• Das würde mich auch interessieren, gibt es noch mehr dieser Wandteppiche? Geschrieben wird immer von einer Tapisserie. Theoretisch müssten da noch welche existieren? Wäre ja phantastisch! Aber genau. Da stellt sich nun die berechtigte Frage - wo können diese gezeigt werden, da der ursprüngliche Raum nicht mehr, leider nicht mehr existiert.

    In der Architektur muß sich ausdrücken, was eine Stadt zu sagen hat.
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten

  • Zitat von kaffeesachse

    Das würde mich auch interessieren, gibt es noch mehr dieser Wandteppiche? Geschrieben wird immer von einer Tapisserie. Theoretisch müssten da noch welche existieren? Wäre ja phantastisch!

    Bislang war der Kenntnisstand so, dass alle großformatigen Gobelins, mit denen diverse Räume der Repräsentations- und Festetage (2. OG umlaufend um den Großen Schlosshof) ausgestattet waren, seit dem Krieg verschollen sind. Der Wandteppich „Die Ohnmacht der Esther“ ist der erste, der wieder aufgetaucht ist. Es geht um sehr viele Exemplare, denn es waren 5 Räume, die eine solche „durchgehende“ Behängung mit Gobelins aufwiesen. Neben den schon genannten Großen und Kleinen Speisesaal im Ostflügel gab es noch 2 Räume im Südflügel (darunter die sogenannte *Reitschule*) und einen im Bärengartenflügel.

    Gobelinsaal im Bärengartenflügel

    https://fotothek.slub-dresden.de/fotos/df/haupt…log_0062781.jpg

    Reitschule

    https://fotothek.slub-dresden.de/fotos/df/haupt…log_0045643.jpg

    https://fotothek.slub-dresden.de/fotos/df/haupt…log_0045644.jpg

    Nun also ist ein Stück wieder da. Auch bei mir kam da sofort der Gedanke – da könnten doch durchaus noch mehr existieren. Hier ist jetzt die spannende Frage: WER hat das Teil auf den Kunstmarkt gebracht? Denn daraus könnten sich Schlussfolgerungen ergeben, was mit diesen Wandteppichen in den Nachkriegswirren passiert ist - Und daraus wiederum „mehr oder weniger fundierte“ Spekulationen, ob Chancen auf weitere Funde bestehen.

    Zitat von Treverer

    Ich nehme an, Sachsen musste Christie's den Teppich allerdings abkaufen, auch wenn das Auktionshaus so zuvorkommend war, den Wandteppich zuerst den Sachsen anzubieten? Oder wie ist sowas geregelt?

    Sehr interessante Frage, auf die auch ich gern eine Antwort von einem juristischen Fachmann hätte. Ich gehe mal davon aus, dass der Wandteppich nicht von einer offiziellen staatlichen Seite angeboten wurde (so wie damals die historischen Bücher, die vom Staat Georgien an Deutschland zurückgegeben wurden). Dann hätte man den ganzen Vorgang wohl auch nicht über Christie’s abgewickelt. Das war sicher irgendeine private Quelle.

    In diesem Zusammenhang sei an die beiden Spiegelbekrönungen aus dem 1. Vorzimmer erinnert, die auf analoge Weise nach Sachsen zurückkamen (Anfang der 1990er Jahre).

    Zitat

    Bis 1945 krönten die Aufsätze die beiden Wandspiegel, die dem ersten Vorzimmer der Audienzräume im Schloß zu Dresden Glanz verliehen. Nirgendwo finden die Spiegel, in denen die gewaltige Prachtentfaltung am Hofe Augusts des Starken (1670-1733) aufscheint, ihresgleichen in Deutschland. Goldene Hinterglasradierungen, in deren Mitte Apollo der Nymphe Daphne nachstellt, stehen vor schwarzem Grund. Vorbild war eine Kleinbronze nach der Apoll-und-Daphne-Gruppe von Gian Lorenzo Bernini. Aufwendig gestaltete, mit üppigem Laub- und Bandelwerk verzierte Rahmen aus vergoldeter Bronze fassen die Aufsätze ein. Nach französischem Muster gegossen, dürften die fein ziselierten Rahmenbeschläge um 1710/20 in Dresden entstanden sein. Angekauft zusammen mit dem Bundesministerium des Innern und einer Spende von Frau Rosemarie Pauls-Wilz, gelangten die Spiegelaufsätze in das Dresdener Residenzschloß zurück, für dessen Rekonstruktion sie von großer Bedeutung sind.

    Quelle: https://www.kulturstiftung.de/produkt/zwei-s…oss-zu-dresden/

    Foto von Seebastian

  • Danke für diese interessanten Informationen. Von der ,, Reitschule'' habe ich auch schon gehört. Schön, das wenigstens ein Teppich die furchtbaren Wirren des Krieges überstanden hat. Mal sehen, wo und wann wir ihn betrachten können.

    In der Architektur muß sich ausdrücken, was eine Stadt zu sagen hat.
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten

  • Ich hoffe, dass auch die beiden gestohlenen Silvestre-Gemälde ins Schloss zurückkehren. Ich verstehe nicht, warum das Museum of Fine Arts St. Petersburg (FL) sie nicht zurückgibt und die SKD/Freistaat Sachsen ihre Rückgabe nicht verlangt oder zustimmt.

    https://mfastpete.org/obj/thetis-at-…orge-of-vulcan/

    https://mfastpete.org/obj/perseus-re…he-sea-monster/

    Ich kann mir gut vorstellen, dass Deutschland Russland vorher keinen Stress machen wollte...und im Moment jedwede Zusammenarbeit komplett ausgeschlossen ist.

  • Oh! Das hab ich komplett überlesen. ablachen:)
    Ja, wieso setzt man sich da nicht mal mit den USA zusammen. Aber ich schätze mal da gilt genau der selbe erste Grund wie bei Russland,

  • Die Kanzel der Schlosskapelle ist aufgetaucht. Geraunt wurde es bereits eine ganze Weile.
    Und schon im Januar ließ der große Meister Hans-Christoph Walther die Katze als Publikation aus dem Sack. Bisher scheinbar unbemerkt von der Öffentlichkeit.

    Zufallsfund im Netz:

    Walther_Bürger - Kanzel_07.01.22.pdf (kunstgeschichte-ejournal.net)

    neukirchen-erzgebirge-gesamtansicht-sachsens-kirchen-galerie-neukirchen.jpg

    Willkommen

    Neukirchen/Erzgebirge | Mapio.net

    Altar/Taufstein


    Bildquellen Kirche Neukirchen:

    Neukirchen (Erzgebirge). - Gesamtansicht. - Sachsens Kirchen-Galerie., 40,00 € | Kunst - antike / grafiken / gemälde / foto / bild - antiquariat (kunstfreund.eu)

    Willkommen (kg-neukirchen.de)

    Gemeinde Neukirchen/Erzgeb. – mit Ortsteil Adorf (neukirchen-erzgebirge.de)

    Neukirchen (Erzgeb.) - Blick in die denkmalgeschützte Kirche | Mapio.net


  • Pressemitteilung des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen, 07.07. 2022
    Wandteppich »Die Ohnmacht der Esther« kehrt nach fast 80 Jahren ins Dresdner Residenzschloss zurück

    (für uns neue Infos hervorgehoben)

    Der kulturhistorisch bedeutsame Wandteppich »Die Ohnmacht der Esther« ist fast 80 Jahre nach seinem spurlosen Verschwinden wieder ins Dresdner Residenzschloss zurückgekehrt. Die etwa 16 Quadratmeter große Tapisserie hatte Napoleon Bonaparte im Jahre 1809 dem sächsischen König Friedrich August I. geschenkt. Einst im großen Speisesaal des Residenzschlosses beherbergt, haben Finanzminister Hartmut Vorjohann und Dr. Marius Winzeler, Direktor des Grünen Gewölbes und der Rüstkammer, »Die Ohnmacht der Esther« heute erstmals wieder der Öffentlichkeit vorgestellt.

    Sachsens Finanzminister Hartmut Vorjohann betonte: »Mit der Tapisserie »Die Ohnmacht der Esther« ist ein über 200 Jahre altes Stück Kunstgeschichte zurück nach Sachsen gekommen, das durch die Wirren des Zweiten Weltkrieges als verschollen galt. Ich freue mich sehr, dass diese wertvolle und lang vermisste Tapisserie wieder zurück in ihrer Heimat, dem Residenzschloss ist. Mein besonderer Dank gilt neben den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden dem Auktionshaus Christie’s, das uns bei der Rückführung an den Freistaat unterstützt hat.«

    Dr. Marius Winzeler, Direktor des Grünen Gewölbes und der Rüstkammer, ergänzte: »Die trotz ihrer bewegten Geschichte erstaunlich farbenprächtig erhaltene Tapisserie ist ein textiles Meisterwerk der Pariser Hofkunst. Als luxuriöses Geschenk Napoleons erinnert sie an eine herausragende Episode der sächsisch-französischen Verbindungen, die die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden damit als wichtige Facette europäischer Kulturgeschichte im Residenzschloss wieder sichtbar machen können zuerst in einer Sonderausstellung im Sponsel-Raum des Neuen Grünen Gewölbes, später dauerhaft im Bereich der Paradezimmer, wo Napoleon als einziger Kaiser tatsächlich übernachtet hat.«

    Als Geschenk Napoleon Bonapartes an den sächsischen König Friedrich August I. im Jahr 1809 präsentierte sich die Tapisserie »Die Ohnmacht der Esther« mehrere Jahrzehnte zusammen mit anderen Tapisserien im großen Speisesaal des Dresdner Residenzschlosses. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und damit auch dem Ende der Monarchie in Sachsen ging ein Teil des Vermögens als Teil der Ausstattung des großen Speisesaals des Residenzschlosses an den Freistaat über.
    Während des Zweiten Weltkrieges wurde die Tapisserie mit weiteren Gobelins im Sommer 1943 nach Schloss Schleinitz bei Meißen gebracht. Dort lagerte sie bis zum Ende des Krieges. Danach verschwand sie spurlos und galt seitdem als verschollen.

    Im September 2020 nahm die Abteilung für Provenienzforschung und Restitutionsfragen des Auktionshauses Christie´s erstmals Kontakt mit den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden auf, nachdem ein Kunde die Tapisserie in eine Auktion einliefern wollte. Aufgrund deutlicher Indizien auf eine Herkunft aus dem Dresdner Residenzschloss wurde das Sächsische Finanzministerium mit der Prüfung und Geltendmachung der Rechte des Freistaates Sachsens tätig. Nach intensiven Verhandlungen gelang eine Einigung über die Rückführung der Tapisserie an den Freistaat Sachsen.


    Seit Juni 2021 wird die Tapisserie »Die Ohnmacht der Esther« untersucht, fachgerecht gereinigt und restauriert.

    Mediathek | Medienservice Sachsen

  • Wer übrigens eine Ahnung davon bekommen möchte, wie eine herrschaftliche evangelische Schlosskapelle - wohl noch üppiger als die Dresdener - aussehen konnte, der findet in Celle ein beeindruckendes, leider nur sehr beschränkt besuchbares Original.

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    Man beachte auch hier die Blumen und Engelsköpfe an den Gewölbe-Rippen

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    Schlosskapelle im Herzogschloss Celle (celle-tourismus.de)

    Die Celler Schlosskapelle wurde in den Jahren 1565 bis 1576 neu gestalten und in eine evangelische Kapelle umgebaut. Es wurden Logen als Herrschaftsstände für den Adel eingebaut, außerdem ein Altar, eine Kanzel und eine Orgel.
    Aus dieser Zeit stammen auch die insgesamt 78 Gemälde. Die Hauptwerke schuf der
    flämische Maler Marten de Vos mit seiner Werkstatt, die mit der Innenausstattung der Kapelle beauftragt wurden. Weiter befinden sich in der Kapelle 50 Sandsteinreliefs, mehr als 120 Tafeln mit Bibelzitaten und viele Schnitzarbeiten. Dieses Gesamtkunstwerk aus der Reformationszeit ist seither weitgehend unverändert geblieben. Es gehört zu den Höhepunkten norddeutscher Sakralkunst und ist in seiner Renaissance-Ausstattung von herausragender kunsthistorischer Bedeutung. Die Schlosskapelle ist eine der bedeutendsten lutherischen Hofkirchen Europas.

    Celler Schloss – Wikipedia

    Ähnlich beeindruckend wird sicher auch die - räumlich weitaus größer dimensionierte - Dresdener Schlosskapelle gewesen sein.

    Schon seltsam, dass der bigotte Bildersammler August III so etwas zerstören ließ... Nun ja. Seine Habsburger Gattin hat ja viel für die Erhöhung des katholischen Glaubens in Sachsen getan.

    leoniegehrke – Seite 2 – sensetheatmosphere

  • wo Napoleon als einziger Kaiser tatsächlich übernachtet hat.

    Richtig! Wie man im Schloßbuch bei Henning Prinz nachlesen kann, hatte sich dieser tatsächlich in das eigentlich nur zum Repräsentieren vorgesehene Paradebett gelegt.

    Dieser Ursurpator!

    Hat er in Würzburg beim Fürstbischof auch gemacht! :.-[

    Immerhin lobte er die Residenz als das "schönste Pfarrhaus der Welt"

    Man will die Tapisserie später in die Paraderäume bringen? Gut so, aber nur wohin damit??? Es bleiben hier nur die Retiraden oder die Bilderkabinette. Na mal sehen, was die dort wieder zaubern können.

    Gleich zwei tolle Schlossmeldungen innerhalb einer Woche (und sie ist ja noch nicht vorbei). Das ist wie Ostern und Weihnachten zusammen.

    Vielleicht kommt ja am Samstag noch 'ne Meldung, dass es mit der Schlosskapelle endlich weitergeht? Das wäre die Krönung!!!

    Danke, lieber Energinium, für die aufschlussreiche Celle-Meldung. Ja, tatsächlich so in dieser Richtung wird man sich die reich ausgemalte Dresdner Schlosskapelle auch vorstellen müssen. Die Rippen weiß, die Gewölbekappen blau, Vergoldungen, polychrome Emporenbrüstungen mit Bibelsprüchen und viele Gemälde. Traumhaft! Aber in dieser Vollständigkeit natürlich niemals mehr wiederherzustellen.

  • Soweit muss man gar nicht fahren. Altenburg in Thüringen ist nah.

  • Soweit muss man gar nicht fahren. Altenburg in Thüringen ist nah.

    Celle liegt zeitlich und stilistisch aber schon näher an Dresden. Altenburg ist ja weitgehend noch durch eine spätmittelalterliche (katholische) Architektur geprägt. Die evangelische Ausstattung ist dann eher barock. In Dresden und Celle war man gerade mit der Ausstattung näher an der Reformation.

  • In einem Artikel der Sächsischen Zeitung vom 4. Juli fanden sich zusätzliche Informationen zum Thema Wandteppich (jetzt leider hinter der Bezahlschranke).

    Ich habe das, was über den Inhalt der PM des SMF hinausgeht, nachfolgend zusammengefasst.

    - Aktuell liegt der Wandteppich „ausgebreitet auf einem Tisch im Großen Ballsaal“.

    - Einst gab es 23 solche Wandteppiche im Residenzschloss.

    Also es steht nicht explizit da, aber mit *einst* dürfte der unmittelbare Vorkriegszustand gemeint sein. Es gab ja 5 Gobelinsäle, bedeutet

    also – m.E. stimmig – pro Saal 4 bis 5 Wandteppiche.

    - Eigentümer des Wandteppichs sind nicht die SKD, sondern das Finanzministerium.

    - Das Finanzministerium hat die Restaurierung des Wandteppichs ausgeschrieben. Man erwartet dafür einen fünfstelligen Betrag. Bislang

    wurde aufwändig gereinigt. Demnächst folgt das Ausbessern „dünnhäutiger“ Stellen (Hinterfütterung). Der vollständigen Wiederherstellung der einstigen Farbenpracht müssen kunsthistorische Tiefenrecherchen und naturwissenschaftliche Forschungen vorangehen.

    - Offenbar war der aktuelle Fundvorgang endlich einmal Anlass für die sehr überfällige Vervollständigung und Aktualisierung der Eintragungen in

    der Datenbank lostart. Den betreffenden Passus möchte ich doch wörtlich angeben:

    Zitat von Sächsische Zeitung

    Was die Recherchen vielleicht schon eher zu einem Erfolg hätte führen können, wäre ein Eintrag der Tapisserie ins Lost-Art-Register gewesen. Dort verzeichnen Museen, aber auch Privatleute, Kunstwerke, die im Krieg verschwanden oder ihnen entzogen wurden.

    […]

    Thomas Rudert, Provenienzforscher an den SKD, sagt: „Die Verluste der SKD sind bei Lost Art weitgehend vollständig eingetragen. In einem nächsten Schritt müssen die Verluste des Freistaates erfasst werden, die noch größer sind als die der SKD.“ Daran werde bereits gearbeitet. Außerdem sollte das Register nicht am 8. Mai 1945 enden, sondern auch die Verluste danach erfassen, meint der Historiker, der die Restitutionen wissenschaftlich begleitet.

    Für die ehemalige Aussattung der Gewehrgalerie (SKD zugehörig) ist freilich bei lostart immer noch der Wissenstand von 1991 dokumentiert. Ihr erinnert Euch sicher, man hatte 20 Fürstenbildnisse, die man fälscherweise für die Originale aus der Gewehrgalerie hielt (bis zur Restaurierung 2001 bis 2006). Und so lautet die Suchmeldung bei lostart bezogen auf die Porträts von Göding: Es fehlen 26 (von ehemals 46). Man weiß aber spätestens seit 2006, dass ALLE fehlen. Die Historienbilder sind überhaupt nicht aufgeführt, ebenso die Inschriftentafeln.


    P.S.

    Eines hab ich noch vergessen. Der Wandteppich soll ab 2025 in die Schlossausstattung integriert werden.