage eine Menge Paare, die unter beengteren Verhältnissen leben.

    Darum aber geht es gar nicht, sondern um den sehr teuren Erweiterungsbau des Kanzleramtes, von dem die erwähnte (und zum Aufhänger der Quellenkritik erwählte) Dienstwohnung nur einen kleinen Bruchteil ausmacht. "Maecenas" hat hierzu einen Text verlinkt. Der schmeckte aufgrund der Quelle und darin enthaltenen "Politikerschelte" einem Mitforisten nicht. Dann wurden eben Argumente gesucht.

  • Ach Heimdall , eine Besenkammer, die nachträglich zum Schlafzimmer umgewidmet wurde, eignet sich nun einmal nicht als Aufhänger, um Politikern Luxus und Protz vorzuwerfen. Wenn Herr Hahne das tut, kann ich mit Fug und Recht seine übrige Argumentation in Frage stellen.

    Geht es Dir und anderen um etwas anderes?

  • Nochmals... Ich habe oben einen Artikel des (jedes Anti-Politiker-Populimus gänzlich unverdächtigen) "Tagesspiegels" verlinkt. In diesem wird die Kritik des Rechnungshofes (also nicht nur die Kritik Herrn Hahnes) an dem Bauvorhaben erwähnt, das pro Quadratmeter merklich teurer als das Humboldt-Forum ausfallen soll. Und teurer als ein "Spezialbau der medizinischen Spitzenforschung mit Reinräumen und luftdichten Fassaden". Die Kritik an der Dienstwohnung ist nur ein kleiner Teil der Kritik. Denn das Vorhaben "sprengt (...) den Kostenrahmen aller bisher bekannten Bundesbauten in Berlin".

    Zitat Tagesspiegel:

    Zitat

    Auch eine „Kanzlerwohnung mit einer Nutzfläche von 250 Quadratmetern“ ist im Erweiterungsbau geplant. Allein die „rechnerischen Ausstattungskosten“ der Immobilie: 225.000 Euro.

    Weil unklar ist, ob überhaupt Bedarf besteht an dieser Wohnung, empfiehlt der Rechnungshof, diese zunächst als Büro zu nutzen. Hier habe der Bund Zustimmung signalisiert.

    Ich hätte gegen eine Kanzlerwohnung gar nichts einzuwenden. Man könnte z.B. ein kleines Häuschen neben die Schweizer Botschaft setzen, z.B. durch eine Brücke oder einen Keller sogar direkt mit dem Kanzleramt verbunden, damit der Kanzler nicht 10 Meter durch den Regen gehen müsste.

    Ansonsten aber wird konkret kritisiert:

    - Eine neue Kindertagesstätte für 12 bis 15 Mitarbeiter-Kinder für 2,8 Millionen Euro, also pro Kind für ca. 200.000 Euro, obwohl man z.B. mit der unweit gelegenen Kita des Bundestages kooperieren könnte.

    - Ein fünfgeschossiger Wintergarten für 14 Millionen Euro, der sich im Sommer vermutlich enorm aufheize.

    - Ein Hubschrauberlandeplatz für 10 Millionen Euro.

    - Eine neue Brücke für über 18 Millionen Euro, deren Nutzungsintensität fraglich erscheint.

    Wenn unter anderer Einsparung auf dem Gelände wenigstens noch die Villa Staudt, z.B. als Kita oder Kanzlerwohnung, deren Kosten "Reiner Zufall" im Forum mit 30 Millionen Euro prognostizierte, rekonstruiert würde, könnten wir immerhin noch von einem Gewinn für das Stadtbild sprechen. So aber ist auch das fraglich.

  • Laut folgender Grafik, sollte es sogar, unter Punkt Nr. 5, eine Gärtnerei geben. Sicher auch nicht lebenswichtig.

    https://www.bz-berlin.de/data/uploads/2…_1547578155.jpg

    Wenn der gesamte Bau noch einmal umgeplant und abgespeckt ist, behält er aber hoffentlich seine runde Form. Die Verbindung zum Bestandsbau finde ich ganz gelungen. Auch die geplante Fußgängerbrücke passt ins Bild. Wäre schade, wenn sie wegfällt. Vielleicht gibt es da eine günstigere Bauweise.

  • Was hätte ein "Bürgerforum" gebracht? Alles, was dort laut Beschreibung untegebracht werden sollte (Cafés, Galerien, Gewerbe) gibts anderswo genug. Wenn, dann wäre es eher ein Toruistenforum geworden. Ein Platz zw. den beiden repäsesentativen/evidenten Gebäuden des Band des Bundes ist da sinnvoller.

    Lieber die Savanne zur Spree hin sowie die Westseite des Platzes der Republik bebauen.

  • Ich finde die Wasserfontänen wundervoll. Das verhindert ungewollte "Menschenansammlungen" vor dem "Kanzleramt". Man sollte das gesamte Regierungsviertel mit solchen Fontänen ausstatten. Das fördert die "Bürgerferne".:wink:

  • Ich kann den Großteil der Kritik am Erweiterungsbau nicht nachvollziehen.

    Man hat stadtplanerisch bewusst dieses "Band des Bundes", das mit seinen Gebäuden Ost- und West verbindet, angelegt,

    alle Gebäude dieses Bandes haben damit auch eine repräsentative Funktion, insbesondere natürlich auch das Kanzleramt.

    Der Ergänzungsbau als Teil der Kanzleramtes steht am Ende dieses Bandes und wird durch die notwendige Überbrückung zudem noch in Szene gesetzt. Ich wüsste nicht, warum es sich nur um einen "nüchternen Zweckbau" handeln sollte.

    Zu den Gesamtkosten von über 600 Millionen Euro tragen die vom Rechnungshof beanstandeten Punkte nur einen kleinen Teil dar. (I.Ü. sollten wir in diesem Forum eigentlich generell ein Interesse daran haben, dass weniger reine Zweckbauten errichtet werden).

    Das Kanzleramt ist die Machtzentrale des Landes. Logischerweise sind die Baukosten auch durch die Sicherheitsanforderungen erheblich höher als bei anderen Behörden oder Museumsbauten.

    Und zu den vom Rechnungshof kritisierten Punkten...

    - Ein Hubschrauberlandeplatz für 10 Millionen Euro.

    - Eine neue Brücke für über 18 Millionen Euro, deren Nutzungsintensität fraglich erscheint.

    Natürlich braucht das Kanzleramt einen Hubschrauberlandeplatz. Es sei denn man verzichtet auf jede Garten- und Grünanlagengestaltung und belässt einen großen platten Rasen.

    Aus symbolischen Gründen hat man das Kanzleramt in zwei Teile gesplittet, durch die Spree getrennt. Da ist es (von der Nutzungsintensität unabhängig) doch sinnvoll, eine zweite Brücke zu haben, falls erstere aus welchen Gründen auch immer, nicht nutzbar sein sollte.

  • newly - der Bau wird ja als Erweiterung des "Band des Bundes" nicht per se kritisiert, sondern die exorbitanten Kosten durch übersteigerten Luxus.

    Ein platter Rasen als Hubschrauberlandeplatz genügte bisher den amerikanischen Präsidenten. Will man hier in D protzen ? Auf Kosten der Steuerzahler ?

    Und eine Brücke ist nicht gleich eine Brücke. Die 48m lange Schloßbrücke in Schwerin kostete z.B. 1,5 Mio €. In selber Qualität gebaut, wäre dann die Kanzlerbrücke 480 m lang.

  • @Babber Es gibt doch gar keine "exorbitante Kosten durch übersteigerten Luxus". Die Formulierung ist wirklich vollkommen übertrieben. Im Vergleich zur Ausstattung des Weißen Haues (vom Rosengarten über 35 Badezimmer bis zum Luftschutzbunker) ist das Kanzleramt geradezu spartanisch.

    Wie gesagt sind diese Bauten aber nicht nur reine Funktionsbauten, sondern repräsentieren auch das Land. Man könnte natürlich auch einen weiteren normalen Bürokasten hinstellen, wie es sie landesweit gibt.

    Selbstverständlich kann man auch einen platten Rasen als Hubschrauberlandeplatz anlegen. Was dann an Platz noch übrig bliebe kann man dann aber kaum noch als (ohnehin kleinen) "Kanzlerpark" bezeichnen.

    Der President's Park am Weißen Haus hat wirklich eine ganz andere Dimension, da fällt der Rasen für die Hubschrauberlandung nicht ins Gewicht.

    Die Schlossbrücke in Schwerin benötigt nicht die Sicherheitsanforderungen einer Brücke im Kernbereich der Regierungszentrale. Das sind doch ganz andere Erfordernisse.

  • Das Erstaunliche ist ja die Größe des Gesamtbaus gegenüber vergleichbaren Bauten. Telepolis schreibt, das neue Kanzleramt inkl. Anbau wäre dann 16-mal so groß wie das Weiße Haus, 20-mal so groß wie Downing Street No. 10 und sogar 6-mal so groß wie der Élysée-Palast.

    Wenn das wirklich nötig ist, muss ja das deutsche Regierungssystem viel zentralisierter sein als das in den anderen Ländern. Entweder macht das Kanzleramt bei uns Dinge, für die in anderen Ländern die Ministerien zuständig wären, oder es übernimmt sogar Aufgaben, für die in anderen Ländern die Parlamente zuständig sind. Ich finde es schade, dass das in der Presse überhaupt nicht thematisiert wird, denn das ist doch demokratietheoretisch sehr spannend.

    Was den Bau selbst angeht: Ich finde es schade, dass für so viel Geld so etwas Hässliches entsteht. Schon das bisherige Kanzleramt wirkt höchstens wegen seiner enormen Größe beeindruckend, und weil man ihm ansieht, dass es sehr teuer war. Aber ich habe noch niemanden getroffen, der es "schön" findet in dem Sinne, in dem man den Élysée-Palast oder das weiße Haus als "schön" bezeichnen würde.

  • Find Kanzleramt recht imponierend für einen modernistischen Bau. Aber zu teuer und zu emfindlich für Wetterung. Die Traditionelle Regierungsbauten von rund 1900 waren schöner und billiger dan das Kanzleramt. Sogar das neu entstanden Schloss ist viel billiger, gleiche Grösse aber unendlich würdiger und schöner dann das Kanzleramt.

    Weiss nicht was die NRK gekostet hat, aber die Aussenseite mit bronzen Pferden und 2 bezauberende Statuen war wirklich streng, grandiös und Innenseite mit hochwertigen Marmor, Gobelins, Leuchter phänomenal und dann noch die Integration modern/klassisch mit alten Kanzlei und Palais Borsig ein wirklich genialer Entwurf. Dazu noch eine umschlossen Garten mit traditionellen Gartenhaus. Modern UND alt gleich.

    Regierungsbauten waren: Reichstag, dutzende von Ministerien, NRK (existiert nicht mehr) und Kanzleramt.

  • Das Erstaunliche ist ja die Größe des Gesamtbaus gegenüber vergleichbaren Bauten. Telepolis schreibt, das neue Kanzleramt inkl. Anbau wäre dann 16-mal so groß wie das Weiße Haus...

    Wenn das wirklich nötig ist, muss ja das deutsche Regierungssystem viel zentralisierter sein als das in den anderen Ländern. Entweder macht das Kanzleramt bei uns Dinge, für die in anderen Ländern die Ministerien zuständig wären, oder es übernimmt sogar Aufgaben, für die in anderen Ländern die Parlamente zuständig sind....

    Weder noch.

    Die von dir genannten Gebäude sind Jahrhunderte alt, die Bevölkerungszahlen und der Platzbedarf waren damals viel niedriger las heute.

    Dann hat man diese Gebäude zum einen schon vor langer Zeit erweitert (hinter der Tür von Downing Street 10 wurden z.B. schon längst die Häuser Nummer 11 und 12 vereinnahmt, das Weiße Haus bekam Seitenflügel).

    Zum anderen befinden sich vor allem einfach große Teile der Verwaltung in anderen Gebäuden, wurden im Laufe der Zeit ausgelagert.

    Es (das Bundeskanzleramt) ist rund achtmal so groß wie das Weiße Haus.., zu dem allerdings noch weitere Gebäude gehören.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Bundeskanzleramt_(Berlin)


    Wenn das Bundeskanzleramt den gleichen Luxus bieten würde, wie die von dir genannten Gebäude, wäre für die Verwaltung sicherlich viel weniger Platz.

    Ich habe den Luxus mal am Beispiel des Weißen Hauses gegoogelt.

    The White House has:

    Also vom Tennisplatz über die Kegelbahn bis zum Schwimmbecken alles vorhanden.

    http://www.whitehousemuseum.org/overview.htm

    Die genannten Regierungszentralen kommen also nicht nur kleiner (und damit auf den ersten Blick bescheidener daher), sondern bieten im Innenleben viel mehr Luxus.

    Das Kanzleramt ist schlicht einfach moderner und als Regierungszentrale praktischer, da es die ganze Verwaltung mit beherbergt.

    Ähnlich zum Ausland verhält es sich übrigens mit dem Bundestag (mal abgesehen davon, dass die Abgeordnetenzahl wirklich auch vergleichsweise sehr hoch ist) : Es gibt große, zusätzliche Gebäude für die Abgeordneten und die Verwaltung, Vergleichbare gab es zu Reichstagszeiten einfach nicht.

  • Lange Rede, kurzer Sinn: Soll also ausgesagt werden, der Bundesrechnungshof schreibt nur Schmarrn, die Regierung hat hingegen einfach Recht, das Geld so auszugeben, wie sie es vorhat?

    Und, da wir bald (fast) alle den Gürtel werden enger schnallen müssen und Sparpotenziale gefragt sind. Könnten wir uns dann vielleicht einfach das Geld für Institutionen wie die Rechnungshöfe und Revisionsämter sparen? :zwinkern:

  • Nö, aber auch der Bundesrechnungshof ist eine Behörde, die ihre Existenzberechtigung in ihrer Größe und mit ihrem Personal beweisen muss.

    Also kein Grund jeden Bericht dieser Verwaltungsbeamten ohne zu Hinterfragen zu beklatschen und einfach zu übernehmen.

    Der Rechnungshof bemängelt vieles, vom privaten Autobahnbau bis zu den privaten Beraterverträgen bei der Bundeswehr,

    (meist ohne irgendwelche Konsequenzen). Es wundert schon, dass ausgerechnet die angeblich zu hohen Kosten für Architektur hier bemängelt werden. Denn nur mit Mehrausgaben wird eine Wende im Städtebau erreichbar sein.

    Und der Rechnungshof wird letztlich immer nur mit reinen Zweckbauten mit der notwendigsten Ausstattung glücklich sein.

  • Beim Betrachten dieser Darstellung des ehemals Königsplatz genannten Platzes vor dem Reichstag sieht man so schön, wie man Stadträume mit verhältnismäßig wenig Aufwand so viel geben kann.

    IST-Zustand Platz der Republik: Entsprechend des Gesamtkonzepts des Bandes des Bundes zeigt sich der Platz betont schlicht, genauer gesagt als geradezu öde und ungepflegte Rasenfläche. Aus manchen Perspektive betrachtet könnte man zeitweise gar von einer Brache reden. Keine Aufenthaltsqualität.

    Dagegen wäre es nicht nur optisch, sondern auch ökologisch betrachtet geradezu eine Wohltat, den Platz mit strukturierten Rasen-Blumen-Baumflächen zu versehen. So entstünde eine kleine Oase vor unserer Volksvertretung. Ein im Sommer kühlende Brunnen rundet das Bild ab und würde darüber hinaus einen herrlichen "Bruch" mit der modern-nüchternen Bebauung des Bandes des Bundes ergeben.

    Das neue Gesamterscheinungsbild wäre, denke ich, wirklich extrem aufgewertet. Man müsste nicht mal was für eine solche "Reko" kaputt machen, weil ja nichts da ist. Der riesige "Demonstrationsplatz", vor dem die Volksvertreter ja angeblich so Respekt haben, dass sie sogar einen Schutzgraben durch ihn ziehen wollen, wäre auch aufgebrochen. Also eigentlich spräche doch rein gar nix dagegen? Oder?