Frankfurt a. M. - Altstadt - Dom-Römer-Areal

  • Zitat von "Schloßgespenst"

    Mein Freund hat wieder einen Leserbrief geschrieben (vgl. http://www.aphforum.de/forum/viewtopi…=asc&start=1356:

    Überflüssige Äußerungen mal wieder:

    Das Wort "Hessenpark" ist so unpassend wie abgedroschen (wer erklärt dem verrückten Professor den Unterschied zwischen einem Freilichtmuseum und Rekonstruktionen am Originalstandort?), und was Frankfurts Besucher angeblich erwarten, ist sowas von belanglos (wenn man danach ginge, könnte man gleich gläserne Wolkenkratzer um den Dom gruppieren).

    Man sollte auch auf diesen Brief reagieren. Macht es diesmal jemand von Euch (vielleicht einer mit Frankfurt als Wohnort)?

    Und da ist die Antwort auch schon (bravo, danke!): :zwinkern:

  • Zitat von "Rohne"

    Gestern tagte wieder der Sonderausschuss Dom-Römer.

    Zweiter großer Punkt war die Vorstellung von Herrn Mäckler zur Bebauung des Areals. Er stellte glaub ich 12 Entwürfe seiner Studenten vor, wie denn Neubauten dort aussehen könnten. Meine ganz bescheidene Meinung dazu: die Häuser sahen zwar nett aus, und vor allem in der Münsteraner Altstadt würden sie sich hervorragend machen, spiegeln aber so gut wie gar nicht den Typus der Frankfurter Altstadt wider: außer der Giebelständigkeit (die auch etwas überschätzt wird, denn bei weitem nicht alle Gebäude auf dem Areal waren giebelständig), den Gebäudehöhen, und der Tatsache dass sie höher als breit waren, war so gut wie kein einziges frankfurttypisches Merkmal zu finden. Keine Auskragungen, Zwerchhäuser, Belvederchen oder Frankfurter Nasen. Gerade mal 2 Entwürfe hatten die Bovellagen aufgegriffen. Lob bekam er von den Politikern, darunter auch einem Herrn Heumann (CDU), der sich offenbar wie das Fähnchen im Wind dreht. Noch bei der letzten Ausschusssitzung kam von ihm die Aussage dass die neue Altstadt so aussehen soll als wär sie nie zerstört worden und diesmal war er ziemlich gegen Rekonstruktionen und vollkommen unkritisch gegenüber Mäcklers Entwürfen.

    Das sind sie, die Entwürfe von Mäcklers Schützlingen:


    Quelle: FAZ vom 16.06.2007

    Ich finde, die Häuser wirken zumindest "altstädtischer" und weniger abgefahren als die vor 20 Jahren in der Saalgasse gebauten Häuser, immerhin ein Fortschritt - wobei es natürlich auch noch auf das Fassadenmaterial ankäme. Wie Rohne allerdings richtig sagt, war die Altstadt nicht unwesentlich auch durch traufständige Häuser geprägt. Das zeigt, daß hier wieder Leute am Werk waren, die sich gar nicht richtig mit der Geschichte des Baugebiets in spe befaßt haben (und da heißt es dann, "laßt die Fachleute entscheiden, nicht die Laien"). Naja, einem Stundentekopp kann man das noch eher verzeihen als einem fertigen Architekten.

    Beim Wiederaufbau der Altstadt von Elbing, wo statt Rekonstruktion eine sogenannte "Retroversion" erprobt wurde, ist übrigens genau das tatsächlich passiert: Fast überall nur giebelständige Häuser, weil jeder Architekt glaubte, allein das sei typisch für Elbing.

    Zurück zum Thema: Als Füllbauten zwischen einer stattlichen Anzahl von Rekos fände ich solche Häuser in Ordnung. Aber nach derzeitigem Stand wäre es ja leider genau umgekehrt: Sieben Rekos wären die "Füllbauten" zwischen rund 40 solcher mediokren Bauten. Aber man kann ja immerhin hoffen, daß es noch mehr Rekos werden.

  • Genau was ich befürchtet habe: Stinknormale moderne Bauformen, ohne Sinn und Verstand in psedohistorische Formen gepresst. Durchgehend riesige Fenster, wie sie gerade Mode sind, und idealerweise alles auch noch mit weißem Rauputz vom Baumarkt eingefasst. Einzig der linke Entwurf mag ansatzweise zu gefallen, wobei das ganze mehr wie ein Gründerzeitler wirkt, der eher in die Braubachstraße passen würde als an den Hühnermarkt.

    Es bleibt nun nur die Hoffnung, dass die Bewertungskomission möglichst streng urteilen wird und die Gestaltungssatzung die gröbsten Exzesse der Modernisten vereitelt.

    Wenn diese Entwürfe aber eins gezeigt haben, dann ist es die Unfähigkeit (angehender) moderner Architekten, ihre Entwürfe dem Ort an dem sie entstehen sollen stilgerecht anzupassen....

    Was sagt sie uns für Unsinn vor?
    Es wird mir gleich der Kopf zerbrechen.
    Mich dünkt, ich hör’ ein ganzes Chor
    Von hundert tausend Narren sprechen.
    Goethe, Faust I

  • Ui, der Leserbrief wurde ja schon wieder abgedruckt, hab' ne gute Quote. :peinlich:

    Danke für die Information, Schloßgespenst.

  • Angeregt von den oben abgebildeten Modellen habe ich mal den Angriff nach vorn gewagt und in knapp einer halben Stunde einen Entwurf gebastelt, wie ich mir ein "modernes" Altstadthaus vorstelle. Vielleicht möchten ja auch noch ein paar andere Leute ihre Ideen visualisieren? Gewisse Kreise sind sicher für Anregungen dankbar... :gg:

    Und nein, ich bin kein Architekt oder Architekturstudent und weder mit einem solchen verwandt noch verschwägert. :P Kritik am Entwurf ist hocherwünscht!

    (Eventuell böte sich die Eröffnung eines neuen Themas an, bitte ggf. nach eignenem Gutdünken verschieben!)

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  • Man müsste noch einen schönen Giebel mit vielen Ornamenten einbringen. Fachwerk und Butzenscheiben wäre auch schön. Alles in allem müsste man auch mal vom PC weg und einfach mal drauf los zeichnen. :zwinkern: Das Problem bei den heutigen CAD-Architekten ist, so glaube ich, daß sie eigentlich nur noch am PC hängen und gar nicht mehr Handzeichnen. Leider kann die CAD aber leider nur gerade Linien und Kreise zeichnen... :augenrollen:

    Für einen ersten Entwurf ist Deiner aber recht gut geworden ! Jetzt käme die Detailarbeit ! :zwinkern:

  • Tjaaa, wenn nun Ornamente, Butzenscheiben und Fachwerk dazukommen, hätte man ein klassisches Fachwerkhaus - dann könnte man auch gleich rekonstruieren. Das wäre natürlich die beste Lösung, bekanntermaßen ist das politisch aber nicht gewollt. Die Idee hinter meiner Zeichnung war daher, eine Alternative zu den Augenkrebs verursachenden Mäckler-Entwürfen zu schaffen, die zwischen modernen und historischen Ansprüchen einen brauchbaren Kompromiss darstellt. Und so leid es mir tut, ich fürchte, dass mein Häuschen bereits die maximal mögliche Ornamentbeladung hat, die ein zeitgenössischer Architekt gerade so noch umsetzen würde.... :augenrollen:

    Am liebsten zeichne ich übrigens auch auf Papier - vorzugsweise während langweiliger Vorlesungen entstehen auf meinem Schreibblock ganze Straßenzüge... :gg:

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  • Von den fünf gezeigten Entwürfen stammen vier von Frauen. Irgendwannn werden die Damen schwanger und dann können sie erstmal für ein paar Jahre keinen Schaden anrichten. Als Füllbauten würden die Häuser jedoch eine ganz passable Figur machen.

    Wenn du ein Haus baust, denke an die Stadt (Luigi Snozzi)

  • ich finde die kritik überzogen. da sind schon ein paar gute entwürfe dabei. aber auch wenn sie einem nicht gefallen, muss man doch sehen, dass sie mit "modernismus" rein garnichts zu tun haben.

    das sind traditionelle entwürfe, wie sie in den 30er und 50er durchaus auch gebaut wurden. wenn architekturstudenten sich heutzutage an sowas wagen, ist das ein positives zeichen.

  • Zitat von "HalleLuja"

    ich finde die kritik überzogen. da sind schon ein paar gute entwürfe dabei. aber auch wenn sie einem nicht gefallen, muss man doch sehen, dass sie mit "modernismus" rein garnichts zu tun haben.

    das sind traditionelle entwürfe, wie sie in den 30er und 50er durchaus auch gebaut wurden. wenn architekturstudenten sich heutzutage an sowas wagen, ist das ein positives zeichen.

    Mag sein - heißt aber nicht, dass es nicht besser geht. Und wie schon richtig kritisiert wurde, die Häuser offenbaren keine bis nur äußerst wenige Merkmale typischer Frankfurter Architektur. Und das, obwohl sich gerade Mäckler doch so gerne selbst damit beweihräuchert, in der Nachfolge dieser Architektur zu stehen.

    An den Entwürfen stört folgendes:

    - Verwendung von Erkern, obwohl diese in Frankfurt äußerst selten waren und am Markt überhaupt nicht vorkamen
    - keine Vorkragungen, obwohl diese bis tief ins 18. Jahrhundert an Frankfurter Bauten verwendet wurden - fast jeder Bau vor dem Louis Seize in Frankfurt hatte welche
    - ein Übergang zwischen Dach und Gebäude fehlt völlig
    - kein Bau hat die typische Frankfurter Nase
    - die Fenster sind viel zu groß, die Unterteilung, sofern überhaupt erkennbar, ist völlig mangelhaft
    - Verwendung einer Quader-Architektur im Erdgeschoss des fünften Entwurfs, auch sowas gabs eigentlich nie

    Entwurf 4 käme noch am ehesten in Frage. Hier fehlen eigentlich nur die Vorkragungen für einen annehmbaren Füllbau. Individualität hätte er aufgrund des offenbar mangelnden Mutes des Architekten trotzdem noch nicht.

  • Ich überlege gerade, kennst du einen Neubau mit alter Auskragung (irgendwo)?

    Eine der vorzüglichsten Eigenschaften von Gebäuden ist historische Tiefe.
    Die Quelle aller Geschichte ist Tradition. (Schiller)
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten.

  • In der Galerie über Limburg a. d. lahn habe ich mal einen Neubau vorgestellt (von welchem ich allerdings kein Fan bin...)

    Zitat von "Riegel"

    Man kann sich fragen, weshalb hier ein Neubau (mit aufgeschraubten Holzbalken!) steht, und was für ihn geopfert worden ist... nicht übermässig störend, aber... ich finde einfach keine Worte dafür!

    Es handelt sich allerdings um einen historisierenden Neubau. Aber wahrscheinlich meintest Du einen "modernen" Neubau mit Auskragungen (Neubauten mit "alten" Auskragungen gibt's eh nicht :zwinkern:) Darunter könnte ein in Ulm jüngst errichteter und hier vorgestellter Neubau (Bibliothek?) fallen. Habe den Thread in der Schnelle leider nicht gefunden (schade, dass es im APH keine Suchfunktion gibt).

  • tja, ich wäre nicht auf die Idee gekommen, oben auf der Seite zu suchen... :peinlich:

    "Ulms Neue Mitte" heisst der Thread, und es ist die neue Stadtbibliothek.
    Dafür haben wir jetzt das ganze Spektrum von Neubauten mit Auskragungen abgesteckt - historisierender oder moderner Neubau mit Auskragungen... ob man sich in Frankfurt dereinst irgendwo dazwischen findet?

    Zitat von "Candidus"


    die neue Stadtbibliothek in Ulm

  • Die 50er Jahre-Bauten am [lexicon='Römerberg'][/lexicon] auf den Parzellen von Klein-Limpurg, Schrothaus, Lichtenstein & Co kragen auch alle vor, obwohl es reine Stahlbetonbauten sind. Ebenso Nachkriegs-Salzhaus und Nachkriegs-Haus Frauenstein. Die erhaltenen Heimatstil-Bauten der 30er Jahre in der Weissadlergasse auch...

  • Die vielen Bürgerhausfassaaden mit Auskragungen gehören sicher zu den wichtigsten Charakteristika der Frankfurter Altstadt. Wenn man schon, wie Mäckler immer wieder betont, den "Frankfurter Weg, nicht den Dresdner Weg" beim Altstadt-Wiederaufbau gehen will, dann gehören die Auskragungen dazu. Zu feuerpolizeilichen Vorschriften, die für schmalere Seitengassen wichtig werden könnten, sind Ausnahmegenehmigungen bei gutem Willen sicher möglich!
    Auffällig ist auch, dass alle Neubauentwürfe für das Altstadtareal bisher - abgesehen von Spitzgiebeln - durch rechte Winkel und harte Kanten geprägt werden. Barocke Segmentbögen bei Fenstereinfassungen (mit abgerundeten Kanten!) waren aber ebenfalls ein sehr häufiges Gestaltungsmittel.

  • Abriss der Schirn-Rotunde „nicht koalitionsfähig"

    Zitat

    Der Direktor der Schirn, Max Hollein, lehnt den Vorschlag ab, die markante Rotunde des Gebäudes abzureißen, um mehr Gestaltungsspielraum für eine künftige Altstadtbebauung in Frankfurt zu schaffen. Die Kunsthalle derart zu verändern wäre „ein fataler Schritt“, teilte Hollein mit. Er könne dies „weder von der Sache noch von der Form her akzeptieren“.

    Heike Hambrock (Die Grünen), Vorsitzende des Dom-Römer-Ausschusses, der sich seit einem Jahr mit der Zukunft der Altstadt befasst, äußerte auf Anfrage: „Das ist nicht koalitionsfähig.“ Ein Abriss der Rotunde werde „in den nächsten zehn Jahren kein Thema“ sein.

    Zitat

    Der CDU-Fraktionsvorsitzende Markus Frank sprach abermals von einem interessanten Vorschlag. Aus seiner Fraktion gebe es positive und negative Reaktionen. Nun müsse der Vorschlag weiter erörtert werden. Mäcklers Plan sei „eine Frage der Akzeptanz der Bevölkerung und der Finanzierung“.

  • Die Offenbach Post widmete heute den Entwicklungen um die Frankfurter Altstadt eine ganze Seite: In der Mitte ein eher deskriptiver (dabei aber natürlich unterschwellig positiver) Artikel von Claus Wolfschlag, links davon eine Pro-Position (Possmann), auf der rechte Seite eine Contra-Position (von Mende).

    Ich will euch die Rekonstruktionsverhinderungsprosa des Herrn von Mende auf keinen Fall vorenthalten:

    Zitat

    [...]
    Man kann damit leben. Nicht leben kann man aber mit einer sicher engagierten Bürgerschaft, die aber mit tief sitzendem Vorurteil der zeitgenössischen Architektur gegenüber eine komplette Rekonstruktion durchsetzen will.
    Mit Rundumschlagargumenten, moderne Architektur biete nichts entsprechendes, zieht man sich auf Bauformen zurück, die aus jahrhundertelanger Tradition entstammen und nicht aus einem zeitgebundenen Formverständnis. Man ignoriert das Neue - zu faul, um sich damit auseinander zu setzen, vertraut man Fachwerk und Butzenscheiben und gibt der Seele fadenscheinige Gemütlichkeit (zurück?).
    Was machen wir jetzt mit Bilbao (Guggenheimmuseum), Paris (Centre Pompidou), Sydney (Oper) oder Ulm (Münsterplatz). Der BDA Frankfurt hat gezeigt: Es geht auch mit heutigen Mitteln, aber wer will die schon lernen zu verstehen?