Eine nachdenkenswerte Alternative - nur finde ich, der Altmarkt sollte sich sowohl zur Wilsdruffer wie auch zur Schloßstraße hin öffnen. Gerade die Dialektik zwischen Schloß und Altmarkt halte ich für eine sehr bedeutsame. Die Abriegelung würde zwar den grauenhaften Zustand optisch -auf den ersten Blick- beseitigen, wiederum aber zementieren(dann wahrscheinlich für immer); der Stadtraum würde weiterhin in Parzellen aufgespalten bleiben, getrennt voneinander durch KP und Wilsdruffer Marschfeld. Wobei letzteres, wären die Blocks nur ein wenig anders, ein Vorteil des neuen Zentrums wäre. In der jetzigen Form natürlich unhaltbar.
Die ergänzende Bebauung für Altmarkt und angrenzende Straßenzüge sollte zurückhaltend gestaltet sein, aber die vorhandene Ost- und Westseite in Traufhöhe, Dachneigung und Farbgebung aufnehmen. Selbst das Legohaus geht, sieht man vom grauenhaften Dach, den blauen Spiegelglaserkern und den etwas zu kalten Vorblendern ab, in die richtige Richtung. Thomas Kantschews Kritik der extremen, "deutschen" Kantigkeit würde ich da widersprechen; Kantigkeit kann sehr stark wirken, siehe deutscher Expressionismus, Höger u.a. Aber vielleicht brauchen wir es wieder. Stärke, Solidität, Selbstvertrauen, gerade in unsicheren Zeiten von Provisorien und Kompromissen.
Mit dem 50'er Jahre Altmarkt wurden Fakten geschaffen. Eindrucksvolle, auch brutale Fakten. Eine "Entschärfung" des wuchtigen Ensembles wäre weder durch eine Rekonstruktion alter Gebäudefronten N/S noch eine kristallisierung/Verglasung möglich; alles würde nur noch viel bizarrer und unzusammenhängender wirken als es dies ohnehin schon tut.
Daher sollte man sich auf die Bebauung einlassen, aber das erfordert Mut, das damalige Konzept des "Wiederaufbaus mit einem Riesenzeilen" in Teilen zu rehabilitieren und wiederzuverwenden. Kantschew hat natürlich recht: der Stadtkern funktioniert nicht. Aber nicht aufgrund der ewig langen Riegel, sondern weil sie einen Torso bilden, der nie vervollständigt und zusammenhämgend genutzt wurde. Und natürlich, weil die Riegel im Laufe der Jahre 57-62 von Palästen zu Kasernen mutierten, derweil die Dimensionen gleichblieben.
Eine dazwischenliegende kleinteilige Bebauung kann auf der Südseite begrenzt funktionieren; in Hinblick auf das bitzlige Zwischenstück der nördlichen Prager Straße. Aber auf der Nordseite muß der Platz angemessen geschlossen werden.
Das kann die Fassade eines Gesellschaftsbaus(HDK Dresden ? - Haus der Kultur) ebenso beeinhalten wie ein profaner Wohnblock mit begrüntem Innenhof und Ladenzeilen(Arkaden, egal ob eckig oder rund - ich bevorzuge eckig). Nur: Ein Mansarddach würde sich nicht wirklich gut einfügen.
Gut, es kommt natürlich drauf an, welches Gepräge man Dresden verleihen will, gerade an dieser wohl prägnantesten Stelle.
Europäisch oder Deutsch, extrovertiert, weich und nachgiebig oder introvertiert, beständig und ein wenig starr. Es wäre auch eine kulturelle Richtungsentscheidung.
Glaswürfel und Container allerdings haben damit nichts zu tun; sie stehen außerhalb jeder wirklichen Kultur.