Potsdam - Garnisonkirche

  • @BIPdmOhneGK, es ist eben keine "Militärkirche" wie sie es nennen, sondern eine Garnisonkirche: man ersetzte nicht das Kreuz durch Bajonette, betete nicht Mars oder Ares an; vielmehr sollte die Kirche eine Mahnung sein. Zum Gedenken der Opfer (auf beiden Seiten) und eine Mahnung zur gerechten Behandlung der Sieger über die Besiegten; es war ein Gotteshaus und auch hier wurde die göttliche Liebe gepredigt.

    ich darf noch mal auf den dreiteiligen Artikel der PNN hinweisen, auf die Palantir bereits hinwies:
    Bitte lesen Sie sich den Artikel aufmerksam durch, damit könne Sie sich etwas Detailwissen verschaffen:

    Jenseits aller ideologischen Diskussionen: Ist diese Kirche nicht einfach nur wunderschön? Schon allein das ist ein Grund die Kirche wiederaufzubauen, anstatt wie von Ihnen gefordert ein
    Architektenwettbewerb zu starten, der - man kann es anhand unzähliger städtebaulicher Projekt in den letzten Jahren sehen - mit größter Sicherheit nur mangelhafte Ergebnisse liefern wird. Vor allem, wenn man eben die Kirche als ein Hauptwerk des norddeutschen Barock vor (geistigem) Auge hat, dass nun mal an diesem Platz gestanden hat.

    Das Argument des (noch) fehlenden Geldes kann man so nicht stehen lassen: Das Beispiel der Frauenkirche zeigt doch sehr deutlich, dass die großen Spenden erst kommen, wenn es sichtbar vorangeht mit dem Wiederaufbau. Außerdem ist hier Geduld gefragt: Es kann aucht sein das es vierzig Jahre braucht bis die Kirche wieder entstanden ist. Ist das schlimm? NEIN! Was sind vierzig Jahre in der Menschheitsgeschichte? Was sind vierzig Jahre für all die Jahrhunderte an die sich die (meisten) Menschen an diesem Bauwerk erfreuen werden? Ich glaube es täte uns allen gut, nicht nur immer von 12 bis Mittag zu denken sondern langfristige Zeiträume vor Augen zu haben. Das schreibe ich auch ausdrücklich an die Rekonstruktionsbefürworter, von denen viele am besten alles und am besten sofort wollen (mich eingeschlossen). floet:) (Gut, auf der anderen Seite wird selbst bei Maximalforderungen am Ende nur wenig in unserem Sinne gebaut)

    Ebenfalls kann man die Frauenkirche als gelungenes Beispiel für die Rekonstruktion allgemein heranziehen: traditionelle Handwerkskunst, höchste Qualität bei der Bauausführung, hohe Detailtreue usw. Warum soll das bei der Garnisonkirche nicht möglich sein?

    Wissen Sie, es gäbe so viele Möglichkeiten sich zu engagieren: gegen Einkaufszentren auf grüner Wiese, gegen die ausufernden immer gleich aussehenden Vorstadtsiedlungen, gegen die Monokultur, die unsere Städte langsam veröden lässt: hier kann man gegen eine verfehlte Politik protestieren und an die Verantwortlichen appelieren, nicht zuerst an das schnelle Geld sondern an eine langfristige Stadtentwicklung zu denken, und an die Architekten nicht irgenwelche hässlichen Solitäre nicht diesen ewigen Einheitsbrei, sondern urban sich dem Stadtbild unterzuordnende Gebäude zu entwerfen, die eine lebenswerte Umwelt schaffen. Engagieren sie sich nicht gegen das Gute, sondern gegen das Schlechte! Oder sagen sich wenigstens: Der Wiederaufbau der Garnisonkirche ist kein gutes Projekt, von mir bekommen die keinen Cent aber ich respektiere das Engagement. Außerdem schadet es mir persönlich nicht.

    Zitat

    Anderseits gibt es auch andere städtebauliche, architektonische Vorstellungen die zumindest nicht ganz unberechtigt sind.

    Genau! und eigentlich könnten sich die Architekten hieran abarbeiten. Schöne urbane Stadterweiterungen, familienfreundliche Quartiere, die nicht aussehen als kämen die Häuser alle aus einem Fertighauskatalog. Das hört sich trivial an, aber die Stadtplaner und Architekten bekommen es so gut wie nie gebacken solche Quartiere als Schicht unserer Zeit der Stadt hinzuzufügen. Stattdessen wird in den Innenstädten das Stadtbild verhunzt oder die Reperatur dessen durch Initiativen wie Ihrer unterminiert.

    Relativiert man die Geschichte mit dem Wiederaufbau? Natürlich nicht! Denn erstens bleibt die Geschichte wie sie ist. Sie verändert sich nicht. Will hier irgendjemand die Geschichte umdeuten? Nein! Ganz im Gegenteil: man macht durch den Wiederaufbau die Geschichte wieder anschaulich. Heute steht da ehemaliges Rechenzentrum; wenn man nicht aus Potsdam kommt weiß man (normalerweise) nicht, dass da mal eine Kirche gestanden hat. Durch den Wiederaufbau Besuchen die Menschen die Kirche. Und da ja auch ein Dokumentationszentrum im Turm geplant ist, wird den Besuchern auch die Geschichte näher gebracht.

  • Zitat

    Ebenfalls kann man die Frauenkirche als gelungenes Beispiel für die Rekonstruktion allgemein heranziehen: traditionelle Handwerkskunst, höchste Qualität bei der Bauausführung, hohe Detailtreue usw.

    Und eine tolle Möglichkeit der Völkerverständigung, man denke an das Miteinander der "einstigen Kriegsparteien", die die Frauenkirche haben wieder auferstehen lassen....

    XFlipX

  • Naja. Ganz so einfach ist das nicht mit der Völkerverständigung. Immerhin hat man beim Wiederaufbau der FK auf eventuell beeinträchtigte Gefühle britischen Nationalstolzes keine Rücksicht genommen, Bei der GK ist die Situation vielleicht etwas leichter, zumal die Zerstörung nicht so ganz ausschließlich britisches Werk ist. Deshalb bestehen bei unverwüstlichen DDR-Anhängern immer noch diese Einwände gegen den Wiederaufbau.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Ich möchte gerade den historichen Bereich de "Dritten Reiches" mit Preussen trennen. ...Aber als starkes Argument möchte ich anführen, dass unsere Familie über viele Generationen als nachgewiesene Preussen, sowohl Märker- als auch Ostpreussenline gelten.

    Das Besondere an Preussen ist ja das Fehlen einer völkischen Idee des Preussentums. Ein preussisches Volk sozusagen gibt es nicht, Preussen steht für eine eher modern gesprochen "multikulturelle" Offenheit eines Staatswesens. Es war sicherlich ein Fehler dem deutschnationalen Zeitgeist nachzugeben mit der (de facto großpreussischen) Reichsgründung unter dem Dach einer völkischen Deutschtumsidee. Insofern ist preussische Ethnizität eine etwas merkwürdige Sicht. Preuße ist das Subjekt des preussischen Staatswesens aber eben keine Ethnizität.

    Preussen als Staat wurde 1934 de facto abgewickelt, die Allierten gaben ihm 1947 den Rest. Der letzte große Preusse, Otto Braun, hatte im Lande seines früheren Erzgegners Adenauer nichts zu melden. Im Westen setzte sich ein rheinisch-katholischer Geist durch, nicht preussische Sozialdemokratie.

    Ich finde es sehr wichtig, den nationalistischen versteiften Preussenmythos kreativ zu überwinden. Über viele preussische Regenten usw. hören wir nur die immer gleichen Anekdoten Das ganze Image ist stark typisiert und klischiert. Das beginnt schon mit Namen wie "Soldatenkönig". Friedrich Wilhelm I. ist auch der Regent, der österreichische Glaubensflüchtlinge ansiedelte, ein Monarch mit großer Nähe zu den Niederlanden, der auf Sparsamkeit bei den Staatsfinanzen drängte (nach der Pleite), die Korruption bekämpfte und das preussische Landrecht reformierte usw. und starke Prinzipien aufscheinen ließ, die in der damaligen Zeit ungewöhnlich waren. Diese Barockkirche wäre auch ein würdiger Ort als Ruhestätte für die Gebeine dieses Monarchen, denn genau dort hatte er seine letzte Ruhestätte vorgesehen.

  • Die Verteufelung Preußens war auch das Werk der Alliierten des Zweiten Weltkrieges, sie taten dies, um eine Legitimation zu schaffen, um zu erklären, warum sie fast das ganze Kerngebiet dieses ehemaligen großen europäischen Kulturstaates der Vernichtung durch Vertreibung anheim gaben. Nur dem mittleren und westlichen Brandenburg, Vorpommern und der ehem. Provinz Magdeburg blieben diese totale Ausmerzung erspart, nicht aber die Mißhandlung. Das ganze Nachkriegssystem in Ost wie West hat diese Legitimation dann natürlich von ihnen übernommen.

    Angesichts des klaren logischen Defizits eines solchen Satzes:


    Zitat

    Es geht nicht nur um die grundsätzliche Ablehnung von Rekonstruktion im Stadtbild, sondern nur um Rekonstruktion dieses einen Gebäudes.

    erübrigt sich für mich schon die Diskussion mit diesem/dieser werten GarnisonskirchengegnerIn.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

    Einmal editiert, zuletzt von Brandmauer (9. August 2011 um 01:54)

  • In diesem Sinne möchte ich auch als Österreicher meinen Estragonsenf dazu abgeben: In der Schule und in der Gesellschaft bin ich mit stänigen "Preussenhaß" aufgewachsen...erst als ich dieses Land und seine Geschichte erst langsam durch Bereisen kennen lernen durfte, erkannte ich zusehends, dass dieses Preussen dereinst nicht nur das fortschrittlichste, sondern auch das toleranteste Land Europas war - im Gegensatz zB zu meinem ebenfalls geliebten ehemaligen Österreich. Preussen wurde zu Unrecht von der Landkarte getilgt und dieses Bewußtsein darüber wird glücklicherweise immer größer. Ich glaube vollkommene Rehabilitation des Namen Preussens wird erst die offizielle immer wieder im Raum stehenden Umbenennung des heutigen Bundeslandes Brandenburg in Brandenburg-Preussen bringen - ich denke, das ist nur noch eine Frage der Zeit. Vorher werden wir uns noch am Wiederbau der Stadtschlösser, der Garnisonskirche und dem Alten Markt erfreuen. Danach steht diesem Wiedergutmachungsschritt eigentlich nichts mehr im Wege.

  • Guten Morgen,

    es gibt wieder viel zu beantworten. Vorab möchte ich darauf hinweisen und um Verständniss bitten, dass ich aus zeitlichen Gründen (ich habe Familie, gehe Arbeit und habe auch noch andere Hobbies) nur einmal täglich antworten kann. Bevorzugt morgens vor der Arbeit.

    Agon: Repräsentativgebäude - stimmt. So sehe ich auch die GK. Ein Repräsentativgebäude aber auch ein Funktionsbau Friedrich Wilhelm I. In seiner Architektur aber eine damalig übliche Gebrauchs- und Zweckarchitektur, dem holländischen Barock entlehnt. Von diesen Kirchtürmen finden sie noch einige mehr in Amsterdam. Der olle Soldatenkönig war auch viel zu geizig (entschuldigen Sie wenn ich das so salopp formuliere) für ein Prunkbau. Der wollte eine große Kirche für seine lieben Langen Kerls. Somit besteht m.E. hier schon eine Assoziationen zwischen dem Gebäuden und politischen Ordnung damals.

    Warum so verschiedene Bevölkerungsgruppen wie Sozialisten, Christen usw. in ihrer Ablehnung zur GK zusammenfinden? Nun dass liegt an den heterogenen Ablehnungsgründen. Protestantische Christen haben schon damit Probleme wenn ihre Landeskirche riesige (die GK fasst über 700 Personen, richtig?) Gotteshäuser ohne vorhandene Gemeinde bauen wollen, aber die bestehenden Häuser nicht mal zu einem Viertel voll bekommen. Derweil verfallen in ganz Brandenburg hunderte denkmalgeschützte Feldsteinkirchen. Hier besteht eine religiöser Widerspruch.
    Sozialisten haben ihnen bestimmt vertrautere Vorbehalte gegenüber der GK. Ich für meinen Teil, verstehen mich eher aus der Mitte der Potsdamer Bürgerschaft und einer Generation angehörig die dem vorrausschauenden Stadtentwicklung (wir haben hier gegenüber der Residenzstadtzeiten 100.000 Studenten, haben hier einen hochinteressanten Forschungs-und Wissenschaftsstandort, Tourismus, Kultur und Naherholung, gerade wegen der Nähe zur Hauptstadt nimmt an Bedeutung zu), des ökologischen Stadtumbaus (Verkehr, Energetik) aber auch der Lösung des akuten Gentrifizierungskonfliktes der Stadt (aktuell schlagen unsere Wohnungsbaugenossenschaften Alarm, weil die Kosten explodieren und sich viele Mieter die Wohnungen nicht mehr leisten können). Bei all' dem Problemen hilft uns der Wiederaufbau der GK nicht die Bohne!

    @Palantir: Ich gebe ihnen da vollkommen recht. Hitlers 3. Reich war keine Fortsetzung preußischer Traditionen. Vielleicht wurde, lassen Sie den zarten Einwand gewähren, zumindest was das lange, bittere, bis zur letzten Konsequenz vollzogene Ende des 3. Reiches angeht, doch durch einige preußischen Tugenden begünstigt? Was die GK und den "Tag von Potsdam" betrifft, prangere ich hier nicht zuforderst den Missbrauch durch die Nationalsozialisten an, sondern das Versagen der Deutschnationalen und der damaligen protestantischen Landeskirche.

    @xFlipX: ich respektiere Ihren Wunsch und beabsichtige zudem nicht mich für die "Antifaszene" zu rechtfertigen.

    Agon: Lassen Sie uns eine Gedankenexperiment durchführen: Wir stimmen jeder Rekonstruktion aller ehemaligen Gebäude hier in Potsdam zu. Und wir haben Dutzende! Okay, Sie bekommen die ganze Palette, Stadtschloss, Stadtgraben, Palais Babarini, alle Belvedere, die komplette barocke Innenstadt, alles! Der 1:8 Auswärtssieg. Der Preis? Aber nicht die GK... Ich vermute, die Mehrzahl der Forumsmitglieder würde sagen: nein, gibt es nicht. Gerade die GK muss wieder aufgebaut werden. Das meine ich mit "besondere Symbolik". Wir können es auch besondere Bedeutung nennen. Worin sie besteht, darüber können wir streiten. Das sie existent ist können wir aber nicht verleugnen.

    Stichpunkt: "völkische Idee" Das ich bei Ihnen damit keine Treffer landen konnte, habe ich schon geahnt. Er war mir aber nicht ganz so sicher, ob dies für alle Forumsteilnehmer gilt. Meinetwegen können wir diese Seitenliniendiskussion abhaken. Ich wollte eh nur zum Ausdruck bringen, das ich Einwohner der Stadt Potsdam und des Landes Brandenburg bin und damit im Rahmen der Demokratie ein natürliches Mitspracherecht zu diesem Thema habe.

    Brandmauer: Ich akzeptiere Ihre Ansicht, dass sich eine Diskussion erübrigt hat.

    @ursus carpaticus: Zum Thema "Versöhnungsstätte versus GK mit ich später gerne darauf zurückkommen. Ich halte sie (also die GK) für denkbar ungeeigneteste ehemalige Gebäude Postdams.

    @tommystyle: hübsch... nun ja, kann man drüber streiten, will ich aber nicht. Zunächst handelt es sich um die "königliche Hof- und Garnisonkirche zu Potsdam". a) Wir haben keinen Hof mehr. b) Wir haben keine Garnison mehr c) Wir haben keine Gemeinde mehr. d) Wir haben keine Staatskirche mehr.
    Es fehlt schlicht der funktionale Zweck des Gebäudes. Hübsch, ja gut, Silhouette von Potsdam meinetwegen, aber bitte wir wollen doch keine Potemkinsche Dörfer. Gebäude brauchen ein Zweck!
    Sie verdienen eigentlich eine längere Antwort. Ich bemühe mich drum.

    Oh Gott 'o Gott, die Zeit ist schon wieder soweit fortgeschritten

  • Gebäude brauchen ein Zweck!


    Dieses Gebäude hat den Zweck, eine städtebauliche Wunde städtebaulich adäquat zu heilen.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Gerne würde ich mich der Diskussion anschließen, weiß aber von Potsdam und der Garnisonkirche nicht genug. Bedauerlich ist es aber schon, dass die Nationalsozialisten mit ihrer Instrumentalisierung bei einigen Leuten auch knapp 80 Jahre später erfolgreich waren. Diesen nachträglichen Sieg sollte man ihnen eigentlich nicht zugestehen.

    Aenos

  • Ich glaube vollkommene Rehabilitation des Namen Preussens wird erst die offizielle immer wieder im Raum stehenden Umbenennung des heutigen Bundeslandes Brandenburg in Brandenburg-Preussen bringen - ich denke, das ist nur noch eine Frage der Zeit.


    Wenn ich mir die politischen Verhältnisse und die Wahlergebnisse der Genossen anschaue, bezweifel ich, dass ich das noch erleben werde. Immerhin, ich bin Jahrgang 92 laugh:)

  • Agon: Lassen Sie uns eine Gedankenexperiment durchführen: Wir stimmen jeder Rekonstruktion aller ehemaligen Gebäude hier in Potsdam zu. Und wir haben Dutzende! Okay, Sie bekommen die ganze Palette, Stadtschloss, Stadtgraben, Palais Babarini, alle Belvedere, die komplette barocke Innenstadt, alles! Der 1:8 Auswärtssieg. Der Preis? Aber nicht die GK... Ich vermute, die Mehrzahl der Forumsmitglieder würde sagen: nein, gibt es nicht. Gerade die GK muss wieder aufgebaut werden. Das meine ich mit "besondere Symbolik". Wir können es auch besondere Bedeutung nennen. Worin sie besteht, darüber können wir streiten. Das sie existent ist können wir aber nicht verleugnen.

    Die GK ist überregional bekannt, weil sie in der Tat die Kirche des reformierten Protestantismus mit überregionaler Bedeutung ist. Sozusagen der Kölner Dom der Protestanten. Und diese Kirche hat durch die Sprengung durch Ulbricht eine besondere Aufladung erfahren, und besondere Verlustsehnsüchte. Nun unterstelle ich nicht heutigen Sozialisten Sympathisanten des kleinbürgerlichen Stalinismus in Deutschland zu sein, der die sozialistische Idee diskreditierte. Entsprechend kamen die Wiederaufbaubemühungen zunächst von Rechtsauslegern zu Zeiten als eine Rekonstruktion politisch unrealistisch war. Nun sind aber die Wende und weitere 20 Jahre ins Land gestrichen und auch andere wissen mittlerweile, dass ein Coventry Nagelkreuz statt der Wetterfahne dämlich wäre. Alles wird heute sehr unideologisch gesehen, und das ist auch gut so. Wenn die Kirche erst mal steht, gibt es die Debatte auch gar nicht mehr.

    Stadtgraben ist einfach eine gute Idee in Potsdam, weil diese Orientierung am Wasser alles sehr kleinhält. Was den Rest des barocken Potsdam angeht, so ist das fantastische an Potsdam seine unglaublich Provinzialität im positiven Sinne. Es hatte in der Gartenstadt alles Maßstab. Deshalb muss auch nicht alles rekonstruiert werden, solange nur der Masstab stimmt. Also kleinteilig gebaut wird.

    Nun haben wir aus der sozialistischen Zeit einen etwas misslungenen Aufbau, der die Dimensionen sprengt und die ganze natürlichen Beschaulichkeit nimmt. Und wir haben viele Studenten heute. Ich denke dass man von der Pferd- und Fussgängerdimension zurück zu Fahrrad und Fussgänger kommen sollte, weg vom bröckelnden Betonmodernismus, davon einer Stadt gegen den Strich zu bürsten. Potsdam hat die Chance wieder eine Art Gegenmodell zum Moloch Berlin zu werden.

    Ich persönlich finde den Wiederaufbau der Garnisonkirche sinniger als den Aufbau der Schlossattrappe. Aber wenn es um die Ideologie geht, dann ist die Gegnerschaft der Strukturen zerstörende Betonmodernismus, ob sozialistischer, bundesdeutscher Beton und Platte, Nachwendeabschreibearchitektur oder Glasbunker. Das Modell ist wenn man so will das Gegenteil des Architektur-Experiments Brasilia. Die Orientierung am historischen Potsdam ist auch Risikovermeidung. Ein gelungenes Weichbild, das man dann weiterentwickeln kann.

  • Ich möchte die Garnisonskirche ausschließlich wegen dem Stadtbild wiederhaben. Alles andere interessiert mich nicht.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Geht mir und dem wohl überwiegenden Teil der Menschheit genauso. Ist nur typisch deutsch, dass alles politisiert und intellektuell zerredet wird.

  • Ich weiß man muss Vorsichtig sein mit Vergleichen. Es gibt immer Ecken und Sichtweisen die nicht 100% vergleichbar sind. Aber lassen es mich mal mit einen fiktiven, augenzwinkernden Dialog zwischen mir den „normalen“ Mittelstandbürger und seinem 8 jährigen Sohn während einer ausdehnten Einkaufstour in einem wohl sortierten Spielzeugladen schildern:

    Mein Sohn ist bestgelaunt, er darf sich was aussuchen und packt sich den Einkaufswagen richtig voll. Er ist vielseitig interessiert, ich bin Stolz, halt ganz der Papa. Playmobil, Malfarben, Experimentierkasten, Schleichfiguren, Yogiyo-Karten, Spielzeugpanzer… Spielzeugpanzer! Äh? Ich versuche heimlich an der Kasse den Panzer aus den Wagen zu fischen und verschwinden zu lassen. Sie kennen das, wenn man an der Supermarktkasse mang der Zigaretten auf eine Tsatsikibecher stößt. „Was soll das! Der Panzer bleibt drin!“ „Naja, schau mal, Du hast Dir doch schon so viele schöne Sachen ausgesucht…“ „Nein, der Panzer ist mir wichtig, den möchte ich auf alle Fälle. Der Panzer bleibt drin“ Ich, als Normalbürger kommen ins Wanken, einerseits hatte ich doch selber als Kind mit alten NVA-Spielzeugpanzer ohne größere Bedenken gespielt, anderseits wollte ich schon Einfluss auf die Erziehung meines Sohnes nehmen und ein Auge auf den Gebrauch von Ballerspielen und Kriegsspielzeug behalten. „Sohnemann, wenn Du gerne mit Spielzeugautos spielst, ist das kein Problem, lass uns einen schicken Tanklaster nehmen.“ „Nein ich will genau den Panzer. Es ist ein schickes Modell. Und gerade dieser ist ein herausragenden Beispiel deutscher Panzerbautradition.“ „a ja!? So so, mag ja sein, aber Du weist schon was man mit Panzer machen kann und gemacht wurde und für was sie stehen…“, „Ach, Papa hör doch! Nur weil ich mit Panzern spielen möchte, will ich nicht gleich ein Krieg mit den Nachbarn anzetteln und mich mit Schulkameraden prügeln.“, „Trotzdem. Ich habe nichts gegen Modelautos im Allgemeinen! Ich möchte aber nicht, dass in unsere Familie Kriegsspielzeug gespielt wird.“, „O’man Papa! Du ein Spielverderber! Das ist gemein, immer bist Du „Dagegen“ und nie „Dafür“! Ich bin für Spielzeugpanzer. Das ist was Positives. Das ist gut. Du bist immer Dagegen, also negativ, und damit schlecht! Und immer diese Pazifisten und Friedensradikale…“ „Vorsicht, Sohnemann nicht so!“ „Und außerdem ich bezahle den Panzer aus eigener Tasche, von meinem Taschengeld.“ Ich denke mir: naja sein Taschengeld kommt jawohl auch eher aus meiner Tasche. Sag ihm das natürlich nicht. Mache einen letzten Versuch: „Du weist schon was mit Panzern im letzten Krieg angestellt wurde und wie viel Opfer…“ „Ach höre doch auf! Nur weil immer wieder irgendwelche Diktatoren und Könige die Panzer missbraucht haben sind sie doch per se nicht böse. Es gibt Bergepanzer, Minensuchpanzer, Sanitätspanzer…“,“Na dann suche Dir doch bitteschön solch ein Modell aus. Lass uns einen Kompromiss finden. Es muss ja nicht gleich das Model „Panzernasshorn“ sein!“, „Nein, entweder das oder gar keins.“ Ich denke über meine anderen akuten Problem nach, der Klavierunterricht für den Bengel muss auch bezahlt werden, das Schulgeld, die Klassenfahrt, der Hort, der Bremskraftverstärker ist kaputt und und und… Ich habe eine Entscheidung getroffen und sag zum Sohnemann „Gut, dann gar keins!“

  • Ja und? Was soll ich denn nun aus dieser wirklich fiktiven (denn SO läuft das bestimmt nicht ab und ich weiss wovon ich rede!) Geschichte für eine Erkenntnis ziehen? Konstriuerte Geschichten mit extra platzierten polarisierenden Gegenständen zu erfinden taugt doch nicht als Basis für eine sachliche Debatte und als Vergleich über den stattfindenden Wiederaufbau der schönen Garnisonskirche!
    Hier noch was zum Erfreuen:
    http://www.youtube.com/watch?v=7pGoQPhF97E
    :smile:

    Labor omnia vincit
    (Vergil)

  • @Aedificum: Ich lassen Ihren Einwand der Unsachlichkeit gelten. Der fiktive Dialog soll nur veranschaulichen aus welcher Richtung die Kritik an der GK kommt. Halt kein „linker Beißreflex“ ist. Der Dialog zeigt, wie Sie richtig andeuten, Stereotype beider Argumentationsseiten auf. Ich bin mir bewusst, dass ich mich in einem „Automodelbau-Forum" befinde und werbe hier für Verständnis, dass unsere Stadt gerade nicht mit einem ganz spezifischen Model „beschenkt“ wird. Es gibt so viele schöne Modelle! Muss es denn gerade das sein?

      youngwoerth: Die Frage ist nur: Was ist eine „städtebauliche Wunde“? Wer definiert das? Wer stellt die Diagnose? Welche Wunden sollten zuerst geheilt werden? Wie sieht eine „adäquate Heilung“ aus? 100% Heilung oder nur wieder diensttauglich erstellen? Hat ein Gebäude, dass der Stadt einen praktischer Nutzen bringt, ein Recht oder Pflicht in der Prioritätenliste aufzusteigen? Was passiert mit Gebäuden ohne nachweislichen Nutzen? Rekonstruktion um der Rekonstruktionswillen? Alles spannende Fragen.

    @thommystyle: Doch die GK war eine Militärkirche. Und es wurden nicht Mars und Ares, sondern Mars und Bellona (links und rechts über der Kanzel) angebetet. "Die GK war in seiner Grundintention und in seinem Gebrauch aufs wortwörtlichste mit jenem soldatischen Geiste verwoben, der seit Jahrhunderten und fortlaufend die Menschheit sich Schreckliches antun lässt." (Ist nicht von mir, gefällt mir aber)


    Den Sabrow Artikel habe ich gelesen. Ich empfehle auch die Lektüre der zahlreichen Kommentare. Sehr bemerkenswert finde ich auch Sabrows Vortrag „Der „Tag von Potsdam“.
    Zur Karriere eines politischen Symbols“ vom 21.3.2003 den ich Ihnen hier gerne zur Verfügung stellen. Sie werden einige Nuancen feststellen.

    Was ich an der Finanzierung kritisiere ist, dass bisher zu einem Großteil, und dabei zunächst nicht für alle Mitbürger ersichtlich, aus Mitteln der Öffentlichkeit zusammensetzt. Unsere BI hat sich die Aufgabe gestellt hier Transparenz zu schaffen, zu dokumentieren und darüber ein öffentliche Debatte zu entfachen. Stichpunkte: Lottomittel, Gelder ehem. DDR Organisationen, Grundstücksschenkung, Baufeldräumung aus Hauptstadtmittel, Übernahme von Kosten für Fahrbahnverschwenkung, Umlegung Fernwärmestränge, Zustiftung des Landes usw. Hier werden wir der Fördergemeinschaft aufmerksam auf die Finger schauen.

    Wenn mir Privatperson ein Bauantrag genehmigt worden würde, der eine Verengung einer 5 spurigen Bundesfernverkehrstraße zur Folge hätte, würde ich als Stadt vom Bauherrn schon erwarten dürfen, dass er die Kosten für diese Tiefbauarbeiten übernimmt, sein Projekt durchfinanziert ist und zügig gebaut wird und nicht 40 Jahre getrödelt wird.

    Arrangement gegen „Gutes“ oder „Schlechtes“: Ich stelle in Frage, ob Sie, bei allem Respekt, die Deutungshoheit über „Gut“ und „schlecht“ haben. Die Praxis lehrt, dass wir mit Graustufen zu rechnen haben. Und verweise ich auf meine Antwort an „youngwoerth“.

  • Was soll eigentlich das alberne Gesieze? Wer über Internet schreibt, sollte sich an das du gewöhnen, oder es gleich lassen. Ansonsten macht man sich wie an der Uni lächerlich.

  • Eine Diskussion ist hier doch gar nicht vordergründig gewünscht, es sollen weiter aus dem Kontext gerissene, geschichtliche Versatzstücke präsentiert werden um den Wiederaufbau zu stigmatisieren und Sympathisanten, die ansonsten spenden würden, zu diffamieren. Im Anschluss kommt man dann daher und sagt "schaut! niemand spendet für diese Kirche"

    Jemand der sagt, er habe keine besonderen Geschichtskenntnisse, der aber gerade sein Halbwissen und sein eingeschränktes Weltbild zur Grundlage der Argumentation macht ist nicht glaubhaft.
    Es wäre gut wenn man einfach mal akzeptiert, dass in einer Gesellschaft noch andere Vorstellungen als die eigene existieren, ohne das morgen die Welt zusammenbricht.

    Falls nicht gesondert erwähnt: die Bilder sind selbst erstellt.

    3 Mal editiert, zuletzt von Stutzen (1. April 2013 um 10:21)

  • Doch die GK war eine Militärkirche. Und es wurden nicht Mars und Ares, sondern Mars und Bellona (links und rechts über der Kanzel) angebetet. "Die GK war in seiner Grundintention und in seinem Gebrauch aufs wortwörtlichste mit jenem soldatischen Geiste verwoben, der seit Jahrhunderten und fortlaufend die Menschheit sich Schreckliches antun lässt." (Ist nicht von mir, gefällt mir aber) Den Sabrow Artikel habe ich gelesen. Ich empfehle auch die Lektüre der zahlreichen Kommentare. Sehr bemerkenswert finde ich auch Sabrows Vortrag „Der „Tag von Potsdam“.

    Symbole werden gemacht, und genau das machst du gerade, indem Du das Gebäude Garnisonkirche mit dem Militär auflädst. Übertrag das mal auf das Brandenburger Tor, da sind alle möglichen durchmarschiert und paradiert, Kaiserliche, Nazis sowieso,... Es ist die alte symbolische Aufladung, mit der schwache Geister ihrem Geltungsbedürnis Auftrieb verschaffen und andere manipulieren. In Wahrheit sollten Symbole und Legende zerschlagen und zertrümmert werden, denn sie sind nicht mehr als politische Theologie. Der Schuh ist das Zeichen.

  • dass alles politisiert und intellektuell zerredet wird.

    Alles spannende Fragen.

    Finde ich nicht. Ich halte es da wie Hephaistos. (s.o.)
    Der Vorkriegszustand wurde zerstört - der Vorkriegszustand wird wiederhergestellt. Für mich ganz einfach.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!