Artikel zum Thema Stadtentwicklung

  • Interessant: Hans Kollhoff ließ sich wohl von meinem Duktus hinsichtlich Expressionismus als Ansatzpunkt für zeitgenössische Architektur inspirieren. :cool: Wobei auch sein Werk (wie Main Plaza) eine gewisse Tendenz in diese Richtung erkennen lässt, was er noch konsequenter (und kreativer) machen könnte.

    Kollhoff wirbt für Rückbesinnung auf zeitlose Baukunst (Berliner Morgenpost)

    Für den renommierten Architekten steht fest: "Der Expressionismus hat es geschafft, den Historismus mit einer großstädtischen Architektur zu überwinden und gleichsam beim konventionellen Handwerk des Architekten zu bleiben", so Kollhoff. "Das sind erdverbundene Häuser, unglaublich gut gebaut, die körperhaft zu skulpturalen Ausdruck kommen und für eine Dauerhaftigkeit stehen."

  • Warum muss der Historismus eigentlich überwunden werden? Ist daran irgendwas unmoralisch oder verwerflich? Ich habe nichts dagegen einzuwenden, auch heute wieder historisierend zu bauen. Der Historismus war eine Erfolgsgeschichte, denn seine Bauten sind bis heute begehrt und beliebt, auch wenn man uns immer wieder eintrichtern will daß diese Architektur minderwertig sei. Nein, ist sie nicht.

    In dubio pro reko

  • Kollhoff hat vielleicht übersehen, dass der klassische Historismus seit 100 Jahren überwunden ist. Leider könnte man hinzufügen. Heute geht es darum, nach 100 Jahren Überwindung wieder historische Anknüpfungspunkte zu finden. Immerhin macht er einen Vorschlag. Diesen (Expressionismus) halte ich allerdings nur begrenzt bzw. regional beschränkt praktikabel. Aber immerhin.

  • Ich meine ihr interpretiert Kollhoff da falsch. Er denkt sich dabei nämlich in seine Architektenzunft, die Denkmalpfleger usw. hinein. Die wollen gern die Moderne weiter durchboxen. Nur ist der Expressionismus genau das (wie auch der Jugendstil und Art Deco): ein Teil der Moderne, der "Überwindung" der Klassik und damit auch des Historismus. Ich sehe diese Art der Formulierung als für die Architektenzunft versöhnlichen Zwischenschritt. Später folgt dann etwas Tiefergehendes, Radikaleres, der Mann versteht was von Psychologie, glaubet mir. :cool:

    Kollhoff sollte man zum Umbauen von Plattenbauten und Nachkriegsschrott animieren, da hätte er sicher interessante Modulkonzepte, die günstig an Typenbauten immer wieder umgesetzt werden können. Und er sollte Senatsbaudirektor von Berlin werden.

  • Zitat

    Architektur
    Wie Bürger für die Schönheit ihrer Städte kämpfen
    Von Dankwart Guratzsch

    Berlin, Potsdam, Dresden, [lexicon='Frankfurt am Main'][/lexicon]: In Deutschland werden so viele historische Gebäude rekonstruiert wie lange nicht mehr. Die Vorherrschaft einer verordneten, kargen Moderne ist vorbei.

    Für viele ist es der pure Kitsch. Für andere fast ein Evangelium. Ganze Internetplattformen spüren jedem neuen Beispiel einer geglückten Rekonstruktion nach und begutachten und debattieren es aus allen Blickwinkeln, oft durchaus fachkundig, in teilweise langen ernsthaften Beiträgen und mit Hunderten Fotos.
    Bürgerinitiativen und Bürgerbefragungen mit Zehntausenden Unterschriften zugunsten immer neuer Wiederaufbauprojekte treiben die Lokalpolitiker vor sich her. Keine Architekturerscheinung des wiedervereinigten Deutschlands ist ähnlich "volksnah" und zugleich der Fachwelt ähnlich suspekt. Was hat es nur damit auf sich?
    [...]


    http://www.welt.de/debatte/kommen…e-kaempfen.html

    :wink:

  • Malerisches Stadtbild erfreut Markler - Preissteigerungen in Ostdeutschland

    Ein Artikel aus der heutigen Märkischen Allgemeinen Zeitung beschäftigt sich mit der Immobilienpreisentwicklung in Ostdeutschen Städten der letzten Jahre und welche Rolle dabei u.a. das Stadtbild am Beispiel Potsdam hat. Im Artikel ist eine Grafik, in der die Preisentwicklung von Städten über 50.000 Einwohnern dargestellt wird und den ein oder anderen eventuell interessieren könnte.

    Zitat von MAZ

    Sanssouci, der Neue Garten und das Holländische Viertel – Potsdams hat viele schöne Ecken. Das haben auch die Immobilienmakler gemerkt. Die Preise für Wohnungen und Häuser sind in den vergangenen Jahren nahezu explodiert. Das malerische Stadtbild ist aber nur ein Grund dafür.

    MAZ: Immobilienpreise in Potsdam explodieren

    Es gibt eine Architektur, die zur Landschaft gehört, sowie eine andere, die sie zerstört.

    3 Mal editiert, zuletzt von Fusajiro (12. Februar 2016 um 20:17)

  • Ich möchte hier noch einmal auf den bereits zuvor von Löbenichter im Augsburg-Strang geposteten Artikel von Gregor Nagler hinweisen:

    Obwohl es um Augsburg und sein Umgang mit historischem Erbe und den Städtebau dort geht, zeigt er meiner Meinung doch exemplarisch die Entwicklung vieler bayerischer und (west-)deutscher Großstädte.


    Zitat von Dr. Gregor Nagler

    Baupolitik in Augsburg: Eine Geschichte der Verkennung des eigenen Reichtums

    Der Abriss des alten Gärtnerhauses im Martini-Park ist mehr als eine schmerzliche Episode in der Geschichte der Stadt Augsburg. Der fahrlässige Umgang mit ihrem historischen Erbe ist kein Symptom einer spezifischen Krankheit der Stadtverwaltung, sondern die Krankheit selbst. Eine Krankheit, die schwer zu heilen ist und seit vielen Jahrzehnten städtebauliche Wunden erzeugt. Sie trägt verschiedene Namen. Manche nennen sie “Wachstum und Fortschritt”, andere “Gedankenlosigkeit und Barbarei”. Dass bezüglich der Augsburger Stadtentwicklung im Lauf der Zeit eine politisch codierte Konzeptlosigkeit zu erkennen ist, zeigt DAZ-Autor Dr. Gregor Nagler mit seinem historischen Abriss der Augsburger Baupolitik auf. Naglers Text erzählt auf spannende Weise, dass sich die Bürger der Stadt Augsburg gegen zyklisch wiederkehrende Eliminations­unternehmungen bezüglich der Historizität ihrer Stadt zu formieren verstanden.

    Das historische Erbe wird als Kulisse für Kommerz, Tourismus und für Sonntagsreden der Politiker degradiert und der für die Gesellschaft unglaublich wichtige Schatz als Identifikationspunkt und als die lebenswertesten Orte innerhalb einer Stadt völlig negiert. Daraus resultiert dann auch diese unglaubliche Planlosigkeit... und peu à peu wird nichts mehr übrig sein außer ein paar "Leuchttürme" ... das gilt nicht nur für München, Landshut, Memmingen etc, sondern auch und gerade für die vielen kleinen Städte... Als ich vor einiger Zeit einen Reisebericht eines Kunsthistorikers über mein kleines Heimatstädtchen im Altmühltal gelesen habe, sind mir fast die Augen rausgefallen, so sehr hat er von der erhaltenen mittelalterlichen Struktur, von dem geschlossenen und gepflegten Ortsbild etc geschwärmt; wann war das? Ende der 1950er Jahre... was ist davon heute noch übrig? allenfalls Reste... Nagler hat vollkommen Recht wenn er von einer Krankheit schreibt...

  • Link-Tipps, sehr lesenswerte Texte pro Altstadt / Rekonstruktion:

    Warum viele im Urlaub moderne Architektur meiden. >> Link
    Warum wir das Alte wiederhaben wollen und das Neue so schnell altert. >> Link


    (sorry falls in irgendeinem Thread schon auf die o.g. Artikel verwiesen wurde, ich war in den letzten Wochen im Urlaub und hab's nicht mitbekommen)

  • Die verbaute Zukunft

    Kürzlich hat „Bentele“ in einem Beitrag im Strang zum Berliner Schloss auf einen sehr lesenswerten Artikel von Niklas Maak in der FAZ vom 31. Januar hingewiesen (leider nicht frei verfügbar). Unter der Überschrift „Die verbaute Zukunft“ setzt sich der Autor darin kritisch mit der Frankfurter Baupolitik, aber auch mit dem modernen Städtebau im Allgemeinen auseinander.

    Maak beobachtet in den Frankfurter Neubauvierteln eine Entwicklung, die zunächst paradox erscheint: Die Mieten steigen immer weiter, während die ästhetische Qualität der Bebauung immer mehr abnimmt: „Neubauviertel sehen aus wie Filteranlagen für Menschen.“ Die Bewohner „haben es offenbar als unvermeidliche Entwicklung des Spätkapitalismus hingenommen, in trostlosen Neubauvierteln zu hausen und die Hälfte des Familieneinkommens für eine Wohnung ausgeben zu müssen, die den Charme einer öffentlichen Bedürfnisanstalt mit angeschlossener Schlaf- und Kochgelegenheit hat.“

    Den Grund für diese Entwicklung sieht er in der Auffassung der Stadt als Anlageobjekt für Großinvestoren. Für diese sei eine gestalterische Maßnahme allein als Mittel zur Profitmaximierung interessant. Daher die Lieblosigkeit der neuen sogenannten „Stadtquartiere“: „Viele Fassaden des neuen Europaviertels wirken wie eine Ausstellung für überdimensionierte Abluftgitter, die Foyers und Treppenhäuser von millionenteuren Apartments wie Fluchtwege und Notausgänge - und es ist alles ausverkauft.“

    Die häufige und einfallslose Reaktion der Stadtverordneten: Der Bau weiterer Stadtteile mit strengen Sozialquoten. Freilich leidet auch hier die Ästhetik: „Es sieht aus, als seien Nachkriegsreihenhäuser mit Wärmedämmputz ummantelt worden, davor steht ein Stahlbalkon, der aussieht wie das billigste Kellerregal von Ikea - fertig! Aber es sind keine renovierten Nachkriegsbauten. Es sind Entwürfe des Jahres 2017 - ohne Sockelgeschoss, ohne Läden, ohne Arbeitsmöglichkeiten, ohne Plätze, die den Namen verdienen. Es sind Schlafstädte, ach was, Schlafställe für den bürgerlichen Mittelstand. […] Man würde gern von den Planern und Erbauern dieser Niedrigenergie-Riegel, die auch Niedrigstästhetik-Riegel sind, wissen, ob sie selbst freiwillig auch nur eine Woche in derartigen Trübseligkeiten wohnen möchten.“

    Maak räumt ein, dass das Bauen teurer geworden ist, doch er plädiert dafür, gestalterisch mit diesem Problem umzugehen. Beispielsweise könne man Gebäude mit kleineren, gut geschnittenen Wohnungen entwerfen, die dafür hochwertiger gebaut werden könnten. Man könne Bauland kleinteilig parzellieren und in Bürgerhand geben.

    Die Lokalpolitik müsse vorgeben, was Stadt sei und nach welchen Regeln gebaut werde. Investoren würden sich dann immer noch finden. Nur so könne die europäische Stadt als „Ort für alle“ erhalten bleiben.

  • Weil Energiewende Thread geschlossen, stelle ich bitte hier rein:

    Don Alphonso: Deutschland ist zu schön für die Energiewende - WELT
    Die Bundesregierung erleichtert es Mietern, ihre kleinen, scheußlichen und ökologisch sinnlosen Solarmodule auch gegen den Wunsch der Vermieter zu…
    www.welt.de

    (leider gesperrte Artikel)

    Es tut mir so weh, weil man weiss was hier auf Deutschland zukomme wird mit diese unreflektierte Politik. Ohne Worte.

  • Welchen Sinn macht es, hier Artikel hinter einer Bezahlschranke einzustellen, ohne diese zusammenzufassen? Eine Diskussion darüber kann ja so nicht stattfinden. Der Titel ist leider auch nichtssagend. Was hat die Schönheit Deutschlands mit der Energiewende zu tun?

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • Was hat die Schönheit Deutschlands mit der Energiewende zu tun?

    Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters, insofern ist und bleibt es wohl Ansichtssache, ob man Photovoltaik-Paneele auf Dächern historischer Gebäude in - über die Jahrhunderte organisch gewachsenen - Altstädten als schön oder eben als weniger schön empfindet.

    Städte wie Regensburg haben ihre Satzungen geändert, um Photovoltaik-Anlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden zu ermöglichen. Einige Anträge wurden noch nicht genehmigt, die erste Anlage ist aber in Betrieb gegangen.

    "Wenn wir die ehemalige Schönheit der Stadt mit der heutigen Gemeinheit verrechnen, kommen wir, so die Bilanz, aufs direkteste in den Schwachsinn." (E.H.)

  • Was hat die Schönheit Deutschlands mit der Energiewende zu tun?

    Eine ganze Menge, wenn durch Solaranlagen das Stadtbild beeinträchtigt und negativ beeinflusst wird. Dem durch ideologische Prämissen selbst verursachten Strommangel versucht man derzeit krampfhaft zu begegnen, indem man auf jeder irgendwie scheinbar geeigneten Fläche ein paar mickrige Kilowattstunden Strom erzeugen will. Weshalb z.B. der Freistaat Sachsen ja auch prüfen lässt, ob man historische Bauwerke wie die Frauenkirche für Solarflächen nutzen könne. Realsatire pur.

    Der von Gardone verlinkte Artikel thematisiert die Problematik der Kleinsolaranlagen, vor allem auf Balkonen. Ein kurzes Zitat:

    Die Bundesregierung erleichtert es Mietern, ihre kleinen, scheußlichen und ökologisch sinnlosen Solarmodule auch gegen den Wunsch der Vermieter zu installieren. Hässliche Konflikte und harte Konsequenzen sind zu erwarten.

  • Ach, es geht um das Thema Denkmalschutz und Solaranlagen? Das hatten wir doch bereits an anderer Stelle hier im Forum intensivst diskutiert, mit dem Ergebnis, dass sich Denkmalschutz und Energiewende nicht zwangsläufig widersprechen müssen. Es gibt bereits erste Lösungsansätze, um Solaranlagen optisch neutral an entsprechenden Bauwerken zu installieren. Bisher ist mir auch kein einziges Beispiel bekannt, bei dem die Altstadt durch Sonaranlagen verunstaltet worden ist. Hier wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird, um einen abgedroschenen Spruch zu bemühen.

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  • Bisher ist mir auch kein einziges Beispiel bekannt, bei dem die Altstadt durch Sonaranlagen verunstaltet worden ist.

    Wow, ein verdammt gewichtiger Einwand. Dann können alle Skeptiker ja ganz beruhigt sein und sich auf die solare Zukunft freuen. Vorwärts immer, rückwärts nimmer.

  • Wow, ein verdammt gewichtiger Einwand. Dann können alle Skeptiker ja ganz beruhigt sein und sich auf die solare Zukunft freuen. Vorwärts immer, rückwärts nimmer.

    Ich gehöre halt nicht zu der Empörungsfraktion, die sich über ungelegte Eier echauffiert. Ich halte lieber nach Lösungen Ausschau, die Denkmalschutz und Energiewende in Einklang bringen kann.

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