• Eben.
    Solange große Teile der Politik und Richterschaft Vandalismus als mehr oder weniger legitimes Ausdruckmittel einer unterdrückten Jugend ansieht, braucht man sich nicht wundern. Klare Ächtung, null Toleranz, harte Strafen, das bringt nicht überall was, aber gegen Graffiti würde es helfen.

    Eine der vorzüglichsten Eigenschaften von Gebäuden ist historische Tiefe.
    Die Quelle aller Geschichte ist Tradition. (Schiller)
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten.

  • "Null Toleranz".... das ist ein gängiges Schlagwort, aber leider keine Antwort.

    Die Frage war doch: Wie wollt Ihr die Leute überhaupt alle erwischen? Die "arbeiten" bekanntlich nicht mittags, sondern nachts! Wer soll die Sprayer fangen?

    Außerdem gilt der Grundsatz "nulla poena sine lege", und Sachbeschädigung ist es eben bislang nur dann, wenn die Wiederherstellung des ursprünglichen Erscheinungsbildes nicht oder nur durch Eingriffe in die Sachsubstanz oder nur mit erheblichem Aufwand möglich ist. Das wird oft der Fall sein, aber nicht immer, und bei solchen schwammigen Definitionen, die nur durch Rechtsprechung und Schrifttum entstanden sind, kann im Einzelfall oft trefflich gestritten werden. Ich wäre deshalb für die Schaffung eines Straftatbestands "Verunstaltung", damit wenigstens vom Gesetzeswortlaut her Klarheit herrscht.

    Aber bislang hält man es ja für wichtiger, Männer hinter Gitter zu bringen, die ohne Zustimmung ihrer Frau einen Vaterschaftstest machen wollen.

    Und selbst eine Gesetzesänderung des § 303 StGB würde das oben genannte Problem auch nicht lösen: Wie erwischt man die Kerle, die nachts überall mit ihren Sprühdosen unterwegs sind? Die Polizei kann nicht überall gleichzeitig sein und hat mit Einbrechern, Schlägern, Drogenhändlern etc. mehr als genug zu tun.

  • Eben lief in "Spiegel TV" ein Beitrag über Graffiti (ich hatte es bei den TV Tipps vermerkt). So aus dem Gedächtnis nenne ich mal die wichtigsten Punkte: jedes 5. Haus in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] beschmiert (wurde hier ja auch schon gesagt), die Arbeit des Vereins in [lexicon='Leipzig'][/lexicon], allein in Berlin entstehen jährlich Schäden von 60 Millionen Euro, Farbdosen-Hersteller produzieren exakt für die Interessen der Sprayer, Ausschnitte aus einem selbstgedrehten Sprayer-Video mit maskierten Anarcho-Deppen, usw.

  • Habs auch zufällig gesehen. Es wurde berichtet, dass sich die jährlichen Kosten für die Reinigung auf ca. 250 Mio. € belaufen. Davon könnte man das Stadtschloss bezahlen! Andererseits wurde aber auch ganz klar gesagt, dass das Reinigungsgeschäft sowohl für die Industrie als auch für die Dienstleistungsbranche ein gutes Geschäft ist. Ärgerlich und abstoßend der Kommentar eines Sprayers: er denke, dass der Schaden beim Besprühen eines denkmalgeschützten (!) Hauses sich vermutlich auf bis zu 100.000 € belaufen würde. Können die nicht unsanierte Platten besprühen? Dort gäbe es, bei vernünftiger Motivauswahl, sogar eine Verbesserung des Zustandes anstatt einer Verschandelung.

  • Mist, die Sendung habe ich wohl verpasst. Was war denn das für ein Verein, der in der Sendung vorkam? In [lexicon='Leipzig'][/lexicon] ist mir der Verein Stattbild bekannt - http://www.stattbild.de/index.php - der seit einiger Zeit recht erfolgreich gegen Graffiti agiert. Die Schmierereien an Gebäuden, insbesondere an frisch sanierten Gründerzeitgebäuden, hat sichtlich nachgelassen. Das große Problem stellen aber nach wie vor die großen Hauptstraßen dar, wo sich jeder noch so schlechte Amateursprayer an den vielen un- oder nur teilbewohnten Häusern auslässt.

    Ärgerlich sind für mich auch die Schmierereien in Stadtparks. Pavillions, Parkbühnen, Bänke und Brücken sind oftmals der reinste Graffitialbtraum.

    Ich denke, dass die Zeit reif ist, wo Schmierereien nicht mehr tolerierbar sind. Der Bogen wurde eindeutig überspannt...

  • Zitat von "Harmonica"

    Dort gäbe es, bei vernünftiger Motivauswahl, sogar eine Verbesserung des Zustandes anstatt einer Verschandelung.

    Ja, wenn die Begabten unter den Sprayern am Werk sind - da gibt es ja teilweise richtig künstlerische Werke, vor denen ich im Prinzip den Hut ziehen würde - ich könnte sowas nicht. Aber das ist die Minderheit, die meisten sprühen nur häßliches Gekrakel (sog. "tags") hin, da entweder nichts darstellen oder eine seltsame Sprayerschrift sein sollen und das ist einfach nur häßlich und widerlich.

    Einige Schmiereien sind ja sogar manchmal unfreiwillig komisch. In Wiesbaden gab es vor ein paar Jahren mal eine Serie von Schmiereien in der Innenstadt, möglcherweise von einem Kurden verfaßt.

    Zitat

    Scheiß Iraker haben keine Geld


    ...keine Ahnung, ich kenne nicht ihre Kontoauzüge.

    Zitat

    USA fickt Irak


    ...was ja dann später auch tatsächlich passiert ist.

    Zitat

    Scheiß Iraker raus von Deutschland


    ...gibt's denn hier so viele?

  • Zu dem Bericht in Spiegel TV:
    Es war ja nur ein Beitrag unter mehreren, ging deswegen nur etwa 10 Minuten (habe es trotzdem aufgenommen). Ja, es war der Verein Stadtbild, dessen Graffiti-Mobil beim Einsatz gezeigt wurde. Desweiteren gab es noch Infos über Schutzschichten für Gebäude, und es wurde eine polizeiliche Hausdurchsuchung in der Wohnung eines bekannten Sprayers gezeigt.
    Interessant fand ich auch noch, dass der Verkäufer in einem Laden für für Sprayer-Bedarf als Sprühdosen nur mit Handschuhen anfasst, damit seine Fingerabdrücke nicht drauf sind.

  • Deutsche Stadtoberhaeupte sollen sich Chicago als Vorbild nehmen. Graffiti ist hier kaum zu sehen, da die Stadt 25 Vollzeit-Graffiti-Reinigungskraefte mit Natronstrahlmaschinen unterhaelt, und Beschmierungen meist binnen 48 Stunden verschwinden. Der Buergermeister hat verstanden, dass Graffiti ein hoechst unerwuenschter Standortfaktor ist, und handelte entsprechend :idee: -- der Verkauf von Spruehdosenfarbe ist innerhalb der Stadtgrenze nicht erlaubt, und Eltern haften fuer die Reinigungskosten, die ihre Kinder verursachen. Das Ergebnis? Ich sehe weniger "Tags" in einer Woche in der ganzen Stadtmitte als frueher in Berlin allein im Innenhof meiner alten Mietskaserne im Prenzelberg.

  • sowas kann sich hier eine Stadt wohl kaum leisten. So etwas schreckt sicherlich ungemein ab, weil jeder Sprayer ja weiss das sein tag ja nicht lange leben wird und somit erst gar nicht anfängt zu sprühen. Aber sobald die Stadt die Zügel lockerer lässt gehts wieder los.

    Am Ufer der Sonne wo die wesen vom sehen träumen ist in Echtzeit überall Nacht

  • Aber dass die Eltern die Reinigung zahlen müssen bei Jugendlichen find ich sinnvoll. Da ist meistens etwas mehr zu holen als bei den Tätern selber und wenn der Vater latzen muss kriegt Sohnemann sicher ordentlich mal was zu hören.
    Bei uns im Ruhrgebiet wirkt es übrigens, als wären Graffitis schon im Rückgang... zumindest die richtigen Bilder findet man kaum noch, wenn dann nur noch Sachbeschädigung.. also reine Kritzeleien.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Zitat von "Booni"

    zumindest die richtigen Bilder findet man kaum noch, wenn dann nur noch Sachbeschädigung.. also reine Kritzeleien.

    Aber die sind doch das schlimmste! Vor einem richtig künstlerischen Graffito, bei dem man die Begabung der Sprühers erkennt habe ich ja noch ein wenig Respekt (die suchen sich ja in der Regel auch eher kahle abgelegene Flächen aus), aber dieses häßliche Gekritzel ("tags") von komplett talentfreien Dummbatzen, bevorzugt an Kirchen oder frisch sanierten Altbauten macht mich agressiv.

  • Das sehe ich änlich wie Schlossgespenst. Diese Krakelei, unter Graffitikünstlern selbst abwertend als toys bezeichnet, an frisch sanierten Altbauten regen mich auch maßlos auf. Meine Beobachtungen sind aber, dass sowohl in Frankfurt als auch in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] diese "Kinderkacke" an den Hauswänden rückläufig ist. Probleme mit Graffiti gibt es in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] aber nach wie vor an den Ausfallstraßen, im Szenebezirk Connewitz und an unsanierten und unbewohnten Gebäuden. In Dresden hingegen gibt es viel weniger Graffiti, so scheint mir.

    Im übrigen sind einer Studie zufolge Graffitisprayer keine perspektivlosen Hauptschüler a la Rütli-Schule, sondern kommen meist aus sozial gefestigten Familien und besuchen überwiegend auch weiterführende Schulen.

    Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass Leipzigs aggressivster Sprayer (BILD), dessen tags im ganzen Stadtgebiet versprüht sind, ein Soziologiestudent ist. Er stand zigmal vor Gericht und wurde immer wieder frei gesprochen. Jetzt ist er ausgestiegen und soll ein von der Stadt bezahltes Projekt leiten, wo er angehenden Sprayern das Handwerk beibringt. Wenn das alles nicht komisch ist...

  • also es gibt ja auch einen großen unterschied zwischen streetart und einfachen "sprayern" .. streetart ist oft aufwendige grafik, tags sind reine sachbeschädigung .. hier in Berlin gibt es jedoch einige berühmte tags die ich selber witzig finde, die gehören schon fast zur stadt.. und die verantwortlichen beschränken sich beim sprayen scheinbar nur auf hässliche Häuserrückwände und beschädigen keine denkmäler. Vielleicht kennt ihr die Tags, einmal die Faust, und dann noch die banane.. letztere ist irgendwann so berühmt geworden das fimenchefs unbedingt auch dieses tags auf ihrem firmengebäude haben wollte. :D

    wer rechtschreibfehler findet darf sie behalten.

    Am Ufer der Sonne wo die wesen vom sehen träumen ist in Echtzeit überall Nacht

  • Zitat von "spacecowboy"

    Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass Leipzigs aggressivster Sprayer (BILD), dessen tags im ganzen Stadtgebiet versprüht sind, ein Soziologiestudent ist. Er stand zigmal vor Gericht und wurde immer wieder frei gesprochen. Jetzt ist er ausgestiegen und soll ein von der Stadt bezahltes Projekt leiten, wo er angehenden Sprayern das Handwerk beibringt. Wenn das alles nicht komisch ist...

    Waas? Das kann ja wohl nicht wahr sein! :augenrollen:


    Benni: Danke fuer die schoenen Bilder! :)

    Laeden, die "Kunstartikel und Zubehoer" verkaufen muessten eine Lizenz haben. :boese:

  • Fünf Jahre und keine Lösung: Es sind die Leer-Stellen im Stadtbild, die die Graffiti-Gangs anlocken: Leipzig bündelt alle Kräfte gegen illegale Graffiti

    Apropos Graffiti und Kavaliersdelikt:

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  • Ich bin wirklich froh, dass ich in einer heilen Welt lebe. Reicht schon, wenn man sich so eine kranke Gesellschaft auf Video antun muss.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!