Frankfurt a. M. - Altstadt - Dom-Römer-Areal

  • Das ist mir schon klar.... Nur ist der Abriss eines Fachwerkhauses in der heutigen Zeit in der Regel einfach ein großer kultureller Verlust, den man nicht ohne Weiteres hinnehmen sollte, auch wenn es "nur" 150 Jahre alt ist...

    Was sagt sie uns für Unsinn vor?
    Es wird mir gleich der Kopf zerbrechen.
    Mich dünkt, ich hör’ ein ganzes Chor
    Von hundert tausend Narren sprechen.
    Goethe, Faust I

  • Naja, die Diskussion hatten wir ja schonmal in 'nem anderen Thread (ich glaube wegen des Dorfes mit Fachwerken aus dem 19. Jahrhundert, das dem Braunkohletagebau weichen muss) - 150 Jahre altes Fachwerk hat in der Regel mit Zimmererkunst praktisch nix mehr zu tun, und der Abriss stellt entsprechend einen eher geringen Verlust dar. Gegen das Fachwerk, was um 1850, und dann auch noch auf dem Land, errichtet wurde, sind die historistischen Fachwerkbauten ab 1880 (bedeutende kann man z. B. in Marburg sehen) schon wieder wertvoll...

  • Als derjenige, der jeden einzelnen Balken in Wehrheim vermessen und begutachtet hat, mal folgende Sachverhalte.

    DIe Gebäude waren teilweise bereits abgerissen, als ich dort das erste Mal hinkam. Es waren zwei Scheunen und, ich glaube, drei einzelne Häuser. Eines war definitiv 19. Jahrhundert. Es gab bei diesem Gebäude vier Eichenbalken, die irgendwie verwendbar waren, der Rest hat nichts getaugt (Fichte oder Schrott).
    Zudem wurden einige lange Balken der Scheune vor dem aufladen entwendet. Die waren leider besonders wertvoll. Sonst wurde nur Eiche unterschiedlichen Alters aufgeladen. Da die Balken Schäden durch den rabiaten Abriss aufwiesen wurde ein relativ geringer Preis vereinbart und eben entsprechend grob aussortiert.
    Es gab noch einen wesentlich älteren Bau, der beim Verladen noch stand.

    Was soll ich nun sagen...es war eine teilweise bereits vollzogene Entscheidung mit dem Abriss. Das gute Holz deswegen nicht zu nutzen, wäre aber auch Quatsch.

    Die Feder ist mächtiger als das Schwert...wenn das Schwert sehr stumpf ist und die Feder sehr spitz!

    -Terry Pratchett

  • Zitat von "Kardinal"

    Was soll ich nun sagen...es war eine teilweise bereits vollzogene Entscheidung mit dem Abriss. Das gute Holz deswegen nicht zu nutzen, wäre aber auch Quatsch.

    Ganz richtig. War `ne richtig tolle Aktion. Bravo.

  • Heute in der FAZ:

    Keine Ausschreibung für Altstadt-Areal

    Zitat

    Das Frankfurter Altstadt-Areal zwischen Dom und Römer soll nun doch direkt an den städtischen Wohnungskonzern ABG Holding und an die OFB Projektentwicklung, ein Tochterunternehmen der Helaba, vergeben werden. Darauf haben sich nach Informationen der F.A.Z. die Spitzen der schwarz-grünen Koalition im Römer mehrheitlich verständigt. Eine europaweite Ausschreibung wird es demnach nicht geben. Rechtsdezernent Boris Rhein (CDU) wollte auf Anfrage nur bestätigen, dass man sich einer Entscheidung nähere. Die Rechtsgutachten würden derzeit noch bewertet.

    Nach derzeitigem Stand der Verhandlungen würden Eigentum und Besitz des Areals von der Stadt an die ABG beziehungsweise an deren Tochterunternehmen FAAG übergehen, und zwar in Form eines Erbbaurechts. Die FAAG, die gemeinsam mit der OFB eine Projektgesellschaft für das Areal gründen soll, könnte später Untererbbaurechte an einzelne Bürger vergeben, die sich für die Wiederbebauung des alten Stadtkerns engagieren wollen. Die Steuerung des gesamten Bauvorhabens vom Abriss des Technischen Rathauses bis hin zur Planung der Neubauten und der zu rekonstruierenden Häuser läge in der Hand der Projektgesellschaft.

    Unsicherheit über Vergabe von Grundstücken

    Die direkte Vergabe hätte allerdings zur Folge, dass die Stadtverordneten ihre bisherigen Beschlüsse zur Bebauung des Altstadt-Areals formell weitgehend aufheben müssten; andernfalls läge eine europarechtlich unzulässige Baukonzession vor, also eine Beauftragung mit Bauleistungen, die den Wünschen der Stadt entspricht
    .....

    Der Kommentar dazu:

    Eine Gefahr gebannt

    Zitat

    Wichtiger ist jedoch, dass – scheinbar paradoxerweise – die Direktvergabe den unmittelbaren Einfluss der Kommunalpolitik auf die Steuerung der Altstadtbebauung einschränkt. Während sich die Stadtverordneten bei einer europaweiten Ausschreibung über einen städtebaulichen Vertrag einen dauerhaften Zugriff hätten sichern können, müssen sie sich nun auf die Möglichkeiten eines Bebauungsplans beschränken. Der Wunsch der Planungspolitiker, noch die Nutzung des letzten Quadratmeters festzuschreiben, wird unerfüllt bleiben. Damit wird das Projekt Altstadt vor jenen romantischen Phantastereien bewahrt, die es am meisten gefährden.

  • Was heißt das jetzt im Klartext? Sind jetzt Rekonstruktionen schwerer möglich, oder ist das jetzt in unserem Sinne besser, da zügiger gebaut werden kann? Vielleicht könnte Jörg oder Kardinal mal kommentieren.

  • Ich kenne die Frankfurter Situation natürlich nicht so gut, aber ich hatte gerüchteweise gehört, es wären auch private Projektentwickler an der Sache dran gewesen, die gänzlich auf unserer Seite stehen.

    Da drängt sich mir doch der Verdacht auf, daß die Vergabe an eine städtische Projektentwickler-Firma ein Schachzug der Reko-Gegner sein dürfte, um die auszuschalten.

  • Das ist noch nicht gesagt...

    Aber selbstverständlich werden die Gegener jetzt Oberwasser verspüren und massiv versuchen, die beiden Geschäftsführer in ihrem Sinn zu beeinflussen.

    Aber erst mal ganz ruhig. Man darf jetzt nur nicht diesen Projektentwicklern mit langen Appellen oder gar Belehrungen auf die Nerven gehen...das sollen ruhig andere machen.
    Diese bekommen einen Auftrag, müssen ihn in einer bestimmten Zeit ausführen und die einzige Architekturvariante, die keiner Geschmachsdiskussionbedarf, deren Einteilung bereits jetzt hundertprozentig festgelegt ist, ist eben die Rekonstruktion.
    Ich setze darauf, daß einfach die massive Zeitverschwendung im Vorfeld nun für uns arbeitet.

    Die Feder ist mächtiger als das Schwert...wenn das Schwert sehr stumpf ist und die Feder sehr spitz!

    -Terry Pratchett

  • Zitat von "Kardinal"

    Aber erst mal ganz ruhig. Man darf jetzt nur nicht diesen Projektentwicklern mit langen Appellen oder gar Belehrungen auf die Nerven gehen...das sollen ruhig andere machen.

    Ich kann Kardinals Votum nur unterstützen, und all denen, welche jetzt am liebsten einen Brief schreiben würden, nur ans Herz legen - Habt Vertrauen in die Reko-Kämpfer an vorderster Front, welche bisher im kleinen Kreis äusserst erfolgreich beste Arbeit geleistet haben!!!

  • Endlich wieder ein Bekenntnis von Seiten der Stadt zur Ernsthaftigkeit des Reko-Projekts:

    Planungsamt bittet um Mithilfe bei Suche nach Altstadt-Resten
    Neue Internetseite dokumentiert bisherige Spolien-Funde

    Alles weitere siehe hier, danke an Schmittchen für den Hinweis:

    http://www.deutsches-architektur-forum.de/forum/showpost.php?p=184031&postcount=1145\r
    http://www.deutsches-architektur-forum. ... count=1145

  • ^ Das ist natürlich genial! Wenn die Seite auch noch nicht fertig gestellt ist, so steckt viel Potential in dieser Aktion. Wirklich mal ein lobenswerter Schritt der Stadt 8) Bitte weiter so in die richtige Richtung!


    Hatten wir diese Infos hier schon irgendwo? Ein paar Auszüge:


    Quelle: Frankfurter Rundschau online

  • Heute in der FAZ:

    Technisches Rathaus: Abriss nicht vor Ende 2010

    Zitat

    Unterstellt man, dass sich die Abbrucharbeiten mindestens ein halbes Jahr hinziehen, so kann mit der Neubebauung des Dom-Römer-Areals frühestens im Herbst 2011 begonnen werden. Diese Prognose setzt allerdings voraus, dass von nun an das Altstadtprojekt von den Akteuren im Römer ohne weitere Verzögerungen vorangetrieben wird. Das darf als unwahrscheinlich bezeichnet werden. Immerhin sind schon dreieinhalb Jahre vergangen, seit der Ideenwettbewerb unter Architekten ausgeschrieben wurde, und trotz etlicher Stadtverordnetenbeschlüsse zur Gestaltung der Bauten sind viele Fragen offen.

    Klingt alles gar nicht mal so gut. Es scheint so, also redet jeder ein bißchen mit und erzählt der Presse irgendwas, aber niemand setzt sich den Hut auf und treibt das Projekt so richtig voran. Wenn wenigstens schon mal Holz zum Trocknen angeschafft würde - dann wäre die Zeit bis zum Abriß immerhin gut genutzt, denn nichts wäre ärgerlicher, als wenn das TR schließlich weg ist, aber dann für drei Jahre eine Brache bleibt, weil man mit den Fachwerhäusern noch nicht soweit ist. :augenrollen:

  • Diese unerfreuliche Meldung (FAZ vom 12.07.) hatte ich glatt übersehen:

    Gestern war dann auch noch dazu ein hämischer Leserbrief von einem Reko-Gegner, die schon von "nach dem Aus für das Rebstockhaus" sprach. So weit ist es aber doch wohl noch nicht - weiß jemand näheres?

  • Meine persönliche Meinung: das übliche Sommertheater, dass der BDA (und Konsorten) mal wieder nutzen, um gegen die Reko zu schiessen, insbesondere, weil der Dom-Römer-Ausschuss eben jetzt einige Monate nicht tagt, viele Politiker im Urlaub sind und die einzige Kommunikation über das Projekt nun in der Presse stattfindet. Die Argumentation des unwirtschaftlichen Wiederaufbaus ist ohnehin sehr fragwürdig, kurzfristig betrachtet ist der gesamte Wiederaufbau unwirtschaftlich, aber es geht hier einmal um Stadtentwicklung, die an dieser prominenten Stelle eben etwas mehr kosten sollte, als die bekannte Investorenarchitektur, und vor allem um das langfristige Prestige, das Frankfurt mit diesem Projekt selbst international erwerben kann.

    Abgesehen davon ist der FAZ-Artikel bezüglich der Rampe und der angeblichen Gastronomieprobleme im Rebstockhof (interessant BTW, dass man hier die Nutzung heute schon so genau weiß) einfach nur schlampig recherchiert, vgl. meinen vorangegangenen Beitrag zum DR-Ausschuss im Mai. Die Möglichkeit der Überbauung der Rampe wird hier überhaupt nicht genannt, ebenso das offene Bekenntnis der CDU im letzten Ausschuss PRO Reko. Möglicherweise wird hier auch von Seiten des mit Modernisten übersetzten Stadtplanungsamts bewusst kontra Reko lanciert, wer weiß.

    So oder so: wohl mal wieder Zeit für Leserbriefe... *Seufz*

    P. S.: Schloßgespenst, kannst du auch noch den Leserbrief von gestern einstellen? Würde gerne eine direkte Antwort darauf verfassen, das steigert die Chance erheblich, abgedruckt zu werden.

  • Wie RMA schon sagt: Sommertheater. Im Römer ist man sich längst darüber im klaren, das die Tiefgarage komplett gezogen werden muss,da sonst die Vermietbarkeit ohne Keller fast unmöglich wäre.Also entspannen und locker machen..... :zwinkern:

    FRANKFURT-specialis domus imperii

  • Zitat von "DerFrankfurter"

    Wie RMA schon sagt: Sommertheater. Im Römer ist man sich längst darüber im klaren, das die Tiefgarage komplett gezogen werden muss,da sonst die Vermietbarkeit ohne Keller fast unmöglich wäre.Also entspannen und locker machen..... :zwinkern:

    Woher weißt Du, worüber man sich im Römer "längst...im klaren" ist? Zum "Entspannen und locker machen" sehe ich überhaupt keinen Grund. Die Rebstock-Geschichte ist nur ein Vorbote dessen, was auf das Projekt an Querschüssen noch zukommen wird. Auch auf "offene Bekenntnisse der CDU" in Ausschüssen gebe ich wenig. Die können spätestens dann revidiert werden, wenn neue Koalitionsverhandlungen anstehen oder finanzielle Sachzwänge herbeigeredet werden.
    Nein, Grund zum Zurücklehnen besteht nicht. Hier gilt es einfach sehr wachsam zu sein.

  • Zitat

    Nein, Grund zum Zurücklehnen besteht nicht. Hier gilt es einfach sehr wachsam zu sein.

    Sehe ich auch so. Die Reko-Befürworter haben einen direkten Freistoß aus ausichtsreicher Schußposition, aber der Ball ist noch nicht im Tor und die Mauer der gegnerichen Mannschaft gut aufgestellt. :zwinkern:

    @ RMA

    Du hast Post.

  • In der Welt am Sonntag ist heute ein großer Bericht (Immobilienteil) über den geplanten Aufbau der Frankfurter Altstadt. Glücklicherweise ist er äußerst positiv geschrieben.

    Also, keine Sorge machen. Ich hoffe, das gibt dann eine Sogwirkung auf andere deutsche Großstädte.