Potsdamer Stadtschloss

  • Zitat von "Palantir"


    Das mit den Kopfbauten habe ich mich auch gefragt und infolgedessen im Internet nicht ein Bild oder Gemälde einer Gesamtansicht der Alter Markt-Seite des Stadtschlosses gefunden (warum, sieht man unten).

    Ich habe selber noch mal nachgeschaut, der südliche Kopfbau beinhaltete ein Theater und war tatsächlich dicker als der nördliche...


    http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Stad…ss_Potsdam1.jpg

    Auf diesem Bild kann man es auch erahnen, wobei ich zuerst immer an eine schiefe Perspektive gedacht hatte.
    http://commons.wikimedia.org/wiki/File:PotsdamSchloss_1.jpg

  • Also, Youngwoerth, Du kommst mir hier schon mit einer "Historismus und Baustileweiterentwicklungs-Pauschalität" entgegen, die mir schon recht nach Kampfmotto und "so bin ich halt"-Einstellung riecht. Dabei vermisse ich das differenzierte Eingehen auf den Sonderfall "Potsdamer Schloß". Mich würde Deine detaillierte Betrachtung dieses Bauwerkes und die Folgenabschätzung durch die möglicherweise drohende Verunglimpfung deselben interessieren. Wie Deine Halung grundsätzlich ist, weiß ich. Wir brauchen uns ja nicht endlos wiederholend diese Standpunktekampfdiskussionen liefern. Letztendlich endet das wie bekannt: Irgendwann fühlst Du Dich nicht verstanden. Magst Du Dich nicht konkret auf diesen Fall hier einlassen!? :winkenkopf: :piksen:

    Aber was reden wir uns hier heiß. Hat doch erst Sinn wenn die aktuellen Pläne und Visualisierungen vorliegen und wir mit dem Original vergleichen können. Dann wird man sehen was Sache ist!

    Konkret ist schon folgendes zu erwarten: Der Hofmittelrisalit wird ein völlig anderer werden, inkl Dächer. Die Eckpavillions der Gartenseite werden vom Hof aus mit ihrer ehemals erkennbaren Eckkante verschwinden. Die Eckpavillions auf der Hofseite treten aufgrund der stärkeren Seitenflügel zurück und fallen als solche im Hof kaum noch auf. Also bitte, allein mit dieser flüchtigen Betrachtung frage ich Euch: ist das noch das Potsdamer Schloß!?
    Es wird das NEUE LANDTAGSPALAIS! :augenrollen:

    @ Palantir, das ist interessant mit dem vergrößerten Eckbau. Da kann ich gleich mal schauen, wie das der alte Knobelsdorff so gemacht hat. Vielleicht können die Schloßmäster noch was von lernen.
    (PS: Endlich mal ein vollständiger Grundriß)

  • Die unterschiedliche Breite spielte insofern wenig Rolle, als im Ehrenhof völlige Symmetrie und Ausgewogenheit gewahrt blieb. Würde die Verdickung nach außen gelegt werden, wäre das vielleicht nicht so schlimm wie das derzeitige Vorhaben (obschon natürlich gleichfalls indiskutabel).

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Zitat von "ursus carpaticus"

    Die unterschiedliche Breite spielte insofern wenig Rolle, als im Ehrenhof völlige Symmetrie und Ausgewogenheit gewahrt blieb. Würde die Verdickung nach außen gelegt werden, wäre das vielleicht nicht so schlimm wie das derzeitige Vorhaben (obschon natürlich gleichfalls indiskutabel).

    Das verstehe doch wer will - :kopfschuetteln: - jetzt ist auf einmal der barocke Innenmaßstab grundsätzlich elementarer als der äußere Grundriss?

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Zitat von "SchortschiBähr"

    Also, Youngwoerth, Du kommst mir hier schon mit einer "Historismus und Baustileweiterentwicklungs-Pauschalität" entgegen, die mir schon recht nach Kampfmotto und "so bin ich halt"-Einstellung riecht.

    Was soll dieses Abschweifen in Interpretationen und Vermutungen? Habe ich meine Gedanken für Dich nicht differenziert genug formuliert, dann sage mir doch einfach das.

    Zitat

    Letztendlich endet das wie bekannt: Irgendwann fühlst Du Dich nicht verstanden.


    Auch ein wenig pauschal, nicht? Ich bin hier übrigens nicht der Einzige, der in dieser Thematik eine andere Meinung vertritt.

    Zitat

    Magst Du Dich nicht konkret auf diesen Fall hier einlassen!?


    Habe ich bereits gemacht, blättere mal zurück. Das Potsdamer Stadtschloß bleibt für mich auch dann das Potsdamer Stadtschloß, wenn es mit besagten Proportionsänderungen wiedererrichtet wird. Die Proportion ist nur ein Faktor, viele andere weisen immer noch deutlich auf das Potsdamer Stadtschloß (und eben nicht einen aktuellen Landtagsbau) hin. Ich bin nicht begeistert davon, dass das Volumen vergrößert werden soll, kann mich aber trotzdem auf die Faktoren freuen, die verwirklicht werden sollen und mit denen ich nicht gerechnet hatte. Das alles hatte ich so ähnlich bereits gesagt, ich bitte, meine Beiträge zu lesen.

    Ich muß nicht um jeden Preis das Original wieder haben - aber ich fände es schade, wenn diese Rekonstruktion aus unsinnigen Gründen in ihren Proportionen verändert wird.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Zitat von "Palantir"


    Das mit den Kopfbauten habe ich mich auch gefragt und infolgedessen im Internet nicht ein Bild oder Gemälde einer Gesamtansicht der Alter Markt-Seite des Stadtschlosses gefunden (warum, sieht man unten).
    [/url]

    Hier hat man ein Photo wo die gesamte Alter Markt-Seite auf steht:

    http://www.bildindex.de/bilder/MI02715g04a.jpg

    Übrigens im bezüg zum diskussion über das Innenhof warum hat man nicht für ein Entwurf gewählt wo die Plenarsaal auf das Innenhof steht a la die Pyramide von das Louvre (und wie das Idee von Christopher Kühn) - dann können die Proportionen original bleiben und dann hat Speer sein Modernbau - gibt es noch Möglichkeiten das Brandenburg kan tun mit die Entwurfen von Kühn

    http://www.landtag-ins-schloss.de/img/web/06.jpg

  • Zitat von "ipflo"


    Schon sehr seltsam, dass man eine Lösung, die in diese Richtung geht, übergeht. Das würde wahrscheinlich 10 bis 20 Millionen mehr kosten, da es in Potsdam einen schwierigen Baugrund gibt, man müsste Bautaucher beschäftigen, die die Betonwanne unterirdisch betonieren, aber das wurde in den 90er Jahren schon erfolgreich am Potsdamer Platz in Berlin praktiziert. Und wieso muss man die Tiefgarage direkt unter dem Schloss platzieren? Neben dem Schloss, auf dem ehemaligen Exerzierplatz wäre doch auch genug Platz für eine riesige Tiefgarage. Es gäbe in unmittelbarer Umgebung auch genug Flächen für Parkhäuser oder Parkplätze.

  • Wenn ich mir die Frontalansicht mit Fortunaportal genauer ansehe, so überkommen mich Zweifel, ob das PSS wirklich ein so herausstehend gelungenes Bauwerk war. Zumindest die dem Portal anschliessenden Flügelbauten sehen irgendwie sehr nach einer zweckmässigen Absperranlage, bei mittelmässiger Ästhetik, des Hofes aus.

    Und der nördliche Kopfbau scheint doch auch etwas Sparprogramm gewesen zu sein... :lachen:
    Im Grundrissplan weiter unten sieht man übrigens deutlich das geringe Platzangebot in den Flügeln. So gesehen kann ich euch jetzt schon garantieren, dass der Neubau ohne Vergrösserung der Volumina gar nicht sinnvoll verwendet werden kann. Bei aller Liebe zu Geschichte und Ästhetik, aber für 120mio kann man schon ein gewisses Raumangebot, zumal in einem Neubau, erwarten, diese Forderung ist mir völlig verständlich. Und dass man das original Gebäude ästhetisch nicht verbessern kann, den Entwurf ja nicht überarbeiten darf ohne ein Gebäude-Debakel zu erzeugen... bei näherem Hinsehen glaube ich das aber mal absolut nicht. Da kann man sicher mit ein wenig Geschick und akzeptablem Ergebnis die Gebäudekörper vergrössern.

    Nur klar, eine Reko ist das Ganze nicht. Aber trotzdem ein Wunder.

  • Na, wenn der Mittelrisalit auch nicht originalgetreu sein soll, was bleibt denn dann noch übrig? Geht man nach diesem Plan würden auch die Risalite der Seitenflügel fehlen. Der originale Grundriss ist in der Tat nicht der beste, aber dass man hierbei schon wieder nur mit Kompromissen rangeht...Wieso macht man keine bei den Büros? Die Bundestagsabgeordneten sitzen ja auch nicht im Reichstag, sondern kommen durch Tunnel dort hin. Fände diese Glasdinger auch ne gute Idee. Die Abgeordneten sollen eh nicht aus dem Fenster schauen, also können sie auch unter Erde tagen ;).

    @youngwoeth
    Wie Philon schon sagte, geht es nun mal nicht darum, das Barock zu perfektionieren, sondern das Äußere (=alle Fassaden) des Schlosses wiederzuerlangen. Hier handelt es sich schließlich um einen Solitärbau, den es zu rekonstruieren gilt und nicht um einen von vielen Füllbauten am Neumarkt, bei dem die Fensterkreuze fehlen oder einen Patzschke. "Hauptsache barock" ist die falsche Einstellung würde ich sagen...Barocke Fassaden an einem missgebildeten Gebäude sind nur noch halb so schön.

    @marc
    Diese abweisend wirkenden Seitenflügel sind mir auch schon oft aufgefallen. Bei dem einen Kopfbau könnte ich mir denken, dass es aus verkehrstechnischen Gründen dazu gekommen ist. Wenn man mal das Bild aus der Vogelperspektive anschaut sieht man, dass der Platz zw. dem Flügel und den Häusern recht knapp ist. Oder der andere ist nur wegen dem Theater breiter...Muss nicht stimmen, nur son paar Gedanken.

    @Landtag
    Was würde denn mit dem Berliner Abgeordnetenhaus passieren? Wieso bringt man den Berlin-Brandenburgischen Landtag nicht dort unter? Immerhin hat es schon einen Plenarsaal, dessen Umbau wohl kaum so gravierende Auswirkungen auf das Äußere haben würde, wie bei einem - wovon ich jetzt mal ausgehe - perfekt proportionierten Ehrenhof. Und nebenan/gegenüber/dahinter sind noch leere Grundstücke, wo die Büros hingebaut werden könnten.

  • Zitat von "Benni"

    @Landtag
    Was würde denn mit dem Berliner Abgeordnetenhaus passieren? Wieso bringt man den Berlin-Brandenburgischen Landtag nicht dort unter?


    Das wollte ich auch schon fragen. Wäre dort genug Platz für ein vereinigtes Parlament? Dann könnte man das Fusions-Argument ja damit zerschlagen.

    Ansonsten bin ich der Ansicht, bevor hier am Ende ein Schloß herauskommt, das aussieht wie Reiner Calmund nach Weihnachten, dann sollte man den Landtag lieber woanders tagen lassen und das Thema Schloß vertagen.

  • Wie kommen eigentlich manche Leute hier zu dem Schluß, dass das Schloß nach Verbreiterung der Flügel potthässlich aussehen wird ("fettes Monstrum / Reiner Calmund / aufgebläht,...)? Habt Ihr diesbezügliche Entwürfe schon gesehen? Oder ist es doch ein starres Festhalten an einem ins Überperfekte gerühmten Ex-Status. Ich würde gerne Visualisierungen sehen und mich von der üblen Wirkung überzeugen, bevor ich das ganze dermaßen verurteile.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Zitat

    Wie kommen eigentlich manche Leute hier zu dem Schluß, dass das Schloß nach Verbreiterung der Flügel potthässlich aussehen wird

    1. es geht bei Rekonstruktionen nicht allein und vielleicht nicht einmal primär um Schönheit oder Häßlichkeit, sondern um kulturelle und historische Identität. Eine Antwort auf dieses mittlerweile schon öfter hier vorgetragene Argument, und sei es in Form eines Einwandes, wäre dem weiteren Diskussionsverlauf förderlich.

    Zitat

    Oder ist es doch ein starres Festhalten an einem ins Überperfekte gerühmten Ex-Status.

    2. siehe den Beitrag von Oktavian und die Beiträge von Schortschibär. Da ist zur ästhetischen Frage alles gesagt und seit gestern nachlesbar. Auch ein Eingehen auf diese Argumente wäre der Diskussion förderlich.

  • Ich bezweifle, dass der Brandenburger Landtag in das Schloss gepaßt hätte, auch ohne Berliner Abgeordnete.
    Das Stadtschloss ist doch letztlich in der gar nicht sooo groß gewesen, was die Räume angeht. Da lassen sich viele sicherlich von der Fassade täuschen.
    Festzuhalten bleibt, dass der Landtag da nicht reingehört, denen hätte ein billiger häßlicher aber zweckmäßiger Bau am Stadtrand auch genügt.

    Was wird man also in Potsdam zu sehen bekommen zukünftig?

    Vergleichen wir es mal mit einem Gemälde/mit einer Skulptur.
    Man zieht ein stück hier, schiebt ein Stück dort, dann sieht es schlicht und ergreifend komisch aus.

    Es war von Anfang an klar, dass das Land Brandenburg das Stadtschloss nicht leisten kann.
    Es gehört in private Hand, auch wenn viele maulen werden, um es richtig aufzubauen, und dann der SPSG übergeben.

    Andere Variante, die gefällt euch allen sicherlich nicht, aber muß ja nicht immer sein, von Frau Hünecke (Potsdamer werden sie kennen)
    Mitte der 90er vorgeschlagen, ein Bibliotheksgebäude in den Umrissen des Stadtschlosses. Das wäre meine Idee, weil ich die andere nicht für
    finanzierbar und als Landtag schon gar nicht für angemessen halte aktuell.

    Ob nun das ganze schön wird oder nicht, ich weiß noch nicht mal ob man Ortsfremden das Gebäude dann erklären kann, ich weiß nicht mal ob ich es einem Potsdamer erklären kann...

  • In dieser Frage stimme ich Youngwoerth zu. Ich will erst anschauen und dann beurteilen. Vielleicht wird es nicht so schlecht.

    Es passiert ja immer in die Geschichte dass man Gebauden verandert, so dass es ein Funktion passt. Die meisten Schlosser heute haben nicht ihre alte Funktion mehr sondern sind oft Hotels oder Museums geworden. '
    Da hat man ja oft Veranderungen durchgefuhrt.

    Leben ist ja voll von Kompromissen.

  • Es gibt ja auch andere Beispiele dafür, dass die Proportionen bei Rekos verändert werden - z.B. das Wedekind-Haus in Hildesheim oder das Thurn-und Taxi Palais in Frankfurt. Wäre es besser gewesen, hier keine Rekos zu machen weil diese Rekos nicht 100 % korrekt sind?

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • @ Däne

    Ohne hier zu sehr abschweifen zu wollen, aber im Falle des Palais Thurn und Taxis weiß ich in der Tat nicht, ob ich mich freuen soll - oder ob man lieber (vorerst) an dieser Stelle gar nichts gebaut hätte. Nicht nur, weil das Palais geringfügig verkürzt wird - hinzu kommt ja, daß alle Mauern aus Beton sind und der Dachstuhl aus Stahl ist, und daß anstelle des Gartens unmittelbar hinter dem Palais gläserne Hochhäuser aufragen, und zwar so schiefe, daß man denkt, sie fallen bald auf's Palais. Vor den Hochhäusern wirkt das Palais wie ein Modellbahn-Häuschen (vgl. Marienkirche und Fernsehturm in Berlin). Hier wurden so viele Kompromisse gemacht, daß das Endergebnis unbefriedigend ist (ein Beispiel für eine Reko ohne nennenswerte Kompromisse steht in derselben Stadt, nämlich die Alte Stadtbilbliothek).

    Sollte das Potsdamer Landtagsschloß aus Beton bestehen (wovon man ausgehen kann), innen fast nur Moderne aufweisen (was sehr wahrscheinlich ist) und dann auch noch verschobene Proportionen aufweisen, dann bleibt eben nicht viel mehr Schloß übrig als in Braunschweig. Zwar ist eine Nutzung als Landtag allemal besser als C & A und H & M - aber ob man das Ganze dann noch guten Gewissens als "Rekonstruiertes Potsdamer Stadtschloß" bezeichnen kann, ist fraglich.

  • Aber besser als Glass/Stahl ist es wohl auf jedem Fall? Das wäre ja die Alternative..

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Immer dieses Glas/Stahl - Gerede. Als ob das eine Erfindung des späten 20en Jahrhunderts gewesen wäre...
    Sagt doch billiger Kastenbau oder was auch immer, aber nicht Glas/Stahl...

    Zumal die Alternative nicht unbedingt ein Billigbau an gleicher Stelle sein müßte, die könnten auch in der Pampa residieren, dann ist wenigstens kein Chaos wenn mal ein hoher Gast kommt, aber das ist ein anderes Thema.

  • Um die Diskussion über die Proportionsveränderungen am Postdamer Schloß auf eine anschauliche Basis zu stellen, habe ich mich 2 Abende lang an den Grundriß gemacht und diesen auf die Proportionsmuster des Ursprungsbaus hin untersucht. Ich meine da einiges interessantes gefunden zu haben, was uns die differenzierte, kunstvolle Entwurfmethodik der alten Baumeister ein Stück weit näher bringen und veranschaulichen kann. Ich beanspruche hier keine absolute Richtigkeit und Genauigkeit meiner Untersuchungen, habe es eher als ein motivierendes Spiel mit Geometrie und Komposition aufgefaßt und mich gefreut, wenn ich "bingo" konstruktive Zusammenhänge gefunden hatte. Ich habe mich sozusagen aufgemacht das dem Grundriß zugrunde liegende Entwurfsraster, die Konstruktionsprincipia, die Grundmatrix des Schloßes zu erforschen.

    Dabei bin ich von markanten Baukanten, Mauerecken und den Hauptbaukörpern ausgegangen und habe begonnen diese markanten Punkte miteinander zu verbinden , um so - zunächst auch nach Augenmaß und dem durchschauenden Blick - die Kompostionsstruktur des Baues zu entdecken.

    In Abbildung 1 seht hier alle Ergebnisse in einem handschriftlichen Konzept. Ich hatte den mir vorliegenden historischen Grundrißplan der 2.Etage ausgedruckt und darauf zunächst mein Konzept entworfen.
    Dabei bin ich mit der Analyse über 3 Ebenen gegangen:

    1. Linienverbindungen (wie oben erwähnt), die insgesant ein Dreieckssystem ergeben, wahrscheinlich bin ich hier auf die Spur der sogenannten Triangulatur gekommen. Ein bei den alten Meistern sehr oft zur Anwendung gekommenes Prinzip zur harmonischen Verbindung aller Bauglieder.

    2. ein Kreisschema, das den Radius des Bogens um das Fortunaportal als Referenzmaß nimmt und sich in den gesamten Grundriß einbeschreiben läßt.

    3. Untersuchung der Maße nach Verhältnissen im Goldenen Schnitt.


    Zu Ebene 1:

    Abbildung 2

    Die Triangulatur:

    Beim Ziehen der Verbindungslinien markaner Architekturpunkte stellte sich die Frage wo genau ansetzen. Ecken, Kanten, Mauer oder Pilastervorlagen, Gesimsvorsprünge, Säulen, Nischen, Sockelzonen!? Hmmh, war nicht einfach das bei diesem kleinen Grundriß exakt auszuwählen, zumal mir hier die 2. Etage nur zur Verfügung steht. Nun ja ich konnte auch in dieser Version durch Ausprobieren Interessantes feststellen.
    Wie man sieht liegt über (oder unter!?) dem Grundriß nun ein Dreiecksmuster, ein Dreiecksnetz, dessen Linien bei genauerer Betrachtung die Baukörper zusammenfassen und verbinden. Eigentlich hätten sich gleichseitige Dreicke ergeben müssen, doch ist das hier nicht der Fall. Wie gesagt, vielleicht liegt das an der Ungenauigkeit von Grundriß und Ausführung bzw. meinem Messen oder schlicht Knobelsdorffs hat nicht mit gleichseitigen Dreiecken gearbeitet. Ohne das Grundmaß zu kennen, habe ich das Dreiecksmuster eingezeichnet und es zeigt auf, wie das Bauwerk wundervoll komponiert in ein insgesamt doch regelmäßige Dreiecksmatrix hineinpaßt.

    Schauen wir da einmal genauer hinein:
    Gehen wir von Linie 3 aus und ziehen von den Ecken der Hofrisalite diagonal Linien hinauf durch die beiden Eckpavillions des Corps de Logis und siehe da, 3 Ecken und Kanten werden exakt geschnitten und die Pavilliondiagonale legt den Winkel für alle anderen Dreiecke fest. Abweichungen gibt es. Doch die Abweichungen können an der Bauausführung (bzw. wie oben erwähnt) oder auch die organischen, gewollten Abweichungen des Künstlerauges sein, um den Bau organischer erscheinen zulassen.. Wenn wir dieses Prinzip weiter verfolgen und auf Linie 4 auf der anderen Ecke des ersten Hofrisaliten eine Linie parallel zu den ersten ziehen, schneidet diese die Kanten des Risaliten am Corps de Logis und endet in der Ecke zwischen Pavillion/Corps de Logis auf der Gartenseite.
    Usw. ich meine Ihr habt das Prinzip verstanden. So bin ich weiter damit verfahren bis dieses Dreiecknetz entstanden war. Es lohnt sich die einzelnen Linien weiter zu verfolgen, um damit den inneren kompositorischen Zusammenhang des Bauwerkes zu erkennen. Dadurch erhalten diese alten Bauwerke ihre manchmal so betörende Ausstrahlung. Sie gehorchen einer inneren Ordnung!

    Zu Ebene 2:

    Abbildung 3

    Die Zirkelschläge

    Der bogenförmige Verlauf der Seitenflügel am Fortunaportal drängt sich optisch geradezu in den Vordergrund und ruft mir zu:" nimm' mich und mein Maß und ich zeige Dir noch mehr Geheimnisse des Schloßes".
    Doch welcher Radius ist es!? Ich fand, es ist der Radius abgnommen von der inneren Wand der inneren Mauerseite. Der Mittelpunkt liegt auf der Zentralachse durch das Portal im Schnitt mit der stadtseitigen Hofmauer. Der dabe ientstehende Kreis läßt sich viermal in den Gesamtgrundriß einbeschreiben. Dreimal gezirkelt und wir tangieren mit dem dritten die Außenmauer des Hoftrisaliten am Corps de logis. Der vierte Kreis tangiert die Innenwand des Großen Festsaales. In der Breite des Hofes läßt sich dieser Kreis zweimal einbeschreiben, wobei dabei die Außenwände der Hofrisaliten tangiert werden. Eingrößerer Radius wieder von den Bogenflügeln abgenommen und im Hauptbau gezirkelt schneidet die Ecksäulen des großen Hofrisaliten und und bestimmt ua. auch den Bogenverlauf der Gartenauffahrt.

    Zu Ebene 3:

    Abbildung 4

    Der Goldene Schnitt

    Spannend war jetzt auch zu sehen wie die Maße im Verhältnis stehen. Vorsicht allerdings! Mir standen dabei keine genauen am Bau abgenommenen Maße zur Verfügung. So konnte ich nur den Grundriß ausmessen und alle Werte sind Annäherungswerte, dennoch sind die wenigen ausgewählten Verhältnisse beeindruckend und aussagefähig.
    Also: Strecke A1, also die Gesamtlänge des Innenhofes spiegelt sich in ihrem Major, der Strecke A2, also der längeren Strecke der im GoldenenSchnitt geteilten A1 im Abstand der beiden Gartenpavillions des Corps de Logis wider.
    D.h. : A1 und A2 stehen im Verhältnis des GS

    B1, als Länge des Schloßes vom Corps de Logis bis Außenseite Stadt inklusive Säulengiebel ist Grundlänge für ihren Major B2, die Breite des Ehrenhofes. D.h. Breite und Länge einschließlich Flügelbauten des Hofes stehen im Verhältnis des GS.
    Die Gesamtlänge des Schloßes C1 ist die Grundlänge für ihren Major, der wieder aufscheint im Abstand zwischen großen Hofrisaliten und den Fortunaportalflügeln, also stehen Hof und Gesamtlänge im Goldenen Verhältnis.

    Die Breite der großen Eckpavillions D1 auf der Gartenseite findet sich geteilt im GS in der Breite der kleinen Risaliten D2 oder besser Pfeilervorlagen hof- wie stadtseitig wieder.

    Sehr schön ist der Goldene Schnitt auch in der Aufteilung der Gartenfront zu erkennen: die Breite des Mittelbaus E1 erhält ihre Major-Strecke in den Zwischenflügeln E2 zu den Eckpavillions hin.

    EDIT:
    Aktualisierung:

    Ein erneuter Blick in den Grundriß förderte weitere Verhältnisse im Goldenen Schnitt zutage. Vor allem am Corps de Logis und seinen Eckpavillons, aber auch von Hofrisalit und Zwischenfeldern im Hof. Der Reihe nach wären dies:

    Die Gesamttiefe von Mittelbau und Hofrisalit F1 findet sich in ihrem Major, also der größeren Teilung in der Breite der Eckpavillions F2 wieder.
    Die Tiefe der Eckpavillions A3 bestimmt sich aus dem Minor (der kleineren Teilung) der Gesamtbreite A2 von Gartenrisalit(Mittelbau)+Zwischenbau. Eine Annäherung an den minor von A2 finden wir auch in der Breite der Eckpavillions. Die Tiefe des Corps de Logis (ohne Hofrisaliten) entspricht ebenfalls dem minor der Gesamtbreite A2 des CdL.
    Mittelbau(CdL) und Zwischenbau verhalten sich wie major zu minor.
    Die Breite des Hofrisaliten G1 ist bestimmend über seinen Major für die Zwischenfelder im Hof, die die Pfeilervorlagen/Risalite hofseitig verbinden.

    Ich schätze das genügt für's erste. Das sind sicherlich nicht alle GS-Maßverhältnisse im Grundriß.
    Noch angedeutet: Nehme ich den Major (die längere GS Strecke) der Hofbreite erhalte ich ungefähr die Hälfte der Hoflänge bis zum Großen Hofrisaliten. Oder die Gesamtlänge des Hofes B1: dessen Major ergibt die Breite und dessen minor die Hälfte der Hoflänge bis Risalit.

    Alles klar!? :zwinkern:

    Es soll aufzeigen, daß dieses Schloß und all die anderen, wie auch Kirchen und Palais, auch Bürgerhäuser nach einer inneren Ordnung entworfen wurden und ihre Grundrisse einer zugrundeliegenden Matrix gehorchen. Dieselben Prinzipien sind im Aufriß und den Gewölbkonstruktionen zur Anwendung gekommen, sodaß wir ein klingendes, harmonisches Bauwerk erhalten.
    Interessant war für mich auch, wie Knobelsdorff dem Ursprungsbau dennoch eine Gesamtharmonie abringen konnte. Hatte er doch nicht die Freiheit auf freiem Felde neu anfangen zu können.

    PS: kleiner Tipp, die Grundrißpläne evt. ausdrucken und sich in Ruhe im Überblick anschauen!

    Hier nochmal der jungfräuliche Grundriß: