Dresden, Altstadt - Quartier VIII

  • Beim British Hotel sind sämtliche Fensterachsen nebst dem großen Wappenschild aus innen hohlem Kunststoff gemacht.
    Dies dazu.

    Illusionistische Brandmauerbemalungen gabs im Barock allenthalben, hier war sie durch die nachträgliche Planänderung bedingt, daß das in der Schössergasse ursprünglich vorgesehene seitliche Gebäude wegfiel.

  • @Oktavian: Für mich wäre das der worst Case und stellt das Rekonstruktionsansinnen per se in Frage. Mit Beton & Styropor kann man defininiv keine authentischen, historischen Fassaden konstruieren.

    Eine Gestaltungssatzung könnte dem doch sicherlich abhelfen? Bei Frankfurter Dom-Roemer Projekt werden doch auch keine Fachwerk-Rekonstruktionen verschalt. Also bitte, bitte Druck machen auf die DD Stadträte. Kein, Beton und Styro mehr am NM. Lieber ein paar Rekos weniger, aber dafür authentisch.

  • Sorry, ich bitte dich, wo denkst du hin?

    Mit einer Gestaltungssatzung kannst du keine Materialität vorschreiben (zumindest nicht in den Kernen). In FfM soll meines Wissens auch nur vor Betonkerne vorgeblendet werden.

    Danke,daß ich von außerhalb vorgeschickt werde, hier in DD die Arbeit zu machen....

  • das Ansinnen einer Gestaltungssatzung richtet sich natürlich an die Dresdner.

    OFFTOPIC: Aber Oktavian, willst Du uns vermitteln, dass selbst die Fachwerksrekonstruktionen am Frankfurter Römer nicht konstruktiv aus Holz-Fachwerk sein werden? Das kann ich kaum glauben.

  • Das ist richtig, allein die Treppenhäuser müssen wohl aus Brandschutzgründen in Beton gefasst werden, und was den Rest angeht sind die Formulierungen in den Aufträgen auch äußerst schwammig.

  • Auch ist unsere vielgeliebte Finanzwelt mit dran schuld, denn die Banken geben den Investoren kein Geld mehr, wenn nicht bei optimalster Dämmung das Maximum an Fläche herausgeholt wird. Und das kann keine Verziegelung mehr leisten und dann hört bei jedem Investor der gute Wille auf...


    Du willst also damit sagen, dass Ziegelmauerwerk bei gleicher Dämmleistung zuviel Fläche verbrauchen und damit letztlich unwirtschaftlich sein würde? Auf kurze Sicht mag das natürlich stimmen, wenn man allerdings an die enormen Sanierungskosten einer Wärmedämmverbundfassade denkt, sieht die Rechnung schon wieder etwas anders aus.

    Zum Bohseschen Haus:

    Meiner Meinung nach wirken die illusionistischen Malereien deshalb besonders lächerlich, weil die noch in den Planungen im Giebelbereich angedeuteten Fenster nicht verwirklicht wurden. So sieht der Giebel ziemlich gewollt und unfertig/unharmonisch aus.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • In FfM soll meines Wissens auch nur vor Betonkerne vorgeblendet werden.

    Das wäre mir aber ganz neu. Der Streit läuft derzeit doch eher in die andere Richtung. Die Rekonstruktionsbefürworter möchten bei einigen Objekten gerne die Fachwerkstruktur als Sichtfachwerk freigelegt wissen. Hingegen wird von der offiziellen Planung die verputzte Fassade, hinter der sich die Fachwerkstruktur verbirgt, favorisiert. Die Vorblendung einer Putzfassade vor einen Betonkern hingegen würde bedeuten, dass das Ganze mit Fachwerk überhaupt nichts mehr zu tun hätte. Eine etwas unwahrscheinliche Behauptung also.

  • Zitat

    Ich habe es mir angeschaut und bin entsetzt. Das Quartier bietet im Großen und Ganzen Pappmaschee-Optik. Jeder Laie kann hinter den künstlich anmutenden Fassaden die aufgeklebten Styroporplatten erahnen.

    M.E. ist diese Potemkinisierung Kalkül. Hier sollen die Rekonstruktionsbefürworter vorgeführt und lächerlich gemacht werden. Da ausgeschlossen ist, dass diese Fassaden irgendwie in Würde altern, können sich noch Generationen von Architekten an dieser Lächerlichkeit ergötzen.

    Willst Du Deinen obigen Beitrag nicht der NZZ Neuen Zürcher Zeitung einreichen? Die betreiben regelmäßig die exakt gleiche anti-Neumarkt Polemik.

    Sorry, aber ich halte Deinen Beitrag für etwas seltsam. Du behauptest, für Rekonstruktion zu sein, und gleichzeitig diffamierst Du sie aufs Übelste. Das passt m.E. hinten und vorne nicht zusammen. Auch ich bin für Reko ohne Fiberglas und Beton-Wärmedämmung , aber das Projekt bezeichne ich als phantastischen Erfolg der GHND und sehe keine Veranlassung, mit einer dermaßenen Aggressivität gegen das Projekt zu agitieren wie du dies tust.

    "Pappmaché", "Potemkisierung", "aufgeklebte Styroporplatten", was ist das eigentlich für eine Terminologie, die Du benutzt? Fehlt nur noch das berühmte "Disneyland". Ich finde es unglaublich, wie Du den Neumarkt schlecht machst. Und Deine Behauptung, du seist FÜR Rekonstruktion, nehme ich Dir nicht ab - sorry.

    "Die Modernisten sollten sich endlich eingestehen, dass sich die Qualität einer Stadt konventioneller Architektur verdankt" - (H. Kollhoff).

  • Hmm, man kann sich für Rekonstruktionen aussprechen, die möglichst "authentisch" und materialgerecht errichtet werden und gleichzeitig die Verwendung von Beton und Styropor ablehnen, da sehe ich keinen Widerspruch.

    Ich persönlich habe keine großen Probleme mit "anders" errichteten Rekos, da es mir nicht um eine größtmögliche Authentizität geht, sondern um die Wiedergewinnung von Stadtbild und Identität. Ich befürworte im zerstörten Altstadtbereich eine historisierende, regionaltypische Architektursprache - das beinhaltet explizit auch Neuschöpfungen! Für mich gibt es neben der hundertprozentigen Reko und dem modernistischen Kontrastbau noch ein paar mehr Optionen.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Der immer wiederkehrende Spagat zwischen Anspruch und Wirklichkeit...
    Kaum, daß die Gerüste gefallen sind, ergibt sich für den nicht angemeldeten Leser der Eindruck: "Es erhub sich ein Streit".
    Uns allen müßte schon seit Jahren bewußt sein, daß eine Vollreko nie im Gespräch war, daß z.B. der letzte Zustand von "Mittmanns Restaurant" in der Salzgasse keinen Zustand darstellte, dessen Forderung nach einer Reko dem ganzen Projekt förderlich wäre, daß z.B. auch in der Frauengasse, trotz der raumbildprägenden südlichen Bebauung auch hier kaum eine Fassadenreko zu erhoffen ist, so wünschenswert dies auch immer wäre. Auch die Abkehr von einmal zum Wiederaufbau vorgesehenen Fassaden z.B. in der Rampischen Straße und im Q 8 das Zech´sche Haus sollten nicht verdrängt werden.
    Deshalb einzig und allein auf die Baywobau zu schimpfen, verdrängt allerdings auch eine der Grundfragen der Realisierung der jeweiligen Projekte in den Quartieren: die im Vorfeld zu zahlenden Summen an die Stadt und die Einflußnahme derselben während der Errichtung der Bauten, sowie die Frage, welchen Stellenwert das Interesse der Stadt an dem ganzen Projekt in Wirklichkeit genießt, entgegen den floskelhaften Beteuerungen und der rein vordergründigen Darstellung durch städtische Entscheidungsträger, sowie auch durch die Medien. Die Diskussion um die Ausführung sollte jedenfalls auch beinhalten, wie groß der Bewegungsradius des Investors für ein solches Projekt in Wirklichkeit überhaupt noch ist.

  • Die Frage ist ja immer wie es weitergehen soll. Eines ist klar, die Stadt kann für die verbliebenen Bereiche die Latte höher legen. Eine Revision der Gestaltungssatzung ist überfällig.

  • Deshalb einzig und allein auf die Baywobau zu schimpfen, verdrängt allerdings auch eine der Grundfragen der Realisierung der jeweiligen Projekte in den Quartieren: die im Vorfeld zu zahlenden Summen an die Stadt und die Einflußnahme derselben während der Errichtung der Bauten, sowie die Frage, welchen Stellenwert das Interesse der Stadt an dem ganzen Projekt in Wirklichkeit genießt, entgegen den floskelhaften Beteuerungen und der rein vordergründigen Darstellung durch städtische Entscheidungsträger, sowie auch durch die Medien. Die Diskussion um die Ausführung sollte jedenfalls auch beinhalten, wie groß der Bewegungsradius des Investors für ein solches Projekt in Wirklichkeit überhaupt noch ist.

    Wenn ich deine Worte richtig interpretiere und du entsprechend den Grund der Qualitätsprobleme der Rekonstruktionen vorrangig bei der Stadt siehst, so will ich dir vorsichtig widersprechen. Was nämlich bleibt der Stadt denn anderes übrig, als die Grundstücke an den Meistbietenden zu veräußern? Lässt das Ausschreibungsrecht überhaupt andere Möglichkeiten zu? Und was ist, wenn das Grundstück nicht in der Hand der Stadt ist und der Verkäufer schlichtweg kein Interesse an der avisierten Bebauung, sondern nur am möglichen Gewinn hat?
    Abgesehen davon hat die Stadt keinerlei Einfluss auf die Umsetzung der Entwürfe. Auch die Gestaltungskommission kann meinem Kenntnisstand nach Projekte nur bis zur Genehmigungsplanung begleiten und ist für bautechnologische Belange nicht in die Verantwortung zu nehmen.
    Letztlich liegt es also am Immobilienentwickler, seiner Bonität und seinem Verantwortungsbewusstsein für den Neumarkt, ob seine Rekonstruktionen dem geforderten Qualitätsanspruch entsprechen oder nicht.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Zitat

    Wir werden in Zukunft am NM definitiv nur noch Wärmedämmfassaden und keine geziegelten mehr bekommen.

    Nun, dann sollen wir uns an dem freuen, was wir haben, und es gut sein lassen. Ergeben sich halt bis zur Änderung der legistischen Grundlage "spannende Brüche". Besser Brache als diese lächerlichen Kunststofffassaden. Kultur ist eben mit einem gewissen Aufwand verbunden, und wer dazu nicht bereit ist, soll es besser bleiben lassen, anstatt sich lächerlich zu machen.

    Ich stimme HalleLujah völlig zu.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Nehmen wir mal an, wir würden jetzt eine Reform der Gestaltungssatzung kriegen, und gleich festlegen, was in den anderen Gebieten beim nächsten Mal geschehen muss, in denen schon Bebauung ist.

  • Aus der Perspektive finde ich es nicht mehr so tragisch: http://3.bp.blogspot.com/-L4UpBttj1zU/T…_ys/s1600/3.JPG

    Unschön dagegen die fehlende Traufe beim langen Eckbau.

    Zum Glück wird die Garageneinfahrt durch ein recht nettes Tor vom Platz getrennt.

    Die Eingangsbereiche des angrenzenden Neubaus ggü. Johanneum erinnern stark an 50/60er Mietblöcke.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Das Tor ist doch super, angesichts der sonstigen Einfahrten oder 'Höllenschlunde', wie ich sie nenne (Salzgasse,..).

    Darf man sich auch mal ausgiebiger drüber freuen cclap:)

    Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens. - Friedrich Schiller -

  • HAb ich auch nicht verstanden. Die Wappenschilder sind wahrscheinlich Kunststoff, was mit Fensterachsen gemeint ist, weiß ich auch nicht. Die Pilaster und Fensterrahmungen wie -giebeln wohl nicht, dort wurden einige Originalteile einsetzt.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Zitat

    @Oktavian:
    Das soll Kunststoff sein?????


    Doch. Außer an der Mittelachse und an den Pilastern besteht es aus sog. "Akrystal". Kein Plastik, aber ein Kunststoff mit viel Chemie, der (auf ganz gelungene Weise, wie ich finde) sehr exakt auf Steinhaptik und -optik macht und sogar bearbeitbar ist. Und innen hohl.

    Aber eben nicht originaler Sandstein durch und durch.

    In diesem Sinne also: British Hotel adieu! :biggrin:

    Einmal editiert, zuletzt von Oktavian (26. März 2012 um 16:46)

  • Auch ich kann mich nicht an Rekonstruktionen mit Betonkernen und WVS erfreuen. Schlimm wird es vor allem wenn kein Ziegelmauerwerk davor geblendet wird! Ich bin Laie und lebe fernab von Sachsen, so bleiben mir meist nur die veröffentlichten Photographien um mir ein Bild zu machen - zuletzt war ich 2008 in DD.

    So sehr mich der Wiederaufbau der Frauenkirche berührt und begeistert hat und auch andere Projekte wirklich überzeugen können, wie z.B. eben das „British Hotel“ so ist für mich bei der Gesamtbetrachtung des Projektes Neumarkt neben vielen lichten Momenten auch eine gehörige Portion faden Beigeschmacks zu verzeichnen. Wie werden die Häuser altern, bei denen der Putz nicht auf Ziegelmauerwerk angebracht wurde? Ich habe meine Zweifel, dass dies „würdevoll“ geschehen wird.

    Überhaupt empfinde ich viele Fassaden als allzu steril.

    "Wenn wir die ehemalige Schönheit der Stadt mit der heutigen Gemeinheit verrechnen, kommen wir, so die Bilanz, aufs direkteste in den Schwachsinn." (E.H.)