Leipzig - Eutritzsch: Arbeiterstadtteil mit Vielfalt (Galerie)

  • Heute möchte ich euch Eutritzsch vorstellen, ein kleiner, schmaler Stadtteil ca. 3km nördlich der Innenstadt gelegen. Gebt euch keine Mühe, "Eutritzsch" richtig auszusprechen oder gar behalten zu können, die gehäufte Ansammlung von Konsonanten verrät den slawischen Ursprung.

    Nach der Industrialisierung kristallisierte sich Eutritzsch zunehmend als Arbeiterwohnviertel heraus, das man dem Stadtteil noch heute ansieht. Statt gepflegter Bürgerlichkeit wie in Gohlis, das unmittelbar westlich von Eutritzsch anschließt, trifft man hier auf Mietskasernen von der Gründerzeit bis in die 1950er-Jahre hinein - wenn auch in architektonischer Hinsicht nicht uninteressant. Aber auch Villen reicher Fabrikbesitzer und sogar ein Hauch des alten Dorfes Eutritzsch vor der Industrialisierung lassen sich hier erahnen.


    Für Statistiker wie mich noch ein paar Fakten zum Stadtteil, bevor es mit den Bildern losgeht, zusammengestellt von der Stadt [lexicon='Leipzig'][/lexicon]:

    Einwohner 2008 (2007): 11.101Ew (10.891)
    Ausländeranteil 2007 (2006): 7% (6,9%)
    Arbeitslose 2007 (2006): 12,8% 13,9%

    Wohngebäude, erbaut bis 1918: 437
    Wohngebäude von 1919 bis 1948: 503
    Wohngebäude von 1949 bis 1990: 124
    Wohngebäude, erbaut ab 1991: 237


    Die meisten Fotos entstanden an einem Sonntagmorgen im Juli bei einer Stunde Fußmarsch, ein paar wenige letzte Woche.


    Eckgebäude Coppistr./Renkwitzstr. (Bj. 1924)


    Expressionismus an einer Villa der späten 1920er-Jahre


    Zwischen Delitzscher und Geibelstraße erstrecken sich ein paar rustikale Wohnhäuser, die man eher in waldreicheren Gegenden vermutet, in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] hingegen, noch dazu im Arbeiterviertel, sind sie eine Besonderheit.


    Zwei weitere Ansichten aus diesem Gebiet


    Ein paar Aufnahmen vom Kreuzungsbereich Wittenberger Str./Delitzscher Str.

    In den 1990er-Jahren wurden in der Delitzscher Str. viele Baulücken geschlossen, u.a. für das neue Stadtteilzentrum Eutritzscher Zentrum. Zuerst aber ein Überblick von der Delitzscher Str.

    Eutritzscher Zentrum, ein typischer Vertreter der Nachwendejahre

    Blick auf besagten Kreuzungsbereich. Der Altbau wurde in das EKZ integriert.


    Weitere Aufnahmen aus dem Kreuzungsbereich, hier eine Villa im Renaissancestil, vor vielen Jahren schon saniert, das gelbe Dach stammt noch aus DDR-Zeit.


    Hier eine typische Fabrikantenvilla aus der Gründerzeit mit (vermutlich) 1920er-Jahre-Anbau auf der Rückseite.


    Noch eine Ansicht


    Runter die Wittenberger Str. entlang gibt es viel einfache Gründerzeitbebauung


    Für erwähnenswert halte ich diese Sporthalle, die vom Jugendstilarchitekten Paul Möbius 1895 entworfen wurde.


    Gastwirtschaft Lutherburg


    Jetzt kommen wir zu drei Arbeiterensembles, die sehr nah beieinanderstehen, aber doch unterschiedlicher kaum sein können, denn einmal prägen sie den Gründerzeitstil, ein anderes Mal den Expressionismus der 1920er-Jahre und ein drittes Mal den klassischen Bauhausstil.

    Die sog. Meyerschen Häuser, die von Unternehmer Julius Meyer (ein Enkel von Lexikonverleger Joseph Meyer) gestiftet wurden, habe ich u.a. schon in der Galerie "Westbesuch in [lexicon='Leipzig'][/lexicon]" vorgestellt. In Eutritzsch steht nun ein weiterer von insgesamt vier Wohnkomplexen. Er entstand wie die anderen um 1900 und zählt zu den ersten Sozialwohnungsbauten in [lexicon='Leipzig'][/lexicon].


    Der Innenhof ist eigentlich eine Parklandschaft mit Kleingartenverein. Hier ein Ausschnitt:


    User Leipziger hat uns ja schon viel von der Revitalisierung rund um die Zerbster Straße gezeigt. Das Ergebnis hat mich auf meiner Streiftour auch umgehauen. Der Abriss der Häuser war eigentlich beschlossene Sache, nur durch die Intervenierung des Stadtforum [lexicon='Leipzig'][/lexicon] konnte dieser Abriss in letzter Minute gestoppt werden. Es fand sich ein Investor, der diese Häuser aufkaufte und seitdem saniert. Die Arbeiten sind inzwischen so gut wie abgeschlossen.

    Zum Vergleich noch eine Aufnahme von 2006, um zu verdeutlichen, wie verloren die Wohngebäude damals noch aussahen.


    Inzwischen hat sich dort einiges getan, seht selbst.


    Klasse, selbst die Hofseite kann sich mehr als sehen lassen


    Ein Blick rüber zur Theresienstraße. Das ehemalige Krankenhaus, ich glaube, bis tief in die 1990er-Jahre in Betrieb, wartet auf seine Neunutzung.


    Besagtes drittes Wohnensemble im Bauhausstil


    Auf der gegenüberliegenden Seite beginnt das Industriegebiet. Die meisten Betriebe haben abgewirtschaftet und sind geschlossen. Hier und da werden sie aber auch weiterhin genutzt.


    Nördlich der Wittenberger Str. befinden sich noch unsanierte Wohnungen aus den 1920er-Jahren, zum Teil sind sie aber noch bewohnt. Wenn ich mich recht entsinne, hat die CG-Gruppe (u.a. Sanierung Blüthner Carré) aufgekauft und will sie bis 2010 sanieren.


    Hier ein unbewohntes Gebäude vermutlich aus den 1950er-Jahren.


    Arbeiterwohnblock gegenüber vom Eutritzscher Markt


    Das ehemalige Rathaus von Eutritzsch wurde zu einem Wohnhaus umfunktioniert.


    Abendliches Halligalli verspricht im Sommer dieser "Beach"club.


    Entlang der Gräfestraße ist zum Teil ein wenig vorgründerzeitliche Dorfidylle erhalten geblieben. Hier eine Jugendstilvilla


    Dieses Fachwerkhaus wurde auch in letzter Minute aufgrund einer Initiative vorm Abriss gerettet. Heute befindet sich darin eine kleine Malerfirma.


    Auf einem brachliegenden Gelände ein Stück weiter hinten entlang der Gräfestraße wurde eine kleine Einfamlilienhaussiedlung gebaut.


    Schräg gegenüber befindet sich die Christuskirche, eine der ältesten Kirchen Leipzigs. Der Turm stammt noch aus dem 13. Jh. Von 1489 bis 1503 wurde sie von Benedikt Eisenberg im gotischen Stil umgebaut.


    Immer noch in der Gräfestraße dieses Wohnhaus aus dem frühen 19.Jh.


    Weitere Ansichten


    Ausgerechnet eine Grundschule, ein verkommener Plattenbau, der sich aufgrund des vielen Grüns zumindest im Sommer Gott sei Dank versteckt, muss das hässlichste Gebäude des Stadtteils sein.


    Westlich des Plattenbaus erstreckt sich der Brettschneiderpark. Klein, aber fein.


    Der Park schließt westlich mit diesen sehr hübschen Reihenhäusern aus den 1920er-Jahren ab.


    Und weiter westlich davon gibt es Straßenzüge, die von diesen Wohngebäuden, vermutlich in den 1930er-Jahren für Beamte errichtet, gesäumt sind.


    Einige Straßen erweisen sich hier als echte Bordsteinkiller. Man vergleiche den großen TetraPak mit dem Bordstein.


    In der Nähe der Albert-Bleichert-Werke, am Übergang zu Gohlis, stehen noch ein paar ganz nette Villen.

  • Danke für die vielen fotografischen Eindrücke aus Leipzsch.
    Ein baulich recht abwechslungsreicher Stadtteil, an dem man Gefallen finden kann. Wenn die Plattenbau-Grundschule den expliziten Tiefpunkt des Viertels darstellt, dürfte man dort nach den Konjunkturpaketen II, III und IV kaum noch einen Stein des Anstoßes finden.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Super, thanks Cowboy! 8)

    Schon grandios, was [lexicon='Leipzig'][/lexicon] an Pracht & Vielfalt zu bieten hat. Was hier als "Arbeiterviertel" bezeichnet wird, würde in vielen anderen Städten als absolute Luxuslage durchgehen.

    Das war selbst zur Entstehungszeit teils schon gehobenes Niveau. Gefällt mir sehr, hätte nichts dagegen einzuwenden, dort zu leben. Aber so schnell bringt mich nichts aus meinem symbadischen Neubrandenburg ;)

    Wie genau bilden deine Bilder denn die Vor-Ort-Situation ab? Gibt es noch viel Unsaniertes & Baulücken? An welches Publikum richtet sich der Stadtteil, findet man dort viele Familien, ist es (der Architektur entsprechend) sehr durchmischt?

  • Danke für Deine illustren Bildereihen in letzter Zeit. Diese hier kann schon einem, dem der Winter im (imVergleich zu [lexicon='Leipzig'][/lexicon]) grauen Ruhrgebiet langsam zuviel wird, das Herz erwärmen. Tolle Eindrücke. Im Übrigen sieht man hier einmal, wo das Wort Mietskaserne herkommt, und das muss gar nicht mal negativ sein. Zur Entstehungszeit hatten die Ensembles sehr viel gemein mit den Kasernen der Kaiserzeit, sowohl in der Kubatur als auch in der Gestaltung. http://i196.photobucket.com/albums/aa170/Slache/Bild025-4.jpg\r
    i196.photobucket.com/albums/aa17 ... d025-4.jpg

  • Vielen Dank für die Bilder.

    Unglaublich, die Anzahl der Gebäude aus der Zwischenkriegszeit, die mir außerordentlich gut gefallen und mich sehr stark an die Gebäude des "Roten Wiens" erinnern. Dieser expressionistische Stil, speziell der der frühen 20er Jahre, weist meiner Meinung nach eine hohe Eleganz auf und wirkt im Vergleich zum vorhergehenden Historismus sehr erfrischend. Das Bauhaus allerdings ist mir dann schon zu schlicht, wobei man eine gewisse Eleganz hier nicht leugnen kann! Was mir generell an [lexicon='Leipzig'][/lexicon] gut gefällt; die Fensterversprossung scheint intakt zu sein!

    lg

    "Ich denke an Wien, so wie Sie an Brüder, an Freunde denken, die jetzt an der Front sind. Nun sind sie fern von Ihnen und Sie wissen sie in Gefahr, ohne ihnen beistehen, ohne diese Gefahr teilen zu können" - Stefan Zweig 1940

  • ^ Ja, die Gebäude aus den Zwanziger Jahren, bisher bei der ganzen Gründerzeit-Lobhudelei eher stiefmütterlich behandelt, obwohl es sie in großer Anzahl in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] gibt, gefallen mir auch zunehmend gut. Die von dir angesprochene Fensterversprossung ist in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] kein Problem: Plastikfenster trifft man nur bei Neubauten und einigen Altbauten, die nach der Wende stümperhaft saniert wurden.

    Die Architektur entwickelte sich in der DDR m.E., wenn auch jetzt ein wenig pauschal gesagt, bis etwa zum Mauerbau 1961 doch recht positiv. In diesen Tagen werden auch die ersten Sanierungsarbeiten am GRK-Holding-Projekt Hoffmanns Gärten fertiggestellt. Dieses Wohnensemble aus den 1950er-Jahren stellt den sog. Zuckerbäckerstil dar, den es in vielen Städten der DDR zu dieser Zeit gab. Erst in den 1960er-Jahren setzte sich immer mehr dieser furchtbare Plattenbaustil durch.

    Zitat von "erbsenzähler"

    Wie genau bilden deine Bilder denn die Vor-Ort-Situation ab? Gibt es noch viel Unsaniertes & Baulücken? An welches Publikum richtet sich der Stadtteil, findet man dort viele Familien, ist es (der Architektur entsprechend) sehr durchmischt?

    Ich denke schon, dass meine Bilder repräsentativ für den Stadtteil sind. Die Sanierungsquote der Wohngebäude ist erstaunlich hoch, ich würde sagen über 90 Prozent. Problematischer hingegen sind die vielen Industrieruinen, die sich im südlichen Teil der Wittenberger Str. (ab Kreuzung Theresienstraße) und entlang des Gleisvorfelds zum Hauptbahnhof befinden. Von denen habe ich jetzt nichts gezeigt, kann ich aber gern noch nachholen. Dort hat sich ein wenig Kleingewerbe angesiedelt, z.B. diverse kleinere Büros, ein Fitnessstudio, ein Bowlingtreff sowie eine Tabledancebar und ein Puff in der Dessauer Str. Wohngebäude gibt es dort nicht. Kriegslücken hingegen sind östlich der nördlichen Delitzscher Str. noch sehr präsent oder auch in der westlichen Theresienstraße. Im Kern macht Eutritzsch einen sehr geschlossenen Eindruck.

    Die Wohnbevölkerung würde ich im Gros als arm bis normal bezeichnen. Bierselige Genossen oder anders geartete "Assis" sind mir dort bislang noch nie begegnet (die sieht man eher in den gentrifizierten Stadtteilen wie dem alternativen Connewitz). In den letzten Jahren gewinnt der Stadtteil aber wieder an Einwohnern, eine Art Bevölkerungsdurchmischung setzt so langsam ein. Allein letztes Jahr zogen 245 mehr Menschen in den Stadtteil als wegzogen. Für einen Stadtteil mit knapp über 10.000 Ew. nicht schlecht. Nur der Geburtensaldo war mit -35 negativ.

  • Danke für die Bilder.

    Für einen Arbeiterstadtteil sieht der Ort richtig schick aus.

    Zitat

    Der Park schließt westlich mit diesen sehr hübschen Reihenhäusern aus den 1920er-Jahren ab.


    Bist Du sicher mit der Bauepoche? Hat man in den 20er Jahren noch so verspielt gebaut? Bei den Entwürfen wirkt vielleicht noch das vor dem Ersten Weltkrieg abgeschlossene Studium der Architekten nach...

  • Die Reihenhäuser gefallen mir am Besten, gehören aber schon zu Gohlis, ne?!
    Allgemein hat dieser westliche Bereich von Eutritzsch nicht viel mit einem Arbeiterviertel zu tun, das ist dann doch eher östlich der Delitzscher zu finden...

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Zitat von "Schloßgespenst"

    Bist Du sicher mit der Bauepoche? Hat man in den 20er Jahren noch so verspielt gebaut? Bei den Entwürfen wirkt vielleicht noch das vor dem Ersten Weltkrieg abgeschlossene Studium der Architekten nach...

    Einige Häuser/Villen dürften sicherlich aus der Zeit vor dem ersten Weltkrieg stammen. Die zackigen Giebel sind aber sehr typisch für den Expressionismus und die 1920er Jahre. Hier hat man es allerdings mit einer sehr verspielten, ornamentalen Variante zu tun. Gleichwohl darf man nicht vergessen, daß die Weimarer Zeit mitnichten eine Hochzeit der Bauhaus-Architektur war, sondern statt dessen die sog. "konservative Moderne", als Weiterentwicklung des Heimatschutzstils, die maßgebliche (wenn auch heute in der Literatur wenig beachtete) Bauströmung war. Diese Tradition erhielt sich dann im Wohnungsbau ornamental abgespeckt sogar bis in die 1960er Jahre, bis dann die Bauhaus-beeinflußte Moderne voll durchzuschlagen begann.

  • Schloßgespenst, wie Heimdall schon erläutert hat, sind die ersten 3 der gezeigten Häuser auf jeden Fall in den 1920er-Jahren entstanden. Bei dem besonders schönen Wohnhaus darunter, das ich noch einmal einzeln abgelichtet habe, bin ich mir auch nicht 100prozentig sicher, vermute aber, dass alle Häuser dieses Straßenzugs zur gleichen Zeit erbaut worden sind.

    Youngwoerth, die Mitte von Eutritzsch, der Eutritzscher Markt, ist aber auch westlich der Delitzscher Straße gelegen. Ich habe mir die genauen Stadtteilgrenzen auf [lexicon='leipzig'][/lexicon].de noch einmal angeschaut. Eutritzsch schließt mit der Kleiststraße ab, wo besagte Reihenhäuser stehen. Wissentlich "geschummelt" habe ich beim ersten Bild und bei dem einen mit den Beamtenwohnungen. Allerdings wusste ich nicht, dass auch die zuletzt gezeigten Bilder schon zu Gohlis-Mitte zählen. Ist aber auch egal, alle dieser Häuser liegen nur einen Steinwurf von der Grenze zu Eutritzsch entfernt (keine 150m). Die heutige Stadtteilgrenze ist mit bloßem Auge aufgrund der Vergründerzeitlichung eh nicht mehr auszumachen.


    Noch eine Ansicht von der Delitzscher Str. mit einem dieser "seltsamen" Holzvillen.


    Und noch ein paar aufgebrühte Bilder aus Eutritzsch, die ich vor 2 Jahren schon einmal gezeigt habe.

    Klinikum St. Georg, um 1910 erbaut


    Christuskirche im Winter, wo sie aufgrund des fehlenden Laubs besser zu fotografieren war.


    Ein Fachwerkhaus des alten Ortskerns in der Gräfestraße


    Kaputte Industriebetriebe südlich der Zerbster Straße

  • Von mir auch vielen lieben Dank für die Fotos.

    Die "seltsamen" Holzhäuser an der Mörikestraße wurden gewissermaßen als Gartenkolonie bereits um 1875 angelegt - Architekt Max Bösenberg, damals noch "relativ" allein auf weiter Flur vor dem Dorf Eutritzsch gelegen. Die ganze Straße wurde einheitlich in einem Zuge nach einem Plan bebaut, die beiden Straßenenden wurden durch je zwei völlig gleiche und symmetrische Holzhäuser markiert (die beiden an der Delitzscher Str. sind hier auf dem 1. Foto von Spacecowboys letzten Beitrag, die beiden anderen im 3.-6. Bild des ersten Beitrags, jedoch z.T. von der Rückseite). Dazwischen liegen in symmetrischer Anordnung repräsentativere Villen im Stil der bürgerlichen italienischen Renaissance - diese sind heute leider in manchen Details vereinfacht, insgesamt aber erhalten, ein Teil davon (jedoch nicht den "Mittelbau") zeigt das 7. Foto von oben ("Zwei weitere Ansichten aus diesem Gebiet").

    Zu dem Bild "auf der gegenüberliegenden Seite beginnt das Industriegebiet"
    Der Ziegelbau wurde um 1929 für die Rudolf Karstadt AG als Lagerhaus gebaut und ist quasi im Originalzustand erhalten. Der bereits sanierte Kopfbau (nächstes Bild) ist selbstverständlich zeitgleich entstanden. Er enthielt Büroräume und wenn ich mich recht an das erinnere, was ich in dem Buch "Moderne in [lexicon='Leipzig'][/lexicon]" gelesen habe, auch Firmenwohnungen.

    Zitat: "Hier ein unbewohntes Gebäude vermutlich aus den 1950er-Jahren."
    Ich glaube allerdings, dass dies Gebäude noch aus den 30er Jahren, stammt, und zwar wegen dem urigem Naturstein, um 1935-39. Ich muss allerdings zugeben, dass die genauen Baujahre wirklich schwer zu bestimmen sind, denn immer wieder bestimmen Ausnahmen die Regel. Das betrifft auch die oben bereits durchdiskutierte Thematik - ich weiss wirklich nicht mit Sicherheit, ob die genannten Reihenhäuser noch vor dem 1. Weltkrieg (um 1912-15...) gebaut sind oder erst nach der Inflation um 1924-27. Vielleicht auch Teils/Teils.
    Die Siedlung Zerbster Str. ist von 1923 und eines der ersten Beispiele mit wirklich expressionistischen Fassadendekorationen.
    Das "ehemalige Krankenhaus" (Zitat) wurde 1915 erbaut (Datierung am Gebäude), entsprechend ist es auch deutlich konservativer.

    Bezüglich des Sanierungsfortschritts möchte ich noch bemerken, dass die Wohnhäuser tatsächlich bis auf einige an den Magistralen fast alle saniert sind. Großflächiger Abriss "droht" an keiner Stelle mehr. In dem um 1890 erschlossenen ehemaligen Industriegebiet zwischen Bahnlinie und Siedlung Zerbsterstr. sieht es jedoch sehr schlimm aus, fast wie im Krieg, siehe das letzte Foto von Spacecowboy. Viele Grundstücke sind abgeräumt, auf anderen stehen irgendwelche 100jährigen leerstehenden oder mindergenutzten Ziegelbauten, manchmal auch nur noch der Keller mit Pappabdeckung (wohl Kriegsruinen). Hier besteht wenig Aussicht auf kurzfristige Rettung, obwohl durchaus gewisse erhaltenswerte Qualitäten zu erkennen sind.

  • Wenn man auf der Hauptverbindung Autobahn/Messe - Hauptbahnhof unterwegs ist, kommt man praktisch nur an Gewerbe- und Industriebarackenmist vorbei. Und plötzlich steht man am prächtigen Bahnhof vor der prächtigen Innenstadt.

    In Dresden kann man sich ganz ähnlich bis direkt vor die Semperoper bewegen. Autobahnausfahrt Altstadt. Nicht zu verfehlen. :zwinkern:

    Ich denke, die Außenwirkung solcher Hauptmagistralen wird unterschätzt - sie sind der erste Eindruck für Touristen, die mit dem Auto anreisen. Und wenn sie dann wirklich bis ins innerste Zentrum solch trostlose Ansichten mitnehmen (Touris ahnen ja nichts von den paradiesischen Wohnvierteln in nächster Nähe), kann das richtig deftig abschrecken. Ich weiß natürlich um die schwierige Marktlage und weiteren Problemen an solchen Achsen, aber hier müßte die Stadt m.E. viel mehr Energie reinpfeffern!

    Als Positivbeispiel könnte ich hier nennen: Na? Richtig. 8)

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Positivbeispiele bitte mal nennen, ich weiß leider nicht, was gemeint ist.

    In [lexicon='Leipzig'][/lexicon] selbst würde mir Plagwitz und Lindenau entlang (von Teilen der) Karl-Heine-Straße, Lützner Straße, Zschocherschen Straße ... einfallen. Seit kurzem wieder online ist das Konzept der CG-Gruppe in dem Gebiet:
    http://www.cg-gruppe.de/cg-gruppe/backstage/documentpool/cg_gruppe/PlagwitzExposee_Web.pdf\r
    http://www.cg-gruppe.de/cg-gruppe/backs ... ee_Web.pdf

  • Ich wollte es eigentlich an anderer Stelle vorstellen, aber nun paßt es hier recht gut:

    12.03.2009
    Workshop WISSTRANS – »Flächenmanagement im Kontext nachhaltigen Stadtumbaus«
    TU Bergakademie Freiberg, Tagungszentrum Alte Mensa, Petersstr. 5, 09599 Freiberg
    http://www.landwirtschaft.sachsen.de/lfulg/9336.htm\r
    http://www.landwirtschaft.sachsen.de/lfulg/9336.htm
    Einladung mit weiteren Informationen: http://www.landwirtschaft.sachsen.de/lfulg/download/12032009_REFINA_neu.pdf\r
    http://www.landwirtschaft.sachsen.de/lf ... NA_neu.pdf

    Im Leipziger SEKo-Entwurf scheint der Ecke allerdings keine besondere Priorität zugesprochen zu werden:
    http://www.[lexicon='leipzig'][/lexicon].de/imperia/md/content/61_stadtplanungsamt/SEKO_Karten_B1_3.pdf\r
    www.[lexicon='leipzig'][/lexicon].de/imperia/md/conten ... n_B1_3.pdf

  • Wieder mal Dank an Leipziger für die geballte Ladung an Fach- und Hintergrund-Wissen! :)

    youngwoerth:

    Deine Aussagen sehe ich ähnlich und habe dies auch schon desöfteren hier und in anderen Foren angemerkt.
    Als Einwohner einer Stadt neigt man dazu nur die schönen Ecken wahrzunehmen und die schlechten zu verdrängen. Auch, da man sich nur in bestimmten Gegenden/Stadtteilen aufhält. Dies führt jedoch dazu, dass man bei städtebaulichen Entscheidungen vergisst, was eigentlich eine Stadt, in diesem Falle [lexicon='Leipzig'][/lexicon], eigentlich ausmacht. Touristen und andere Auswärtige und Besucher dieser Stadt, fahren nicht alle Stadtteile ab um sich einen Eindruck des gesamthaften Stadtbildes zu machen.
    In Dresden stellt man den Barock in den Mittelpunkt und vermarktet die Stadt entsprechend. Man hebt sich marketingtechnisch und touristisch auf dem Papier von anderen Städten ab. Das die Realität leider nicht ganz so rosig ist, ist zwar traurig aber meiner Meinung nach auch gar nicht so relevant, da die Meisten ohnehin um die Kriegszerstörungen wissen und letztlich wiederum sogar von der barocken Pracht überrascht werden. So erging es mir zumindest.

    So etwas vermisse ich in [lexicon='Leipzig'][/lexicon]. Ich vermisse einen strategischen, architektonischen und touristischen Masterplan, der die Wettbewerbsvorteile, die [lexicon='Leipzig'][/lexicon] heute schon hat, mehr betont und langfristig weiter ausbaut, um sich von anderen Städten positiv abzuheben.
    Ja, dazu zähle ich auch Rekonstruktionen und die Ergänzung von Kriegslücken in bestimmten, städtebaulich wichtigen Bereichen mit traditioneller Architektur.

    Unser Forumstroll "Reikianer" hat zwar auf recht dümmliche Art und Weise seine Meinung gesagt, aber ein wenig Wahrheit steckt bekanntlich überall drin. Wenn auch in diesem Fall nicht allzu viel. :lachen:
    Aber meiner Meinung nach fehlen in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] einfach eine riesige Menge an ehemals beeindruckenden Profanbauten, die begeistern. Bauten, sowohl im Zentrum, als auch außerhalb des Rings, die heute touristische Hightlights darstellen würden und die Architektur der gründerzeitlichen Wohngebiete auch in besagten Gebieten kommunizieren und veranschaulichen. Und das kann man auch nicht schönreden. Die hatten damals alle auch ihren städtebaulichen Sinn! Umso schmerzhafter fehlen sie heute.

    Gerade [lexicon='Leipzig'][/lexicon], das im Gegensatz zu anderen Städten mit die beste Grundlage hat, um Stadtreparatur mit vergleichsweise wenigen Gebäuden zu leisten, hat hier noch immenses Potential! Die Markthalle am Leuschner Platz sehe ich da nur als ersten richtigen Schritt, um städtebaulich wichtige Gebäude und Ensemble wiederzugewinnen.
    In [lexicon='Leipzig'][/lexicon] läuft bei weitem nicht alles richtig. Wie die Höfe am Brühl derzeit zeigen. Was natürlich nicht bedeutet nur zu rekonstruieren - das wäre die falsche Herangehensweise. Aber nicht darüber nachzudenken und dies mit als Alternative in Betracht zu ziehen, halte ich für noch viel "falscher". Zumal der gesellschaftliche Trend heute schon erkennbar ist.

    Leipzig - Back to the roots

  • Für LE Mon, und nur weil er ausdrücklich danach fragt:

    Gemeint war die meistbefahrene Bundesstraße Deutschlands, die Hauptachse meiner Wahlheimat:
    http://www.frsw.de/fotos04august/b31-dreisamtal0408.jpg\r
    http://www.frsw.de/fotos04august/b31-dreisamtal0408.jpg

    Das Bauprojekt:
    http://www.freiburg-schwarzwald.de/b31freiburg/lind98.jpg\r
    http://www.freiburg-schwarzwald.de/b31f ... lind98.jpg

    So sieht es nun über dem Stadttunnel aus:
    http://www.freiburg-schwarzwald.de/fotos04/littenw040417.jpg\r
    http://www.freiburg-schwarzwald.de/foto ... 040417.jpg

    Halb Tunnel / Halb geöffnet:
    http://www.pvdatabase.org/images_db/fesa_GmbH_2006.jpg\r
    http://www.pvdatabase.org/images_db/fesa_GmbH_2006.jpg

    Solarinstallationen auf dem Dach:
    http://www.freiburg-schwarzwald.de/fotos07juli/ph19d-070725.jpg\r
    http://www.freiburg-schwarzwald.de/foto ... 070725.jpg

    Leider konnte ich keine Bilder vom Verlauf im Westen und direkt im Zentrum finden. Im Westen verläuft direkt zwischen den Fahrbahnen der Fluß Dreisam mit seinen Grünanlagen und Radwegen. Zwischen Autobahn und Innenstadt wurde an einer Brücke der meterhohe Schriftzug "Freiburg im Breisgau" inkl. Wappen in den Beton gefräst.

    In der Innenstadt wird diese vierspurige Hauptachse von endlosen Gründerzeitlern gesäumt, der Fluß immer an der Seite. Gepflegte Atmosphäre an der höchstfrequentierten Hauptdurchfahrtsstraße Deutschlands.

    Und jetzt zurück nach Eutritzsch.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • ^ Sowas blödes aber auch, dass die B2 nicht so schön ist wie die Bundesstraße in Freiburg. Kann sich nicht mal jemand dafür einsetzen, die Schwarzwaldberge nach [lexicon='Leipzig'][/lexicon] zu holen? Und kann ein Spamfilter nicht mal Youngis ewige Städtevergleiche rausnehmen?

    Die neue B2 entlang maroder Lagerhallen und Eisenbahngleisen ist gebaut worden, um die vielbefahrene Delitzscher Straße für Anwohner zu entlasten, sodass auch Investoren sich wieder ermutigt fühlen, dort ganz in unserem Sinne Altbauten zu sanieren. Und das haben sie in den letzten Jahren dann auch getan. Abschreckend für Touris ist eher, dass auf der 4spurigen B2 gleich hinterm Ortseingangsschild ein Blitzer steht, der Ahnungslose abzockt, die schneller als mit 50km/h unterwegs sind. Ansonsten bin ich kein Freund davon, dass es überall aussehen muss wie geleckt. Zu einer Großstadt gehören nun mal auch Industriegebiete, Großmarkthallen, Skontomöbellager und Pfennigfuchserextrasuperbilligoutlet Stores. Solange sie fern von Wohnvierteln liegen und nur 'ne Bundesstraße durchführt, sehe ich kein Problem. Genauso wenig sehe ich Sinn, sie fürs Forum fotografieren zu müssen.

    Danke Leipziger für die fundierte Ergänzung.

  • Ich muss da jetzt mal Spacecowboy beipflichten; es macht keinen Sinn, Städte so (ehemals) unterschiedlicher Größe und Industrialisierungsgrades miteinander zu vergleichen. Die Zeit für die Entwicklung Freiburgs hatte [lexicon='Leipzig'][/lexicon] noch nicht, da muss man abwarten was sich da noch tut. Freiburg hat sicherlich das Glück, dass viele Industriegegenden und Gewerbegebiete wesentlich nördlich davon in der Region um Stuttgart liegen und die Stadt damit entlasten. Da werden oft Äpfel mit Birnen verglichen. Die Bundesstraße in Freiburg ist zugegebenermaßen toll, doch diese Situation findet man nicht überall vor. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Situationen sehe ich den Vergleich einfach als unzureichend; was nicht heißt, dass gewisse Städte nicht Vorbildwirkungen haben können, gar keine Frage. Freiburg gehört sicherlich dazu, allerdings muss man die unterschiedlichen Ausganssituationen berücksichtigen (Freiburg hat viel richtig gemacht, keine Frage!).

    lg

    "Ich denke an Wien, so wie Sie an Brüder, an Freunde denken, die jetzt an der Front sind. Nun sind sie fern von Ihnen und Sie wissen sie in Gefahr, ohne ihnen beistehen, ohne diese Gefahr teilen zu können" - Stefan Zweig 1940

  • Zitat von "spacecowboy"

    Und kann ein Spamfilter nicht mal Youngis ewige Städtevergleiche rausnehmen?


    Sach ma, ich hab doch extra fett geschrieben, dass ich nur auf LE Mons Frage antworte!
    Davor hatte ich sogar extra den Namen Freiburg weg gelassen, aber das ist Dir natürlich nicht aufgefallen... :?

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Denk_mal hat in seinem letzten Beitrag angesprochen was mir schon seit längerem im Kopf rumgeht. Ungeachtet Leipzigs (immer noch) immensen historischen Baubestands fehlt dieser Stadt aus touristischer Sicht der "große historische Auftritt" wie er ehedem am Augusstusplatz zu finden war. DD nimmt man medial größtenteils über die Elbssilhouette war. Dies ist sozusagen in den Köpfen der breiten Masse mehr oder weniger verankert. Dass die Stadt darüber hinaus allerdings nicht die hochgelobte Schönheit ist, wissen die meisten Leute, die noch nie dort waren, nicht. Ich bin der Meinung, dass [lexicon='Leipzig'][/lexicon] hier ein Image Problem hat. In aller Freundschaft, SOKO [lexicon='Leipzig'][/lexicon] oder der Tatort können das Positive auch nur sehr partiell vermitteln. Bitte nicht falsch verstehen; ich bin nicht für die Schleifung des Augustusplatzes und anschließendem Wiederaufbau im Gewand von vor ´43. Ich kann mir allerdings durchaus für bestimmte Bereiche im Zentrum bzw. der inneren Stadt eine etwaige Reko von ehem. stadtbildprägenden Gebäuden vorstellen. Voraussetzung ist eine gründliche Auseinandersetzung mit dem Standort und Prüfung der Einzelfälle, die dann auch die Möglichkeit Reko nicht von vornherein ausschließen. Die Markthalle ist so ein Fall oder auch das Hotel Viktoria in Verbindung mit dem Astoria (sollte es hier irgendwann mal an konkrete Planungen gehen). Auch im Bereich Matthäikirchhof sollte man über einen Wiederaufbau der Kirche wenigstens ernsthaft nachdenken und auch eine Teilreko der ehemals kleinteiligen Bebauung in Betracht ziehen. Dieser Teil des Zentrums zwischen Hainstraße und Barfußgäßchen wurde im Krieg am wenigsten zerstört und man sollte dies in den weiteren Planungen aufgreifen. Ein weiterer Rekokandidat wäre dann noch der Johanniskirchturm (+ Luther-Melanchthon-Denkmal), für den es ja bekanntlich bereits eine umtriebige Initiative gibt: http://www.johanniskirchturm.de\r
    http://www.johanniskirchturm.de