Gronau (Westfalen)

  • In Gronau, einer 50.000-Einwohner-Stadt im westlichen Münsterland, soll das Rathaus aus den 1970er Jahren jetzt unter Denkmalschutz gestellt werden. Der geplante Abriss wird damit unmöglich:

    http://www.wn.de/Muensterland/K…tz-statt-Abriss

    Gronau war übrigens fast unversehrt durch den 2. Weltkrieg gekommen, man hat dann aber im Zuge einer "Stadtsanierung" einen großen Teil des Stadtkerns inkl. Schloss abgerissen und durch menschenfeindliche Neubauten ersetzt.

    https://www.youtube.com/watch?v=uYb96uYa2Vs
    https://www.youtube.com/watch?v=SzLgENkHj-Y

  • Gronau war übrigens fast unversehrt durch den 2. Weltkrieg gekommen, man hat dann aber im Zuge einer "Stadtsanierung" einen großen Teil des Stadtkerns inkl. Schloss abgerissen und durch menschenfeindliche Neubauten ersetzt.

    ...und das ist leider bei sehr vielen Altstädten im nördlichen Westfalen passiert, ein einziges Trauerspiel das sich auch heute noch fortsetzt, meine liebsten Negativbeispiele sind da immer Ibbenbüren und Lengerich (Westf.), auch in Rheine wurde viel kaputt gemacht. Alles keine spektakulären sonstwie großartigen Städte gewesen, aber haben sie in den letzten Jahrzehnten jeglichen Charme verloren, den sie vorher hatten, es waren alles mal kleine und mittelgroße sehr pittoresque Orte...

  • Da haben die Gronauer Stadtväter in den 60er & 70er Jahren ganze Arbeit geleistet, alle Achtung. Mit der voraussichtlichen Aufnahme dieses Undings namens Rathaus reihen sich die heutigen Stadtverantwortlichen nahtlos in das Versagen der Gronauer Baupolitik seit 1945 mit ein.

    Anbei noch ein paar Ansichten des alten Gronau vor dem Kahlschlag.

    http://www.heimatverein-gronau.de/bilder-streifzug.html

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Kaum zu glauben diese Geschichte, besser gesagt üble Posse aus dem letzten Herbst. :zeitung:
    Abriss des Hauses Oststraße N°21 in Gronau-Epe an einem Samstag morgens um 6:30 Uhr. Das Haus stellte sich dann bzw. bereits zuvor als das älteste Gebäude im Ort heraus. Zunächst hieß es:
    Abriss: Hausbesitzer ignoriert Denkmalschutz - WDR

    Dann aber, wenig später:
    "Denkmal, kein Denkmal, doch Denkmal? Der Schlingerkurs der Denkmalexperten des Landschaftsverbandes Westfalen Lippe (LWL) bei der Bewertung der Immobilie Oststraße 21 in Epe gibt Rätsel auf."
    [...] Die LWL-Denkmalfachleute kommen in ihrer 17-seitigen Expertise zu dem Schluss, dass die Eichen, die für den Bau dieser Dachkonstruktion verwendet wurden, im Jahr 1490 gefällt wurden.

    LWL zum Denkmal-Hin-und-Her: „Hatten jetzt neue Erkenntnisse“ - Westf. Nachrichten

    Aus einem Kommentar:
    "Die Frage, wie der Abbruch dieses Hauses rechtlich zu werten ist, kann und will ich hier nicht beantworten. Die bisher bekannten Fakten ergeben eine komplexe Gemengelage: Baugenehmigung, Abbruchgenehmigung, Eintrag in die Denkmalliste (1992), Austrag aus der Denkmalliste (1993), vorläufiger Eintrag in die Liste nach (später) Intervention des Eper Heimatvereins. Man muss kein Hellseher sein, um zu erkennen, dass die Causa Oststraße 21 jetzt von klugen und teuren Juristen aus unterschiedlichen Blickwinkeln analysiert und anhand von Bestimmungen, Paragrafen und Gerichtsentscheidungen seziert werden wird."

    Ackerbürgerhaus, Gronauer Schloss – und jetzt Oststraße 21: Die Opfer unserer Gleichgültigkeit - Westf. Nachrichten

    Schließlich, bereits sehr wenig später im Dezember:
    "Die Eigentümer hatten – wie berichtet – am 10. November mit dem Abbruch des von der Stadt vorläufig in die Denkmalliste der Stadt eingetragenen Gebäudes begonnen. Sie verwiesen dabei auf eine rechtskräftige Abbruchgenehmigung und eine ebenfalls rechtskräftige Baugenehmigung für den neuen Rossmann-Markt, in dessen Parkplatz-Zufahrt Oststraße 21 steht. Die Stadt hingegen stoppte den Abbruch mit ordnungsrechtlichen Verfügungen und versiegelte die Abbruchstelle. Beide Seiten nahmen für sich die Rechtmäßigkeit ihres Tuns in Anspruch. Dieser Rechtsstreit wurde jetzt mit dem Vergleich einvernehmlich beendet, wie die Stadt mitteilte.
    Gegenstand des Vergleichs ist in erster Linie die Übereinkunft, dass der Restabbruch erfolgen kann, dieser aber kontrolliert, nach den Vorgaben der Unteren Denkmalbehörde der Stadt Gronau abgewickelt wird. Dies bedeutet, dass abbruchbegleitend durch die Untere Denkmalbehörde unter Mitwirkung des Amtes für Denkmalpflege beim Landschaftsverband eine Dokumentation erstellt wird“, heißt es in der Mitteilung der Stadt. Der Vergleich lasse im Übrigen die Ordnungsverfügungen der Stadt unangetastet, „diese werden mit der Umsetzung des Vergleichs aber gegenstandslos“, heißt es weiter.

    [...]„Beide Seiten sind mit dem Ergebnis gut zufrieden.“

    Abbruch der Immobilie „Oststraße 21“ in Epe: Rechtsstreit endet mit Vergleich - Westf. Nachrichten

    Zur Erinnerung, was die "Denkmalschützer" des LWL stattdessen beschäftigte:
    Rathaus von Gronau wird Denkmal - WN

    Keine weiteren Fragen... :boese:

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Zitat:

    Zitat

    In der Öffentlichkeit sind Reaktionen darauf unterschiedlich: Da gibt es den Aufschrei der Geschichtsbewussten. Da gibt es – in sozialen Netzwerken und im richtigen Leben – aber auch andere Stimmen. Ihr Statement: Gut, dass die alte Bude weg ist. Manche zeigen am Samstag im Vorbeifahren am Abbruchbagger aus dem Auto mit „Daumenhoch“, dass sie den Abbruch gutheißen. (...)

    Ohnehin ist hier schon zu viel geschichtliches Porzellan zerschlagen worden: Die Liste reicht vom Ackerbürgerhaus in Epe über das Gronauer Bahnhofsgebäude und stadtbildprägende Bauten der Textilindustrie bis hin zum alten Schloss. Gründe für den Abbruch gab es immer: marode Bausubstanz, hohe Sanierungskosten, Pläne für schicke Neubauvorhaben. Die Hilferufe der Kritiker gingen dabei in der Zukunftseuphorie oft unter. Was uns fehlt(e) – und ich nehme mich hier nicht aus – war/ist das Bewusstsein für die historischen Werte, die dabei unser aller Gleichgültigkeit zum Opfer gefallen sind und noch fallen. Vor der eigenen Haustür wird das eine oder andere Objekt schnell zur überflüssigen alten Klitsche, während wir im Urlaub mit großen Augen und klickenden Fotokameras vor den Kleinodien stehen, die andernorts daraus gemacht wurden.

    Irgendwann wird es einen wirtschaftlichen Einbruch geben. Dann haben sie nicht mehr das Geld, in alle Welt zum Urlaub zu fahren und dürfen stattdessen in ihren modernen Wärmedämmkisten sitzen, um dortige Impressionen zu genießen. Zum Fotografieren gibt es dann nur die eigenen Gesichter. Jedem das Seine. ;)

  • Eine traurige Geschichte. Und dann wird noch so getan als hätten beide Seiten einem Kompromiss ausgehandelt mit dem man leben kann. Geld setzt sich durch...

    Das erinnert mich an den Abriss eines Industriedenkmals in Bonn, welches auf dem Haribo Gelände stand. Abriss

  • Das ist doch mal eine starke Lösung. Der Rathausturm ist erhalten, das Gebäude selbst ist eine annähernde Rekonstruktion, ähnlich der Herforder Synagoge. Hoffen wir mal, dass es so kommt. Wäre für Münster auch ein schönes Vorbild, wo der Rathausturm ebenfalls noch steht.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Wäre für Münster auch ein schönes Vorbild, wo der Rathausturm ebenfalls noch steht.

    Welcher Ratshausturm?

    In Münster ist doch das Rathaus nach den Kriegszerstörungen des Prinzipalmarktes wieder aufgebaut worden.

    Oder habe ich hier etwas falsch verstanden?

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • Ich gehe davon aus, dass der Stadthausturm gemeint ist.

    Ja, genau. Danke für die Korrektur. Leider ist der Nachfolgebau aus den 50ern mittlerweile sege etabliert, weswegen ich nicht daran glaube.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Wow, die Rekonstruktion wäre wahrlich eine Sensation! Ich hoffe, dass die Stadt sich dazu durchringen wird, da es für das gebeutelte Gronau echt eine Bereicherung des Stadtbildes wäre. Ich hätte nie erwartet, dass es irgendwo im Münsterland zu einer Rekonstruktion kommen könnte.

    Zudem scheint der Entwurf auch die meisten Teile des Gebäudes zu rekonstruieren und nicht nur die Fassadenfront. Mit der modernen Ergänzung muss man heutzutage leben, wobei ich diese nicht als schlimm ansehe. Im erhaltenen Turm des Rathauses ist unten ein kleines Büro, in welchem ein Legomodell des historischen Rathauses zu sehen ist. Ansonsten sind in Gronau noch relativ viele historische Industrieanlagen erhalten geblieben, die zum Teil saniert worden sind. Die Innenstadt ist leider ziemlich trist und ein wenig heruntergekommen.

    Hier noch ein weiterer Artikel auf der Website der Stadt Gronau.
    https://www.gronau.de/rathaus/news/2…bahnhofstrasse/

    Wenn ich das hier lese, kann ich nur mit dem Kopf schütteln...

    https://www.wn.de/Muensterland/K…er-Diskussionen

    Das Stadthaus in Münster wird leider Wunschdenken bleiben. Der Stadthausturm wird als Solitär gesehen und das alte Stadthaus würde zu weit in die Straße reinragen, sodass es eigentlich ausgeschlossen ist auf einen Wiederaufbau zu hoffen. Münster ist echt auf verlorenem Posten was das klassische Architektur und Rekonstruktionen angeht.

  • Wow, dieses Gebäude wird viel für die Innenstadt tun. Diese Stadt ist nach gravierenden Verschlimmbesserungen durch kluge Stadtplaner später sehr vom Strukturwandel in der Textilindustrie gebeutelt wurden und ist hier in Münster höchstens für ein nahegelegenes Factory Outlet Center, Udo Lindenberg und leider häufig für Drogenkriminalität aufgrund der Nähe zur holländischen Grenze bekannt. Ich drück die Daumen, dass die Pläne nicht verwässert werden.

    Einmal editiert, zuletzt von Benjamin (16. August 2020 um 14:23)

  • Neubau Historisches Rathaus

    Wie es aussieht wird der Plan für einen Neubau des Historischen Rathauses tatsächlich noch immer verfolgt.

    Ich habe mal etwas auf der Internetseite der Stadt Gronau gesucht. Im Haushalt für 2022 steht auf der Seite 19, unter Investitionen - "Neubau eines Rathauses". Im Hintergrund der Seite 19 ist zudem ein Photo des Historischen Rathauses zu sehen.

    Dann diese Meldung vom 18.02.2022.

    (...) Die Verwaltung informiert, dass die Parkplatzflächen in der Bahnhofstraße am Drilandmuseum für rund eine Woche gesperrt werden müssen. Hintergrund sind Baumfällungen, die für die vorbereitenden Maßnahmen zur Errichtung des neuen Historischen Rathauses und für den Abriss des Drilandmuseums erforderlich sind. (...)


    Außerdem gibt es einen ganz aktuellen Zeitungsartikel von den Westfälischen Nachrichten. Dieser ist zwar hinter der Bezahlschranke verborgen, aber der Titel lautet "Pläne für neues Rathaus nehmen Konturen an". Dazu gibt es diese Zeichnung:

    https://asc-images.imgix.net/2022/05/04/ce7…024&auto=format

    Hier nochmal die städtischen Planungen von 2020:

    https://www.gronau.de/dateien-bilder…sse.pdf?cid=inc

    Wäre doch super, wenn das klappt.