Frankfurt a. M. - Altstadt - Dom-Römer-Areal

  • Mal ne kurze Frage: Kommen die Häuser auf der linken Seite der Goldenen Waage auf Frankfurters Bild eigentlich auch wieder. Für die Ensemblewirkung sind diese doch unverzichtbar. Man stelle sich die Goldene Waage neben zwei Glaskästen vor :schockiert:

    APH - am Puls der Zeit

  • Die Häuser links der Goldenen Waage stehen in dem Areal des Archäologischen Gartens, für das noch ein Wettbewerb veranstaltet werden soll. Wenn es so läuft wie es sich einige Politiker wohl vorstellen, kriegen wir da einen Glaskasten (oder schlimmeres) in der höchst spekulativen Kubatur der Kaiserpfalz..... Was an sich schon eine Farce wäre, weil die Goldene Waage mit der Rückseite auf ebendiesen Grundmauern zu stehen kommen würde und eine wie auch immer geartete Nachbildung der Pfalz somit nicht direkt am historischen Ort oder in historischer Dimension entstehen könnte. Wenn wir aber doch eine kriegen, dann bitte auch nen Schauspieler im genauso authentischen Carolus-Magnus-Kostüm, damit die Touris was zu gucken und fotografieren haben :P

    Was sagt sie uns für Unsinn vor?
    Es wird mir gleich der Kopf zerbrechen.
    Mich dünkt, ich hör’ ein ganzes Chor
    Von hundert tausend Narren sprechen.
    Goethe, Faust I

  • Der Architekturkritiker Dieter Bartezko hat sich nun in der FAZ vom Freitag, dem Thema "Schirn-Tisch" im Beitrag "Das kommt uns nicht mehr auf dem Tisch!" angenommen. Angeprangert wird im Artikel die Ignoranz von Bangert, dem "Tisch"-Schöpfer, der auf seine Urheberrechte pocht. Immer wieder erstaunlich wie gestern noch abrissfreudige Modernisten die Unantastbarkeit ihrer Werke verteidigen. Dabei machen doch eigentlich die jederzeit problemlose Reproduzierbarkeit und örtliche Ungebundenheit die Bauten der Moderne aus.

    ...

  • Und hier ist der Artikel: http://www.faz.net/s/Rub117C535CD…n~Scontent.html

    Zitat

    Es geht um die Kulturschirn, ein weiteres Hauptwerk der Postmoderne in Frankfurt. Teile des Riesenbaus, insbesondere ein freistehendes Vierstützengebilde aus Beton, behindern die Rekonstruktion eines Altstadtviertels auf dem Gelände des benachbarten, zum Abriss vorgesehenen Technischen Rathauses von 1972.

    Den Vorschlag, das allgemein ungeliebte Vierstützenwerk ebenfalls niederzulegen, beantwortete sein Schöpfer Bangert mit der Drohung, seine „Urheberrechte mit Vehemenz (vor Gericht) zu verteidigen“. Dem Architekten ist das abfällig „Tisch“ titulierte Gebilde noch immer, als was er es 1986 bezeichnete: Zitat des griechischen Megaron, des „Urbaus“ der abendländischen Baukunst.

    Gelehrtheit oder Geschmacklosigkeit? Avantgardismus contra Spießertum? Unbestreitbar verstellt der „Tisch“, ebenso wie das gigantische Technische Rathaus, die jahrhundertealte Sicht auf den gotischen Domturm, und steht als brachiales Massiv jeder kleinteiligen Bebauung entgegen. Ist er deshalb anstandslos? Ein Blick in die Baugeschichte seines Standorts ist hilfreich: Das, was das Verwaltungsgericht im Fall Saalgasse als Widerstreit individueller ästhetischer Empfindungen kennzeichnete, wurde in Frankfurts Altstadt jahrhundertelang durch Bauordnungen gelöst. Höhen, Abstände, aber auch die Verwendung von Baumaterialien und die Gestaltung von Fassaden waren verbindlich und mussten einvernehmlich erfolgen. So entstand das Häusergewirr zwischen Dom und Römer als Verbund gleicher und doch individueller Bauwerke, die sich einigen wenigen Dominanten - dem Domturm, dem Rathaus und der Ratskapelle - unterordneten.

    Dietrich Bangert und seine Kollegen, aber auch der auftraggebende Magistrat ignorierten, wie zuvor schon die Architekten des Technischen Rathauses, dieses einstige Feingewebe, als 1986 die Kulturschirn entstand. Die Ignoranz der Ignoranz freilich bestand darin, nicht nur das verschwundene Stadtgefüge, sondern auch die damals noch vorhandenen Bezüge zwischen den wenigen erhaltenen Denkmälern brutal zu kappen. Darin, nicht in der (beim Tisch allerdings für den Verfasser bei bestem Willen nicht zu erkennenden) Ästhetik der Neubauten liegt die Fehlleistung aller Beteiligten.

  • Zitat von "jörg"

    Der Tag führte noch zu einer weiteren sensationellen Erkenntnis: Ich habe einen Verwendungszweck für den "Tisch" entdeckt. Er eignet sich hervorragend, um von oben die gezeichneten Umrisslinien der zukünftigen Altstadt zu fotografieren.

    Und er wird Dir noch eine Weile erhalten bleiben. Ich habe erst vorletzte Woche beim Besuch der Darwinismus-Ausstellung in der Schirn gesehen, daß mehrere Handwerker mit der Sanierung beschäftigt waren. Sandsteinplatten wurden offenbar ausgebessert usw.
    Kann man nur auf einen Bulldozer oder Baukran hoffen, der mal dagegen rast.

  • Wie jetzt? In der Politik ist ein Abriß angedacht, gegen den offenbar nur der sich und sein Werk überschätzende Dietrich Bangert etwas einzuwenden hat - und parallel wird der Tisch renoviert? Da weiß offenbar die rechte Hand nicht, was die linke tut..... :augenrollen:

  • Zitat von "Heimdall"

    Und er wird Dir noch eine Weile erhalten bleiben. Ich habe erst vorletzte Woche beim Besuch der Darwinismus-Ausstellung in der Schirn gesehen, daß mehrere Handwerker mit der Sanierung beschäftigt waren. Sandsteinplatten wurden offenbar ausgebessert usw.
    Kann man nur auf einen Bulldozer oder Baukran hoffen, der mal dagegen rast.


    Schön zu wissen, für welchen Schwachsinn unsere hart erarbeiteten Steuergelder mißbraucht werden.

    ...

  • Das ist ja wirklich beeindruckend, was sich da alles gefunden hat, ich bin von der Masse ehrlich gesagt völlig überrascht. Besonders schön die vielen Teile von der Goldenen Waage sowie das zusätzliche Teil vom Salzhaus (!), das noch aufgetaucht ist. Muss ich gleich mal den Wikipedia-Artikel anpassen.

  • Soso, der Horst-schlaemma. Genauso toller Nick wie meiner da. :peinlich: Übrigens haben die Jungs von der Altstadtstudie für die Darstellung der Position des Salzhausteils ein Bild von meiner Wikipedia-Nutzerseite übernommen:

    http://www.frankfurter-spolien.de/privatspolien.php?cat=all&val=start&page=101\r
    http://www.frankfurter-spolien.de/priva ... t&page=101

    http://de.wikipedia.org/wiki/Benutzer:Doenertier82/Vitrine\r
    de.wikipedia.org/wiki/Benutzer:D ... 82/Vitrine

    Kommt mir irgendwie bekannt vor. ;)

  • RMA

    Deine Wiki-Seite über das Salzhaus ist sehr informativ und es macht richtig Spaß alles durchzulesen. Der heutige Ersatzbau ist ja ziemlich gaga und der Giebel rettet hier nur die Dachlandschaft.

    Die vorhandenen Spolien schreien förmlich nach Wiedereinbau in die überfällige Rekonstruktion des Salzhauses! Da das Gebäude der Stadt gehört, sollte die Sache doch irgendwie möglich sein. Man müsste halt eine politisch willige Phase abwarten und dann schnell Nägel mit Köpfen machen.

    Machst Du auf Deiner Seite absichtlich keine suggestive Werbung für die Reko des Salzhauses? Da Du hier quasi eine Monopolstellung hast, würde ich diese Chance doch irgendwie einfließen lassen?

  • Danke für das Lob, doch ich muss da einiges richtigstellen. Erstmal ist das nicht "meine Seite", sondern ein Artikel über das Salzhaus, auch wenn ich dazu 99 % des Textes und sämtliches Bildmaterial beigesteuert habe. Entsprechend dem lexikalischen Anspruch der Wikipedia kann man da natürlich keine Werbekampagne platzieren. Dazu kommt, dass der Artikel ja zu den "Exzellenten" gewählt wurde, somit in regelmäßigen Abständen "Artikel des Tages" sein und von Millionen Menschen gelesen werden wird. Ich halte es schon für suggestiv genug, im letzten Abschnitt auf die > 60 % erhaltene Fassadenteile hinzuweisen, die in irgendwelchen Archiven vor sich hindümpeln und auch nicht besser werden. Das habe ich ja extra noch mit dem Bild untermalt, auf dem ich die zahlreichen erhaltenen Teile eingezeichnet habe.

    Das Problem bezüglich der Reko des Salzhauses ist auch gar nicht die Reko selbst, hier wäre vermutlich selbst der Denkmalschutz einverstanden anbetrachts der vielen erhaltenen Teile und des noch vorhandenen Erdgeschosses. Das Problem ist einmal der Nachfolgebau, der wohl der beste 50er Jahre Bau in der Stadt überhaupt ist (auch wenn er nur einen fahlen Abglanz des alten Salzhauses darstellt), und zum anderen die Finanzierung. Wenn eines dieser beiden Probleme gelöst wäre, könnte ich mir vorstellen, dass man von städtischer Seite ernsthaft ins Wanken geraten würde. Da der 50er Jahre Bau nicht von einem Tag auf den anderen zusammenbrechen wird, bleibt nur die zweite Alternative. Wie gesagt, ich hoffe immer noch auf einen großen Lottogewinn, dann würde ich die geschätzt 20 - 25 Millionen Euro sofort spenden, die es für den Wiederaufbau und die Nachschnitzarbeiten bräuchte. Und das meine ich ernst.

    Schade halt nur, dass in einer Stadt, wo viele Bürger diese Summe aus der Portokasse bezahlen könnten, ein derartiges Engagement nicht vorhanden zu sein scheint.

  • Zitat

    . Da der 50er Jahre Bau nicht von einem Tag auf den anderen zusammenbrechen wird, bleibt nur die zweite Alternative

    Welche Alternative wäre das denn? Ein Wiederaufbau an anderer Stelle? Ein Abbruch des Nachkriegsbaus und deren Wiederaufbau in der neuen Altstadt?

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Sieh Dir mal die beiden Bilder in RMAs Artikel ueber das Salzhaus an, Daene. :) Dort sind Bilder von (a) dem Salzhaus vor der Zerstoerung und (b) dem Nachfolgebau aus den 50er Jahren. Wie Du siehst zeigt dieser, wenn auch in grob vereinfachter Form, jedenfalls noch halbwegs die Silhouette des Salzhauses auf. Dieses ist rar; in den meisten Faellen haben auf Kriegs- oder Nachkriegszerstoerung folgende Bauten wenig oder nichts mit ihren Vorgaengerbauten gemein (und sind auch oft abscheulich und auf meiner langen Liste von idealen Abrisskandidaten sollte eine Reko an ihrer Stelle garantiert sein).

    Darum glaube ich, dass die von RMA erwaehnte "zweite Alternative" die Finanzierung einer Rekonstruktion des Salzhauses waere. Dann koennten wir, meine ich, auf einen Wiederaufbau des (notwendigerweise im Zuge der Rekonstruktion des Salzhauses abgerissenen) Nachkriegsbaus an dieser Stelle recht leicht und dankbar verzichten. Mein stiller Wunsch: Das Haus nebenan sollte gleich mit rekonstruiert werden, und auch da wuerde ich dann das Ende des Nachfolgebaus nicht gross beweinen. :engel:

  • Wie ich ja in dem betreffenden Strang schon mal angemerkt hatte: Während man das Haus Frauenstein (das Nachbarhaus, ebenfalls mit historischem Ergeschoß und ansonsten aus den 50er Jahren) relativ problemlos und und kostengünstig rekonstruieren könnte, indem man die historische Fassade vor das Bestandsgebäude vorblendet (Mainz grüßt...), geht das beim Salzhaus eben leider nicht.

    Wenn man nämlich dort die durchaus sehenswerte Seitenfront zur Braubachstraße (mit dem riesigen Phoenix-Mosaik) so lassen würde, wie sie ist und die alten Fassadenteile (plus fehlende rekonstruierte Teile) an der [lexicon='Römerberg'][/lexicon]-Fassade anbringen könnte, wäre das ein Kompromiß zwischen historisch und Aufbauzeit der 50er, der (da man ja die Fassadenteile nicht länger im Depot vermodern lassen, aber auch nicht an einem Phantasieort einbauen möchte) meiner Ansicht nach durchaus konsensfähig und durchsetzbar sein könnte. Doch leider stimmen die Proportionen nicht, das neue Salzhaus hat drei Vollgeschosse, während das alte nur zwei hatte, die versetzt zu denen des Nachbarhauses lagen. Somit kann man eigentlich nur den ganzen Aufbau komplett abreißen und alles neu bauen. Das ist teuer und würde die Architektenlobby auf die Barrikaden bringen. Ob man das Mosaik demontieren und irgendwo anders in der "Neu-Altstadt", etwa an einer ansonsten unansehnlichen, aber unvermeidlichen Brandmauer anbringen kann, ob das technisch machbar und vom Aufwand her vertretbar ist, weiß ich nicht.

  • Ich erinnere mich daran, daß ja bei der Samstagsberg-Rekonstruktion das Salzhaus ebenfalls in Erwägung gezogen wurde. Walter Wallmann (damals OB von Frankfurt) soll sogar auf dem Römer in Zimmermannskluft dafür gesammelt haben! Heute wäre nur ein Bruchteil solchen Engagements seitens Frau Roth ausreichend um die Altstadtbebauung vollständig und erheblich beschleunigt entstehen zu lassen... aber je nachdem, wer wie ernsthaft hinter Projekten steht und damit auch ernsthafte Politik macht...ist vielleicht auch gar kein Wunder, daß sich im Moment die Nachrichten der Unternehmensumzüge aus Frankfurt weg häufen.
    Auf jeden Fall stand damals wohl eine Summe von 2-3 Mio. DM im Raum. Es wäre natürlich traumhaft, wenn man das einfach umrechnen könnte.

    Den Phönix würde ich abbauen und, wenn es von der Höhe her passt, entsprechend an die rekonstruierte seitliche Fassade, praktisch am alten Ort, an eine Vorhangschale setzen (wie bei einer Verschieferung, um nicht das Holz zu beschädigen). Auch den Zwischenbau würde ich dann rekonstruieren, da hier das Fachwerk vor der Zerstörung noch freigelegt wurde. So hätte man einen wirklich schönen Anblick vom Paulsplatz.
    Oder eben an exponierter Stelle in der neuen Altstadt, auch wenn mir jetzt gerade keine solche einfällt.

    Die Feder ist mächtiger als das Schwert...wenn das Schwert sehr stumpf ist und die Feder sehr spitz!

    -Terry Pratchett

  • Aber ein Abriss des neuen Salzhauses wäre wohl auch mit Spenden nicht möglich - das Ding steht wohl unter Denkmalschutz?

    Anderes Thema: gibt es eine Entscheidung zum Haus zum Rebstock?

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • @erbsenzähler: da bin ich dagegen. das Salzhaus ist untrennbarer Bestandteil des Römerensembles