Bilder vom alten Dresden

  • Moderationshinweis (Georg Friedrich): Überlegt euch bitte in Zukunft, ob so manche leicht dahergesagte Formulierung von eurem Gesprächspartner nicht als beleidigend empfunden werden könnte. Und denkt auch darüber nach, ob euer Gesprächspartner es wirklich beabsichtigte, euch zu beleidigen. In diesem Sinne betrachtet diese Episode bitte als nunmehr abgeschlossen, um hier keinen völlig unnötigen Streit aufkommen zu lassen.

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Schon gut Georg Friedrich, ich fand und finde diese, wie ich finde für Dresden typische (!) Gründerzeitbebauung, als wunderschön und ihr Verlust schmerzt mich ebenso sehr wie St Petersburg...soll man mich doch als psychopathisch beschimpfen. Gerade in dem Bewusstsein, dass dort eine so prachtvolle Bebauung nicht mehr zu erwarten ist ( nicht in dieser unserer Kuben-Zeit ) und die Reko von Gründerzeithäusern nicht in Aussicht steht, weil diese Architekturepoche aus welchen Gründen auch immer von einigen als Ramschepoche empfunden wird, wiegt der Verlust schwer. Im Bereich der Südvorstadt und allgemein um den Großen Garten hat Dresden beim Angriff 1945 und den Abbrüchen danach derart künstlerisch wertvolle Bausubstanz verloren, die jener in der unmittelbaren Innenstadt innerhalb des 26er Ringes in Nichts nachstehen. Das kann in jedem guten Buch vom alten Dresden nachgesehen und gelesen werden.

    Das einzige jedenfalls, was von der einst prachtvollen Johann-Georgen-Allee übrig ist, ist das vor sich hingammelnde Torhaus im Niemannsland zwischen Dorinthotel, Grunaer Hochhausplatte und Robotrongelände. Traurig.

    Gruß DV

    "We live in the dreamtime-Nothing seems to last. Can you really plan a future, when you no longer have a past." Dead Can Dance - Amnesia

  • Zitat von "Vitruv"

    Ich halte diesen Verlustschmerz für einen natürlichen Reflex auf eine Welt, die nicht mehr die alte ist.


    ja, aber man kann nur begrifflich verlieren, was man gehabt hat. Wer das alte DD realiter gekannt hat, kann (und wird) dessen Zerstörung als schlimmen, unwiederbringlichen Verlust empfinden. Für Nachgeborene halte ich es für sinnlos, sich in vermeintlichen 'Verlustschmerz' so hineinzusteigern, wie von einem Teilnehmer erfolgt. Natürlich ist es unbefriedigend, unangenehm, in den heutigen hässlichen Städten zu leben, natürlich dürfen wir deren Zerstörung missbilligen, ja hassen, aber eine derartige Kultivierung von Schmerzgefühlen kann nur schädliche Auswirkungen haben und uU, solche Fälle sind bekannt, zu psychiatrischen Komplikationen führen (was ich oben ansprechen wollte, natürlich ohne jegliche Beleidigungsabsicht, was , wie ich glaube, den allermeisten eh klar war).
    Wenn DD oder Nürnberg früher schöner aussah, als man es für möglich hielt, umso besser, umso mehr Anreiz zur Wiederherstellung. In Duisburg entsteht kein Neumarkt.

    Zitat

    ders. Soll heißen eine Welt, deren Marktmechanismen inzwischen auch fast alle Baukultur und mit ihr die geschlossenen Stadtbilder aufgefressen haben. Und machen wir uns nichts vor, was am Neumarkt passiert, folgt genau derselben kranken Logik. Im Gegensatz zum Wiederaufbau des Schlosses wird hier (fast) nichts aus anderem Antrieb als Profitgier getan.


    Das stimmt natürlich, nur stellt sich die Frage, ob es eine Zeit gegeben hat, in der es viel anders war. Die gesamte bürgerliche Baukunst ist auf wirtschaftliches Gewinnstreben zurückzuführen.
    Gerade am NN findet man historisch-ästhetisierende Reflexionen.

    Zitat

    DV ich fand und finde diese, wie ich finde für Dresden typische (!) Gründerzeitbebauung, als wunderschön und ihr Verlust schmerzt mich ...soll man mich doch als psychopathisch beschimpfen


    Das tut wirklich niemand.

    Zitat

    "Dirk" ursus, eine große Anzahl unserer Teilnehmer - mich eingeschlossen - hält die Architektur der Gründerzeit nicht für minderwertig sondern für sehr bedeutend

    .

    natürlich war die Gründerzeitbebauung von gewisser Schönheit (und mit dem status quo nicht im entferntesten zu vergleichen). Gleichwohl handelte es sich um ein Massenphänomen, welches unzählige Stadträume ausfüllte und bis heute ausfüllt - auch und gerade in DD. Schon aufgrund dieser quantitativen Überlegungen kommt ihr nicht die Bedeutung von früherer Architektur zu.
    Das Wesen, ja die Seele des alten DDs ist jedoch nur im alten Stadtzentrum dingfest zu machen.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • >>Die gesamte bürgerliche Baukunst ist auf wirtschaftliches Gewinnstreben zurückzuführen.<<


    Das trifft auf unsere gesamte bürgerliche Stadtbaukunst zu, wohl bis in die Zeit der allerersten Steingiebelbauten auf römischen Trümmerwüsten.

    Nur hat man bis ins 19. Jahrhundert Maß gehalten und sich auch städtischen/behördlichen Satzungen gebeugt, zum Wohl des Gemeinwesens (und dem Erscheinungsbild der Städte). Daß "Ketten" und "Multis" ganze Städte und deren Bewohner nach Belieben mit ihren Forderungen nach MEHR vor sich hertreiben und admin. Vorgaben keinerlei Rolle mehr spielen wenn die Kohle stimmt, ist ein Phänomen vor allem des 20. Jahrhunderts

    Nein, die werden gedünstet

  • Jein.
    Über eine derartige Macht- bzw ein derartiges Kapital, ein ganzes Viertel niederzureißen und zu vereinnahmen, verfügte ein einzelner Bürger kaum.
    Allerdings ein Feudalherr, egal, ob weltlich oder geistlich. Und so wurden sehr wohl für einzelne Paläste ganze Stadtteile abgerissen, vgl den Herrn Valdstejn in Prag. Oder die Salzburger Fürsterzbischöfe.
    Skrupel hatten die keine. Damals bestand halt keine wirschaftliche Veranlassung oder gar Notwendigkeit, so potthässlich zu bauen, wie sie für Herrn Karstadt bestand. Hätte sie bestanden, die Herren hätten nicht gezaudert.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Zitat

    Das Kultivieren von Verlustgefühlen ist da wirklich völlig unnötig.

    Weshalb dann der thread "Alt-Wien - was NICHT blieb"?
    So wie Dir mit dem Verlust der Bebauung vor der gründerzeitlichen Überformung ergeht es uns in Deutschland eben mit dem Verlust der Architektur der Gründerzeit.

    In dubio pro reko

  • @Dirk
    Naja, alles ist relativ. Zur Erforschung der Geschichte, des eigenenen Standortes ist so etwas interessant. Man braucht, ja soll es gar nicht emotionsfrei sehen.
    Natürlich kann man einen mordstrum Zorn kriegen, wenn man sieht, was früher an einer Stelle stand. Aber dass ich das als persönlichen Verlust empfinde, der mir unsägliche nie verheilende Schmerzen bereitet, ist übertrieben. Denn ich habe Wien nur so gekannt, wie es heute ist.
    Was anderes ist bei zu meinen Lebzeiten erfolgten Stadtbildbeeinträchtigungen, die ein gewohntes Bild zerstören. Hier hat mein Lebensumfeld tatsächlich einen konkreten Verlust erlitten. Das kann man angesichts gravierenderer Probleme für übertrieben erachten, Sorgen hat der Mensch, aber begrifflich gibt s da nichts auszusetzen.
    Das Problem scheint zu sein, dass speziell, was den Bombenkrieg betrifft, unserer Generation das gesamte Schadensausmaß erst mit der Zeit, mit näherer Beschäftigung erkannt hat, da dieses Thema von der Vorgeneration relativ wenig behandelt, ja verdrängt wurde. Natürlich wurde unsere Generation (und alle nach uns) damals auch geschädigt, was auch im hasserfüllten Sinne des Erfinders lag, natürlich dürfen wir die Zerstörer hassen, sie verfluchen und ihnen hochverdiente Schmähungen ins Grab rufen.
    Aber sich mit dem Vorzustand, mit Bildern der Vergangenheit so sehr zu identifizieren, dass man heute, über sechzig Jahre danach, das Nichtvorhandensein des Alten als konkret erfahrenen Verlust empfindet, geht mE vornehm ausgedrückt zu weit.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Fernab jeder Rabulistik wenden wir uns wieder dem Strangthema zu und betrachten einige Aufnahmen von Dresden vor der Zerstörung.

    Der Neptunbrunnen am Palais Brühl/Marcolini wohl vor 1900:

    Vergleichsbild von der GHND-Seite


    Es folgen drei qualitativ sehr hochwertige Luftaufnahmen aus dem Jahr 1944. Bildquelle ist jeweils http://www.fotomarburg.de

    Jakobikirche an der Stärkengasse, darüber der Wettiner Platz

    Dresden-Neustadt zwischen Palaisplatz (korrigiert nach unten folgendem Hinweis von "ursus carpaticus") und der Dreikönigskirche

    Blick von Süden nach DD-Neustadt. Vorn die Neustädter Wache, dahinter der Neustädter Markt

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Ich finde es wirklich schade um den Wettiner Platz. Weil der Postplatz so ausladend wirkt, strömt in Richtung dieses Platzes und des Bahnhofs Mitte richtig wenig Menschenkundschaft. DAS muss sich dringendst ändern mit solchen Projekten wie dem Kraftwerk Mitte, einem Umdenken am Postplatz und einer Orangeriereko. Das direkte Bahnhofsumfeld und der Bahnhof selbst müssen auch unbedingt attraktiver werden. Dagegen spricht aber mal wieder der geplante Abriss von Gründerzzeitlern am Bhf Mitte … dem trostlosen Bahnhof selbst, dem Hickhack um das Theater, den mangelhaften Orangerieplänen sowie dem sinnlosen Postplatzplänen wie dem geplanten Hotel. Was geht nur in den Stadtplanern vor???

    Könnte man nicht selbst diie Kirche wieder aufbauen und als Konzertraum benutzen oder als Ausstellungsgebäude?

    *seufz*

  • Ohne der Rabulistik geziehen werden zu wollen - das erste der beiden Neustädter Luftbilder zeigt nicht die Gegend zwischen 3KK und Albert- sondern 3KK und Palaisplatz (hinten zu sehen).

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Zitat von "heiji"


    Könnte man nicht selbst diie Kirche wieder aufbauen und als Konzertraum benutzen oder als Ausstellungsgebäude?

    *seufz*


    Die Jakobikirche war ein Entwurf von der Stange.
    Den Typ gibt es mit leichten Abwandlungen auch in anderen Städten (z.B. Riesa, Görlitz),
    alle um die gleiche Zeit entstanden, um den damals massenhaften Bedarf nach neuen evangelischen Gotteshäusern zu decken.
    Solche Gebäude wird man nicht rekonstruieren.

    Nichtsdestotrotz wäre es schön, wenn die Freifläche eines Tages einen Neubau mit ähnlicher Raumwirkung erhielte.

  • matkloss
    Zwei bemerkenswerte Bilder,
    da sie auch Gebiete abdecken, von denen man sonst nur wenige Aufnahmen findet.

    Ich schätze mal Aufnahmezeitpunkt Anfang 20er Jahre?
    Im Ausstellungsgelände fehlen noch die Erweiterungsbauten von 1928.

    Aus der ersten Aufnahme ließe sich mit einer kleinen Tonwertkorrektur noch mehr herausholen.

  • Zitat von "Miwori"

    matkloss
    Zwei bemerkenswerte Bilder,
    da sie auch Gebiete abdecken, von denen man sonst nur wenige Aufnahmen findet.

    Ich schätze mal Aufnahmezeitpunkt Anfang 20er Jahre?
    Im Ausstellungsgelände fehlen noch die Erweiterungsbauten von 1928.

    Richtig!

    Der auf Bild Nr. 1 zu sehende Bereich war während der Zwischenkriegszeit recht umfangreichen Veränderungen unterworfen. Neben den schon von Miwori angesprochenen Erweiterungsbauten für die Messe, wurden viele der hier noch zu sehenden Villen ab Ende der 30'er Jahre für das geplante Gauhaus am von Wilhelm Kreis (und auch Paul Wolf) konzipierten Gauforum abgebrochen, das über Fundamentierungsarbeiten aber nicht hinaus kam.

    Das zweite Bild ist vor 1931 entstanden. In diesem Jahr wurde die kleine Südhalle abgerissen und stattdessen der Laubengang mit einem zusätzlichen Gleis errichtet. Außerdem fanden Versachlichungen der Fassaden statt, wobei u.a. die Bronzereliefs am Hauptportal entfernt wurden.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Zitat von "bilderbuch"

    Außerdem fanden Versachlichungen der Fassaden statt, wobei u.a. die Bronzereliefs am Hauptportal entfernt wurden.

    Sehr interessant. Ich hatte bisher angenommen dass diese erst nach dem Krieg entfernt wurden bzw. während des Krieges eingeschmolzen wurden.
    Man kann ja heute noch an der Fassade erkennen wo sie einst angebracht waren.


    Im Bild eins unterhalb der Illgen Kampfbahn ist ein kleiner, recht ungepflegter Platz zu sehen, eventuell ein Bolzplatz für Kinder. :zwinkern:

  • Auf der rechten Seite des Fotos sieht man außerdem oberhalb des ehemaligen Stübelplatzes die Kirche des Ehlichschen Gestifts. Dieser Bau wurde 1945 nur beschädigt und schließlich 1951 abgerissen. Oberhalb der Kirche erkennt man wiederum ein Gebäude, das zur Schule gehört und um 1912 als Erweiterungsbau von Hans Erlwein errichtet worden ist. Dessen Ruine hat man 1951 tatsächlich ausgebaut, weshalb die Schule auch noch bis heute steht.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Die Taubstummenanstalt stand in der Nähe von Dresdner Hauptbahnhof und wurde durch Bombenangriff zerstört.
    Sie lag an der Budapester Straße, ganz nähe von der Brücke. Gibt es Bilder von der Taubstummenanstalt?

  • Auf dem zweiten Bild sieht man auch schön die Englische Kirche rechts neben der Reichsbahndirektion.

    Aber was ist das auf Bild 1 eigentlich für eine Palastvilla zwischen Stübel-Allee und Canalettostraße? Die ist ja riesig!

  • Zitat von "Miwori"

    Auf dem zweiten Bild sieht man auch schön die Englische Kirche rechts neben der Reichsbahndirektion.

    Nach diesem Hinweis fiel mir noch auf, dass die Villen zwischen der Reichsbahndirektion und der Mietshausbebauung auch schon zu großen Teilen Mitte der 30'er Jahre niedergelegt wurden. An ihrer Stelle errichtete man einen Bürobau als Erweiterung der Reichsbahndirektion, der aufgrund seiner stabilen Konstruktion den Krieg überstand und heute leerstehend und ruinnös ein trauriges Dasein fristet.
    Vis a vis hat man den wilhelminischen Prachtbau nach dem Krieg gesprengt. Heute ist dort eine Brache. Auf dem Kirchengrundstück befindet sich ein unterirdischer Funktionsbau der Bahn.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe