Das Junkerhaus in Lemgo
Das Junkerhaus ist eines der eigenwilligsten Häuser, die ich kenne. Es wurde um 1890 von dem Maler und Künstler Karl Junker (1850-1912) konzipiert und ausgestattet. Er arbeitete bis zu seinem Tode daran, die Fassade, alle Innenwände, Decken, Türen, Fenster, Fußböden und vor allem die Möbel auszustatten und mit einer eigenwilligen Ornamentik in einem knorpelartigen Stil zu verzieren. Alles zusammen bildet eine komplexe Einheit, und das Haus war von Anfang an als Museum geplant worden.
Zwar rankten sich nach Junkers Tod zahlreiche Legenden um den zurückgezogen lebenden und arbeitenden Künstler, zum Beispiel, dass er vergeblich auf die Rückkehr seiner verflossenen Liebe wartete und ihr ein Haus mit Kinderzimmer, Kinderwiege und Ehebett baute, doch gehört all dies nur zur musealen Inszenierung.
Insgesamt ist die Aufteilung des Hauses (im Erdgeschoss Flur, Küche, Atelier, Ausstellungsraum, Abort und Ziegenstall, im Obergeschoss Gästezimmer, Eltern- und Kinderschlafzimmer, Wohnzimmer und Salon, ziemlich konventionell für die Zeit um 1900, ebenso die Möblierung, doch deren Verzierungen sind wie bereits erwähnt äußerst unkonventionell.
Bis 2003 wurde das Junkerhaus aufwändig restauriert und die ziemlich viel Staub fangenden Holzornamente gereinigt, wobei Wand- und Deckenmalereien zutage kamen. Außerdem wurde im Hinterhof ein moderner Museumsanbau errichtet (ein eingeschossiger Betonbungalow mit verglastem Eingangsbereich und einer ebenso verglasten Brücke zum eigentlichen Haus, das man nun durch den Hintereingang statt den Vordereingang betritt). Im Museumsanbau werden seither Holzplastiken, Möbel und eine Auswahl der über 400 Gemälde Junkers gezeigt (200 davon fanden sich bei der Sanierung in einem verschlossenen Schrank).
Bevor die Tour losgeht noch kurz etwas zum Standort des Hauses. Es liegt an einem kleinen Hang an der B 66, etwa einen Kilometer östlich des historischen Stadtkerns von Lemgo, und war damals das erste Haus auf diesem Straßenabschnitt. Heute steht es quasi inmitten eines Wohngebiets.
Zuerst ein Blick von der Straße auf die Hauptfassade und die rechte Seite. Ganz links sieht man ein Stück des modernen Museumsanbaus.
Im Museumsgebäude sieht man dieses Modell, das Junker 1899 anlässlich eines Gestaltungswettbewerbs für den Brunnen auf dem Detmolder Marktplatz gebaut hatte. Sein Entwurf gewann jedoch nicht. Wäre sicher interessant, den als Marktbrunnen für Lemgo zu realisieren.
Eines von Junkers Gemälden:
Durch diesen gläsernen Verbindungsgang betritt man nun das Haus...
...und steht im Erdgeschoss-Flur, wo man gleich die Schnitzereien an Wänden und Decke bewundern kann. Die Holzbalken im Flur dienten wohl dazu, Junkers Arbeiten zu lagern.
Im Arbeitsraum stehen eine Hobelbank, eine Staffelei und allerlei Werkzeug und Gefäße. Hierbei handelt es sich nicht um eine museale Anordnung, sondern in diesem Raum fertigte Junker tatsächlich seine Arbeiten an und die Geräte stammen auch wirklich aus seinem Nachlass. Bei Untersuchung der Gefäße ließen sich sogar die Reste der Bindemittel und Farbpigmente, die Junker verwendete, nachweisen.
In der Küche befindet sich eine Pumpe mit Spülstein...
...und eine in Lemgo gefertigte, supermoderne "Kochmaschine" von 1892 in einer bemalten Nische, die Junker aus Brandschutzgründen verputzt hat (das Haus war nämlich keinesfalls massiv gebaut, sondern aus Fachwerk, das allerdings außen wie innen durch die aufgenagelten Bretter und Zierleisten völlig kaschiert wird).
Durch einen schummerigen Verbindungsgang betreten wir...
...das Vestibül, das eigentlich ziemlich winzig ist, aber durch seine gerundete Form größer wirkt. Hinter der käfigartigen Absperrung (mit Regalbrettern) befindet sich der Zugang zum Keller, der leider für Besucher nicht zugänglich ist.
Besonders beeindruckend ist hier die gewölbeartige Deckengestaltung.
An den Wänden sind einige Gemälde zu sehen, die durch die Restaurierung wieder richtig zur Geltung kommen:
Ein Blick von außen auf die Haustür, die aus raumklimatischen Gründen wohl für immer geschlossen bleiben wird:
Vom Vestibül aus gelangt man ins Atelier, in dem Junker zu Lebzeiten seine Gemälde und Skulpturen ausstellte.
Besonders beeindruckend ein (vermutlich gusseiserner) Ofen...
...und die Kassettendecke:
Unter den Möbeln und in den Zimmerecken haben sich Reste der Fußbodenbemalung erhalten, die an den meisten Stellen des Hauses durch die vielen Tausend Besucher völlig verschwunden ist. Aus diesem Grund darf man die Räume heute nur noch über eine Art Stege betreten, die auf manchen Bildern zu sehen sind:
Ein Fenster. Natürlich komplett mit Originalverglasung:
Bevor wir nach oben gehen, gehen wir noch kurz aufs Klo:
Hat man je so eine schöne Klotür gesehen?
Fensterdetail:
Das Treppenhaus:
Ablage über der Treppe. Im Hintergrund das Ofenrohr der "Kochmaschine":
Oben angekommen werden wir von weiteren Verzierungen geradezu erschlagen (und von der Sonne geblendet):
Eine weitere Treppe führt ins Dachgeschoss (mit Belvedere in der Hausmitte), in dem Junker gewohnt hat. Leider ist es für Besucher heute gesperrt:
Das ist aber kein Grund, gleich wieder umzukehren und wieder nach unten zu gehen...
Schließlich gibt es auch im Obergeschoss noch genug zu sehen. Da das aber gut und gerne noch mal so viele Bilder werden, höre ich an dieser Stelle erstmal auf. Der zweite Teil folgt dann in den nächsten Tagen.