• Natürlich wurden einige schöne Bauteile entfernt, was man wohl als Verlust an liebevollen Details werten muss, wie Ihr ja auch zurecht anmerkt.

    Aber:

    Das Gebäude war doch vorher schon von seiner ursprünglichen architektonischen Idee komplett weg. Es war nur noch eine Anreihung von Fenstern in denen sich sogar das Dach komplett aufzulösen schien. Zumal man bei insgesamt bis zu vier aufgesattelten Stockwerken kaum mehr von einem zusammenfindenden Konzept sprechen kann.

    Dagegen hat man nun das Dach wieder weiter heruntergezogen Richtung urspünglichem Dachabschluss, hat versucht dem Dach einen ruhigen Charakter zu geben, der den Fokus auf den historischen Fassadenteil legen soll. Die ,,vorquellenden" Fenster in der historischen Fassade wurden zurückgenommen, eine übergreifende Fensterteilungsgeometrie eingeführt. Dazu eine stimmige Materialität mit Bronze eloxiertem Aluminium vom Dach bis zur Tür.

    Die Fassade wurde von einer deutschen Firma gebaut: https://www.schneider-fassaden.de/projekte/48-le…-square-london/

  • Mir tut es sehr um die mehreckigen Fenster leid, könnte mir gut vorstellen, dass die noch bauzeitlich waren. Insgesamt hätte die Modernisierung auch schlechter ausfallen könne, überzeugen tut sie mich aber nicht. Es wirkt alles so grob und kalt, leider.

  • Ich habe etwas recherchiert, nachdem ich von der Möglichkeit las, dass es sich um Originalfenster gehandelt haben könnte, und Ihr seid mit Eurer Kritik alle goldrichtig: Es wurden nicht, wie ich annahm, spätere Ergänzungen entfernt, sondern fundamentale Gestaltungsobjekte der Erbauungszeit zerstört. Auch war die Dachlandschaft kein Produkt des Immobilienmarktes von London der letzten Jahrzehnte, sondern in der Tat genau so entworfen von Andrew Mather:

    bl28713.jpg?15005807812323132963

    Quelle: The Architectural Forum

    https://www.thearchitecturalforum.com/blogs/news/lar…eicester-square

    Ich nehme daher mein wohlwollendes Urteil selbstredend zurück:zwinkern:

  • Immerhin hat man das Gebäude nicht komplett abgerissen, wie in London in den letzten Jahrzehnten oft geschehen. Das Original überzeugt mich allerdings auch nicht so recht, der Architekt hat es mit den Aufstockungen etwas übertrieben. Insofern kann man sich mit dem jetzigen Zustand eigentlich gut abfinden, es scheint mir ein Kompromiss zu sein.

    In dubio pro reko

  • Weitere Abrisse in London:

    Fleet Street

    Wird von der Stadt vorangetrieben, obwohl es dort eine Denkmalzone gibt.

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Ich hoffe, London besinnt sich noch mehr auf sein Erbe. Bei allem Wachstumsdruck, die Stadt gewinnt idR viel mehr durch Erhalt und organisch-sensible Weiterentwicklung. Es gab zwar einige schockierende Abrisse in den letzten Jahren, doch insgesamt ist der Denkmalerhalt in London sehr ausgeprägt und es wird sehr gut saniert.

    Hier jedoch einige teils komplett unverständliche Abrisse:
    https://www.skyscrapercity.com/threads/london…entury.2363257/

  • Sehr interessant. Sind das alles Neuinterpretationen im traditionellen Stil,oder sind auch Gebäude dabei die Komplettrekos nach hist.Plänen sind?-also Gebäude die an selber Stelle früher einmal dort standen?

  • Eine Meldung, die mich einigermassen überrascht hat: Der Westminster Palace hat im Innern grossen Sanierungsbedarf. Eine Renovation würde bis zu 30 Jahre dauern.


    Zitat

    Doch alle Zahlen und Daten gelten nur, wenn die Abgeordneten das Gebäude für 12 bis 20 Jahre verlassen. Gibt es lediglich eine Teilräumung, erhöhen sich die Schätzungen bereits deutlich. Und falls um Abgeordnete und Mitarbeiter herum gearbeitet werden müsste, wird der Westminster Palace erst recht zur teuren Dauerbaustelle: Zwischen 46 und 76 Jahre würden dann benötigt, bei Kosten von 11 bis 22 Milliarden Pfund.

    «Könnte jeden Tag brennen»

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Auch das bekannte Basler Architekturbüro Herzog & de Meuron meldet sich mit einem Neubau zurück. Im Stadtteil Battersea wurde für das Royal College of Art ein massiver Bau in Backsteinbauweise errichtet. Diesem geht jedoch jegliche Feingliedrigkeit und Eleganz ab.


    Zitat

    Jacques Herzog spricht gar von einem „Dorf rund um das Thema Kunst“, dessen architektonische Gestaltung möglichst die gesamte Nachbarschaft einladen möchte, am „ständigen Prozess des Lehrens und Lernens, des Produzierens, Präsentierens und Diskutierens von Kunst teilzunehmen“.

    So porös wie möglich - Universitätsgebäude in London von Herzog & de Meuron

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Der Abgesang der Moderne ist in den letzten Jahren auch in London zu beobachten. Einige der bekanntesten Nachkriegssiedlungen aus den 60iger und 70iger Jahren wurden mittlerweile geschliffen. Am bekanntesten die Brutalismusbauten Heygate Estate (1971-74), die 2011-14 abgerissen wurden: https://en.wikipedia.org/wiki/Heygate_Estate Darüber hinaus wurde auch zum Teil die Nachkriegssiedlung Aylesbury Estate https://en.wikipedia.org/wiki/Aylesbury_Estate und Ferrier Estate wohl mittlerweile abgerissen: https://en.wikipedia.org/wiki/Ferrier_Estate

    ...

  • Eine deprimierende Nachricht aus Nordwestlondon: Die 1847 erbaute, neogotische St Mark's church wurde durch einen Grossbrand praktisch vollständig zerstört. Auf Twitter teilte die Gemeinde mit, dass die Kirche wiederaufgebaut wird.


    Zitat

    The National Churches Trust had listed St Mark’s as a grade II Victorian church, describing it as an “architectural and historical treasure” which finished construction between 1846 and 1847. It contained “stunning” mosaics by the Italian Salviati family as well as highly decorative marble flooring in the chancel, with the overall Gothic-styled design the work of the architect Thomas Cundy Jr.

    London church described as ‘historical treasure’ destroyed by fire


    St Mark's Hamilton Terrace NW8 exteriorAndyScott, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Die Architekten um Herzog & de Meuron wollen mal wieder eine Note setzen. Nach Perlen, wie den Fünf Höfen, das Elementum oder auch das Hochhaus an der Paketposthalle, an dem der Hochhausstreit neu entbrannt ist, alles in München, soll in London nun das Umfeld und die Liverpool Street station selbst bedeutend umgestaltet werden.

    4800.jpg

    Wie man unschwer erkennen kann, sollen die roten Backsteinbauten mit Hochhäusern überbaut werden und dabei natürlich auch an den denkmalgelisteten Gebäuden einiger Schaden entstehen, vom stadtbildnerischen Schaden gar nicht erst reden.

    Hierzu ein Artikel des Guardian auf Englisch:

    Betjeman’s Liverpool Street campaign revived in face of new development
    Conservationists hope spirit of late poet laureate’s 1970s protest will protect the Victorian station from ‘serious harm’
    www.theguardian.com
    Zitat

    The developers say the designs by Herzog & de Meuron, the architects of Tate Modern and the Olympic stadium in Beijing, will adapt and protect the station’s heritage.

    Hier noch ein Bild des Bestandes aus der Nahansicht:

    Image_51.jpg

    Und so dann auf deren zukünftiger Rückseite?

    liverpool-street-staion-oversite-development-02.jpg

  • Ich wollte hier eigentlich nicht mehr schreiben, für die in London geplante Schweinerei muss ich es aber einfach tun.

    Die jetzige Eingangssituation:

    Google Maps
    Find local businesses, view maps and get driving directions in Google Maps.
    goo.gl

    würde nach den Plänen zu einem kompletten Abriss des Gebäudeteils mit den Türmen links führen UND dem Abriss des viktorianischen Gebäudes rechts daneben.

    So würde es dann aussehen:

    liverpool-street-staion-oversite-development-02.jpg

    (c) https://www.ianvisits.co.uk/articles/consu…-station-60054/

    Man plant also nicht weniger als den Abriss des pittoresken Kopfbaus und nicht "nur" die Überbauung des Altbaubestandes.

    Auch hier gut im Modell zu erkennen:

    liverpool-street-staion-oversite-development-04.jpg

    (c) https://www.ianvisits.co.uk/articles/wp-co…elopment-04.jpg

    Wer die Entwicklung in den London in den letzten Jahrzehnten verfolgt hat, weiß, dass dieser Abriss nicht unrealistisch ist und auch, wenn sich Protest regt, im Zweifel solche Zerstörung von weiten Teilen der Politik und Wirtschaft begrüßt und durchgewunken wird.