Beiträge von RMA

    In Syrien ist bereits zuvor insbesondere mit Aleppo eine Stadt zerstört worden, die schon zur Zeit Alexanders des Großen tausende Jahre alt war. Man schaue sich mal die Größe der Altstadt in Google Maps an! Das Nebeneinanderleben verschiedenster Berufe, Bevölkerungsgruppen und Glaubensrichtungen, das sich dort seit dem Altertum kaum verändert hatte, ist ebenso vernichtet. Vieles erinnert in der islamischen Welt momentan an die Vorgänge in Europa im Zuge des Ersten Weltkriegs.

    Massen an vorgründerzeitlichen Altbauten waren in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] auch schon vor dem Zweiten Weltkrieg nicht anzutreffen. Der wahre Reichtum Leipzigs liegt in der Quantität, Qualität und den daraus gebildeten Ensembles der Bauten des 19. Jahrhunderts bis 1945, die zusammen mit Görlitz die besterhaltenen in einer deutschen Stadt darstellen. In keiner zweiten deutschen Stadt, noch dazu mit großstädtischen Dimensionen (!), ist die architekturgeschichtliche Entwicklung der vorgenannten Zeit mit einer derartigen Vielzahl von Beispielen und Genres (Villen, erste Mietshäuser, Geschäftshäuser, Siedlungsbau etc.) auf so präzise Weise zu verfolgen.

    Der Vergleich mit Erfurt, das genau vom Gegenteil, nämlich seinem Bauerbe vor 1800 inklusive einer Vielzahl herausragender historischer Kirchen lebt, ist wie Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Und [lexicon='Leipzig'][/lexicon] als „Zwischenstopp für eine Nacht interessant“ zu bezeichnen bezeugt eigentlich bestenfalls, dass du, Der Münchner, deine Reisen etwas besser vorbereiten solltest. :wink: Alleine schon das Bachstraßenviertel, Gohlis oder das Waldstraßenviertel sind in ihrem Charakter prächtiger und geschlossener erhalten als jedes Münchener Stadterweiterungsgebiet des 19. Jahrhunderts.

    Der 3D-Druck ist so gut wie das zu Grunde liegende Modell. Wenn man ein Foto mit Taubenschiss als Grundlage nimmt und dann nicht bereit ist, ein paar hochqualifizierte Fachleute zu bezahlen, das Modell entsprechend nachzubearbeiten, ja, dann wird auch der Taubenschiss mit ausgedruckt.

    Auch wenn es nicht zu Österreich-Ungarn gehörte sieht es doch so aus, als wären die gezeigten Objekte überwiegend von Architekten und Büros aus dessem Dunstkreis entworfen worden. Die Prachtentfaltung im Detail lässt vor allem an Budapest denken.

    Die schiere Masse an Originalbausubstanz des Historismus, Klassizismus, Jugendstils etc. in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] wird wohl bewirken, dass alternative, modernistische Entwürfe immer wieder geplant, gebaut und verkauft werden können.

    So sieht's nämlich aus. [lexicon='Leipzig'][/lexicon] ist vermutlich die einzige Großstadt in Deutschland, die sich das leisten kann, weil die Masse an Altbauten so gewaltig ist, alleine die der denkmalgeschützten Objekte geht ja in die Zehntausende. Davon unabhängig wird gerade in den letzten Jahren im reinen Wohnungsbau überwiegend der gleiche Schrott wie im Rest der Republik gebaut – also bestenfalls einfallslose Kisten, vielfach auch brutal-provozierend bzw. städtebaulich autistisch. Die postmodern geprägten Füllbauten der ersten Dekade nach der Wende, die sich sehr gut einfügen, lassen sich mittlerweile problemlos im Stadtbild davon abscheiden.

    Danke für das Update aus meiner liebsten Kleinstadt in Sachsen. Ist eigentlich noch was von den Hochwasserschäden aus dem letzten Jahr sichtbar? War ja nicht ohne wenn ich an die Bilder denke...

    Zum Goethehaus, das ja ein sehr frühes Museum war, gehört eben auch eine nicht unbedeutende Gemäldesammlung mit dem Schwerpunkt der Romantik. Dies ist anbetrachts der Tatsache, dass sich Goethes Lebenszeit sich im 19. Jahrhundert doch weitgehend mit der klassischen Phase der Romantik in der Malerei deckt, nun auch nicht wirklich ungewöhnlich.

    Zumindest Brügge hat ja auch die größte erhaltene Altstadt nördlich der Alpen aufzuweisen, wenn es auch in der Höhenentwicklung nicht so krass ist wie z. B. Lübeck. Das wird aber durch den monumentalen Belfried und die Vielzahl herausragender Sakralbauten bei weitem kompensiert. Insgesamt ist Brügge anbetrachts seiner Bedeutung m. M. n. relativ unterbewertet. Wie Flandern überhaupt.

    Dieses Foto sieht aus wie eine Bastelarbeit von 1995, bei der jemand gerade den Lens Flare-Filter von Photoshop entdeckt hat...

    Auch wenn ich mich frage, wieviele Leute in einem Forum wie diesem hier wohl The Wire gesehen haben, schöne Bilder und ein dankenswert umfangreicher Kommentar. Der Verfall ist teilweise echt krass. Und natürlich auch schade, da das Stadtbild durchaus einen einigermaßen gewachsenen Charakter aufweist, zumindest für US-Verhältnisse.

    Ehrlich gesagt beneide ich die Freien Wähler dafür, noch überhaupt einen Funken Optimismus für dieses verlotterte Quartier aufzubringen. Hier kumulieren praktisch alle Probleme, die sich in [lexicon='Frankfurt am Main'][/lexicon] durch fehlende Gestaltungssatzungen (dieser Neubau mit den Schießschartenfenstern wurde gerade erst errichtet!) und übertriebene Toleranz an der falschen Stelle ergeben. Gerade hier frage ich mich nicht selten, ob die Altstadt hibbdebach bzw. ihre Reste durch Nachkriegsabrisse nicht auch so aussähen, wäre sie nicht im Krieg zerstört worden.

    Überhaupt ist es unbegreiflich, wie in einem Quartier, dass derartig im Zentrum auch der Vermarktung des Frankfurter Images steht („Apfelweingemütlichkeit“) ein derartiger Wildwuchs gedeihen kann. Im Gegensatz zu anderen Teilen der Stadt scheint hier noch nicht einmal Lobbyismus, sondern pures Desinteresse, Ignoranz und Planlosigkeit der Zuständigen der hauptverantwortliche Faktor zu sein.

    Da das Thema jetzt schon seit mindestens fünf, wahrscheinlich eher zehn Jahren regelmäßig durch die Presse und Politik geistert, aber nichts passiert, sondern vielmehr regelmäßig weiter historische Bausubstanz abgeht und unpassende Neubauten errichtet werden, habe ich das Viertel eigentlich innerlich abgeschrieben. Besuch führe ich nach Bergen-Enkheim, Höchst oder Oberusel, dort gibt es gepflegte Altstädte vergleichbaren Charakters mit funktionierender Gastronomie und Wohnverhältnissen.

    Das ist wirklich ein Witz. Nur mal zum Vergleich: das in Relation zu Wien winzige (ein Viertel der Einwohnerschaft), aber wohl bis auf den Kern vergleichbar gut erhaltene [lexicon='Leipzig'][/lexicon] hat über 15.000 Kulturdenkmäler, von denen über 10.000 alleine aus der Gründerzeit stammen! Dazu gesellt sich dann in Wien in der Tat noch, dass sich die Neubaukultur irgendwo um 1970 bewegt, es sieht eigentlich fast alles brutal-furchtbar aus (vgl. dazu auch diesen DAF-Strang). Wobei das in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] zumindest im Wohnungsbausektor leider auch der Fall ist, Berlin kann wegen der mittlerweile hohen Mieten und der Präsenz einiger fähiger Architekturbüros als Sonderfall gelten. In [lexicon='Frankfurt am Main'][/lexicon] sind die Tendenzen zum Glück ähnlich, wenn auch noch nicht so ausgeprägt wie in Berlin. München ist dagegen eigentlich genauso bestraft wie Wien.

    Danke schonmal für die Bilder. Das Ganze ist auch stilgeschichtlich sehr interessant. Kloster Andechs zeigt das voll entwickelte süddeutsche Rokoko, das neben der Rocaille und der starken Farbigkeit – Stuckmarmor prägt nun nicht mehr nur die Säulen, sondern die kompletten Altäre – in den Einzelformen den Bruch der Symmetrie wagt. Kloster Dießen ist noch von den Ausläufern des Régence geprägt, typisch dafür die reiche Verwendung von Gitterwerk, die noch weitgehend sklavische Einhaltung der Symmetrie und die noch nicht entwickelte Rocaille. Aus dem Barock herübergerettet hat sich die hier die dominierende Verwendung von Edelholzelementen (bzw. deren Vortäuschung durch heute längst vergessene Lacktechnik) für die Altäre.

    Ja, das ist mir im Abgleich mit den Wikipedia-Denkmallisten auch aufgefallen. Ich würde mal schätzen, dass nur ungefähr 25 % dessen, was wirklich denkmalwürdig ist, auch unter Denkmalschutz steht. Und da spreche ich jetzt nicht von irgendwelchen Zinshäusern der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, sondern von den vielen im Kern sicher noch barocken Vorstadthäusern und biedermeierlichen Vorgründerzeitlern der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts, die es wohl selbst in Wien nicht mehr in Massen gibt.

    Also ich weiß nicht, wenn man gut erhaltene märkische Kleinstädte kennt, hatte das vorgründerzeitliche Berlin schon großstädtische Dimensionen – einfach in Bezug auf die Maßstäblichkeit. Gut erkennen kann man das an den alten Bildern, wo monumentale Sakral- oder öffentliche Bauten im Hintergrund zu sehen sind, der sehr krasse Bruch zwischen deren Bauhöhe und dem der bürgerlichen Bebauung ist ja das eigentlich typische für die historisch überkommene Architektur im ganzen niederdeutschen Raum und findet sich proportional übertragen noch heute bis in das kleinste Dorf wieder.

    Die historistische Überformung hat aus Berlin zwar eine Weltstadt gemacht, und rein von der Qualität waren die Historismusbauten unzweifelhaft die besten, die es in Westeuropa gab (den nahezu totalen Verlust können Görlitz und [lexicon='Leipzig'][/lexicon] zumindest im Bereich des Wohnungsbaus einigermaßen kompensieren), aber das Lokalkolorit der dortigen Architektur ist schon durch den vertikalen Maßstabsbruch weitestgehend verloren gegangen.

    Ohne die Wiener Historismusspezifika zu kennen würde ich grob schätzen, dass das Haus in die 1860er Jahre gehört. Wenn man sich anguckt, was rundherum so an sicher noch vielfach spätbarocken Häusern rumsteht kann man nur sagen Glück im Unglück, rein bezogen auf den Denkmalwert.